Eine weitere Möglichkeit der Flexibilisierung von Urlaubsansprüchen ist das Modell "Urlaub nach Bedarf". Während beim Vertrauensurlaub die Mitarbeiter die Anzahl ihrer individuellen Urlaubstage frei festlegen und somit ggf. sogar unbegrenzt Urlaub nehmen können, sollen sie bei Urlaub nach Bedarf über ihre im Vorfeld festgelegten Urlaubsansprüche gegen eine Reduzierung oder Erhöhung ihrer Vergütung frei verfügen. Sie können also praktisch Urlaubsansprüche kaufen oder verkaufen. Arbeitgeber, die dieses Modell einführen wollen, müssen allerdings eine ganze Reihe von rechtlichen Rahmenbedingungen beachten.
3.1 Keine Abdingbarkeit des gesetzlichen Mindesturlaubs
Der gesetzliche Mindesturlaub nach § 3 BUrlG steht nicht zur Disposition und darf auch im Rahmen von Urlaub nach Bedarf nicht angetastet werden. Der Arbeitnehmer kann auf seinen Mindesturlaub auch nicht wirksam verzichten. Ebenso nicht verzichtet werden kann auf besondere gesetzliche Mindesturlaubsansprüche, wie sie etwa für Jugendliche nach § 19 JArbSchG oder für schwerbehinderte Menschen nach § 208 Abs. 1 SGB IX vorgesehen sind. Ein Beschäftigter kann also nur vertraglichen Mehrurlaub verkaufen.
Zusatzurlaub separat regeln
Grundsätzlich ist ein über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehender vertraglicher Zusatzurlaub frei regelbar. Unterscheidet der Arbeitsvertrag allerdings nicht zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und vertraglichem Zusatzurlaub, teilt der Mehrurlaub rechtlich das Schicksal des gesetzlichen Mindesturlaubs. Arbeitgeber sollten deshalb stets im Arbeitsvertrag zwischen gesetzlichem und vertraglich eingeräumten Urlaub klar differenzieren.
3.2 Abweichung von tariflichen Urlaubsansprüchen
Tarifverträge geben die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs normalerweise klar vor und lassen keinen Spielraum für Flexibilisierungen. Bei beiderseitiger Tarifbindung auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite kann der Arbeitnehmer auch nicht zu seinen Ungunsten auf die tarifvertraglich eingeräumten Rechte verzichten. Eine Flexibilisierung der Urlaubsansprüche ist in solchen Fällen nur möglich, wenn der Arbeitgeber selbst Tarifvertragspartei ist und durch Verhandlungen mit der Gewerkschaft eine entsprechende Klausel im Haustarifvertrag erwirken kann. Findet ein Tarifvertrag dagegen nur aufgrund einer einzelvertraglichen Bezugnahme Anwendung, können die Arbeitsvertragsparteien jederzeit anderweitige Regelungen einzelvertraglich treffen.
3.3 Mitbestimmung des Betriebsrats
Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht im Hinblick auf die Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans. Dazu zählen etwa die Richtlinien, nach denen dem einzelnen Arbeitnehmer vom Arbeitgeber im Einzelfall Urlaub zu gewähren ist. Ebenso ist das Verfahren zur Festlegung des Urlaubs mitbestimmungspflichtig. Die Organisation einer neu eingeführten Flexibilisierung des Urlaubs, im Rahmen von Vertrauensurlaub oder Urlaub nach Bedarf, dürfte als "allgemeiner Urlaubsgrundsatz" zwingend mitbestimmungspflichtig sein.
3.4 Vertragliche Regelung
Dem Arbeitgeber ist zu empfehlen, im Vertrag zur Regelung des Urlaubs nach Bedarf einen Zustimmungsvorbehalt bzw. Ablehnungsgründe im Hinblick auf die Reduzierung oder auf die Erhöhung des Zusatzurlaubs zu vereinbaren. Denkbar ist etwa die Verweigerung aus betrieblichen oder aus in der Person des Mitarbeiters liegenden Gründen. Auch die Anzahl der Urlaubstage, die zur Disposition stehen, sollte von vornherein festgelegt werden. Konkret ist wichtig zu vereinbaren:
- Wie hoch der vertragliche Zusatzurlaub ist.
- Welche Maximalwerte für den Zukauf oder den Verkauf aus diesem Kontingent gelten.
- Welche Veränderung bei der Höhe der monatlichen Bruttovergütung hieraus jeweils folgt.
- Dass nach Ende des Urlaubsjahres wieder die im Arbeitsvertrag (als Standard) geregelten Urlaubs- und Vergütungsansprüche gelten, sofern die Parteien nicht erneut etwas Abweichendes vereinbaren.
- Um Planungssicherheit zu gewährleisten, muss spätestens zum Ende des Vorjahres eine entsprechende Vereinbarung zum Kauf und Verkauf von Urlaubstagen für das Folgejahr zustande gekommen sein.