New Leadership: Heike Bruchs umfassende Keynote
Für ihre Keynote hatte sich Heike Bruch einiges vorgenommen. Unter dem Titel "Zwischen Purpose und Überhitzung" stellte die Professorin an der Universität St. Gallen einen Rundumschlag über aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zu Leadership und zeitgemäßer Führung vor. In einem Feuerwerk an Impulsen ging sie auf eigene Studien, Theorien und praxisnahe Führungsansätze ein und versuchte stets darzustellen, wie all das mit dem Unternehmenserfolg zusammenhängt.
Auch wenn sie sich für die einzelnen Themenblöcke und jeweiligen Frage-Sessions eine Stoppuhr mitgebracht hatte, konnte sie die Fülle an Information in den angesetzten 60 Minuten nicht vollständig erörtern. Im virtuellen Format, in dem die Bühne nicht für den nächsten Slot geräumt werden muss, konnte sie aber getrost 15 Minuten überziehen, bis alle Fragen wenigstens ansatzweise geklärt waren.
Zusammenhang zwischen New Leadership und Unternehmenserfolg
Was macht also "New Leadership" tatsächlich aus? Und wie trägt die Führungskultur zum Unternehmenserfolg bei? Eine der vielen Botschaften ist, dass "Erfolg" nicht gleich "Erfolg" ist und "Erfolg" sich schon gar nicht gleichsetzen lässt mit "Digitalisierung" – auch wenn dieser Eindruck nach einem Klickmarathon durch die Messehalle "Future of Work" entstehen kann. Bruch differenzierte hier genauer und clusterte Unternehmen zum einen nach Unternehmenserfolg und zum anderen nach deren Digitalisierungsgrad. So entstanden vier Kategorien: Mäßig erfolgreiche, nicht-digitalisierte Unternehmen; sehr erfolgreiche, nicht-digitalisierte Unternehmen; mäßig erfolgreiche, digitalisierte Unternehmen und letztlich nur wenige sehr erfolgreiche und digitalisierte Unternehmen.
Welches dieser Cluster in Bruchs Vorstellung als ideal anzusehen ist, liegt wohl auf der Hand: das letzte. Die zentrale Frage, an der sich Bruch im weiteren Vortrag abarbeitete, lässt sich wie folgt umschreiben: Auf der einen Seite gibt es Unternehmen mit hohem Digitalisierungsgrad, die eben nicht erfolgreich sind, weil sie mit der Geschwindigkeit der Entwicklungen zwar irgendwie mithalten können, aber trotzdem überfordert sind ("modern Überforderte"). Was unterscheidet diese Unternehmen von solchen, die die Digitalisierung nicht nur erreichen, sondern geradezu meistern und eben dann zu erfolgreichen, digitalisierten Unternehmen, zu "erfolgreichen Pionieren" werden? Und welchen Anteil hat eine bestimmte Form von Leadership an diesem Erfolg?
Transformationale Führung, Bürokratieabbau und Empowerment
Bruchs Antwort auf diese Fragen lässt sich nur schwer zusammenfassen, aber anhand einiger Ansatzpunkte und Ideen anreißen: Die Professorin stellte beispielsweise die Gefahren von unübersichtlichen Experimenten mit unterschiedlichen Arbeitsmodellen dar und ging auch auf die Probleme von Überregulierung und zu viel Bürokratie ein. Als Optimum sollten sich Organisationen auf ein möglichst kleines und klares Set aus Regeln über die Zusammenarbeit einigen, innerhalb derer einzelne Mitarbeiter dann selbstverantwortlich wählen, wie, wo und wann Sie welche Arbeit erledigen.
Bezogen auf Leaderhip-Modelle stellte Bruch beispielsweise die Vorteile des Verständnisses von transformationaler Führung und Empowerment dar. Außerdem ging sie auch kurz auf Ambidextrie ein, also dem notwendigen Nebeneinander von optimaler Exekution und Innovationsbereitschaft. Versucht man die Fülle dieser Inhalte auf eine These zuzuspitzen, so lässt sich Bruchs Appell in ihren eigenen Worten wie folgt zusammenfassen: "Bürokratie rausnehmen und Kultur reintun." New Leadership bedeute nicht "kein Leadership" oder "Laissez-Faire". Dennoch brauche es "Unbossing" im Sinne von Bürokratieabbau und weniger "Command and Control". Im Gegenzug müssten Führungskräfte für mehr Orientierung sorgen, indem sie ein Umfeld für gelebten Purpose und für mehr Inspiration schaffen.
Am Ende raucht der Kopf
Was nach der fast eineinhalbstündigen Keynote bei den über 400 Zuschauern zurückblieb? Vermutlich ein rauchender Kopf und das Gefühl, jetzt in einer ausführlichen Mittagspause das eben Gehörte nochmals richtig sacken zu lassen. Zum Glück hat die Messeleitung angekündigt, alle Vorträge und Powerpoint-Folien im Anschluss online zur Verfügung zu stellen, denn sicherlich lohnt es sich, beim ein oder anderen Thema nochmals tiefer in die Erkenntnisse aus Bruchs "Impulsfeuerwerk" einzusteigen.
Das könnte Sie auch interessieren:
ZP-Thinktank "Future of Work": Fünf Thesen zur Zukunft der Arbeit
-
Workation und Homeoffice im Ausland: Was Arbeitgeber beachten müssen
2.120
-
Krankschreibung per Telefon nun dauerhaft möglich
1.493
-
Essenszuschuss als steuerfreier Benefit
1.455
-
Probezeitgespräche als Feedbackquelle für den Onboarding-Prozess
1.355
-
Vorlage: Leitfaden für das Mitarbeitergespräch
1.310
-
Ablauf und Struktur des betrieblichen Eingliederungsmanagements
1.252
-
BEM ist Pflicht des Arbeitgebers
967
-
Pflicht zur psychischen Gefährdungsbeurteilung
642
-
Checkliste: Das sollten Sie bei der Vorbereitung eines Mitarbeitergesprächs beachten
641
-
Modelle der Viertagewoche: Was Unternehmen beachten sollten
402
-
Worauf es bei Ausbildungsmarketing und Azubi-Recruiting ankommt
01.11.2024
-
Tipp der Woche: Mehr Mut bei Gehaltsangaben in Stellenanzeigen
31.10.2024
-
Das sind die 25 größten Anbieter für HR-Software
31.10.2024
-
Wechsel an der Unternehmensspitze senken das Mitarbeiterengagement
30.10.2024
-
Tight-Loose-Tight als Führungsprinzip
29.10.2024
-
Herausforderungen im HR Application Management
28.10.2024
-
Sechs Erfolgsfaktoren für digitale HR-Arbeit in der Praxis
28.10.2024
-
Wie HR die eigene Digitalisierung mitgestalten kann
28.10.2024
-
Große Mittelständler stehen unter Druck
28.10.2024
-
Viertagewoche nicht durch Produktivitätsgewinne finanzierbar
24.10.2024