Rz. 25

Neben den in § 75 BetrVG ausdrücklich genannten Diskriminierungsverboten, die auch nach der seit 2006 geltenden Fassung der Regelung nicht abschließend sind, ist auch der arbeitsrechtliche Grundsatz der Gleichbehandlung zu beachten.[1] Er zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Situationen sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Regelbehandlung auszuschließen.[2]

Der arbeitsrechtliche Grundsatz der Gleichbehandlung basiert auf den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungs- und Gleichberechtigungsgrundsätzen. Die Regelung in § 75 Abs. 1 macht diese für die Behandlung der Betriebsangehörigen verbindlich.[3] Dieser Grundsatz zwingt nicht zu einer absoluten Gleichstellung aller Arbeitnehmer. Er untersagt nicht per se, einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern ungünstiger zu behandeln als die übrige Belegschaft. Erforderlich ist allerdings, dass für die Differenzierung sachliche Gründe vorliegen. Fehlt es daran, ist die Differenzierung nicht gerechtfertigt und damit rechtswidrig. Maßgeblich für das Vorliegen eines hinreichenden Sachgrunds ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck.[4] Gerechtfertigt ist eine Differenzierung, auch zwischen unterschiedlichen Gruppen, wenn sie einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist.[5]

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist auch betriebsübergreifend zu berücksichtigen. Ist eine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers (z. B. freiwillige Lohnerhöhung) nicht auf einen einzelnen Betrieb beschränkt, sondern bezieht sie sich auf alle oder mehrere Betriebe des Unternehmens, ist eine Unterscheidung zwischen den einzelnen Betrieben nur zulässig, wenn es hierfür sachliche Gründe gibt.[6] Dabei sind die Besonderheiten des Unternehmens und der Betriebe zu beachten.[7] Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz greift grundsätzlich nur ein bei einem gestalterischen Verhalten des Arbeitgebers (z. B. Abschluss einer Betriebsvereinbarung), nicht aber bei bloßem Normenvollzug, z. B. der Befolgung einer Betriebsvereinbarung.[8] Dies gilt auch dann, wenn die Norm, nach der der Arbeitgeber handelt, unwirksam oder rechtswidrig ist und auf die Leistungen, die aufgrund dieser Norm erbracht wurden, kein Anspruch bestand. In einem solchen Fall können diejenigen Arbeitnehmer, denen nach der Norm keine oder nur geringere Leistungen zustanden, nicht mit dem Argument, anderen sei schließlich auch zu Unrecht aufgrund der Norm eine höhere Leistung gewährt worden, eine solche höhere Leistung auch für sich fordern. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht oder im Irrtum gibt es nicht.[9] Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Arbeitgeber in Kenntnis der Unwirksamkeit der Norm weiterhin Leistungen auf ihrer Grundlage erbringt. In diesem Fall handelt es sich nicht mehr um reinen Normenvollzug durch den Arbeitgeber, er wird vielmehr gestalterisch tätig. Entsprechend ist dann auch der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten mit der Folge, dass ein Anspruch aller Arbeitnehmer, die – bei Wirksamkeit der Norm – in den Anwendungsbereich fallen würden, besteht – auch im Unrecht.[10]

 

Rz. 26

Mittlerweile gibt es eine unübersehbare Zahl an höchstrichterlichen Entscheidungen dazu, ob eine Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt ist oder nicht. Diese Frage spielt insbesondere im Bereich des Arbeitsentgelts immer wieder eine Rolle, aber auch bei Teilzeitbeschäftigung. Darüber hinaus sind häufig Sozialpläne und Betriebsvereinbarungen, bei denen der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ebenfalls zu beachten ist[11], Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Betriebsparteien bei der Regelung verschiedene Gruppen bilden. Um festzustellen, ob ein Sachgrund vorliegt, der die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigt, ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck maßgeblich.[12] Nachfolgend seien einige Beispiele genannt, in denen eine nicht gerechtfertigte Differenzierung angenommen bzw. in denen die Differenzierung als zulässig angesehen wurde.

Sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung im Bereich des Arbeitsentgelts

  • Unterscheidung zwischen Arbeiter und Angestellten bei der Gewährung von Weihnachtsgeld[13];
  • Zahlung einer niedrigeren übertariflichen Prämienvergütung an befristet eingestellte Arbeitnehmer als an unbefristet Beschäftigte[14];
  • Regelung in einer Betriebsvereinbarung, wonach der Anspruch auf eine erarbeitete variable Erfolgsvergütung davon abhängig gemacht wird, dass das Arbeitsverhältnis zum Auszahlungstag außerhalb des Bezugszeitraums vom Arbeitnehmer nicht gekündigt wird[15].
  • Ausschluss einer Arbeitnehmergruppe von der Zahlung einer Abfindung, wenn die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen einer Betriebsschließung für verschiedene Arbeitnehmergruppen gleich oder vergleichbar sind[16];
  • Ausschluss derjenigen Arbeitnehmer von Leistungen aus einem Sozialplan, die das Arbeitsverhältnis zwar selbst gekünd...

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