Im Unterschied zum Wohnsitz muss zur Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts keine Wohnung als fester Lebensmittelpunkt unterhalten werden. Es muss nicht einmal ein gleichbleibender Aufenthaltsort bestehen. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.

Kalenderjahrübergreifende Betrachtung

Als gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als 6 Monaten anzusehen. Hierbei bleiben kurzfristige Unterbrechungen (z. B. wegen eines Urlaubs) unberücksichtigt. Die Prüfung des 6-Monatszeitraums erfolgt durch eine kalenderjahrübergreifende Betrachtung.

 
Achtung

Kein gewöhnlicher Aufenthalt bei täglicher Rückkehr ins Ausland

Grenzpendler, die täglich ins Ausland zurückkehren, begründen keinen gewöhnlichen Aufenthalt, da sie nicht im Inland übernachten. Grenzpendler, die hingegen nur zum Wochenende heimfahren, begründen einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Der gewöhnliche Aufenthalt im Inland gilt grundsätzlich als aufgegeben, wenn der Steuerpflichtige zusammenhängend mehr als 6 Monate im Ausland lebt.

Ausschluss des gewöhnlichen Aufenthalts

Von vornherein wird kein gewöhnlicher Aufenthalt begründet, wenn der Aufenthalt nicht länger als ein Jahr dauert und ausschließlich zu

  • Besuchszwecken,
  • Erholungszwecken,
  • Kur- oder ähnlichen Zwecken

stattfindet.

 
Praxis-Beispiel

Gewöhnlicher Aufenthalt bei Urlaubsunterbrechung

Ein ausländischer Arbeitnehmer reist am 12.10.01 nach Deutschland ein, um bei einer Versicherungsgesellschaft tätig zu werden. Seine Aufenthaltsdauer ist zunächst unbestimmt; er wohnt im Hotel. Am 22.12.01 verlässt er das Inland zu einem Weihnachtsurlaub in Griechenland. Er kehrt am 3.1.02 nach Deutschland zurück, wo er bis zum 29.4.02 bleibt (Ausreisetag).

Ergebnis: Das Wohnen im Hotelzimmer begründet weder eine Wohnung noch einen Wohnsitz. Trotz der Urlaubsreise ins Ausland ist jedoch ein einheitlicher Aufenthalt im Inland anzunehmen.

Nach der Abgabenordnung[1] gelten für die Fristberechnung die §§ 187-193 BGB. Die 6-Monatsfrist ist abhängig vom Ereignis der Einreise: der Einreisetag wird nicht mitgerechnet.[2] Bei einem unterbrochenen Inlandsaufenthalt wird die Frist nach Tagen berechnet.[3] Es zählen nur volle Tage.

Die Zeit des Auslandsaufenthaltes zählt nicht mit (hier: der Weihnachtsurlaub in Griechenland):

13.10.-21.12.01 = 70 Tage

4.1.-28.4.02 = 115 Tage

= gesamt 185 Tage (> als 180 Tage)

Durch den Aufenthalt von mehr als 6 Monaten in Deutschland erstreckt sich die unbeschränkte Steuerpflicht auf den gesamten Inlandsaufenthalt.

 
Praxis-Tipp

Indizwirkung der Arbeitserlaubnis

Zur Beurteilung der Frage, ob sich ein ausländischer Arbeitnehmer voraussichtlich länger als 6 Monate im Inland aufhalten wird, ist grundsätzlich auf die dem Arbeitnehmer erteilte Arbeitserlaubnis abzustellen:

  • Hat die Arbeitserlaubnis eine Gültigkeit von mehr als 6 Monaten, ist der Arbeitnehmer auch dann als unbeschränkt steuerpflichtig zu behandeln, wenn er aus unvorhersehbaren Gründen (Krankheit, Tod in der Familie) vor Ablauf von 6 Monaten in sein Heimatland zurückkehrt.
  • Ist die Arbeitserlaubnis zunächst für eine Zeit von weniger als 6 Monaten erteilt worden und wird sie während des Aufenthalts verlängert, wird der Arbeitnehmer ebenfalls von Anfang an unbeschränkt steuerpflichtig. Der Arbeitgeber hat den bisher vorgenommenen Lohnsteuerabzug zu korrigieren.[4]

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