Britta Redmann, Michael Lender
Bei der Ausgestaltung variabler Vergütung im Vertriebsaußendienst sind zwei sehr unterschiedliche Grundformen möglich. Dieses ist zum einen das klassische Provisionsmodell, zum anderen das Zielbonusmodell.
3.1 Provisionsmodelle
Reine Provisionsmodelle haben ihren Ursprung in der Handelsvertretervergütung. Sie sind sehr einfach ausgestaltet und üben auch daher einen unmittelbaren Leistungsanreiz aus. Die Grundmechanik lautet vereinfacht:
Erfolgsgröße * Provisionssatz = Einkommen, also z. B. 4.000.000 EUR Umsatz * 1,5 % Provisionssatz = 60.000 EUR Provision
Die Einfachheit von Provisionsmodellen hat mehrere Gründe:
- In der Regel basiert die Provision nur auf einer Erfolgsgröße.
- Der Provisionssatz wird einheitlich für alle Mitarbeiter festgelegt.
- Die Festlegung von Zielen ist nicht erforderlich; es gilt: die absolute Höhe des Erfolges bestimmt über das Einkommen. Wer viel verkauft, verdient viel – und umgekehrt.
- Eine Diskussion um die Einkommensfestlegung ist nicht erforderlich. Ausgenommen hiervon sind ggf. die typischerweise niedrigen Fixeinkommen, die häufig als Provisionsvorauszahlung gestaltet werden.
- Provisionen für erzielte Erfolge werden in aller Regel im Folgemonat abgerechnet. Damit ist ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang zwischen Erfolg und Belohnung gegeben.
Aber gerade die Einfachheit dieser Systeme deckt auch die Schwächen auf:
- Die Anforderungen an den Vertrieb werden immer differenzierter, eine Erfolgsgröße alleine ist für eine entsprechende Steuerung nicht ausreichend.
- Da der Grad der Zielerreichung nicht relevant ist, besteht auch kein unmittelbarer Anreiz, für diese zu kämpfen und somit die Erreichung der Vertriebsziele zu unterstützen.
- Nicht immer ist der Verkäufer, welcher den absolut höchsten Umsatz (und damit die höchste Provision) erzielt, auch tatsächlich der beste Verkäufer. Denn die Möglichkeit, einen hohen Umsatz zu generieren, hängt nicht nur von der Verkäufer-Performance ab, sondern auch vom Potenzial des übertragenen Vertriebsgebietes. Und hier kann ein Verkäufer, welcher ein potenzialschwaches Gebiet in einem überdurchschnittlichen Maße ausschöpft, eine deutlich bessere Leistung erbringen – gleichzeitig aber aufgrund der geringen Volumina einkommensmäßig hinterher hinken.
- Gebietsänderungen, die aus vertriebsstrategischen Gründen erforderlich sind, führen immer auch zu einer unmittelbaren Einkommenswirkung. Dies hat erfahrungsgemäß eine Erstarrung von Strukturen zur Folge. Insbesondere dann, wenn das Gebiet verkleinert wird, bedeutet dieses, dass entsprechende Ausgleichszahlungen zu leisten sind.
- Last but not least: jede Preisänderung ist (sofern z. B. der Umsatz Bemessungsgrundlage ist) unmittelbar in die eine oder andere Richtung einkommenswirksam, sofern es nicht gelingt, den Provisionssatz entsprechend anzupassen. Bei einer möglicherweise erforderlichen Absenkung erfahrungsgemäß ein schwieriges Unterfangen!
Provisionsmodelle werden angesichts der objektiven Schwächen zunehmend in Richtung zielorientierter Systeme umgestaltet. Sinnvoll bleiben sie weiterhin dort, wo die Festlegung von Zielen nicht möglich oder aufgrund sehr dynamischer Märkte mit hoher Ungewissheit behaftet ist sowie als Ergänzung zu zielorientierten Systemen.
3.2 Zielorientierte Modelle
Obwohl sie in der Gestaltung und Handhabung komplexer sind als Provisionsmodelle, sind zielorientierte Vergütungsmodelle heute auch in Vertriebsfunktionen "state of the art". Mit ihnen kann die Steuerung der Vertriebsmitarbeiter sowohl hinsichtlich der Messgrößen ("Key Performance Indicators", KPI) als auch der Gebietsziele deutlich differenzierter erfolgen. Die Einkommenserwartungen sind vom Gebietszuschnitt unabhängig, damit können Gebiete leichter entsprechend der vertrieblichen Erfordernisse angepasst werden. Das Grundverständnis lautet: unabhängig von der absoluten Erfolgshöhe sollen Mitarbeiter bei vergleichbaren Zielerreichungsgraden auch vergleichbare Einkommen realisieren können. Bei der Gestaltung zielorientierter System sind mehrere Themen zu regeln:
- Die Einkommenszusammensetzung: fixe und variable Anteile.
- Die Bewertungsebenen – nur Erfolg im Gebiet oder auch Team?
- Die Messgrößen / KPI – was wird vergütet?
- Die Performance-Standards und Bewertungsregeln – wann wird wie viel variable Vergütung gezahlt?
3.2.1 Die Zusammensetzung der Einkommen
Typischerweise wird mit dem Außendienstmitarbeiter ein Zieleinkommen vereinbart. Dieses bildet das aus dem garantierten Festgehalt sowie dem variablen Anteil bei 100 % Zielerreichung bestehende Einkommen ab. In Außendienstfunktionen liegt der variable Anteil am Jahreszieleinkommen typischerweise deutlich höher als in Nicht-Vertriebsfunktionen.
Abb. 1: Marktübliche variable Anteile für Vertriebsmitarbeiter
Bei den der Abbildung dargestellten Werten handelt es sich um die nominellen Werte, die in der jeweiligen Regelung verankert sind. Inwieweit diese tatsächlich variabel sind, hängt jedoch auch von der Ausgestaltung der Bewertungsregeln ab. Wird bereits ab dem ersten Prozent der Zielerreichung variable Vergütung gezahlt, kann nicht wirklich von Variabilität gesprochen wer...