Rz. 7
Der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld gem. § 20 Abs. 1 ist eine aus dem Arbeitsverhältnis herrührende Lohnersatzleistung, nämlich ein gesetzlich begründeter Anspruch auf teilweise Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Es handelt sich um einen privatrechtlichen Anspruch, der erforderlichenfalls vor den Gerichten für Arbeitssachen geltend zu machen ist, § 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG. Dabei haben die Arbeitsgerichte ggf. die öffentlich-rechtliche Vorfrage, ob ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld besteht, inzident zu prüfen. Der Anspruch unterscheidet sich insofern von üblichen Entgeltleistungen, als es sich um einen Nettoanspruch handelt: Der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld ist gem. § 3 Nr. 1d EStG steuerfrei und ist nicht dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 Sozialversicherungsentgeltverordnung).
Rz. 8
Wird der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld hingegen wegen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses oder Insolvenz des Arbeitgebers gem. § 20 Abs. 3 von der Krankenkasse oder dem Bundesamt für Soziale Sicherung gezahlt, so handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch, der vor den Sozialgerichten durchzusetzen ist, § 51 Abs. 1 Nr. 2 und 5 SGG.
Rz. 9
Die Frau kann auf den zwingenden Anspruch auf Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nicht im Voraus verzichten. § 20 Abs. 1 ist zudem eine Eingriffsnorm i. S. v. Art. 9 Rom-I-VO, d. h. eine Norm, die – sofern der nötige Inlandsbezug des Beschäftigungsverhältnisses gegeben ist – ohne Rücksicht auf das auf den Vertrag anzuwendende Recht den Sachverhalt zwingend regelt, weil bedeutende Gemeinwohlbelange berührt werden. Die Vertragsparteien können den Anspruch also nicht abbedingen, indem sie eine Rechtswahl zugunsten einer ausländischen Rechtsordnung treffen.
Rz. 10
Der Zuschuss ist für die gesamte Dauer der Schutzfristen des § 3 MuSchG zu zahlen, sofern insoweit auch Anspruch auf Mutterschaftsgeld besteht. Er ist zu dem Zeitpunkt auszuzahlen, zu dem das Entgelt zu zahlen wäre, wenn die Frau gearbeitet hätte. Auch für Ausschlussfristen und Verjährung gelten die für das Entgelt maßgeblichen Regeln. Insbesondere steht § 3 MiLoG dem Verfall des Anspruchs aufgrund einer Ausschlussfrist entgegen.
Rz. 11
Während das Mutterschaftsgeld gem. § 54 Abs. 3 Nr. 2 SGB I nur eingeschränkt der Pfändung unterliegt, ist der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld als Arbeitseinkommen gem. §§ 850 ff. ZPO pfändbar. Für die Ermittlung der Pfändungsgrenze nach § 850c ZPO sind Mutterschaftsgeld und Zuschuss nicht zusammenzurechnen. Eine Zusammenrechnung von Arbeitseinkommen und Sozialleistungen zur Berechnung des pfändbaren Betrags ist gem. § 850e Abs. 2a ZPO nämlich nur zulässig, soweit die Sozialleistungen der Pfändung unterworfen sind. Dies ist hier nicht der Fall. Vielmehr ist das Mutterschaftsgeld von der allgemeinen Regel, wonach laufende Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch wie Arbeitseinkommen pfändbar sind (§ 54 Abs. 4 SGB I), ausdrücklich ausgenommen.
Rz. 12
§ 20 Abs. 3 sichert die Zahlung des Zuschusses bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers: Lägen ohne die Schutzfristen die Voraussetzungen für die Zahlung von Insolvenzgeld nach § 165 SGB III vor, so geht die Verpflichtung zur Zahlung des Zuschusses auf die für die Zahlung von Mutterschaftsgeld zuständige Stelle über, also auf die Krankenversicherung oder das Bundesamt für Soziale Sicherung. Dies ist der Fall bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers oder bei Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse; ebenso bei vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt.