Rz. 21

Beim Beschwerdeverfahren handelt es sich nicht um ein außergerichtliches Vorverfahren. Der Arbeitnehmer kann unmittelbar Klage beim Arbeitsgericht erheben, ohne zuvor gezwungen zu sein, sich zunächst bei den zuständigen Stellen des Betriebs zu beschweren oder den Betriebsrat einzuschalten.[1]

 

Rz. 22

Die Beschwerde über Anordnungen des Arbeitgebers hat keine aufschiebende Wirkung, so dass der Arbeitnehmer einer Anordnung, über die sich beschwert, zunächst nachkommen muss.[2] Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers im Hinblick auf den der Beschwerde zugrunde liegenden Sachverhalt besteht. Ein solches kann sich aus § 14 AGG oder aus § 273 BGB ergeben.

 

Rz. 23

Die Erhebung einer Beschwerde führt nicht dazu, dass der Ablauf gesetzlicher Fristen gehemmt wird. Dies gilt etwa in Bezug auf die Verjährungsfristen oder die materiell-rechtliche Klagefrist des § 4 KSchG gegen Beendigungs- oder Änderungskündigungen.[3] Die Einlegung einer Beschwerde nach §§ 94, 95 BetrVG befreit den Arbeitnehmer daher nicht von der rechtzeitigen Klagerhebung innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung. Die Beschwerde kann aber eine Geltendmachung im Sinne tariflicher oder vertraglicher Ausschlussfristen sein, sofern deren Formerfordernisse eingehalten werden, also etwa nur die schlichte Geltendmachung eines Anspruchs verlangt wird.[4]

 

Rz. 24

Auch nach Einschaltung eines Betriebsratsmitglieds bleibt der beschwerdeführende Arbeitnehmer Herr des Verfahrens, so dass er jederzeit durch Rücknahme der Beschwerde ihre Erledigung herbeiführen kann.[5]

[1] Richardi/Thüsing, § 84 BetrVG Rz. 16; Fitting, § 84 BetrVG Rz. 1.
[2] Fitting, § 84 BetrVG Rz. 15; Richardi/Thüsing, § 84 BetrVG Rz. 17.
[3] Fitting, § 84 BetrVG Rz. 1; GK-BetrVG/Wiese/Franzen § 84 Rz. 18.
[4] Fitting, § 84 BetrVG Rz. 1.
[5] Küttner/Kreitner, Personalbuch 2013, Beschwerderecht (Arbeitnehmer) Rz. 6.

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