Rz. 43
§ 7 Abs. 1 BUrlG enthält nicht nur ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers. So ist die Befugnis des Arbeitgebers anerkannt, den Urlaub auch ohne Urlaubswunsch des Arbeitnehmers festzulegen. Die Festlegung erfolgt weder nach § 315 BGB noch nach § 243 BGB. Der Arbeitgeber erfüllt mit der Festlegung seine Pflicht zur Urlaubsgewährung (dies ist zu trennen von der streitigen Pflicht zur Festlegung ohne Antrag, hierzu Rz. 21). Eine Erfüllung nach § 362 BGB tritt nur bei Beachtung der Vorgaben des § 7 Abs. 1 und 2 BUrlG ein. Äußert der Arbeitnehmer keine Wünsche, steht dem Arbeitgeber der Zeitpunkt der Festlegung frei.
Rz. 44
Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, vor der Festlegung den Arbeitnehmer zu fragen. Tritt der Arbeitnehmer entsprechend der Festlegung den Urlaub an, ist der Urlaubsanspruch erfüllt. Auf die Frage, ob die Festlegung durch dringende betriebliche Belange oder durch Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer bedingt ist, kommt es nicht an.
Rz. 45
Ist der Arbeitnehmer vor der Festlegung nicht gefragt worden, hat der Arbeitnehmer das fehlende Einverständnis mit der einseitigen Festlegung durch den Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen. Der 5. Senat des BAG versteht dies als Annahmeverweigerungsrecht des Arbeitnehmers, das keiner Begründung bedarf. Der für das Urlaubsrecht zuständige 9. Senat des BAG verlangt weitergehend, dass der Arbeitnehmer zugleich entsprechend § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG seine eigenen Urlaubswünsche mitteilen muss. Bei der Zuweisung von restlichen Urlaubsansprüchen in der Kündigungsfrist kommen beide Auffassungen zum gleichen Ergebnis, weil bei einer Ablehnung ohne Grund der Vorrang der Freistellung vor der Abgeltung das Annahmeverweigerungsrecht verdrängt.
Rz. 46
Auch wenn der 9. Senat verlangt, dass auch im ungekündigten Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmer einen anderweitigen Urlaubswunsch äußert, bedeutet dies nicht, dass er seine Urlaubswünsche zeitlich konkret benennen muss. Ansonsten könnte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu Jahresbeginn zur Festlegung zwingen, während umgekehrt der Arbeitgeber bei einem Urlaubsantrag des Arbeitnehmers trotz Fälligkeit hierzu nicht verpflichtet ist (s. unten Rz. 71 f.; zu den Besonderheiten bei Betriebsferien s. unten Rz. 66 ff.). Es genügt, wenn der Arbeitnehmer mit Begründung bestimmte Zeiträume ausschließen oder aber den Wunsch auf bestimmte Zeiträume begrenzen will.
Beispiel
Der Arbeitgeber möchte 4 Wochen Urlaub im Juni festsetzen.
- Der Arbeitnehmer erklärt, er möchte 3 Wochen in der Sommerschulferienzeit. Der genaue Zeitraum stehe noch nicht fest.
- Der Arbeitnehmer erklärt, er plane eine längere Asienreise im Zeitraum Oktober bis Dezember.
Beide Erklärungen genügen als Ablehnung.
Rz. 47
Der Arbeitnehmer ist bei der Ablehnung des vom Arbeitgeber gewünschten Zeitpunkts nicht an die in § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG genannten Gründe gebunden. Es geht nicht um die eingeschränkte Übertragungsmöglichkeit von Urlaubsansprüchen in das Folgejahr, vielmehr um die nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG immer zu berücksichtigenden Wünsche des Arbeitnehmers.
Rz. 48
Ist der Arbeitnehmer bei Benennung eines eigenen Urlaubswunsches mit der Festsetzung des Arbeitgebers nicht einverstanden, so kann der Arbeitgeber den Urlaub in dem von ihm vorgesehenen Zeitraum nur dann festlegen, wenn dies aus dringenden betrieblichen Gründen oder im Hinblick auf die Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer notwendig ist.
Eine kurzfristige Festlegung (Zwangsurlaub) ohne Einverständnis des Arbeitnehmers dürfte auch in einer Situation wie beispielsweise in der Corona-Krise nur dann möglich sein, wenn es um den Resturlaub des Vorjahres geht, oder nicht den unionsrechtlich verbürgten Mindesturlaub betrifft (s. näher Rz. 66).