3.1 Begriff
Rz. 6
Der Begriff der Betriebsvereinbarung wird im Gesetz nicht definiert, sondern vorausgesetzt. Es handelt sich um eine kollektiv-rechtliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, welche
- die betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Ordnung und
- die individuellen Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern
regelt und gestaltet.
Arbeitgeber und Betriebsrat treffen eine Betriebsvereinbarung über die Einführung eines neuen Zeiterfassungssystems. Dies betrifft im Wesentlichen das Verhältnis der Betriebspartner und wirkt nur mittelbar für die einzelnen Arbeitnehmer. Eine Betriebsvereinbarung, die einen Sozialplan enthält, begründet hingegen unmittelbare Zahlungsansprüche der einzelnen Arbeitnehmer.
Vereinbarungen mit dem Sprecherausschuss sind keine Betriebsvereinbarungen. Die Jugend- und Auszubildendenvertretung kann keine derartigen Vereinbarungen treffen, sondern handelt durch den Betriebsrat.
Rz. 7
Betriebsvereinbarungen enthalten generelle, kollektive Regelungen für den Betrieb und werden deshalb auch das "Gesetz des Betriebs" genannt. Hieraus folgt, dass sie auch wie Gesetze auszulegen sind. Maßgeblich ist also das, was in dem Text zum Ausdruck gebracht wurde. Zur Klarstellung kann man auch Protokollnotizen zu einer Betriebsvereinbarung verfassen.
Auch die von den Betriebsparteien praktizierte Handhabung der Betriebsvereinbarung in der Vergangenheit kann bei der Auslegung von Betriebsvereinbarungen berücksichtigt werden.
Rz. 8
Von Betriebsvereinbarungen sind Regelungsabreden abzugrenzen. Für das Zustandekommen einer Regelungsabrede reicht die bloße Hinnahme eines mitbestimmungswidrigen Verhaltens des Arbeitgebers durch den Betriebsrat nicht aus. Zumindest ist eine auf die Zustimmung zu der Maßnahme gerichtete Beschlussfassung des Betriebsrats und deren Verlautbarung gegenüber dem Arbeitgeber notwendig. Sie hat keine normative Wirkung wie die Betriebsvereinbarung.
Betriebsrat und Arbeitgeber verständigen sich formlos darauf, dass in einem bestimmten Umfang Überstunden angeordnet werden dürfen und dass hierfür ein Zuschlag von 25 % gezahlt wird. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist gewahrt, jedoch erwerben die Arbeitnehmer keinen unmittelbaren Anspruch auf Zahlung des Zuschlags. Hierfür bedarf es einer schriftlichen Betriebsvereinbarung.
3.2 Zustandekommen
Rz. 9
Betriebsvereinbarungen kommen entgegen dem irreführenden Gesetzestext wie sonstige Verträge auch dadurch zustande, dass die Vertragspartner entsprechende Willenserklärungen austauschen. Ein vom Betriebsratsvorsitzenden unterzeichneter Aushang des Arbeitgebers stellt nur dann eine förmliche Betriebsvereinbarung dar, wenn dieser Aushang gleichzeitig Vertragsqualität hat. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn mit dem Aushang lediglich auf eine vermeintlich bereits bestehende Rechtslage hingewiesen wird. Partner des Arbeitgebers bei der Betriebsvereinbarung ist nicht etwa die Betriebsversammlung, sondern der Betriebsrat oder der Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrat.
Eine Betriebsvereinbarung, die aufseiten des Betriebsrats sowohl vom örtlichen als auch vom Gesamtbetriebsrat abgeschlossen worden ist, verstößt gegen den Grundsatz der Zuständigkeitstrennung.
Auch unterliegen Betriebsvereinbarungen dem für normative Regelungen geltenden Gebot der Rechtsquellenklarheit.
Dies gilt auch dann, wenn die Wahl des Betriebsratsgremiums angefochten wurde. Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung bleibt das Gremium im Amt, wenn die Wahl nicht wegen gravierender Mängel von vornherein nichtig ist. Auch wenn die Wahl später für unwirksam erklärt wird, bleibt die Betriebsvereinbarung wirksam.
Rz. 10
Eine wirksame Betriebsvereinbarung setzt einen entsprechenden Beschluss des Betriebsrats voraus. Der Betriebsratsvorsitzende vertritt das Gremium nur im Rahmen der gefassten Beschlüsse. Überschreitet er seine Kompetenz, ist die Betriebsvereinbarung nicht wirksam zustandegekommen. Sie kann aber nachträglich genehmigt werden. In Zweifelsfällen ist das Protokoll der Betriebsratssitzung hinzuzuziehen.
Wichtig ist auch, dass die Betriebsparteien die normative Geltung einer von ihnen geschlossenen Betriebsvereinbarung nicht an ein Zustimmungsquorum der Normunterworfenen, also derjenigen Arbeitnehmer binden können, die in den Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung fallen.