BMF, Schreiben v. 29.10.2010, IV C 6 - S 2241/10/10002 :001, BStBl I 2010, 1206
Zur Gewährung einer Aussetzung der Vollziehung (§ 361 AO), die im Rahmen eines Einspruchsverfahrens hinsichtlich der Gewinnrealisierung bei Übertragung eines Wirtschaftsguts zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften begehrt wird (§ 6 Abs. 5 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20.12.2001 [BGBl 2001 I S. 3858, BStBl 2002 I S. 35]), nehme ich nach Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wie folgt Stellung:
Der IV. Senat des BFH hat in seinem Beschluss vom 15.4.2010, IV B 105/09 (BStBl 2010 II S. …) entschieden, dass es ernstlich zweifelhaft sei, ob die Übertragung eines Wirtschaftsguts des Gesamthandsvermögens einer Personengesellschaft auf eine beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaft zur Aufdeckung stiller Reserven führt. Die Ausführungen des IV. Senats zur Begründung dieses Beschlusses stehen nicht im Einklang mit dem Wortlaut des Gesetzes und widersprechen dem Urteil des I. Senats vom 25.11.2009 (BStBl 2010 II S. 471) und der Verwaltungsauffassung.
Unter die Übertragung von Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG fällt ausschließlich die Übertragung zwischen dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen derselben oder einer anderen Mitunternehmerschaft, an der der Mitunternehmer beteiligt ist, oder die umgekehrte Übertragung. Die unmittelbare Übertragung von einzelnen Wirtschaftsgütern zwischen den Gesamthandsvermögen von Schwesterpersonengesellschaften stellt hingegen keinen Anwendungsfall des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG dar und ist somit nicht zu Buchwerten zulässig. Ein Analogieschluss dahingehend, dass eine steuerneutrale Übertragung von Wirtschaftsgütern auch in diesem Fall möglich sein müsse, weil die stillen Reserven auch in diesem Fall in einem inländischen Betriebsvermögen verbleiben, ist für die Übertragung von einzelnen Wirtschaftsgütern zwischen den Gesamthandsvermögen von Schwesterpersonengesellschaften nicht zulässig, da dies eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes voraussetzen würde, die nach dem Willen des historischen Gesetzgebers nicht gegeben ist. Dies gilt auch für beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaften.
Der Gleichheitsgrundsatz ist ebenfalls nicht verletzt, da es im deutschen Steuerrecht keinen allgemeinen Grundsatz gibt, der eine gewinnneutrale Übertragung zulässt oder vorschreibt, soweit die Besteuerung der stillen Reserven im Inland sichergestellt ist.
Bei Erlass von Feststellungsbescheiden ist weiterhin daran festzuhalten, dass die Übertragung eines Wirtschaftsguts des Gesamthandsvermögens einer Personengesellschaft auf eine beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaft zur Aufdeckung stiller Reserven führt. Aufgrund des BFH-Beschlusses vom 15.4.2010 (a.a.O.) ist allerdings auf Antrag des Steuerpflichtigen Aussetzung der Vollziehung zu gewähren (§ 361 Abs. 2 und 3 AO).
Normenkette
EStG § 6 Abs. 5
Fundstellen
BStBl I, 2010, 1206