Rz. 23
Unabhängig von der Größe der Betriebe können Arbeitgeber und Betriebsrat gemeinsame Ausschüsse bilden. Der gemeinsame Ausschuss ist ein eigenständiges betriebsverfassungsrechtliches Gremium und kein Organ des Betriebsrats.
Rz. 24
Sinnvoll ist ein gemeinsamer Ausschuss, wenn komplexe Themen in einem kleineren Kreis von Fachleuten vonseiten des Betriebsrats wie auch des Arbeitgebers besprochen, vorbereitet und u. U. auch entschieden werden sollen.
Beispiele
- Arbeitssicherheit,
- Akkordbedingungen,
- Eingruppierungen,
- IT/Umgang mit neuen Technologien und Digitalisierung.
Rz. 25
Eine Übertragung von Aufgaben zur selbstständigen Erledigung an einen gemeinsamen Ausschuss ist nur zulässig, wenn ein Betriebsausschuss gebildet wurde. Es kommt aber nicht darauf an, ob weitere Ausschüsse i. S. d. § 28 Abs. 1 BetrVG gebildet wurden. In kleineren Betrieben, die maximal 200 Arbeitnehmer beschäftigen, können lediglich gemeinsame Arbeitsgruppen, Kommissionen etc. gebildet werden, die in informeller Art Entscheidungen des Betriebsrats vorbereiten.
Rz. 26
Der Betriebsrat legt per Beschluss fest, welche Aufgaben übertragen werden und wie intensiv der gemeinsame Ausschuss diese erledigen darf. Die Anforderungen an den Übertragungsbeschluss entsprechen denjenigen für den Betriebsausschuss. Abgesehen von den Ausnahmen können alle denkbaren Aufgaben übertragen werden. Der Übertragungsbeschluss wie auch der Widerruf der Übertragung müssen mit den Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Betriebsrats gefasst werden.
Rz. 27
Die Einrichtung des gemeinsamen Ausschusses ist mit dem Arbeitgeber in einer freiwilligen Vereinbarung festzulegen. Diese ist keine Betriebsvereinbarung i. S. d. § 77 BetrVG. Gemeinsam wird auch die Zahl der Mitglieder festgelegt. Dem gemeinsamen Ausschuss müssen mindestens 2 Betriebsratsmitglieder angehören. Selbst wenn durch die Begrenzung auf 2 Betriebsratsmitglieder Minderheitsgruppierungen nicht im gemeinsamen Ausschuss vertreten sind, ist der dahingehende Beschluss des Betriebsrats nicht rechtsmissbräuchlich.
Rz. 28
Zur Wahl der Vertreter des Betriebsrats, die in den gemeinsamen Ausschuss entsandt werden, gilt das unter § 27 BetrVG, Rz. 10 ff. Gesagte entsprechend.
Rz. 29
Zur Geschäftsführung im gemeinsamen Ausschuss gilt das unter § 27 BetrVG, Rz. 49 ff. Gesagte im Wesentlichen entsprechend. Allerdings werden der Vorsitzende und sein Stellvertreter aus der Mitte der Ausschussmitglieder von diesen gewählt und sind nicht notwendigerweise Vertreter des Betriebsrats.
Rz. 30
Die Frage, wie im gemeinsamen Ausschuss abzustimmen ist, ist nicht geklärt. Zum einen wird vertreten, es genüge die Mehrheit der anwesenden Mitglieder. Damit die Betriebsratsvertreter nicht von den Arbeitgebervertretern überstimmt werden, müsste der gemeinsame Ausschuss paritätisch besetzt sein, und alle Betriebsratsvertreter müssten anwesend sein und einheitlich abstimmen. Zum anderen wird angenommen, dass der Ausschuss, wenn er eine Entscheidung zu treffen habe, die diejenige des Betriebsrats ersetzt, nach Lagern abzustimmen muss. Letztere Ansicht ist vorzuziehen, da nur so eine Pluralität im Betriebsrat zugelassen wird, ohne dass automatisch die Arbeitgeberseite hiervon profitiert. Die Zustimmung des Betriebsratslagers liegt daher nur dann vor, wenn die Mehrheit der anwesenden Betriebsratsvertreter zustimmt. Außerdem muss das Betriebsratslager beschlussfähig gewesen sein, d. h. mindestens die Hälfte der Betriebsratsvertreter muss an der Beschlussfassung teilnehmen. Sinn und Zweck der Vorschrift ist die Arbeitserleichterung und -verbesserung, wenn komplexe Fragestellungen durch die jeweiligen Fachleute gemeinsam besprochen werden. Nicht dagegen sollen durch die Regelung die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats auf den Arbeitgeber (rück-)übertragen werden. Welche Voraussetzungen vorliegen müssen, damit das Arbeitgeberlager wirksam zustimmt, hat der Arbeitgeber selbst festzulegen.
In der Absprache zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber über die Einrichtung eines gemeinsamen Ausschusses sollte festgelegt werden, wie Beschlüsse zu fassen sind und wann Entscheidungen als angenommen gelten. Der Betriebsrat kann sich so seine Rechte sichern.