Rz. 51
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 kommen als Anspruchsberechtigte grds. nur diejenigen in Betracht, die einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Von diesem Erfordernis macht § 1 Abs. 2 eine Ausnahme und erweitert den Kreis der Berechtigten, indem er vom sog. Territorialitätsprinzip abrückt. Nicht mehr der unmittelbare Kontakt mit dem deutschen Hoheitsgebiet in Gestalt eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts ist für die Gewährung von Elterngeld ausschlaggebend, sondern "personenbezogene Anknüpfungspunkte". Diesbezüglich differenziert § 1 Abs. 2 in 3 Kategorien (Nr. 1 bis 3), die jedoch ihrerseits mit unterschiedlichen Alternativen aufwarten.
3.1 Der Kreis der Berechtigten nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
Rz. 52
Der fehlende Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland ist nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 unschädlich, wenn der Berechtigte nach § 4 SGB IV dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegt oder – Alt. 2 – im Rahmen seines in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses vorübergehend ins Ausland abgeordnet, versetzt oder kommandiert ist.
3.1.1 Zugehörigkeit zum deutschen Sozialrecht trotz Tätigkeit im Ausland (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1)
Rz. 53
Entsprechend dem im Sozialrecht geltenden Territorialitätsprinzip soll Leistungen des deutschen Sozialrechts grds. nur derjenige beanspruchen können, der im räumlichen Anwendungsbereich des Sozialgesetzbuchs einer Beschäftigung nachgeht. Da sich das Sozialrecht in seinem Geltungsbereich grds. nur auf das deutsche Hoheitsgebiet beschränkt, geht der damit verbundene Schutz verloren, sobald sich ein Beschäftigter ins Ausland begibt. Hieran knüpft jedoch § 4 Abs. 1 SGB IV an. Danach gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung – soweit sie eine Beschäftigung voraussetzen – auch für Personen, die im Rahmen eines im Geltungsbereich des SGB IV bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist. Gleiches gilt für Personen, die einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nachgehen (§ 4 Abs. 2 SGB IV).
Rz. 54
Zwischenstaatliches Abkommen mit den USA und China
Dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den USA über Soziale Sicherheit können keine Bestimmungen zum Elterngeld entnommen werden. Da die vom Regelungsbereich des Abkommens erfassten Leistungen anders als das Elterngeld beitragsfinanziert sind, steht bereits dieser Umstand einer erweiternden Auslegung dieses zwischenstaatlichen Abkommens entgegen. Nichts anderes gilt in Bezug auf das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China über Sozialversicherung, das ebenfalls keine Bestimmungen zum Elterngeld oder anderen Familienleistungen enthält.
Rz. 55
Nach § 4 SGB IV wirkt das deutsche Sozialversicherungsrecht auch bei einer Beschäftigung im Ausland fort (sog. Ausstrahlung), sofern die gesetzlichen Vorgaben erfüllt werden. Bindeglied ist insoweit das Bestehen eines inländischen Beschäftigungsverhältnisses, über das der "Kontakt" zum inländischen Sozialversicherungsrecht hergestellt wird. Vom Bestehen eines inländischen Beschäftigungsverhältnisses ist jedoch nur dann auszugehen, wenn es sich nicht nur als "lose rechtliche Verbindung" erweist, sondern eine "rechtlich zu qualifizierende Nähe zum inländischen Arbeitgeber" während der Auslandstätigkeit fortbesteht.
Rz. 56
Für die Beantwortung der Frage, ob das inländische Beschäftigungsverhältnis im oben genannten Sinne fortbesteht oder lediglich im Sinne eines "Rumpfarbeitsverhältnisses" erhalten bleibt, das einer Ausstrahlung entgegensteht, sind sowohl die rechtlichen wie auch die tatsächlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls entscheidend. Der Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses muss in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht im Geltungsbereich des SGB IV zu verorten sein.
Rz. 57
Indizwirkung kommt hierbei der steuer- wie sozialversicherungsrechtlichen Gleichbehandlung mit im Inland Beschäftigten zu. Abgesehen davon ist eine Ausstrahlung regelmäßig nur dann zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer, der im Ausland beschäftigt ist, organisatorisch "in dem Betrieb des inländischen Arbeitgebers eingegliedert bleibt und wesentliche Elemente eines Beschäftigungsverhältnisses (...) erfüllt werden und sich der Anspruch auf Arbeitsentgelt gegen den inländischen Arbeitgeber richtet." Dabei ist hinsichtlich der Frage der Eingliederung auch deren rechtliche Struktur von Bedeutung. Ist der ausländische Betrieb nicht nur "wirtschaftlich, sondern auch rechtlich in der Weise verselbstständigt, dass er als juristische Person besteht, so ist bei der Arbeit in diesem Betrieb regelmäßig von einer Eingliederung auszugehen." Hierfür spricht etwa, wenn der ausländische Unternehmensteil eine eigene Gewinn- und Verlustrechnung durchführt, der Anspruch ...