1.1 Definition und Hintergrund
Der Begriff "Betriebliches Eingliederungsmanagement" wird entsprechend den Erläuterungen des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) wie folgt definiert:
"Betriebliches Eingliederungsmanagement verfolgt das Ziel, im Betrieb mit den dort vorhandenen Akteuren und Strukturen sowie unter Nutzung der dort gegebenen oder herstellbaren spezifischen Potenziale Menschen gesund und arbeitsfähig zu halten; es betrifft also nicht nur schwerbehinderte Menschen."
Der Gesetzgeber hat mit § 167 Abs. 2 SGB IX die rechtlichen Grundlagen für ein BEM geschaffen. Das BEM gilt nicht nur für schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Beschäftigte, sondern für alle Beschäftigten eines Betriebs. Die Vorschrift gilt gleichermaßen für alle Arbeitgeber, unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten. Ob die Arbeitsunfähigkeit mit der ausgeübten Tätigkeit zusammenhängt, spielt keine Rolle, d. h., auch nach einer Sportverletzung, die sich der Beschäftigte in seiner Freizeit zugezogen hat, greift das Betriebliche Eingliederungsmanagement.
Die DGUV-I 206-031 "Betriebliches Eingliederungsmanagement – BEM: Orientierungshilfe für die praktische Umsetzung" zeigt die Chancen von BEM und unterstützt Unternehmen bei der Umsetzung. Die Rechtsgrundlage wird erläutert und Arbeitgeber erhalten nützliche Hinweise und Tipps für die Praxis, die insbesondere Kleinbetrieben die Umsetzung erleichtern sollen.
1.2 Verantwortung des Arbeitgebers
Seit Mai 2004 besteht für Arbeitgeber nach § 167 Abs. 2 SGB IX die Verpflichtung zu einem BEM: "Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als 6 Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung (…), mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeit, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden wird und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement."
Das in § 167 Abs. 2 SGB IX normierte BEM ist ein spezielles Verfahren, mit dem die Ziele der Prävention wirksam gefördert werden sollen. Das BEM setzt alle Maßnahmen ein, die geeignet sind, die Arbeitsunfähigkeit zu beenden und den Beschäftigten mit gesundheitlichen Problemen oder Behinderung möglichst dauerhaft auf einem geeigneten Arbeitsplatz einzusetzen. Bei der Einführung eines BEM geht es um eine für die Beteiligten verbindliche Vorgehensweise, die sich an den betrieblichen Gegebenheiten orientiert und die dann auf den Einzelfall angewendet wird. Das Konzept für ein BEM sieht i. d. R. in einem Großunternehmen anders aus als in einem mittelständischen Betrieb oder in einer kleinen Handwerksfirma. Ziel des BEM ist es, gemeinsam mit allen Beteiligten eine individuelle Lösung zu finden. Krankenrückkehrgespräche allein erfüllen die Anforderungen eines BEM nicht.
BEM kann in ein bestehendes Qualitätsmanagementsystem integriert werden bzw. Teil eines integrierten Managementsystems sein, das Qualität, Umwelt, Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit umfasst. Synergieeffekte aus einem Betrieblichen Gesundheitsmanagement sollten genutzt werden.
BEM-Beauftragter
In der Praxis hat es sich bewährt einen BEM-Beauftragten (z. B. einen Disability Manager) zu benennen, der die Aktivitäten steuert und Ansprechpartner für die Rehabilitationsträger (Unfallversicherungsträger, Träger der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, Bundesagentur für Arbeit) ist.
Das Betriebliche Eingliederungsmanagement erfolgt grundsätzlich in 5 Schritten:
- Systematisches Ermitteln von Problemen ("Frühwarnsystem"), z. B. Gründe für Arbeitsunfähigkeit, Krankenstand
- Einsatz von Instrumenten zum Erfassen und Spezifizieren, z. B. regelmäßiges Erfassen und Analysieren der relevanten Daten
- Aufbau eines Integrationsteams im Unternehmen als Schaltstelle für Verarbeitung, Entscheidung und Umsetzung
- Maßnahmen einleiten und durchführen
- Dokumentieren
Dokumentation ist wichtig
Die Dokumentation des BEM ermöglicht den Nachweis im Falle eines Rechtsstreits. Es empfiehlt sich daher auch zu dokumentieren, wenn der Beschäftigte ein BEM ablehnt.
1.3 Kosten und Nutzen
Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung müssen Gefährdungen ermittelt und geeignete Maßnahmen festgelegt werden. Sie ist für Unternehmen ab einem Mitarbeiter Pflicht und sollte als wertvolles Werkzeug auch für das BEM genutzt werden.
Wenn ein Unternehmen Beschäftigte wegen Krankheit über längere Zeit oder sogar dauerhaft verliert, verliert es damit auch:
- Erfahrung, Kompetenz und Know-how,
- Investitionen in Aus- und Weiterbildung,
- evtl. Aufträge und Kunden.
Zusätzlich entstehen Kosten für:
- Entgeltfortzahlung während der Fehlzeiten,
- Überbrückung durch Überstunden oder Aushilfen,
- Einarbeitung und Anleitung von Aushilfen,
- Suche nach adäquatem dauerhaftem Ersatz,
- Vorstellungsgespräche, Entscheidungsfindung,
- Ausbildung und Einarbeitung der neuen Kraft,
- zusätzlichen Aufwand für Personalverwaltung.
Ein BEM hilft Kosten zu senken. Fehlzeiten können verringert und eine erhöhte Einsatzfähigkeit und Produktivität sicherg...