2.1 Durchführungspflicht des Arbeitgebers

 

Rz. 2

Die Durchführung betrieblicher Vereinbarungen obliegt grundsätzlich dem Arbeitgeber. Daraus ergeben sich folgende Konsequenzen:

  • Der Arbeitgeber ist zur tatsächlichen Umsetzung von Vereinbarungen mit dem Betriebsrat verpflichtet. Im Rahmen dieser Pflicht muss er auch dafür sorgen, dass sich Arbeitnehmer an Arbeitszeiten halten, die in einer Betriebsvereinbarung festgehalten sind.[1] Kommt er seiner Pflicht nicht nach, kann der Betriebsrat ihn durch ein Beschlussverfahren, in Eilfällen sogar durch eine einstweilige Verfügung dazu veranlassen. Dies gilt nur dann, wenn er selbst Partei der Betriebsvereinbarung ist oder ihm durch die Betriebsvereinbarung eigene betriebsverfassungsrechtliche Rechte eingeräumt werden. Wenn der Gesamt- oder Konzernbetriebsrat in originärer Zuständigkeit mit dem Arbeitgeber Gesamt- oder Konzernbetriebsvereinbarungen abschließt, hat der örtliche Betriebsrat aus eigenem Recht grundsätzlich keinen Anspruch auf deren Durchführung.[2]

     
    Wichtig

    Es ist zwischen einem Unterlassungsanspruch bei Nichtbeachtung eines Mitbestimmungsrechts und einem Anspruch auf Durchführung einer geltenden Betriebsvereinbarung zu unterscheiden.

    Wenn der Betriebsrat sein Verlangen ausdrücklich auf einen Verbotsausspruch als Rechtsfolge wegen des nach seiner Ansicht betriebsverfassungswidrigen Verhaltens des Arbeitgebers stützt, handelt es sich hierbei um einen anderen Verfahrensgegenstand als bei der auf einem betriebsvereinbarungswidrigen Verhalten gründenden Unterlassungsfolge.[3]

  • Es ist dem Betriebsrat grundsätzlich verboten, Betriebsvereinbarungen einseitig durchzuführen.
 

Rz. 3

Die Verpflichtung besteht für sämtliche Arten von Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, also für

  • Betriebsvereinbarungen, egal ob sie im Rahmen der erzwingbaren Mitbestimmung liegen oder freiwillig abgeschlossen wurden[4], auch für nachwirkende Betriebsvereinbarungen[5]
  • für Sprüche der Einigungsstelle, auch wenn über die Wirksamkeit noch gestritten wird[6] und
  • für Regelungsabreden.
 

Rz. 4

Der Betriebsrat kann im Einzelfall ermächtigt werden, eine Betriebsvereinbarung selbst durchzuführen. Dies muss aber jeweils gesondert vereinbart werden.

 
Praxis-Beispiel

Durch freiwillige Betriebsvereinbarung wird die Errichtung einer Sozialkasse vereinbart. Wenn hier ausdrücklich vereinbart wird, dass der Betriebsrat diese verwaltet, kann er die Betriebsvereinbarung durchführen. Fehlt eine solche Regelung, bleibt es bei der Zuständigkeit des Arbeitgebers.

Etwas anderes gilt nur, wenn sich die Zuständigkeit des Betriebsrats unmittelbar aus der Sache ergibt wie z. B. bei der Abhaltung seiner Sprechstunden. Davon unabhängig besteht das selbstverständliche Recht des Betriebsrats, seine eigenen Beschlüsse, wie z. B. die Einberufung einer Betriebsversammlung auch selbst durchzuführen.

[4] S. zur Auslegung einer "Gemeinsamen Erklärung" als Betriebsvereinbarung BAG, Urteil v. 17.4.2012, 3 AZR 400/10.
[5] Hessisches LAG, Beschluss v. 6.11.2017, 16 TaBV 58/17.
[6] LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss v. 9.3.2010, 5 TaBVGa 6/09.

2.2 Verbot des Eingriffs in die Betriebsleitung

 

Rz. 5

Die Regelung stellt ausdrücklich klar, dass der Betriebsrat nicht durch einseitige Handlungen in die Betriebsleitung eingreifen darf. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber sich rechtswidrig weigert, Betriebsvereinbarungen umzusetzen.

 
Praxis-Beispiel

In einer Betriebsvereinbarung wurde vereinbart, dass die Mittagspause von 12.30 Uhr bis 13 Uhr genommen wird. Aus betrieblichen Gründen ordnet der Arbeitgeber ohne Abstimmung mit dem Betriebsrat an, dass sie für 2 Wochen nur von 13.15 Uhr bis 13.30 Uhr zu nehmen ist. Der Betriebsrat darf hier nicht etwa einen eigenen Aushang am Schwarzen Brett anbringen, in dem er eine entgegenstehende Anweisung erteilt. Er kann lediglich das Arbeitsgericht anrufen. Darüber hinaus ist die Weisung des Arbeitgebers gegenüber den einzelnen Arbeitnehmern unwirksam.

Handelt der Betriebsrat diesem Verbot zuwider, begeht er eine Amtspflichtverletzung, die in schweren Fällen auch zu einer Auflösung des Betriebsrats durch das Arbeitsgericht führen kann. Der Arbeitgeber hat aber keinen Unterlassungsanspruch gegen den Betriebsrat.[1]

Die individuellen Ansprüche der Arbeitnehmer aus einer Betriebsvereinbarung sind allerdings von den Arbeitnehmern selbst im Urteilsverfahren einzuklagen.

 
Praxis-Beispiel

Der Betriebsrat hat aus einem Interessenausgleich grundsätzlich keinen kollektiven Durchführungsanspruch, es sei denn, dieser ist ausdrücklich als Regelungsabrede oder Betriebsvereinbarung vereinbart, um dem Betriebsrat einem Anspruch auf dessen Einhaltung einzuräumen.[2]

Verlangt der Betriebsrat aus eigenem Recht die Durchführung eines von einer Einigungsstelle beschlossenen Sozialplans, ist eine Vollstreckung des Durchführungsantrags von der Bestandskraft des Sozialplans abhängig.[3] Sieht ein Sozialplan Abfindungszahlungen vor, die der Arbeitgeber nicht leistet, dar...

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