Rz. 46

Die in § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1–3 aufgezählten Merkmale müssen alternativ, nicht kumulativ erfüllt sein, damit der Status eines leitenden Angestellten begründet wird.[1]

[1] Fitting, § 5 Rz. 373.

4.2.1 Leitende Angestellte nach Nr. 1

 

Rz. 47

Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ist leitender Angestellter, wer zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in einer Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist. Der leitende Angestellte nach Nr. 1 muss also im Verhältnis zum Arbeitgeber zur Einstellung und Entlassung (kumulativ) berechtigt sein. Bezieht sich seine Berechtigung nur auf Einstellungen oder Entlassungen (alternativ), so ist er zwar leitender Angestellter i. S. d. § 14 Abs. 2 KSchG nicht jedoch i. S. d. § 5 Abs. 3 (BAG, Urteil v. 17.11.1983, 6 AZR 291/83[1]). Die Befugnis zur Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern muss sich auf im Betrieb oder der Betriebsabteilung beschäftigte Arbeitnehmer beziehen, nicht jedoch auf sämtliche dort beschäftigten Arbeitnehmer. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift ist es notwendig, dass der leitende Angestellte diese Befugnis für eine bedeutende Zahl von Arbeitnehmern besitzt.[2] Eine Einstellungsbefugnis für eine nur kleine Gruppe von Beschäftigten genügt ausnahmsweise, wenn es sich um für das Unternehmen bedeutende Funktionen handelt, z. B. sonstige Führungskräfte (BAG, Beschluss v. 10.10.2007, 7 ABR 61/06). Die von der Befugnis zur Einstellung und Entlassung umfasste Personengruppe muss eine gewisse Bedeutung für den Betrieb bzw. das Unternehmen haben (BAG, Beschluss v. 10.10.2007, 7 ABR 61/06[3]).

Die Einstellungs und Entlassungsbefugnis muss nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 sowohl im Innenverhältnis als auch im Außenverhältnis bestehen. An dem Merkmal der Selbständigkeit fehlt es daher, wenn der Angestellte nur im Verhältnis zu den Arbeitnehmern, nicht aber im Innenverhältnis zu seinen Vorgesetzten befugt ist, über Einstellungen und Entlassungen zu entscheiden. Die Ausübung der Personalkompetenz darf nicht von der Zustimmung einer anderen Person abhängig sein (BAG Beschluss v. 10.10.2007, 7 ABR 61/06; BAG Beschluss v. 25.3.2009, 7 ABR 2/08).

[1] ErfKKoch, § 5 Rz. 19; Fitting, § 5 Rz. 375.
[2] Fitting, § 5 Rz. 376 ff.
[3] NZA 2008, 664; ErfK/Eisemann, § 5 Rz. 32; Löwisch/Kaiser, § 5 Rz. 26.

4.2.2 Leitende Angestellte nach Nr. 2

 

Rz. 48

Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ist leitender Angestellter, wer Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist. Generalvollmacht im Sinne dieser Vorschrift meint eine Vollmacht zur Führung des gesamten Geschäftsbetriebs (§ 105 Abs. 1 AktG). Keine Generalvollmacht in diesem Sinne ist die Handlungsvollmacht nach § 54 HGB (BAG, Urteil v. 10.4.1991, 4 AZR 479/90[1]). Die Prokura enthält eine gesetzlich festgelegte Vollmacht (§§ 48, 49 HGB). Da die Prokura aber im Innenverhältnis beschränkt werden kann, wird über den Zusatz, dass die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend sein darf, erreicht, dass sogenannte Titularprokuristen nicht zu leitenden Angestellten werden.[2] Das gilt auch für Wirtschaftsprüfer. Sie sind nach § 45 WPO leitende Angestellte, aber auch nur unter der Voraussetzung, dass ihnen Prokura erteilt worden ist (BAG, Beschluss v. 29.6.2011, 7 ABR 15/10).

Ausschlaggebend für die Zuordnung eines Prokuristen zum Personenkreis der leitenden Angestellten § 5 Abs. 3 sind nicht nur die mit der Prokura verbundenen formellen und umfassenden Vertretungsbefugnisse im Außenverhältnis, sondern auch die damit verbundenen unternehmerischen Aufgaben, zu deren Erfüllung dem Arbeitnehmer die Prokura verliehen worden ist. Diese unternehmerischen Aufgaben dürfen nicht nur von einer untergeordneten Bedeutung sein, weil es sonst an dem vom Gesetzgeber für den Personenkreis der leitenden Angestellten angenommenen Interessengegensatz zum Betriebsrat fehlen würde. Als leitender Angestellter muss ein Prokurist unternehmerische Führungsaufgaben wahrnehmen. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach den für die Zuordnung nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 entwickelten Grundsätzen. Die dem Prokuristen obliegenden unternehmerischen Führungsaufgaben dürfen sich aber – anders als bei leitenden Angestellten nach Satz 2 Nr. 3 BetrVG – nicht in der Wahrnehmung sog. Stabsfunktionen erschöpfen (BAG, Beschluss v. 25.3.2009, 7 ABR 2/08).

[1] NZA 1991, 857.
[2] ErfK/Koch, § 5 Rz. 33; Fitting, § 5 Rz. 350.

4.2.3 Leitende Angestellte nach Nr. 3

 

Rz. 49

Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ist leitender Angestellter, wer regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besonderer Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst (BAG, Urteil v. 5.6.2014, 2 AZR 615/13).

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