Rz. 6

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 haben Arbeitgeber – auch ehemalige Arbeitgeber – sowie nach Satz 2 auch Auftraggeber und Zwischenmeister von Heimarbeitern, den Elterngeldbehörden spezifische Daten ihrer Beschäftigten zu bescheinigen. Obwohl die Normadressaten an dem Verwaltungsverfahren wegen Bewilligung von Leistungen nach dem BEEG nicht beteiligt sind, wird ihnen eine Art Mitwirkungspflicht auferlegt. Die zuständige Behörde wird ermächtigt, von aktuellen und ehemaligen Arbeitgebern die näher bestimmten Informationen einzuholen. Die Auskunftspflicht und Verpflichtung zur Ausstellung und Aushändigung der Bescheinigung ist öffentlich-rechtlicher Natur und erfolgt aufgrund öffentlich-rechtlicher Indienstnahme des Arbeitgebers durch die zuständige Behörde. Die Behörde kann den Arbeitgeber – auch – mit durchsetzbarem Verwaltungsakt zu Auskunft oder Nachweis heranziehen.[1]

 

Rz. 7

Die Indienstnahme der Arbeitgeber für die Zwecke des Verfahrens nach dem BEEG berührt das Grundrecht der Arbeitgeber auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG). In dieses Grundrecht darf nur aus sachlich begründeten Erwägungen eingegriffen werden. Die Indienstnahme muss zudem dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen, d. h. geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne (Übermaßverbot) sein. Diesen Anforderungen entspricht die Regelung, da sie die Indienstnahme auf die gesetzlich näher bestimmten Angaben begrenzt und das Maß des Erforderlichen[2] nicht übersteigt.

[1] S. unten Rz. 22; ähnlich zur Arbeitgeberbescheinigung: BSG, Urteil v. 12.12.1990, 11 RAr 43/88, SozR 3-4100 § 133 Nr. 1.
[2] S. Rz. 17.

2.1.1 Arbeitgeberbegriff (Abs. 1 Satz 1)

 

Rz. 8

Die Pflicht zur Bescheinigung der näher bezeichneten Daten trifft den Arbeitgeber. Aufgrund der Bezugnahme auf zu bescheinigende Daten aus dem Arbeitsverhältnis gilt der arbeitsrechtliche Arbeitgeberbegriff. Arbeitgeber ist danach, wer aufgrund eines frei geschlossenen Schuldverhältnisses (mindestens) die Leistung von Arbeit verlangen kann und zugleich Schuldner des Entgeltanspruchs ist. Mittelbar kann der Begriff auch über die Arbeitnehmereigenschaft definiert werden. Arbeitgeber ist danach, wer mindestens einen Arbeitnehmer beschäftigt.[1]

 

Rz. 9

Die Bescheinigungspflicht trifft in erster Linie Arbeitgeber, die die Bezieher von Elterngeld im Bezugszeitraum beschäftigen. Ehemalige Arbeitgeber, bei denen Personen mit Anspruch auf Elterngeld vor der Geburt des Kindes beschäftigt gewesen sind, sind nach Satz 1 Halbsatz 2 auch betroffen, denn die Auskunftspflicht besteht auch bezogen auf ehemalige Arbeitgeber.

 

Rz. 10

Nicht aus arbeitsrechtlicher Fürsorgepflicht, sondern kraft öffentlich-rechtlicher Norm haben die Arbeitgeber für die Arbeitnehmer Auskünfte zu erteilen, die für die Berechnung einer vom früheren Arbeitsentgelt abhängigen Sozialleistung erforderlich sind.[2]

[1] ErfK/Preis, § 611 BGB, Rz. 183 m. w. N.
[2] Ähnlich zur Arbeitsbescheinigung: BAG, Urteil v. 30.8.2000, 5 AZB 12/00, AP Nr. 75 zu § 2 ArbGG 1979, NZA 2000, 1359.

2.1.2 Auftraggeber und Zwischenmeister der Heimarbeiter (Abs. 1 Satz 2)

 

Rz. 11

Die sozialrechtliche Definition der Heimarbeit findet sich zwar in § 12 SGB IV. § 9 Satz 1 BEEG verweist aber auf die arbeitsrechtlichen Beziehungen und damit auf die Definition im Heimarbeitsgesetz (HAG). Nach § 1 Abs. 1 HAG sind in Heimarbeit Beschäftigte

  1. die Heimarbeiter (§ 2 Abs. 1 HAG) und
  2. die Hausgewerbetreibenden (§ 2 Abs. 2 HAG).
  3. Nach § 1 Abs. 2 HAG können diesen Gruppen weitere Personen mit ähnlichem Schutzbedürfnis gleichgestellt werden (Gleichstellung durch widerrufliche Entscheidung des zuständigen Heimarbeitsausschusses – § 4 HAG – nach Anhörung der Beteiligten).
 

Rz. 12

Die Begriffe des Heimarbeiters und des Hausgewerbetreibenden sind im HAG wie folgt definiert:

Nach § 2 Abs. 1 HAG ist Heimarbeiter, wer in selbst gewählter Arbeitsstätte (eigener Wohnung oder selbst gewählter Betriebsstätte) allein oder mit seinen Familienangehörigen (Mitglieder der häuslichen Gemeinschaft) im Auftrag von Gewerbetreibenden oder Zwischenmeistern erwerbsmäßig arbeitet, jedoch die Verwertung der Arbeitsergebnisse dem unmittelbar oder mittelbar Auftrag gebenden Gewerbetreibenden überlässt. Zum Jahresende 2013 gab es in Deutschland 30.080 Heimarbeiter.[1]

 

Rz. 13

Hausgewerbetreibender ist (§ 2 Abs. 2 HAG), wer in eigener Arbeitsstätte (eigener Wohnung oder Betriebsstätte) mit nicht mehr als zwei fremden Hilfskräften oder Heimarbeitern im Auftrag von Gewerbetreibenden oder Zwischenmeistern Waren herstellt, bearbeitet oder verpackt. Dabei muss der Hausgewerbetreibende selbst wesentlich am Stück mitarbeiten, die Verwertung der Arbeitsergebnisse aber dem Auftraggeber überlassen.

 

Rz. 14

Für die Heimarbeiter, Hausgewerbetreibenden und die ihnen Gleichgestellten treten der Auftraggeber und der Zwischenmeister in die Arbeitgeberposition ein (§ 9 Abs. 1 Satz 2), d. h. sie haben für ihre Heimarbeiter die Bescheinigung nach Satz 1 auszustellen. Ein "Zwischenmeister" wird in § 2 Abs. 3 HAG definiert als derjenige, der, ohne selbst Arbeitnehmer zu sein, die ihm von Gewerbetreibenden übertragene Arbeit an Heimarbeiter o...

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