Zusammenfassung
Arbeitnehmer sind verpflichtet, über bestimmte Betriebs- und Unternehmensinterna während der Dauer des Arbeitsverhältnisses Stillschweigen zu bewahren. Voraussetzung dafür ist, dass der Arbeitgeber an der Geheimhaltung ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse hat. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht diese Pflicht bezogen auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers fort.
Arbeitsrecht: Die Verschwiegenheitspflicht resultiert als arbeitsvertragliche Nebenverpflichtung aus dem Arbeitsvertrag sowie aus den Schadensersatzvorschriften des BGB (§ 823 Abs. 1, 2, § 826 BGB). Seit 26.4.2019 gilt außerdem das Gesetz zum Schutz vor Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG), das die EU-Geheimnisschutzrichtlinie (Richtlinie 2016/943/EU) umsetzt (dessen Regelungen treten an die Stelle des § 17 UWG). Das GeschGehG sieht eigenständige zivilrechtliche Ansprüche für den Fall einer Rechtsverletzung vor (Schadensersatz, Unterlassung, Vernichtung rechtsverletzender Produkte und Auskunft über die Herkunft der illegalen Information). Für Auszubildende normiert § 13 Satz 2 Nr. 6 BBiG eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht, für Betriebsratsmitglieder § 79 Abs. 1 BetrVG, für Arbeitnehmer, die eine Diensterfindung gemacht haben, § 24 Abs. 2 ArbnErfG.
Arbeitsrecht
1 Verschwiegenheitspflicht vor und während des Arbeitsverhältnisses
Die arbeitsvertragliche Verschwiegenheitspflicht ist umfassender als die aus § 23 GeschGehG, der eng an den früheren, mit Inkrafttreten des GeschGehG aufgehobenen § 17 UWG angelehnt ist. Sie erstreckt sich auf alle Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sowie auf Tatsachen, die die Person des Arbeitgebers oder eines Arbeitnehmers in besonderem Maße berühren und die er aufgrund seiner Tätigkeit im Unternehmen erfahren hat. Dem Arbeitnehmer ist es aufgrund der dem Arbeitsvertrag immanenten Pflicht zur Rücksichtnahme verwehrt, sich ohne Einverständnis des Arbeitgebers betriebliche Unterlagen oder Daten anzueignen oder diese für betriebsfremde Zwecke zu vervielfältigen.
Die Verschwiegenheitspflicht besteht allerdings nur, wenn der Arbeitgeber an der Verschwiegenheit ein berechtigtes Interesse hat. Deshalb sind sog. "All-Klauseln", durch die der Arbeitnehmer zur Geheimhaltung aller ihm bekannt gewordener geschäftlicher oder betrieblicher Tatsachen verpflichtet wird, unverhältnismäßig und stellen eine unangemessene Benachteiligung dar. Wenn sich der Arbeitgeber auf den Schutz des GeschGehG berufen möchte, muss er rechtzeitig "den Umständen nach angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen" ergreifen.
Für die Verletzung der arbeitsvertraglichen Verschwiegenheitspflicht kommt es nicht darauf an, ob dem Arbeitnehmer das Geheimnis infolge des Arbeitsverhältnisses bekannt geworden ist oder ob er privat davon Kenntnis erlangt hat. Auch ist nicht erforderlich, dass er zum Zwecke des Wettbewerbs oder aus Eigennutz oder mit dem Ziel der Schadenszuführung Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse weitergibt.
Die arbeitsrechtliche Verschwiegenheitspflicht bezieht sich zunächst nur auf den Zeitraum des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Sie beginnt dabei grundsätzlich mit dem Abschluss des Arbeitsvertrags und besteht bis zur rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Werden dem Arbeitnehmer bereits im Rahmen der Vorverhandlungen zum Arbeitsvertragsabschluss Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse mitgeteilt, kann er sich bei unbefugter Weitergabe ebenfalls schadensersatzpflichtig machen.
Verstößt der Arbeitnehmer gegen die Verschwiegenheitsverpflichtung, kann dies die ordentliche oder auch außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Darüber hinaus kann er sich schadensersatzpflichtig machen. Soweit der Tatbestand des § 23 GeschGehG erfüllt ist, kann sich der Arbeitnehmer zusätzlich auch noch strafbar machen und mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden.
2 Nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht
Ob die Verschwiegenheitspflicht über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses endet, ist rechtlich nicht geklärt. Der Arbeitnehmer kann allerdings grundsätzlich seine beim früheren Arbeitgeber erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen, auch soweit sie auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen beruhen, für sich verwerten. Ein ausgeschiedener Arbeitnehmer darf die während der Beschäftigungszeit erworbenen Kenntnisse später unbeschränkt verwenden, wenn er keinem Wettbewerbsverbot unterliegt. Allerdings darf der frühere Arbeitnehmer nur die Informationen verwenden, die er in seinem Gedächtnis bewahrt hat; Entsprechendes gilt für Kundenkontakte. Werden diese allein aus dem Gedächtnis rekonstruiert, können sie auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiterverwendet werden. Ein Arbeitnehmer ist aber nicht berechtigt, sein redlich erlangtes Wissen zusätzlich durch die Mitnahme von schriftlichen Unterlagen oder Dateien, in denen Know-how verkörpert ist, aufzufrischen und zu sichern. Außerdem dürfen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unter Verstoß gegen § 17 UWG (jetzt § 23 GeschGehG) erlangte Kenntnisse von...