Rz. 28

Gem. § 65 Abs. 1 i. V. m. § 26 Abs. 2 Satz 1 BetrVG treten die Stellvertreter "im Fall seiner Verhinderung" an die Stelle des Vorsitzenden. Diese Formulierung macht deutlich, dass die Stellvertreter die Aufgaben und Befugnisse des Vorsitzenden[1] nur dann wahrnehmen können und dürfen, wenn und solange der Vorsitzende selbst verhindert ist (so auch BAG, Beschluss v. 1.6.2011, 7 ABR 138/09[2]; BAG, Urteil v. 7.7.2011, 6 AZR 248/10[3]). Die Stellvertreter sind nicht "zweite Vorsitzende" mit gleichen Rechten und Pflichten.[4] Der Vorsitzende kann sie auch nicht dazu machen, indem er ihnen einmalig oder zur ständigen Erledigung alle oder Teile seiner Aufgaben überträgt.[5] Das Recht, Aufgaben vom Vorsitzenden auf den/die Stellvertreter zu übertragen, steht allenfalls der JAV und dem Betriebsrat zu.[6]

 

Rz. 29

Verhinderungsgründe i. S. d. § 26 Abs. 2 Satz 1 BetrVG sind insbesondere Urlaub oder Krankheit des Vorsitzenden. Eine nur kurzfristige Verhinderung, etwa weil der Vorsitzende aus dienstlichen Gründen für einige Stunden den Betrieb verlässt, stellt i. d. R. keine Verhinderung i. S. d. § 26 BetrVG dar. Eine Ausnahme gilt dann, wenn in dieser Zeit eine unaufschiebbare Angelegenheit zu regeln ist.[7]

Eine Verhinderung ist auch dann gegeben, wenn der Vorsitzende durch eine Angelegenheit persönlich betroffen wird (z. B. wenn die JAV gem. § 65 i. V. m. § 23 BetrVG ein Ausschlussverfahren gegen ihn betreibt; in diesem Verfahren kann der Vorsitzende die JAV nicht vertreten).

 

Rz. 30

Im Fall des Ausscheidens des Vorsitzenden aus dem Amt rückt nicht automatisch der Stellvertreter nach. Dieser bleibt vielmehr Stellvertreter, der Vorsitzende muss von der JAV neu gewählt werden, wobei der Stellvertreter selbstverständlich um das Amt des Vorsitzenden kandidieren kann.[8]

[1] S. o. Rz. 27.
[2] NZA 2012, 1184.
[3] NZA 2011, 1108.
[4] Richardi/Thüsing, § 26 BetrVG Rz. 53.
[5] Richardi/Thüsing, § 26 BetrVG Rz. 56.
[6] Vgl. dazu auch Fitting/Schmidt u. a., § 26 BetrVG Rz. 44 m. w. N.
[7] Richardi/Thüsing, § 26 BetrVG Rz. 54.
[8] Richardi/Thüsing, § 26 BetrVG Rz. 15.

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