Die Waisenrente berechnet sich aus den bis zum Tod des Versicherten zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten. Je früher Versicherte versterben, umso geringer wäre bei reiner Berücksichtigung der tatsächlich zurückgelegten (Beitrags-)Zeiten die zu berechnende Rente. Hier setzt die Zurechnungszeit als ein besonderes Element des solidarischen Ausgleichs in der Rentenversicherung an. Durch die Zurechnungszeit, die selbst beitragsfrei ist, werden im Rahmen der Rentenberechnung bei der sog. Gesamtleistungsbewertung – vereinfacht ausgedrückt – Versicherte fiktiv so gestellt, als wären sie (gerechnet vom Todestag an) bis zum Ende der Zurechnungszeit entsprechend dem Durchschnitt ihres bisherigen Erwerbslebens weiterhin erwerbstätig gewesen.
Rentenbeginn vor 2019
Bei Tod des Versicherten vor dem 1.1.2019 umfasst die Zurechnungszeit einen kürzeren Zeitraum; bei Tod ab 1.7.2014 bis zum 62. Lebensjahr und bei Tod im Jahr 2018 bis zum 62. Lebensjahr und 3 Monaten.
Ab dem 1.7.2024 werden Waisenrenten um einen pauschalen Zuschlag erhöht, der einen gewissen Ausgleich für die spätere Verlängerung der Zurechnungszeit darstellt, von der der Rentenbestand bis 2018 nicht profitiert hat. Der Zuschlag beträgt
- 7,5 %, soweit die Rente im Zeitraum vom 1.1.2001 bis 30.6.2014 begann und
- 4,5 %, soweit die Rente im Zeitraum vom 1.7.2014 bis 31.12.2018 begann.
Beginnt die Waisenrente in der Zeit vom 1.1.2019 bis 30.6.2024 im Anschluss an eine Erwerbsminderungsrente mit einem Rentenbeginn von 2001 bis 2018, so bestimmt sich der Zuschlag in der Waisenrente in Abhängigkeit vom Beginn der Erwerbsminderungsrente.
Rentenbeginn ab 2019
Bei Tod des Versicherten im Jahr 2019 endet die Zurechnungszeit mit Vollendung des 65. Lebensjahres und 8 Monaten. Für alle Waisenrenten, bei denen der Versicherte nach dem Jahr 2019 verstorben ist, wird die Zurechnungszeit stufenweise in Abhängigkeit vom Jahr des Todes des Versicherten auf das 67. Lebensjahr angehoben. Aktuell endet die Zurechnungszeit einer Waisenrente bei Tod von Versicherten im Jahr 2024 mit Vollendung des 66. Lebensjahres und 1 Monat. Bei Tod des Versicherten nach dem Jahr 2030 umfasst die Zurechnungszeit in der Waisenrente die Zeit bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres.
Verstorbener war Erwerbsminderungs- oder Altersrentner
Hatten verstorbene Versicherte eine Erwerbsminderungsrente bezogen und war in dieser eine Zurechnungszeit enthalten, kann die Zurechnungszeit in einer Waisenrente maximal die Zurechnungszeit aus der Erwerbsminderungsrente umfassen. Waren verstorbene Versicherte Altersrentner, wird keine Zurechnungszeit berücksichtigt.
Beschränkungen bei der Zurechnungszeit
- Ein am 2.5.1963 geborener und im Januar 2024 verstorbener Versicherter bezog seit Juli 2019 bis zu seinem Tod eine Erwerbsminderungsrente mit einer Zurechnungszeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres und 8 Monaten.
- Ein am 2.5.1959 geborener und im Januar 2024 verstorbener Versicherter bezog seit Juni 2021 bis zu seinem Tod eine Altersrente für langjährig Versicherte nach Vollendung des 63. Lebensjahres.
In beiden Fällen ist ein waisenberechtigtes Kind vorhanden.
Ergebnis:
zu a) In der Waisenrente ist eine Zurechnungszeit – wie in der im Jahr 2019 begonnenen Erwerbsminderungsrente – bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres und 8 Monaten des Versicherten zu berücksichtigen (Januar 2024 bis Januar 2029). Wäre keine Erwerbsminderungsrente bezogen worden, wäre in der Waisenrente eine Zurechnungszeit bis zum 66. Lebensjahr und 1 Monat zu berücksichtigen (Januar 2024 bis Juni 2029).
zu b) In der Waisenrente ist keine Zurechnungszeit zu berücksichtigen, weil der verstorbene Versicherte bereits Altersrentner war. Wäre die Altersrente nicht bezogen worden, wäre in der Waisenrente eine Zurechnungszeit bis zum 66. Lebensjahr und 1 Monat zu berücksichtigen (Januar 2024 bis Juni 2029).