1 Rentenversicherung
1.1 Anspruchsvoraussetzungen
Nach dem Tod einer versicherten Person erhalten dessen Kinder Waisenrente, wenn der Versicherte zum Zeitpunkt des Todes die allgemeine Wartezeit erfüllt hat.
Als Kinder der verstorbenen versicherten Person gelten Kinder nach dem BGB, d. h.
- leibliche Kinder und
- angenommene (adoptierte) Kinder.
Darüber hinaus gehören auch
- Stiefkinder und Pflegekinder, die der Verstorbene in seinen Haushalt aufgenommen hat,
- Enkel und Geschwister, die der Verstorbene in seinen Haushalt aufgenommen oder überwiegend unterhalten hatte,
zu den Kindern im Sinne des Waisenrentenrechts.
Bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Waisen ist die Waisenrente an keine weiteren Voraussetzungen gebunden.
Über das 18. Lebensjahr hinaus bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres wird die Rente gezahlt, solange die Waisen
- sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden,
- einen Freiwilligendienst im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG ableisten (z. B. ein freiwilliges soziales bzw. ökologisches Jahr oder den Bundesfreiwilligendienst),
- sich in einer Übergangszeit von max. 4 Kalendermonaten befinden, die zwischen 2 Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehrdienstes oder eines o. g. Freiwilligendienstes liegt.
Können sich die Waisen wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht selbst unterhalten, wird die Waisenrente ebenfalls bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres gezahlt.
Verlängerung des Waisenrentenbezugs über das 27. Lebensjahr hinaus
Haben die Waisen ihren gesetzlichen Wehr- oder Zivildienst bzw. einen gleichgestellten Dienst geleistet, wurde nach Vollendung des 18. Lebensjahres während dieser Zeit die Rente nicht gezahlt. Dafür verlängert sich die Zeit für die Waisenrente über das 27. Lebensjahr hinaus um die Anzahl an Monaten, um die die Rente aufgrund der Dienstpflichtzeit unterbrochen war, sofern sich die Waisen auch während des Verlängerungszeitraums in Schul- oder Berufsausbildung befinden.
Ein geleisteter freiwilliger Wehrdienst nach § 58b SG kann den Anspruch auf Waisenrente über das 27. Lebensjahr hinaus für max. 6 Monate (Probezeit) verlängern.
1.2 Höhe der Rente
Waisenrenten werden als Halb- oder Vollwaisenrenten geleistet (ein Elternteil bzw. alle Elternteile versterben). Als Hinterbliebenenrenten berechnen sie sich aus dem Versicherungsstamm des verstorbenen Versicherten, unter Berücksichtigung der Zurechnungszeit.
1.2.1 Halbwaisenrente
Die Halbwaisenrente hat den Rentenartfaktor 0,1 und beträgt daher – vereinfacht ausgedrückt – 10 % einer Altersrente des verstorbenen Elternteils. Sie erhöht sich um einen aus den rentenrechtlichen Zeiten des verstorbenen Elternteils individuell ermittelten Zuschlag.
1.2.2 Vollwaisenrente
Die Vollwaisenrente wird aus den Versicherungen beider verstorbenen Elternteile berechnet. Sie hat den Rentenartfaktor 0,2 und beträgt daher – vereinfacht ausgedrückt – 20 % des Betrags, den der Elternteil mit der höheren Rente als Altersrente erhalten hätte. Auch die Vollwaisenrente erhöht sich um einen individuell zu ermittelnden Zuschlag.
1.2.3 Abschläge
Eine Waisenrente wird – unabhängig von der Inanspruchnahme der Rente – über den Zugangsfaktor gekürzt, wenn die versicherte Person vor Vollendung des 65. Lebensjahres verstorben ist. Die Kürzung beträgt für jeden Monat, den die versicherte Person vor dem 65. Lebensjahr verstorben ist, 0,3 %. Der Höchstsatz, um den die Rente gekürzt wird, beträgt 10,8 %. Dieser Höchstsatz kommt zustande, wenn Versicherte mit vollendeten 62. Lebensjahr versterben (Zeitraum 62. bis 65. Lebensjahr = 36 Monate, 36 × 0,3 % = 10,8 %). Versterben Versicherte früher, wird bei der Ermittlung des Kürzungsfaktors so getan, als wären sie mit 62 Jahren verstorben.
An die Stelle der Vollendung des 65. und 62. Lebensjahres tritt für die Ermittlung der Rentenkürzung die Vollendung des 63. und 60. Lebensjahres, wenn 40 Jahre mit Zeiten vorhanden sind, die auch auf die Wartezeit von 45 Jahren angerechnet werden (einschließlich von Wartezeitmonaten aus geringfügigen Beschäftigungen).
1.2.4 Zurechnungszeit
Die Waisenrente berechnet sich aus den bis zum Tod des Versicherten zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten. Je früher Versicherte versterben, umso geringer wäre bei reiner Berücksichtigung der tatsächlich zurückgelegten (Beitrags-)Zeiten die zu berechnende Rente. Hier setzt die Zurechnungszeit als ein besonderes Element des solidarischen Ausgleichs in der Rentenversicherung an. Durch die Zurechnungszeit, die selbst beitragsfrei ist, werden im Rahmen der Rentenberechnung bei der sog. Gesamtleistungsbewertung – vereinfacht ausgedrückt – Versicherte fiktiv so gestellt, als wären sie (gerechnet vom Todestag an) bis zum Ende der Zurechnungszeit entsprechend dem Durchschnitt ihres bisherigen Erwerbslebens weiterhin erwerbstätig gewesen.
Rentenbeginn vor 2019
Bei Tod des Versicherten vor dem 1.1.2019 umfasst die Zurechnungszeit einen kürzeren Zeitraum; bei Tod ab 1.7.2014 bis zum 62. Lebensjahr und bei Tod im Jahr 2018 bis zum 62. Lebensjahr und ...