André Häusling, Martin Kahl-Schatz
Es ist jedoch keineswegs ausschließlich auf äußere Umstände zurückzuführen, dass sich viele Organisationen intensiv mit Agilität auseinandersetzen und den Drang verspüren, sich aktiv in diese Richtung zu verändern. Auch aus sich selbst heraus steigt der Druck, sich verändern zu müssen, um den Anforderungen aus der Organisation heraus gerecht zu werden. In den Gesprächen mit Unternehmensvertretern unterschiedlichster Branchen und Unternehmensgrößen sind es doch häufig ähnliche Treiber, die sich zu 4 übergeordneten Kategorien verdichten lassen.
2.1 Bürokratie und geringer Output
Unternehmen beginnen sich mit Agilität zu beschäftigen, weil der Output nicht zufriedenstellend ist. In vielen Fällen ist dies in der Vergangenheit in den Produktentwicklungsbereichen gewesen. Alles wird digitaler, der Druck auf die Produktentwicklungs- und Softwareentwicklungsbereiche ist stark gestiegen, sodass hier Alternativen gesucht wurden, um schneller und besser Kundennutzen zu schaffen. Dies ist zunehmend aber nicht mehr nur in der Softwareentwicklung der Fall. Die eigene Langsamkeit der Organisation beunruhigt das Management und nervt die Mitarbeiter. Viele Unternehmen schauen deshalb vorrangig nach innen: Es häufen sich Reportings, Status-Meetings und vieles mehr, was meistens dazu führt, sich mehr mit sich selbst zu beschäftigen als mit den Kunden. Diese Unternehmen haben es fast verlernt, aus Kundensicht zu denken. Die Entkopplung zwischen einzelnen Mitarbeitergruppen oder auch Führungskräften und den Kunden ist enorm. Bisher konnten sich die Unternehmen die intensive "Nabelschau" leisten, aber die Sorge steigt, dass dies gefährlich werden kann. Es ist ein starker Treiber für Unternehmen, etwas zu verändern.
2.2 Fachkräftemangel/Demografische Entwicklungen
Viele Unternehmen ereilt die schmerzhafte Erkenntnis, dass im eigenen Hause nicht genügend Expertise vorhanden ist, um die rasanten technischen Entwicklungen und Neuerungen, die weiter oben bereits angesprochen wurden, auch in der Zukunft adäquat aufzufangen. Darüber hinaus stellt man fest, dass es in der Talente-Pipeline klemmt und man sich mit der Konkurrenz nicht nur um die Gunst der Kunden, sondern auch um die vergleichsweise wenigen qualifizierten Nachwuchskräfte streiten muss. Im Sinne der Außenwirkung und der Steigerung der Attraktivität für Bewerber haben viele Unternehmen in der Zwischenzeit erkannt, dass sie sich offensiv hinsichtlich Agilität positionieren und ihre Employer-Branding-Strategie dahingehend anpassen müssen.
Insbesondere jene Experten, die so dringlich für eine erfolgreiche Unternehmenszukunft benötigt werden, legen Wert auf ein modernes Arbeitsumfeld und viele von ihnen knüpfen ein Engagement bei einem neuen Arbeitgeber auch an die Bedingung, agil arbeiten zu können. Sie erwarten weniger oder keine Hierarchien, modernes Führungsverständnis und transparente Unternehmenskulturen. Wir erleben, dass einige Unternehmen nicht mehr die Mitarbeiter bekommen, die sie eigentlich benötigen, um die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens sicherzustellen. Dies wird für einige Unternehmen immer kritischer.
2.3 Wertewandel
Die Bewerber und potenziellen neuen Mitarbeiter werden somit nicht nur zahlenmäßig immer weniger, sondern auch immer anspruchsvoller. Ein Großteil von ihnen hängt mittlerweile der vielzitierten Generation Y an, die insbesondere Wert auf eine kulturelle Passung mit ihrem Arbeitgeber legt. Eine gute Arbeitsatmosphäre sowie eine Wertschätzung für die eigene Leistung erachten die Befragten in der Kienbaum-MultiGEN-Studie als am wichtigsten. Hierbei unterscheiden sie sich zum Beispiel von jenen Anhängern der "seniorigeren" Generation X, bei denen die Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen, am höchsten gewichtet wird. Einigkeit besteht mit der Vorgängergeneration darin, dass der Arbeitgeber abwechslungsreiche und herausfordernde Aufgaben stellt. Die Bewerber wollen gefordert, aber auch gefördert werden, um sich selbst weiterentwickeln zu können.
Und was für Bewerber gilt, gilt allemal auch für die eigenen Mitarbeiter, die bereits im Unternehmen sind. Es vollzieht sich, sicherlich auch generationsbedingt, ein Wertewandel innerhalb der Belegschaft. Die Akzeptanz gegenüber dem althergebrachten Command-and-Control-Stil nimmt deutlich ab, und ein Beharren auf den starren Machtstrukturen der Vergangenheit wird die Mitarbeiter, die nach freiem, kreativem und schöpferischem Arbeiten streben, zumindest demotivieren, in letzter Konsequenz womöglich sogar aus dem Unternehmen vertreiben. Vielmehr ist Mitarbeitern wichtig, auf Augenhöhe behandelt und in Entscheidungsprozesse einbezogen zu werden und Wertschätzung für Geleistetes zu erfahren. Agilität steht im Ruf, genau dies transportieren zu können. Aufgrund dessen sehnen sich viele Mitarbeiter, ob nun explizit oder auch nur implizit, nach einem Wandel innerhalb ihrer Organisation hin zu agile(re)n Werten.
2.4 Individualisierung
Unternehmen müssen weiterhin feststellen, dass es sich bei ihren Mitarbeitern keineswegs um eine homogene Masse handelt, i...