Rz. 11

Die Pflicht von Arbeitgeber und Betriebsrat bezieht sich auf alle im Betrieb tätigen Personen.[1] Dazu gehören alle Arbeitnehmer des Betriebs i. S. v. § 5 Abs. 1 BetrVG. Dabei ist irrelevant, ob sie als Vollzeit- oder Teilzeitkräfte, als Auszubildende oder aushilfsweise beschäftigt werden (BAG, Beschluss v. 20.11.1990, AP Nr. 8 zu § 1 BetrVG Gleichberechtigung). Auch im Betrieb tätige Leiharbeitnehmer werden erfasst.[2] Fraglich ist, ob § 75 BetrVG auf sog. Fremdfirmenarbeitnehmer, also z. B. auf im Betrieb als Bau- oder Montagearbeitnehmer tätige Mitarbeiter anderer Unternehmen anzuwenden ist. Dies ist umstritten.[3]

Für die leitenden Angestellten gem. § 5 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gilt nicht § 75 BetrVG, sondern die Sonderregelung in § 27 SprAuG, die eine dem § 75 BetrVG entsprechende Überwachungspflicht von Arbeitgeber und Sprecherausschuss enthält.

 

Rz. 12

Nicht erfasst vom Schutzbereich des § 75 BetrVG werden Personen, die im Betrieb keine abhängige Tätigkeit ausüben. Dies gilt selbst dann, wenn sie vorübergehend in Ausübung ihrer Tätigkeit vor Ort im Betrieb sind.

 
Praxis-Beispiel

Der von der X-GmbH beauftragte Wirtschaftsprüfer hält sich zwecks Durchsicht und Prüfung der Bücher mehrere Tage in den Räumen der X-GmbH auf. Arbeitgeber und Betriebsrat haben in Bezug auf ihn keine Überwachungsbefugnis nach § 75 Abs. 1 BetrVG.

 

Rz. 13

Noch nicht (z. B. Bewerber) oder nicht mehr (z. B. Pensionäre) im Betrieb Tätige werden nach dem Wortlaut des § 75 BetrVG von der Regelung nicht erfasst. Ungeachtet dessen sind nach überwiegender Meinung in der Literatur bei Regelungen, die im Rahmen betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben getroffen werden und die auch und gerade diesen Personenkreis ansprechen, die Grundsätze von § 75 BetrVG zu beachten (z. B. bei Regelungen über die betriebliche Altersversorgung). Bejaht wird dies überwiegend zumindest für nicht mehr im Betrieb tätige Arbeitnehmer[4], für Arbeitsplatzbewerber ist dies dagegen abzulehnen.[5] Daran hat auch die Neufassung des § 75 Abs. 1 BetrVG durch das AGG grundsätzlich nichts geändert. Wer in den Schutzbereich des § 75 BetrVG fällt, richtet sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes, insbesondere nach dessen § 5 BetrVG. Dieser ist durch das AGG, das gem. § 6 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ausdrücklich auch für Arbeitsplatzbewerber und Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist, gilt, nicht geändert worden. Hätte der Gesetzgeber eine Ausweitung des Geltungsbereichs des § 75 BetrVG ausdrücklich auch auf diesen Personenkreis gewollt, hätte er eine entsprechende Regelung in das BetrVG aufgenommen bzw. § 5 BetrVG ebenfalls an die Regelungen des AGG angepasst. Das ist nicht geschehen. Ungeachtet dessen, wird zumindest teilweise die Auffassung vertreten, dass bei Bestehen gesetzlicher Sonderregelungen, wie z. B. dem Diskriminierungsverbot des AGG, das sich auch auf Bewerber um einen Arbeitsplatz erstreckt, dieses Verbot aufgrund der Beachtung der Grundsätze von Recht und Billigkeit in die Überwachungspflicht des § 75 BetrVG mit einzubeziehen ist, sich also auch ein Bewerber darauf berufen kann und es entsprechend zu beachten ist.[6]

[1] Fitting/Schmidt, § 75 BetrVG Rz. 12.
[2] Fitting/Schmidt, § 75 BetrVG Rz. 12 m. w. N.
[3] Ablehnend: GK-BetrVG/Kreutz/Jacobs, § 75 BetrVG Anm. 13; a. A. Fitting/Schmidt, § 75 BetrVG Rz. 14.
[4] So u. a. Richardi, § 75 BetrVG Rz. 8.
[5] So MünchArb/v. Hoyningen-Huene, § 301 BetrVG Rz. 69.
[6] So Fitting/Schmidt, § 75 BetrVG, Rz. 16.

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