BMF, Schreiben v. 6.2.2020, III C 3 – S 7156/19/10002 :001, BStBl I 2020, 235
EuGH-Urteil vom 29. Juni 2017, C-288/16, L.C.
Der EuGH hat mit Urteil vom 29. Juni 2017, C-288/16, L.C., entschieden, dass die in Art. 146 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2006/112/EG enthaltene Steuerbefreiung unter den Umständen des Ausgangsverfahrens auf eine Dienstleistung betreffend einen Umsatz in Form der Beförderung von Gegenständen in einen Drittstaat nicht zur Anwendung kommt, wenn die betreffenden Dienste nicht unmittelbar an den Versender oder den Empfänger dieser Gegenstände geleistet werden. Die Steuerbefreiung für Beförderungsleistungen im Rahmen der grenzüberschreitenden Güterbeförderung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes kann demnach nur gewährt werden, wenn der Frachtführer diese unmittelbar an den Absender oder den Empfänger der Gegenstände erbringt.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl 2010 I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 14.01.2020 – III C 2 – S 7244/19/10004 :001 (2019/1104914) –, BStBl 2020 I S. 196, geändert worden ist, wie folgt geändert:
Abschnitt 4.3.2. Abs. 4 wird wie folgt gefasst:
„(4) 1Ein Frachtführer, der die Beförderung von Gegenständen übernommen hat, bewirkt auch dann eine Beförderungsleistung, wenn er die Beförderung nicht selbst ausführt, sondern sie von einem oder mehreren anderen Frachtführern (Unterfrachtführern) ausführen lässt. 2In diesen Fällen hat er die Stellung eines Hauptfrachtführers, für den der oder die Unterfrachtführer ebenfalls Beförderungsleistungen bewirken. 3Beförderungsleistungen können grenzüberschreitend sein. 4Die Beförderungsleistungen des Haupttrachtführers sowie der Unterfrachtführer, deren Leistungen sich sowohl auf das Inland als auch auf das Ausland erstrecken, sind grenzüberschreitend. 5Die Steuerbefreiung kommt grundsätzlich nur für die Leistung des Hauptfrachtführers, nicht aber für die Leistungen der Unterfrachtführer in Betracht, da dieser die Beförderungsleistungen nicht unmittelbar an den Versender oder den Empfänger der Gegenstände erbringen, sondern an den Hauptfrachtführer (vgl. EuGH-Urteil vom 29. Juni 2017, C-288/16, L.C.). 6Zur Frage der Steuerbefreiung bei Leistungen im Bereich des Be- und Entladens eines Seeschiffes auf einer vorgehenden Stufe vgl. Abschnitt 8.1 Abs. 1 Sätze 4 und 5.”
Abschnitt 4.3.4 Abs. 8 wird wie folgt geändert:
- Im Satz 2 wird der Klammerzusatz „(vgl. Beispiel 2)” gestrichen.
- Im Satz 6 wird der Klammerzusatz „(vgl. Beispiel 1)” gestrichen.
- Die Angabe „Beispiel 1” wird durch die Angabe „Beispiel” ersetzt und das Beispiel 2 wird gestrichen.
Im Beispiel wird Satz 6 wie folgt gefasst:
„6Dieser Teil der Leistung ist nach § 4 Nr. 3 Satz 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa UStG allerdings steuerfrei, da sich diese Güterbeförderung unmittelbar auf Gegenstände der Ausfuhr bezieht und unmittelbar an den Versender erbracht wird.”
Im Beispiel wird Satz 8 wie folgt gefasst:
„8Die Leistung des F1 ist nicht steuerfrei, da F1 keinen belegmäßigen Nachweis nach § 20 Abs. 1 und Abs. 3 UStDV erbringen kann und zudem keine unmittelbare Beförderung für den Versender P erbringt.”
Im Beispiel wird Satz 10 wie folgt gefasst:
„10Die Beförderungsleistung des Unterfrachtführers F2 an den Frachtführer F ist in Deutschland steuerbar (§ 3a Abs. 2 Satz 1 UStG) und aufgrund der fehlenden Unmittelbarkeit der Beförderungsleistung für den Versender P steuerpflichtig.”
Anwendung
Die Grundsätze dieses Schreibens sind auf alle offenen Fälle anzuwenden. Für vor dem 1. Juli 2020 ausgeführte Umsätze (§ 4 Nr. 3 Buchstabe a UStG) wird es jedoch nicht beanstandet, wenn die bisher geltende Rechtslage zu Abschnitt 4.3.2 Abs. 4 UStAE angewendet wird.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt I veröffentlicht
Besprechung zu dieser Verwaltungsanweisung
Normenkette
UStG § 4 Nr. 3 Buchst. a
RL 2006/112/EG Art. 146 Abs. 1 Buchst. e
Fundstellen
BStBl I, 2020, 235