Rz. 13
Steht fest, dass es sich um Betriebsratstätigkeit handelt, so verlangt Abs. 2 weiterhin, dass zu ihrer ordnungsgemäßen Erledigung Arbeitsbefreiung nach Umfang und Art des Betriebs erforderlich ist. Für die Inanspruchnahme von Arbeitszeit gilt also insoweit der Grundsatz der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit. In einigen Fällen ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, dass eine Arbeitsversäumnis notwendig ist, so für die Teilnahme an Sitzungen des Betriebsrats, des Betriebsausschusses oder weiterer Ausschüsse des Betriebsrats; denn die Sitzungen finden in der Regel während der Arbeitszeit statt (§ 30 BetrVG). Gleiches gilt für die Teilnahme an Sitzungen des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats und des Wirtschaftsausschusses. Ist zu diesem Zweck eine Reise notwendig, so ist die An- und Abreise Betriebsratstätigkeit, für die Arbeitszeit in Anspruch genommen werden kann.
Rz. 14
Auch die sonstigen Aufgaben soll ein Betriebsratsmitglied während der allgemeinen Arbeitszeit erledigen können; das ergibt sich aus der Bewertung, wie sie Abs. 3 zugrunde liegt, der einen Freizeitausgleich gewährt, wenn eine Betriebsratstätigkeit aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist. Für Amtsobliegenheiten, die außerhalb einer Betriebsratssitzung wahrgenommen werden, muss aber stets geprüft werden, ob eine Arbeitsversäumnis notwendig ist. Dabei wird entscheidend auf Umfang und Art des Betriebs abgestellt. Eine erhebliche Rolle spielt weiterhin, ob Betriebsratsmitglieder freigestellt sind, um sich der Betriebsratsarbeit zu widmen. Ist dies der Fall, so kann ein nicht freigestelltes Betriebsratsmitglied nur bei besonderer Sachkunde oder wegen der Besonderheit des Einzelfalls mit der Erledigung von Aufgaben betraut werden, die außerhalb einer Betriebsratssitzung wahrgenommen werden.
Rz. 15
Für die Beurteilung, ob Arbeitsversäumnis nach Umfang und Art des Betriebs erforderlich ist, um die Aufgaben als Betriebsratsmitglied ordnungsgemäß zu erfüllen, sind weder rein objektive Momente noch ist die subjektive Ansicht des einzelnen Betriebsratsmitglieds maßgebend. Entscheidend ist vielmehr, dass das Betriebsratsmitglied bei gewissenhafter Überlegung und bei vernünftiger Würdigung aller Umstände die Arbeitsversäumnis für notwendig halten durfte, um den gestellten Aufgaben gerecht zu werden.
Rz. 16
Da die Erledigung von Betriebsratsaufgaben einer Geschäftsführung mit fremdem Risiko entspricht, ist als entscheidend anzusehen, ob der Betreffende nach pflichtgemäßem Ermessen (subjektiv) aufgrund der gegebenen (objektiv) Tatsachen eine Arbeitsversäumnis unter Berücksichtigung der Belange des Arbeitgebers für notwendig halten durfte, um die ihm als Betriebsratsmitglied obliegenden Aufgaben und Pflichten ordnungsgemäß zu erfüllen. Abzustellen ist auf das einzelne Betriebsratsmitglied, nicht auf eine Beurteilung durch den Betriebsrat als Kollegialorgan. Da das Betriebsratsmitglied Arbeitszeit auch dann für die Betriebsratstätigkeit in Anspruch nehmen kann, wenn der Arbeitgeber sich weigert, eine Arbeitsbefreiung formell zu erteilen, kann man die Beurteilung zwar nicht seiner subjektiven Sicht überlassen; es ist aber ebenso wenig möglich, sie von einer objektiven Feststellung ex post abhängig zu machen, weil damit jedes verantwortungsfreudige Handeln unterbunden und damit eine unabhängige Amtsführung beeinträchtigt würde. Da deshalb nicht ausschlaggebend ist, ob bei einer nachträglichen Beurteilung die objektive Notwendigkeit zu verneinen ist, hat das Betriebsratsmitglied einen Beurteilungsspielraum.