3.1 Allgemeines
Rz. 51
§ 65 Abs. 2 BetrVG gibt der JAV das Recht, eigene Sitzungen durchzuführen, und zwar nach Verständigung mit dem BR. Nicht erforderlich ist, dass der BR den Sitzungen zustimmt, die JAV hat ihn lediglich über die Sitzung vorab zu verständigen. Zweck der Regelung ist es, dem BR als dem maßgebenden betriebsverfassungsrechtlichen Organ Kenntnis von den Sitzungen der JAV zu geben und ihm die Teilnahme daran zu ermöglichen. Wird der BR nicht verständigt, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Sitzung und der darauf gefassten Beschlüsse.
Die Themen, mit denen sich die JAV auf ihren Sitzungen beschäftigt, müssen sich innerhalb ihrer gesetzlichen Zuständigkeit bewegen.
3.2 Einberufung der Sitzung
3.2.1 Zuständigkeit
Rz. 52
Aufgrund der Verweisung in § 65 Abs. 2 auf § 29 BetrVG hat die konstituierende Sitzung der JAV der Wahlvorstand einzuberufen. Bis zur Wahl eines Wahlleiters aus der Mitte der JAV wird diese Sitzung vom Vorsitzenden des Wahlvorstands geleitet. Alle weiteren Sitzungen beruft grundsätzlich der Vorsitzende der JAV ein, vgl. § 29 Abs. 2 Satz 1 BetrVG. Fraglich war bisher, ob die Sonderregelung in § 129 BetrVG, wonach Sitzungen auch in Form von Video- oder Telefonkonferenzen durchgeführt werden dürfen (s. dazu Rz. 54), auch für die Sitzungen der Wahlvorstände gilt oder ob diese ihre Sitzungen nach wie vor als Präsenzsitzungen durchführen müssen. Die gesetzliche Regelung war insoweit nicht eindeutig. Zwischenzeitlich ist eine Klarstellung mit der VO zur Änderung der Wahlordnung, der Wahlordnung Seeschifffahrt und der VO zur Durchführung der Betriebsratswahlen bei den Postunternehmen vom 8.10.2021 erfolgt. Die Änderungen der WO sind am 15.10.2021 in Kraft getreten und waren aufgrund der Änderungen im Betriebsrätemodernisierungsgesetz (BRModG) erforderlich geworden. § 1 Abs. 4 WO lässt eine Teilnahme per Video- und Telefonkonferenz zumindest an einer nicht-öffentlichen Sitzung des Wahlvorstands nun ausdrücklich zu.
3.2.2 Einberufung auf Antrag
Rz. 53
Sowohl der Arbeitgeber als auch ein Viertel der JAV können gem. § 29 Abs. 3 BetrVG die Einberufung einer Sitzung beantragen. Der Vorsitzende der JAV ist verpflichtet, einem solchen Antrag stattzugeben und den beantragten Gegenstand auf die Tagesordnung zu setzen. Nach herrschender Meinung hat der BR kein die JAV bindendes Recht, die Einberufung einer Sitzung zu beantragen.
3.2.3 Ort der Sitzung, Ladungsfrist
Rz. 54
Gem. § 65 Abs. 1 BetrVG i. V. m. § 30 Satz 1 BetrVG finden die Sitzungen i. d. R. während der betriebsüblichen Arbeitszeit im Betrieb statt. Auf die betrieblichen Notwendigkeiten ist dabei Rücksicht zu nehmen (§ 30 Satz 2 BetrVG), der Arbeitgeber ist vom Zeitpunkt der Sitzung vorab zu verständigen (§ 30 Satz 3 BetrVG). Die Sitzungen der JAV sind nicht öffentlich (§ 30 Satz 4 BetrVG).
Seit dem 1.3.2020 können Sitzungen und Beschlussfassungen der JAV, der GesJAV und der KJAV, ebenso wie auch Sitzungen des Betriebsrats etc., mittels Video- und Telefonkonferenz erfolgen. Rechtsgrundlage hierfür war zunächst die Regelung in § 129 BetrVG. Die Vorschrift war mit Wirkung zum 1.3.2020 in Kraft getreten. Vorgesehen war ursprünglich, dass sie am 1.1.2021 wieder außer Kraft tritt (Art. 19 Abs. 2, Abs. 6 i. V. m. Art. 6 Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung vom 20.5.2020). Aufgrund Art. 4 des Beschäftigungssicherungsgesetzes (BeschSiG) war sie bis zum 30.6.2021 verlängert worden. Die Regelung war aufgrund der Corona-Pandemie in das BetrVG aufgenommen worden, um die Arbeitsfähigkeit des Betriebsrats, der JAV etc., auch in Zeiten pandemiebedingter Beschränkungen aufrechterhalten zu können.
§ 129 BetrVG ermöglichte, Gremiensitzungen u. a. der JAV, der GesJAV und der KJAV mittels Video- und Telefonkonferenz durchzuführen und auch wirksame Beschlüsse zu fassen. Darin lag eine Abweichung zu den §§ 30, 33 BetrVG a. F., wonach Beschlüsse nur wirksam in Präsenzsitzungen der Gremien gefasst werden konnten. § 129 BetrVG stellte somit zunächst eine Ausnahmeregelung dar, ein grundsätzlicher Vorrang der Durchführung als Telefon- oder Videokonferenz konnte aus der Vorschrift nicht hergeleitet werden.
Entsprechend konnte der Arbeitgeber den Betriebsrat oder die JAV grundsätzlich auch nicht darauf verweisen, eine Sitzung per Videokonferenz durchzuführen, etwa um Reisekosten zu einer Präsenzsitzung einzusparen.
Voraussetzung für die Durchführung von Video- oder Telefonkonferenzen anstelle von Präsenzsitzungen war , dass überhaupt die Möglichkeit besteht, die für die Sitzung angesetzten Tagesordnungspunkte im Rahmen einer solchen Konferenz durchzuführen.
Mittlerweile ist die Nutzung virtueller Sitzungs- und Beschlussformate durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz (BRModG) in Einzelvorschriften, insbesondere §§ 30, 33, 34 und 51 BetrVG, konkretisiert und dauerhaft geregelt. Danach haben allerdings weiterhin Präsenzsitzungen Vorrang. Das gilt unter Beachtung der gesetzlic...