Rz. 3
§ 27 Abs. 1 BEEG ermöglicht Elterngeldberechtigten, die während der Corona-Krise selbst in systemrelevanten Branchen und Berufen tätig sind, auf Antrag ihren Elterngeldbezug für ganze (nicht für geteilte) Bezugsmonate aufzuschieben. Mit dieser Regelung soll ein Anreiz für Eltern im Elterngeldbezug oder vor Antritt des Elterngeldbezuges geschaffen werden, ihre Tätigkeit in diesen Bereichen wieder aufzunehmen oder weiterhin tätig zu bleiben, ohne einen Nachteil im Elterngeld zu erfahren. Diese Möglichkeit ist auf die voraussichtliche Zeit der Krise vom 1.3.2020 bis 31.12.2020 begrenzt. Die Option des § 27 Abs. 1 BEEG wurde trotz Fortbestehens der Corona-Krise über den 31.12.2020 hinaus sowie trotz entsprechender parlamentarischer Initiativen aus nicht nachvollziehbaren Gründen nicht verlängert, was insbesondere im Hinblick auf die Verlängerung der Optionen der §§ 2b Abs. 1 Satz 3, 27 Abs. 4 BEEG durch Art. 3 BeschSiG v. 3.12.2020 nicht stimmig und inkonsequent wirkt; einer "vorschriftenübergreifenden Analogie" steht jedoch entgegen, dass sich der Gesetzgeber bewusst nicht für eine Verlängerung entschieden hat. Der Verschiebetatbestand gilt gleichermaßen für das Basiselterngeld wie auch für das Elterngeld Plus, weil er nicht zwischen den verschiedenen Elterngeldformen differenziert, sondern ganz generell an den Bezug von Elterngeld anknüpft.
Rz. 4
Systemrelevante Berufe sind Tätigkeiten in Bereichen, die für das öffentliche Leben, die Sicherheit und die Versorgung der Bevölkerung unabdingbar sind. Es handelt sich insoweit um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der jeweils im Einzelfall zu konkretisieren ist. Hierzu zählen insbesondere Tätigkeiten in Einrichtungen, Behörden und Betrieben
- zur Sicherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Polizei, Zoll, Katastrophenschutz, Zivilschutz, Feuerwehr, Bundeswehr, Gerichte und Staatsanwaltschaften, Justizvollzugsanstalten, Wach- und Sicherheitsdienste, Gesundheitsweisen, Veterinärwesen, Lebensmittelkontrolle, Asyl- und Flüchtlingswesen, Opferschutzeinrichtungen, etc.),
- zur Sicherstellung der öffentlichen Infrastruktur und Versorgungssicherheit (Energie- und Wasserversorgung, Entsorgung, Transport- und Personenverkehr, Aufrechterhaltung von Kommunikationswegen, Rundfunk, Presse, Fernsehen, Bestattungen),
- zur Sicherstellung der Ernährung sowie für Waren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs,
- der Gesundheitsversorgung und Pflege,
- der Bildung und Erziehung,
- der Kinder- und Jugendhilfe sowie
- der Behindertenhilfe.
Einen Maßstab für die Zuordnung von Tätigkeiten zu systemrelevanten Branchen und Berufen bieten die Verordnung zur Bestimmung kritischer Infrastrukturen nach dem Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI-Gesetz), die Verordnung zu Abweichungen vom Arbeitszeitgesetz infolge der COVID-19-Epidemie sowie landesrechtliche Bestimmungen für die Berechtigung zur Inanspruchnahme von Kindernotfallbetreuung.
Rz. 5
Die entsprechenden Arbeitgeber haben vielfach Bescheinigungen über die systemrelevante Tätigkeit ausgestellt, mit denen die Arbeitnehmer nachweisen können, von den entsprechenden Ausgangsbeschränkungen befreit zu sein. Derartige Bescheinigungen sind zum Nachweis einer systemrelevanten Tätigkeit gegenüber den Elterngeldstellen geeignet. Auch eine entsprechende Glaubhaftmachung ist möglich.
Rz. 6
Wurde von der Möglichkeit des Aufschubs des Elterngeldbezugs im Zeitraum zwischen dem 1.3.2020 und 31.12.2020 auf Antrag des Elterngeldberechtigten hin Gebrauch gemacht,