Rz. 2
Der zivilrechtliche Geheimnisschutz richtet sich seit dem 26.04.2019 nach dem Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG). Dieses setzt für einen Schutz von Geheimnissen angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen voraus. Ohne solche Maßnahmen fehlt es am Geschäftsgeheimnis.
Bei der Aufnahme von Geheimnisschutzmaßnahmen in vertragliche Vereinbarungen ist große Sorgfalt erforderlich. So ist z. B. eine Vereinbarung untauglich, die alle Angelegenheiten und Vorgänge, die im Rahmen der Tätigkeit bekannt werden, für geheimhaltungsbedürftig erklärt und dies ausdrücklich auch auf solche Vorgänge bezieht, die keine Geschäftsgeheimnisse sind.
Anders kann dies betreffend der vereinbarten Rückgabe der vollständigen Geschäftsunterlagen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses sein (LAG Düsseldorf, Beschluss v. 3.6.2020,12 SaGa 4/20).
Ein Verstoß gegen das GeschGehG liegt nicht vor, wenn der Arbeitnehmer lediglich Daten verwertet, die er in seinem Gedächtnis hat.
Nach Auffassung des Landgerichts Frankfurt stellt eine Abbildung mit Auftrags-, Umsatz- und Budgetdaten mangels erkennbaren wirtschaftlichen Werts kein Geschäftsgeheimnis dar (LG Frankfurt v. Beschluss v. 25.8.2020, 2-06-O 247/20). Auch genießt derjenige keinen Schutz, der keine Bestrebungen zum Schutz einer Information unternimmt oder lediglich darauf vertraut, die geheime Information werde nicht entdeckt und bleibe verborgen (LAG Hamm, Beschluss v. 23.6.2021, 10 SaGa 9/21, allerdings können auch vertragliche Vereinbarungen ausreichen). Die Verwendung von als Geschäftsgeheimnis einzustufenden Kundenlisten mit dem Ziel, den Geheimnisinhaber zur Begleichung von Forderungen zu veranlassen, stellt eine treuwidrige Nutzung eines Geschäftsgeheimnisses dar (LG Konstanz v. 8.10.2020, D 6 O 207/20), ebenso das Weiterleiten einer elektronischen Mitteilung, die auch die Wiederholungsgefahr indiziert (LAG Hamm v. 23.6.2021 -10 SaGa 9/21).
Schon nach der bisherigen Rechtslage bezog sich die Geheimhaltungspflicht nur auf Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse (Hessisches LAG, Beschluss v. 20.3.2017, 16 TaBV 12/17). Alle folgenden Kriterien müssen erfüllt sein:
- Tatsachen im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb
- nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt
- nach dem Willen des Arbeitgebers geheim zu halten
- berechtigtes wirtschaftliches Interesse an der Geheimhaltung z. B. bei Kundenlisten, Kalkulationen, Absatzplanungen, Konstruktionszeichnungen und Rezepturen (BAG, Urteil v. 16.3.1982, 3 AZR 83/79)
- ausnahmsweise können auch Lohn- und Gehaltsdaten von der Geheimhaltungspflicht umfasst sein, wenn konkurrierende Unternehmen durch die Kenntnis der Vergütungsstruktur Wettbewerbsvorteile erlangen könnten (BAG, Beschluss v. 26.2.1987, 6 ABR 46/84).
Bisher musste der Arbeitgeber oder sein Repräsentant zusätzlich die Tatsachen ausdrücklich – eine mündliche Erklärung reicht aus – als geheimhaltungsbedürftig bezeichnen. Eine Geheimhaltungspflicht kann sich zwar in Einzelfällen auch aus dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit ergeben, wenn die Vertraulichkeit erkennbar ist. Jedoch kommt es hier immer auf den Einzelfall an, sodass nur die ausdrückliche Erklärung Klarheit schafft. Diese Grundzüge sind nach wie vor sinngemäß anzuwenden.
Der Arbeitgeber muss ein sachliches und damit tatsachenbezogenes sowie ein objektiv berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung, als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, haben. Ein dem Betriebsrat mitgeteilter geplanter interessenausgleichspflichtiger Personalabbau als solcher und dessen Umfang kann nicht per se zu einem Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis deklariert werden (Hessisches LAG, Beschluss v. 20.3.2017, 16 TaBV 12/17). Etwas anderes gilt nur in Bezug auf einzelne, bestimmte Tatsachen und nur dann, wenn der Arbeitgeber an deren Geheimhaltung ein konkretes sachliches und objektiv berechtigtes wirtschaftliches Interesse hat (LAG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 20.5.2015, 3 TaBV 35/14).
Unlautere oder gesetzeswidrige Vorgänge wie etwa Steuerhinterziehungen unterliegen nicht dem Geheimnisschutz (Fitting, Rn. 3b zu § 79 BetrVG).
Rz. 3
Die in dieser Vorschrift geregelte Geheimhaltungspflicht bezieht sich nur auf die Tatsachen, die dem Mitglied des Betriebsrats oder einer anderen in Rz. 4 genannten Institution gerade deswegen bekannt wurden, weil sie Mitglied in diesem Gremium sind.
Erfährt ein Betriebsratsmitglied eine geheimhaltungsbedürftige Tatsache im Rahmen einer Beratung mit dem Arbeitgeber oder einer Einigungsstellensitzung, unterliegt er der Schweigepflicht gem. Abs. 1. Dies gilt aber nicht, wenn er diese Tatsache i. V. m. seiner normalen Arbeitstätigkeit erfährt. Hier kann sich die Schweigepflicht aber aus dem Arbeitsvertrag ergeben.
Eine Betriebsvereinbarung fällt grundsätzlich nicht unter ein derartiges Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, da sie als "Gesetz des Betriebes" gerade auf eine Veröffentlichung angelegt ist. Auch über den von der Betriebsvereinbarung betroffenen Betrieb hinaus ist grundsätzlich k...