Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässig beschränkte Zulassung der Revision
Leitsatz (amtlich)
Das Berufungsgericht kann die Zulassung der Revision auf einen tatsächlich oder rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränken, nicht aber auf einzelne Anspruchsgrundlagen, Rechtsfragen oder Elemente des geltend gemachten Anspruchs.
Orientierungssatz
Die Unzulässigkeit der vom Berufungsgericht vorgenommenen Beschränkung der Revisionszulassung führt nicht zur Wirkungslosigkeit der Zulassung, vielmehr bleiben der unzulässigen Einschränkung die Rechtswirkungen versagt. Das Rechtsmittel der Revision wird durch das Berufungsurteil uneingeschränkt eröffnet.
Normenkette
ArbGG § 72 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LAG München (Urteil vom 28.05.2014; Aktenzeichen 10 Sa 770/13) |
ArbG München (Urteil vom 19.06.2013; Aktenzeichen 19 Ca 13099/12) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 28. Mai 2014 – 10 Sa 770/13 – wird als unzulässig verworfen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 79.934,27 Euro festgesetzt.
Tatbestand
I. Die Parteien streiten, soweit für das Beschwerdeverfahren von Bedeutung, über Zahlungsansprüche. Das Arbeitsgericht hat die Klage, die sich darüber hinaus gegen die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise außerordentlich mit sozialer Auslauffrist ausgesprochenen arbeitgeberseitigen Kündigung richtet, insgesamt abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche Kündigung noch durch die außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist aufgelöst worden ist, und die weitergehende Berufung des Klägers zurückgewiesen. Ziffer 3 des Urteilstenors lautet:
„Die Revision wird zugelassen zur Frage der Interessenabwägung im Rahmen der Kündigungen.”
Am Ende der Entscheidungsgründe ist zur Begründung der Revisionszulassung ausgeführt:
„Im Hinblick auf die Erwägungen im Rahmen der Interessenabwägung war für die Beklagte die Revision nach § 72 ArbGG zuzulassen.”
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde will der Kläger für sich die Zulassung der Revision erreichen.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, denn sie ist auf ein rechtliches Ergebnis gerichtet, das bereits eingetreten ist. Gegen das in der Beschwerde bezeichnete Urteil des Landesarbeitsgerichts ist das Rechtsmittel der Revision für beide Parteien uneingeschränkt zugelassen worden. Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Beschränkung der Zulassung ist wirkungslos.
1. Das Berufungsgericht kann die Zulassung der Revision auf einen tatsächlich oder rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränken, nicht aber auf einzelne Anspruchsgrundlagen, Rechtsfragen oder Elemente des geltend gemachten Anspruchs (BAG 6. November 2008 – 2 AZR 924/07 – Rn. 21 mwN).
2. Die vom Landesarbeitsgericht tenorierte Beschränkung der Zulassung ist danach unzulässig. Die „Frage der Interessenabwägung im Rahmen der Kündigungen” und die vom Berufungsgericht im Hinblick hierauf vorgenommenen „Erwägungen im Rahmen der Interessenabwägung” sind weder rechtlich noch tatsächlich ein abtrennbarer Teil des Gesamtstreitstoffs. Das Gesetz sieht eine eigenständige Entscheidung über eine Interessenabwägung nicht vor.
3. Die Unzulässigkeit der vom Berufungsgericht vorgenommenen Beschränkung führt nicht zur Wirkungslosigkeit der Zulassung, vielmehr bleiben der unzulässigen Einschränkung die Rechtswirkungen versagt (vgl. BAG 19. März 2003 – 5 AZN 751/02 – zu II 3 der Gründe, BAGE 105, 308; 28. Mai 2014 – 10 AZB 20/14 – Rn. 10). Damit ist auch für den Kläger das Rechtsmittel der Revision eröffnet worden.
III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
IV. Die Wertfestsetzung beruht auf § 63 GKG.
Unterschriften
Müller-Glöge, Biebl, Weber
Fundstellen
BAGE 2015, 279 |
EBE/BAG 2015 |
ZTR 2015, 234 |
EzA-SD 2015, 24 |
EzA 2015 |
AUR 2015, 117 |
AUR 2015, 156 |
NJOZ 2015, 623 |