Der eleganteste Weg, die Geschäftsleitung für wertschätzende Maßnahmen zu gewinnen, geht über das eigene Erleben. Eine Geschäftsleitung, die sich wertgeschätzt fühlt, ist ihrerseits großzügiger mit Lob und Anerkennung und aufgeschlossener für Aktionen, die zu mehr Wertschätzung im Betrieb führen. Man sollte daher im Gespräch nicht so tun, als stünde die Leitung auf einer anderen Seite als der Rest der Belegschaft oder als die Gesundheitsmanager etc.
Es macht auch keinen Sinn, mit Vorwürfen, Vorhaltungen oder gar Benchmarks zu argumentieren ("die in Niederkassel haben ein viel besseres Betriebsklima!"). Wer sich angegriffen fühlt, macht dicht oder geht seinerseits zum Angriff über. Er wird sich reflexhaft schützen oder verteidigen wollen. Das ist so, wenn Vertriebszahlen präsentiert werden, und erst recht bei weichen Themen wie Wertschätzung, die primär ohne Zahlen auskommen. Mit solchen Argumenten kann man nicht viel erreichen. Überhaupt ist "Argumentieren" beim Thema Wertschätzung keine empfehlenswerte Strategie.
Die ideale Einstellung für Gespräche aller Art
Geben Sie jedem Menschen das Gefühl, ein wertvoller Mensch zu sein.
Stattdessen sollten Sie versuchen, in Ihrer Geschäftsleitung eine Haltung von Fürsorglichkeit zu wecken. Sie können es ihr erleichtern, diese Haltung einzunehmen, indem Sie an Situationen aus der Vergangenheit erinnern, bei denen sie sich wertschätzend verhalten hat oder das Wort "Wertschätzung" in den Mund genommen hat, z. B. so: "Wir wissen ja spätestens seit Ihrer Rede zur Neueröffnung der Kantine, dass … Ihnen das Wohlbefinden der Belegschaft am Herzen liegt/Sie stolz auf Ihre Mannschaft sind/Fürsorgepflicht für Sie nicht nur ein Wort ist/Sie finden, wir sollten uns am Arbeitsplatz wohlfühlen/Ihnen ein guter Umgang miteinander wichtig ist."
Außerdem gilt: Die Geschäftsführung muss die gedankliche Arbeit machen. Sie muss das Gefühl haben, das Ganze wäre ihr Werk. Das schaffen Sie durch Äußerungen wie "Ihnen als oberster Leitung ist ja sicher wichtig, dass … die Leute gern zur Arbeit kommen, damit alles rund läuft/die Qualität stimmt, weil die Leute Missverständnisse aus dem Weg räumen/das Wissen des Kollegen hier im Betrieb bleibt, auch wenn er jetzt ausscheidet/die verschiedenen Kulturen in unserem Unternehmen alle am selben Strang ziehen".
Dann erst fragen Sie Ihre Geschäftsleitung, welche der von Ihnen jetzt vorgestellten Maßnahmen sie für die sinnvollste hält, um die Wertschätzung im Betrieb zu verbessern. Zeigen Sie ihr z. B. eine Liste mit Vorschlägen oder fragen Sie sie, welche Ideen sie darüber hinaus noch hat.
Tipps, mit denen Sie hoffentlich Ihre Leitung für wertschätzende Maßnahmen gewinnen werden:
- Unverzichtbare Basis für das Gespräch: eine wertschätzende Haltung gegenüber der Geschäftsleitung. Unterstellen Sie ihr immer die beste Absicht. Gehen Sie davon aus, dass sie eine Top-Führungskraft ist bzw. sein möchte. Erinnern Sie sich vor dem Gespräch an Gesten, hinter denen man eine wertschätzende Haltung vermuten kann. Spielen Sie quasi Detektiv und suchen Sie intensiv nach Hinweisen darauf, dass Ihre Leitung auch nur ein Mensch ist und dass in ihr ein zartes Pflänzchen namens Wertschätzung schlummert. Legen Sie Ihren persönlichen Ehrgeiz darauf, es wachsen zu lassen.
- Sorgen Sie dafür, dass Ihre Leitung sich in diesem Gespräch wohlfühlt. Das schaffen Sie u. a., indem Sie sie an ein Ereignis erinnern, bei dem sie betont hat, wie wichtig ihr Wertschätzung ist, oder bei dem sie sich so verhalten hat, dass man es als Ausdruck von Wertschätzung verstehen könnte. Geben Sie ihr positives Feedback; auch das macht sie offener. Das signalisiert: "Sie sind einer von den Guten." Da niemand sich selbst für nicht wertschätzend hält, wächst dadurch der Wunsch, sich – quasi als Beweis – wertschätzend zu verhalten.
- Bauen Sie eine Ja-Straße auf, indem Sie Äußerungen tätigen, denen Ihre Leitung zustimmt. Lassen Sie einfließen, dass das Thema Wertschätzung Ihrer Leitung offenbar wichtig ist. Berichten Sie dann – ohne Schwärmerei – von Erfahrungen anderer Unternehmen ("Dann wird es Sie bestimmt interessieren, was ich neulich gelesen habe").
- Danach schweigen Sie. Halten Sie die Pause aus. Lassen Sie Ihre Leitung die gedankliche Arbeit machen. Sie soll die Brücke von dem anderen zu Ihrem Unternehmen schlagen ("das wäre auch etwas für uns") und Sie letztlich damit beauftragen, Maßnahmen vorzubereiten. Halten Sie sich mit Vorschlägen zurück. Warten Sie darauf, dass Ihre Leitung Sie mindestens fragt: "Und was heißt das für uns?" oder "Und warum erzählen Sie mir das?", bevor Sie Ihre Ideen vorstellen. Wertvoller ist es immer, wenn die Leitung selber darauf kommt.
- Geben Sie der Geschäftsleitung bei all dem das Gefühl, ein wertvoller und von allen geschätzter Mensch zu sein, der nun endlich eine Möglichkeit gefunden hat, seinerseits Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen. Die Lorbeeren dafür erntet die Leitung – Sie als (verdeckt agierender) Coach bleiben im Hintergrund. Das ist der Preis.