Eine Zuständigkeit der Einigungsstelle zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten kommt in Betracht, wenn Streit besteht über:

  • die Rechtzeitigkeit der Unterrichtung,
  • den Umfang der Unterrichtungspflicht,
  • die Einschränkung der Unterrichtungspflicht durch Gefährdung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen,
  • die Art und Weise bzw. Modalitäten der Vorlage von Unterlagen/Erteilung von Auskünften (z. B. in elektronischer Form), sowie den Adressatenkreis der Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses.[1]

Die Primärzuständigkeit der Einigungsstelle ist insoweit bei Auslegung der Norm auch nicht auf einmalige Verlangen des Wirtschaftsausschusses begrenzt, sondern auch bei einem Verlangen nach einer in der Zukunft regelmäßig wiederkehrenden Auskunft oder Vorlage von Unterlagen gegeben.[2]

Für die Einleitung eines Einigungsverfahrens bedarf es eines ausdrücklichen vom Wirtschaftsausschuss beschlossenen Verlangens auf Auskunftserteilung. Dabei ist kein (ordnungsgemäßer) vorheriger Beschluss des Wirtschaftsausschusses über sein konkretes Auskunftsverlangen erforderlich, insbesondere steht dies der Zuständigkeit der Einigungsstelle gemäß § 109 BetrVG nicht entgegen.[3] Lehnt der Unternehmer ab, so übernimmt der Betriebsrat für sein Hilfsorgan Wirtschaftsausschuss die Verhandlungsführung gegenüber dem Unternehmer.[4] Kommt in den Verhandlungen eine Einigung zustande, so ist der Unternehmer entsprechend der getroffenen Regelungsabrede zur Auskunftserteilung verpflichtet. Kommt keine Einigung zustande, so ersetzt der Spruch der Einigungsstelle die fehlende Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.[5]

Dabei muss die Einigungsstelle nicht die in § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG vorgeschriebene Schriftform einhalten bzw. führt die Nichteinhaltung nicht zur Unwirksamkeit, da der Spruch im Vergleich der tragenden Erwägungen funktional eher einer Regelungsabrede der Betriebsparteien nach § 77 BetrVG entspricht.[6]

Der Betriebsrat hat dazu die Einigungsstelle anzurufen. Diese wird unverzüglich tätig[7], sofern eine ständige Einigungsstelle[8] besteht. Sonst ist die Einigungsstelle erst noch zu bilden.[9] Können sich Unternehmer und Betriebsrat über deren Besetzung[10] nicht einigen, so bestimmt der Vorsitzende des Arbeitsgerichts nach § 98 Abs. 1 Satz 1 ArbGG den unparteiischen Vorsitzenden und die Anzahl der Beisitzer. Der Antrag auf Bildung der Einigungsstelle kann nur als unbegründet zurückgewiesen werden, wenn ein Fall der offensichtlichen Unzuständigkeit vorliegt.[11]

 
Praxis-Beispiel

Offensichtliche Unzuständigkeit

Die offensichtliche Unzuständigkeit liegt nicht vor, wenn die Auskunft über die Vermögensübertragung von einer Konzernholdinggesellschaft verlangt wird, nachdem durch Umstrukturierung ein Gemeinschaftsbetrieb mit mehreren Gesellschaften mit beschränkter Haftung geschaffen wurde und die Holdinggesellschaft dort in Personalfragen "das Sagen" hat.[12] Der verfahrenseinleitende Antrag[13] ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn die zwischen den Betriebsparteien aufgetretenen Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich des Umfangs der Auskunftspflicht nicht hinreichend konkret angegeben werden; denn dann ist es nicht möglich, zu entscheiden, ob und ggf. inwieweit eine offensichtliche Unzuständigkeit besteht.[14]

Für die betriebliche Praxis ist zu beachten, dass die Einigungsstelle im Rahmen des § 109 BetrVG nicht dazu berufen ist festzustellen, ob der Arbeitgeber in der Vergangenheit den Erfordernissen des § 106 Abs. 2 BetrVG gerecht geworden ist. Vielmehr hat die Einigungsstelle ausschließlich zukunftsgewandt über ein bestimmtes Auskunftsverlangen im konkreten Einzelfall zu entscheiden.[15]

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