Die verbotenen Karriere-Früchte


Kolumne Talent Management: Karrieresünden

Neue Anregungen für Ihr Talent Management gefällig? Dann schlagen Sie doch einmal in der Bibel nach. Kolumnist Martin Claßen hat das getan und erklärt die Parallelen - samt abgeleiteten Karrieretipps.

Wer die biblische Schöpfungsgeschichte liest, kann schon dort erste Spuren von Talent Management erkennen. Laut Buch Genesis erschuf Gott den Menschen nach eigenem Bilde aus Lehm. Mancher würde sich heute noch am liebsten seine Talente selbst kneten. Zudem ging es um einen Mann und seine Rippe. Manchem gilt dies als göttlicher Beweis für die Frauenquote. Außerdem lebte Eva mit ihrem Adam im Garten Eden. Manche versuchen derzeit ähnlich paradiesische Zustände für Talente zu schaffen.

Doch dann kam der Sündenfall. Nur eine einzige Frucht war verboten. Ausgerechnet über die machten sich die beiden her. Mit den schlimmen Konsequenzen ihrer Abkehr vom himmlischen Gebot müssen wir bis heute leben: Adieu Schlaraffenland, ein für allemal.

Größte Karrieresünden

Auch in Unternehmen gibt es verbotene Früchte, die auf dem Weg nach oben tunlichst zu meiden sind, mögen sie noch so verführerisch wirken. Zur Aufdeckung haben wir erst unlängst in einem Workshop mit jungen Nachwuchsführungskräften die Frage nach den ärgsten Karrieresünden in deren Firma gestellt: „Was sollte man – mit Blick auf die persönliche Karriere – in Ihrem Unternehmen auf gar keinen Fall machen?“ lautete die gar nicht so unschuldige Frage.

Wir waren auf die Antworten gespannt. Eigentlich hatten wir Dinge wie schlechte Leistung, miese Führung oder Faulheit, Dämlichkeit, Unbeweglichkeit erwartet. Wurde natürlich ebenfalls genannt, aber eher beiläufig. Beim erstaunlich ehrlichen Feedback kamen weitaus stärker vermeintliche Nebensächlichkeiten zur Sprache; hier nun ein Auszug verbotener Früchte: zu spätes Lachen bei Witzen des Chefs; der falsche Anzug, die falsche Socke, das falsche Auto; zu starker Dialekt beim Sprechen; Widerspruch gegenüber der Vorgesetztenmeinung beim „offenen Dialog“; Dickbäuchigkeit bei sportlichen beziehungsweise Adonisgestalt bei fettleibigen Vorgesetzten; Fan des falschen Vereins beziehungsweise Sprachlosigkeit beim fußballerischen Smalltalk. Das waren noch die eher lässlichen Karrieresünden. Die richtig groben Patzer müssen hier aus Schicklichkeit verschwiegen werden – Sie erahnen sie vermutlich.

Tabuzone "Onboarding"

Wir kamen dann auf die naive Idee, aus diesen Antworten eine Liste verbotener Früchte für dieses Unternehmen anzufertigen. Die dann beim Onboarding neuer Mitarbeiter als No-Go vorgestellt werden könnte oder besser noch den Kandidaten im Bewerbungsprozess. Dazu kam es aber nicht mehr. Das Flipchart mit der Auflistung von Karrieresünden wurde unmittelbar am Workshop-Ende konfisziert und – das ist nun Spekulation – als giftiger Sondermüll entsorgt. Wir hätten dies ahnen können. Steht nicht bereits in der Bibel und zwar im zweiten Buch der Makkabäer (Kapitel 6, Vers 5): „Auf den Brandopferaltar häuften sie unerlaubte und verbotene Dinge“.

Martin Claßen hat 2010 das Beratungsunternehmen People Consulting gegründet. Talent Management gehört zu einem seiner fünf Fokusbereiche in der HR-Beratung.