6.1 Beratung

Mitarbeiter an die Hand zu nehmen und zu beraten ist eine der Aufgaben, die eine Transfergesellschaft in der Praxis übernimmt. Grundsätzlich gibt es hier zwei unterschiedliche Vorgehensweisen: Einzel- und Gruppenberatungen, wobei letztere verbreiteter ist. Im Idealfall werden in intensiven Einzelgesprächen die beruflichen Kompetenzen, Stärken, Schwächen und Ziele des Einzelnen ermittelt und in eine realistische Berufswegeplanung umgesetzt. Dabei wird natürlich auch die Eigeninitiative der Betroffenen gestärkt.

Dabei ist zu berücksichtigen und sollte auch im Vorfeld allen Beteiligten klar sein, dass unter den gegebenen Arbeitsmarktbedingungen die Betroffenen oftmals gefordert sind, Kompromisse hinsichtlich der Einkommenshöhe, der Entfernung zum Arbeitsplatz etc. einzugehen. Hier notwendige Änderungen in der Einstellung zu bewirken, erfordert kontinuierliche Begleitung und Überzeugungsarbeit durch die Berater in den Transferprojekten.

Abb. 2: Angebote einer Transfergesellschaft im Überblick

Nicht immer sind die betreuten Mitarbeiter sofort in der Lage, sich gezielt der beruflichen Neuorientierung zu widmen. Psychosoziale Probleme bilden Blockaden. Einschlägige Beratungsinstitutionen in der Region (z. B. Schuldnerberatung, Suchtberatung etc.) sollten hier frühzeitig mit eingebunden werden. Zur Vervollständigung des Beratungsangebotes und zur Informationsvertiefung können Veranstaltungen zu einzelnen Themenfeldern (z. B. zu Fragen der Altersversorgung, Berufsbilder, Arbeiten im Ausland u. ä.) zusätzlich angeboten werden.

Das Erkennen, Besprechen und Lösen solcher Probleme ist ein Kernargument, warum aus meiner Sicht die individuelle Betreuung den Vorrang vor Gruppenveranstaltungen haben sollte. Der Berater schlüpft hier in die Rolle eines "Freundes auf Zeit".

Zwar sollten massive Bewerbungsaktivitäten in einer Kündigungssituation ganz selbstverständlich sein, in der Praxis neigen die Betroffenen aber eher dazu, sich zurückzuziehen und die Bewerbungsaktivitäten nur in unzureichendem Umfang zu leisten (der allerdings subjektiv als ausreichend empfunden wird). D. h., die Mitarbeiter brauchen jemanden, der die Bewerbungsaktivitäten im Auge hat, ihnen den Spiegel vorhält und sie ggfs. "antreibt".

Aufgrund der individuellen Zielfindungsprozesse sollten Gruppenveranstaltungen, die leider heute immer noch die Regel bei vielen Transferanbietern bilden, nur ergänzend in Teilbereichen sinnvoll eingesetzt werden (z. B. bei Peergroups).

6.2 Vermittlung

Fragt man mich, was eigentlich die Aufgabe einer Transfergesellschaft ist, dann gibt es nur eine Antwort: Menschen in Arbeit vermitteln!

So profan das klingt, so wichtig ist doch dieser Hinweis, da in der Praxis sich doch oftmals eher qualifizierungsorientierte Ansätze finden. Hier ist dann sehr häufig die Qualifizierung eher Selbstzweck denn zielführende Strategie. Grundsätzlich sollte der Träger des Transferprojektes daher ein vermittlungsorientiertes Konzept verfolgen und Erfahrungen mitbringen, die relevanten Arbeitsmärkte gezielt anzugehen und zu aktivieren. Neben der Nutzung der Stellenangebote der Arbeitsverwaltung und der Internet-Jobbörsen steht die passgenaue Akquisition von zusätzlichen Arbeitsplätzen im Mittelpunkt der Vermittlungstätigkeit. So können betreute Mitarbeiter und Stellenanbieter zielgerichtet zusammengeführt werden. In manchen Fällen kann sich eine neue berufliche Anforderung an den Einzelnen stellen (z. B. Entfernung zum Arbeitsort, Arbeitszeiten etc.), die nicht immer positiv angenommen wird. Hier sind die Berater gefordert, die Betroffenen zu motivieren sowie Mobilität und Flexibilität zu fördern. Zur Stimulierung könnte hier auf die entsprechenden Instrumente der Arbeitsagentur zurückgegriffen werden. z. B.:

  • Einsatz sog. Zweitarbeitsverhältnisse mit einer Rückkehroption,
  • Begleitung von erfolgversprechenden und nachhaltigen Existenzgründungen,
  • Durchführung betrieblicher Praktika möglich. In solchen Arbeitsbeziehungen "auf Probe" können beide Seiten prüfen, ob ein langfristiger Arbeitsvertrag geschlossen werden soll.

Der Einsatz dieser Instrumente kann nur auf freiwilliger Basis erfolgen, sollte den Betroffenen jedoch nahegebracht werden, da die Vermittlungschancen sich damit erfahrungsgemäß erhöhen.

6.3 Qualifizierung

Realistisch betrachtet werden nicht alle gekündigte Beschäftigte auf Anhieb in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren sein. In diesen Fällen ist es die Aufgabe einer Transfergesellschaft, den Mitarbeitern Wege zu eröffnen, mittels fachlicher[1] Qualifizierung neue berufliche Perspektive zu erlangen. Die Umsetzung der Qualifizierungen sollten passgenau auf die zukünftigen Arbeitsmarktbedarfe abgestimmt und müssen bis zur Beendigung der Transfermaßnahme ebenfalls abgeschlossen sein.[2] Die Qualifizierungen werden in der Regel unter finanzieller Beteiligung des Unternehmens umgesetzt. Die Höhe des Qualifizierungsbudgets wird im Sozialplan festgesetzt. Weiterhin können Mittel der Agentur für Arbeit einbezogen werden (aus der ESF-Ko-Finanzierung). Viele Beschäftigte benötigen eine ge...

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