Zeitwertkonten: Worauf Arbeitgeber achten sollten
In Deutschland herrscht Fachkräftemangel. Sobald die geburtenstarke Generation der Babyboomer in den Ruhestand geht, wird sich dieser in einen Arbeitskräftemangel ausweiten. Um Talente zu halten und als Unternehmen für neue Arbeitssuchende attraktiv zu sein, sollten Unternehmen attraktive Corporate Benefits bieten.
Beschäftigte wünschen sich mehr Flexibilität
Der Wunsch nach mehr Flexibilität ist insbesondere seit der Coronapandemie allgegenwärtig. Dort, wo früher feste Arbeitszeitmodelle die Regel waren, gibt es heute eine zunehmende Tendenz zur Flexibilisierung von Beschäftigungszeiten. Eine wachsende Zahl von Menschen sucht nach Möglichkeiten, ihre beruflichen Ambitionen mit ihrem Privatleben in Einklang zu bringen. Auch würden immer mehr Menschen gerne vorzeitig in den Ruhestand gehen, wenn dies nicht mehr mit erheblichen Einbußen bei der gesetzlichen Rente verbunden wäre. Sabbaticals, die Möglichkeit zu Pflege- und Elternzeiten, Weiterbildung oder auch Teilzeit spielen zudem eine wachsende Rolle für die Attraktivität einer Arbeitsstelle.
Wie wichtig das Thema für Beschäftigte und Unternehmen inzwischen ist, belegt auch eine Umfrage von Fidelity International unter 1.000 Deutschen. So wünschen sich zwei Drittel der Berufstätigen (66 Prozent) einen gewissen Grad an Flexibilität bei der Arbeit. Insbesondere bei Frauen ist dieser Wunsch stark ausgeprägt.
Auf diese Ansprüche sollten sich Arbeitgeber einstellen. Gleichzeitig müssen Unternehmen dem Fachkräftemangel begegnen. Allein von 2021 bis 2022 hat sich die Fachkräftelücke laut Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (Kofa) des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) mehr als verdoppelt. Arbeitgeber sollten also handeln: mit interessanten Stellenprofilen und attraktiven Benefits für die anspruchsvoller werdenden Arbeitnehmenden.
Zeitwertkonto: Finanzierung von längeren Freistellungszeiten
Im Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeitende können sich Unternehmen mit Zeitwertkonten – auch Lebensarbeitszeitkonto genannt – einen wichtigen Vorteil verschaffen. Mit einem solchen Modell können, anders als bei einem einfachen Arbeitszeitkonto, auch längere Freistellungszeiten finanziert werden. Die Beschäftigten sparen dabei einen Teil ihres Bruttolohns oder anderer Gehaltsbestandteile, wie Boni oder Tantiemen, auf einem persönlichen Zeitwertkonto an. Auch Überstunden oder Urlaubstage können in Geld umgerechnet eingebracht werden.
Steuert der Arbeitgeber ebenfalls Mittel bei, erhöht dies die Attraktivität des Modells und motiviert die Mitarbeitenden teilzunehmen. Je nach Ausgestaltung kann das angesparte Kapital dann für eine flexible Freistellung oder für einen vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand verwendet werden. Ein interessanter Aspekt von Zeitwertmodellen ist, dass Steuern und Sozialversicherungsbeiträge auf die Wertguthaben erst fällig werden, wenn die bezahlte Auszeit oder die Freistellung in Anspruch genommen wird.
Lebensarbeitszeitkonten: drei Erfolgsfaktoren
Betrachten wir die drei Erfolgsfaktoren im Einzelnen: Herzstück eines Zeitwertmodells ist erstens die rentable und bedarfsgerechte Kapitalanlage. Denn es sind nicht nur die Einzahlungen, sondern auch die Anlageergebnisse, die über die Höhe der zur Verfügung stehenden Wertguthaben entscheiden. Seit dem Inkrafttreten des Flexi-II-Gesetzes muss das Anlagekonzept so gestaltet sein, dass das angelegte Kapital erhalten wird. Dies erfordert ein aktives Anlagemanagement, welches sowohl in sicherheitsorientierte als auch in renditestärkere Anlagen flexibel investieren kann. Je länger der Zeitraum bis zur Inanspruchnahme der Wertguthaben ist, desto höher kann der Anteil der renditestärkeren Anlagen sein.
Zweitens ist eine effiziente digitale Verwaltung entscheidend. Dies gilt sowohl für Arbeitgeber, die so den Administrationsaufwand begrenzen können, als auch für Arbeitnehmende, die jederzeit ihre Transaktionen und die Entwicklung ihrer Wertkonten nachverfolgen sowie beispielsweise über integrierte Prognose-Tools Auszeiten oder ihren Vorruhestand durchspielen können.
Drittens ist eine durchdachte und zielgruppengerechte Kommunikation wichtig, um Aufmerksamkeit für das Thema zu wecken und die Mitarbeitenden zur Teilnahme zu aktivieren.
Zeitwertkonten: Vorteile im Überblick
Zeitwertkonten haben sich im letzten Jahrzehnt zu einem von Arbeitgebern und Arbeitnehmenden gefragten Modell der betrieblichen Zukunftsvorsorge entwickelt, das in Anbetracht des gesellschaftlichen Trends zur Flexibilisierung der Arbeit noch wichtiger werden wird. Die Vorteile im Überblick:
Vorteile für Arbeitgeber | Vorteile für Arbeitnehmende |
Wettbewerbsvorteile bei der Rekrutierung und Bindung qualifizierter Fach- und Führungskräfte | Flexible Gestaltung der Lebensarbeitszeit |
Bessere Planbarkeit des Mitarbeiterstamms | Vorzeitiger Ausstieg aus dem Berufsleben ohne Abschläge bei der gesetzlichen Rente |
Positives Image, zum Beispiel als familienfreundlicher Arbeitgeber | Höherer Spareinsatz durch Umwandlung aus dem Bruttogehalt |
Geringe Belastung der eigenen Ressourcen durch moderne Online-Verwaltung | Attraktive Renditechancen durch professionelle Kapitalanlage zu Firmenkonditionen |
Einfache Gesamtlösung | Insolvenzschutz der gezahlten Beiträge |
Zeitwertkonten unterstützen Pläne der Ampel-Koalition
Auch die Ampel-Koalition hat die Notwendigkeit von flexibleren Lebensarbeitsmodellen erkannt und im Koalitionsvertrag einige konkrete Ziele formuliert, die Zeitwertkonten weiteren Rückenwind verleihen sollten.
Beispielsweise können die vorgesehene Weiterentwicklung der Familienpflegezeit sowie die vergütete Freistellung nach der Geburt eines Kindes und die Förderung des sogenannten Bildungssparens in Zeitwertmodelle einfach integriert werden. Zeitwertkonten sind mit ihren vielfältigen Einsatzmöglichkeiten auch geeignet, die angestrebte Flexibilisierung des Renteneintritts zu verwirklichen und individuellere Rentenübergänge zu gestalten.
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