Rz. 5
Der Betriebsrat muss die Beschwerde des Arbeitnehmers entgegennehmen und diese auf ihre Berechtigung hin prüfen. Hierüber hat ein ordnungsgemäßer Beschluss des Betriebsratsgremiums oder eines hierfür eingerichteten Ausschusses zu erfolgen. Betriebsratsmitglieder, die eine Beschwerde nach § 85 BetrVG beim Betriebsrat erhoben haben, dürfen an der Beschlussfassung hierüber nicht teilnehmen, da sie nach § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG aus Rechtsgründen an der Teilnahme an der Sitzung verhindert sind (LAG Nürnberg, Beschluss v.16.10.2012,TaBV 28/12). Vor der Entscheidung ist die Anhörung des Beschwerdeführers zweckmäßig, damit dieser sein Anliegen erklären und hierüber befragt werden kann. Diese ist aber nicht zwingend.
Hält der Betriebsrat die Beschwerde für berechtigt, so ist er gemäß § 85 Satz 1 BetrVG verpflichtet, beim Arbeitsgeber auf Abhilfe hinzuwirken, der Betriebsrat wird so zum Interessenvertreter des beschwerdeführenden Arbeitnehmers. Er muss mit dem Arbeitgeber über die Erledigung der Beschwerde verhandeln und kann dem Arbeitgeber Vorschläge zur Beseitigung der vorliegenden Beeinträchtigung machen. Dabei kann der Betriebsrat auch den Weg des § 104 BetrVG beschreiten und vom Arbeitgeber die Entfernung betriebsstörender Arbeitnehmer verlangen, dies kommt insbesondere bei wiederholten rassistischen oder fremdenfeindlichen Betätigungen in Betracht. Der Betriebsrat kann sich dabei die Ausführungen in der Beschwerde zu eigen machen und damit an sich ehrenrührige Tatsachen über einen Arbeitnehmer, der in der Beschwerde beschuldigt wurde, an den Arbeitgeber weitergeben. In so einem Fall kann der betroffene Arbeitnehmer den Betriebsrat nicht auf Unterlassung der Behauptungen in Anspruch nehmen, da der Betriebsrat in Wahrnehmung berechtigter Interessen (vgl. § 193 StGB) handelt (ArbG Offenbach, Urteil v. 23.10.2001, 5 Ca 138/01). Allerdings kommt ein Vorgehen gegen den beschwerdeführenden Arbeitskollegen in Betracht (LAG Hessen, Urteil v. 09.05.2012, 18 Sa 1596/11). Der Betriebsrat ist verpflichtet, den Beschwerdeführer über den Stand und das Ergebnis der Verhandlungen mit dem Arbeitgeber zu unterrichten.
Rz. 6
Hält der Betriebsrat in die Beschwerde für nicht berechtigt, so muss er den Arbeitnehmer hierüber informieren. Dabei muss er keine bestimmte Form einhalten, allerdings ist eine Begründung erforderlich. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut des § 85 Abs. 1 BetrVG, die sachgemäße Behandlung von Beschwerden zählt aber bereits zu den allgemeinen Aufgaben des Betriebsrats. Der Arbeitnehmer hat keinen Rechtsanspruch gegen den Betriebsrat, beim Arbeitgeber auf Abhilfe der Beschwerde hinzuwirken. Daher kann er die Weiterverfolgung der Beschwerde gerichtlich nicht erzwingen. Nach anderer Auffassung soll der Arbeitnehmer einen im Beschlussverfahren durchsetzbaren Rechtsanspruch gegen den Betriebsrat besitzen. Ein solcher Anspruch ist abzulehnen, da die Verfolgung betriebsverfassungsrechtlicher Regelungsangelegenheiten gegenüber dem Arbeitgeber ausschließlich dem Betriebsrat zusteht und der Arbeitnehmer ansonsten mittelbar die Einberufung der Einigungsstelle erzwingen könnte.
Der Arbeitnehmer ist aber berechtigt, nunmehr das individuelle Beschwerdeverfahren nach § 84 BetrVG durchzuführen. Bei Bestehen individueller Rechtsansprüche steht ihm außerdem der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen offen.
Weigert sich der Betriebsrat, die Beschwerde des Arbeitnehmers entgegenzunehmen oder unterlässt er es, trotz für berechtigt erachteter Beschwerde auf deren Abhilfe hinzuwirken, so verletzt er seine Amtspflichten, so dass ein Verfahren nach § 23 Abs. 1 BetrVG in Betracht kommt.