Britta Redmann, Michael Lender
Zusammenfassung
Variable Vergütungsbestandteile sind in modernen Vergütungssystemen für Führungskräfte und Außertarifliche Mitarbeiter (AT) ein nicht wegzudenkendes Element. Trotz aller Kritik, die in den letzten Jahren immer wieder an den Wirkungsweisen geäußert wurde, ist kein grundsätzliches Infragestellen dieses Bausteins an sich zu erkennen. Allerdings sehen wir spürbare Veränderungen der Zielrichtung und Ausgestaltung variabler Vergütung.
1 Trends – Die Ausrichtung variabler Vergütung ändert sich
Stand in der Vergangenheit oft die Bonifizierung der individuellen Leistung des Mitarbeiters im Vordergrund, so verschiebt sich der Schwerpunkt heute deutlich in Richtung kollektiver, auf den Erfolg der Organisation bezogener Vergütung.
Die Motive hierfür lassen sich in drei Punkten zusammenfassen:
- Unternehmen haben in der Anwendung erlebt, dass variable Vergütung, die an individuelle Ziele geknüpft ist, selten wirklich variabel ist. Werden über einen längeren Zeitraum kaum echte Schwankungen ge- und erlebt, führt dieses naturgemäß auch zu verfestigten Einkommenserwartungen, individuell bonifizierte Entgeltkomponenten bekommen damit quasi einen "Festgehaltscharakter". Der Aufwand, der mit der Vereinbarung bonifizierter individueller Ziele verbunden ist, ist enorm, ohne dass dem ein entsprechender Nutzen gegenübersteht. Gleichzeitig wird u. U. auch eine ehrliche Auseinandersetzung mit der Performance durch das Geld überlagert.
- Unternehmen stellen sich die Frage, ob die auf individuelle Leistung ausgerichteten Anreizmechanismen geeignet sind, die Realisierung der Anforderungen der Zukunft (Zusammenarbeit/Teamwork, Agilität, Veränderungsgeschwindigkeit) zu fördern. Der Fokus verschiebt sich vom "ich" auf das "wir".
- Die Wissenschaft liefert Erkenntnisse, dass das "Möhrenprinzip" bei einfachen Tätigkeiten tatsächlich zu mehr Leistung führt. Bei kognitiven oder auch innovativen Aufgaben wird aber genau das Gegenteil bewirkt und dadurch intrinsische Motivation durch extrinsische Anreize verdrängt.
Nicht jede Entwicklung hat eine unmittelbare Relevanz für jedes Unternehmen. Vielmehr geben die Trends eine Orientierung; sie müssen jedoch im spezifischen Unternehmenskontext bewertet werden. Und natürlich gilt es, Antworten auf die Frage zu finden, wie mit zweifellos vorhandenen Leistungsunterschieden umzugehen ist, wenn diese nicht (mehr) in der variablen Vergütung Ausdruck finden.
2 Die Ausgestaltung variabler Vergütung mit Jahresbezug (Short term Incentive)
Bei der Ausgestaltung variabler Vergütung für Führungskräfte und AT-Mitarbeiter haben sich in den letzten Jahren eindeutig zielorientierte Systeme durchgesetzt. In der Vergangenheit noch häufiger zu findende "freie Bonuszahlungen", die ohne systematische, vertragliche Grundlage gewährt worden sind, werden kaum noch eingesetzt. Die nachfolgenden Gestaltungshinweise beziehen sich daher auf die Logik zielorientierter Systeme.
Bei der Gestaltung zielorientierter Systeme sind mehrere Themen zu regeln:
- Die Einkommenszusammensetzung: fixe und variable Anteile
- Die Bewertungsebenen
- Die Messgrößen / KPI – was wird vergütet?
- Die Performance-Standards und Bewertungsregeln – wann wird wie viel variable Vergütung gezahlt?
2.1 Die Zusammensetzung der Einkommen
2.1.1 Das Zieleinkommen
Um Mitarbeiter für das Unternehmen zu gewinnen und diese zu halten, müssen Unternehmen marktgerechte Einkommen bezahlen. Das Zieleinkommen ist das nach den betrieblichen Spielregeln der Einkommensfindung festgelegte und dauerhaft vertraglich zugesagte Einkommen für einen Mitarbeiter in einer bestimmten Funktion, das er genau dann erhält, wenn alle zugrunde liegenden Zielsetzungen erreicht werden.
2.1.2 Bestandteile des Zieleinkommens
In der Regel wird das vertraglich zugesagte Zieleinkommen in zielorientierten Systemen aus zwei Bestandteilen bestehen:
- einem Fixeinkommen als garantiertem Mindestvergütungsanspruch und
- einem variablen, erfolgsabhängigen Zieleinkommen.
Zunächst eine Vorbemerkung zur Darstellung: war es in Deutschland lange Zeit üblich, die Zusammensetzung des Zieleinkommens "im Hundert" auszudrücken (also zum Beispiel 80 % fix, 20 % variables Ziel), so geht der Trend zunehmend in Richtung einer "vom Hundert"-Darstellung. Hier wird das Fixeinkommen gleich 100 % gesetzt, der variable Anteil wird dann auf das Fixeinkommen bezogen. 20 % variabler Anteil am Zieleinkommen sind dann gleichbedeutend mit 25 % vom Fixeinkommen.
Abb. 1: Darstellungsmöglichkeiten des variablen Anteils
Der Beweggrund für diese Umstellung – neben der Tatsache, das eine "vom Hundert"-Darstellung international verbreiteter ist – ist vorrangig psychologischer Natur: Bei Nichterreichen der Zielsetzungen und damit einer Auszahlung von weniger als 100 % des Zieleinkommens wird das Gefühl des Verlierers provoziert. Im Fall der "vom Hundert"-Darstellung kommt ja 100 % (des Fixgehaltes) zur Auszahlung, aus der variablen Vergütung kommt weniger als erwartet dazu.
Der Anteil der variablen Vergütung am Zieleinkommen / am Fixeinkommen ist im AT-Bereich und bei Führungskräften stark von der Funktionswertigkeit abhängig. Im tarifnahen AT-Bereich sind variable Anteile von ca. 10 % – 15 % vom Zieleinkommen (entsprechend ca. 11 % – 17,5 % vom Fixgehalt) üblich, bei Leitenden Angestel...