Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage. Klärungsbedürftigkeit
Orientierungssatz
Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG setzt die Klärungsbedürftigkeit einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage voraus. Die Klärungsbedürftigkeit fehlt nicht nur, wenn die Rechtsfrage vom Bundesarbeitsgericht, sondern auch dann, wenn sie von einem anderen obersten Gerichtshof des Bundes bereits entschieden ist, es sei denn, dass sie wieder klärungsbedürftig wird, weil gegen diese Entscheidung in Rechtsprechung oder Schrifttum gewichtige Gesichtspunkte vorgebracht werden.
Normenkette
ArbGG § 72 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Beschwerde des Klägers gegen die teilweise Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 7. April 2017 – 14 Sa 303/16 – wird als unzulässig verworfen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Beschwerde zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 23.130,81 Euro festgesetzt.
Tatbestand
I. Die Parteien haben – soweit für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren von Interesse – über einen vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Zahlung einer variablen Tantieme für das Geschäftsjahr 2010 (fällig in 2011) in Höhe von 15.000,00 Euro und einer weiteren dividendenabhängigen Tantieme für das Geschäftsjahr 2010 in Höhe von 15.800,19 Euro gestritten. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage bezüglich der variablen Tantieme in Höhe von 7.330,62 Euro teilweise und bezüglich der weiteren dividendenabhängigen Tantieme in Höhe von 15.800,19 Euro vollständig abgewiesen. Die Revision gegen sein Urteil hat das Landesarbeitsgericht insoweit nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner auf Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage gestützten Nichtzulassungsbeschwerde.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Die Beschwerde zeigt keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör iSd. § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 ArbGG auf (vgl. zu den Anforderungen BAG 15. Oktober 2012 – 5 AZN 1958/12 – Rn. 4 mwN). Der Kläger hat die Entscheidungserheblichkeit eines angeblich fehlenden Hinweises des Landesarbeitsgerichts nach § 139 Abs. 2 und Abs. 4 ZPO nicht dargelegt.
a) Ebenso wie bei einer Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO muss bei der Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör die Kausalität zwischen der Gehörsverletzung und dem Ergebnis des Berufungsurteils dargelegt werden. Dabei genügt der nachvollziehbare Vortrag, dass das Berufungsgericht bei Beachtung seiner Hinweispflicht möglicherweise anders entschieden hätte. Hierzu ist darzutun, wie der Beschwerdeführer auf einen entsprechenden Hinweis reagiert, insbesondere welchen tatsächlichen Vortrag er gehalten oder welche für die Entscheidung erheblichen rechtlichen Ausführungen er gemacht hätte (BAG 14. März 2005 – 1 AZN 1002/04 – zu II 2 a der Gründe, BAGE 114, 67).
b) Daran mangelt es vorliegend. Der Kläger gibt auf S. 5 seiner Beschwerdeschrift lediglich an, dass er nach einem entsprechenden Hinweis des Landesarbeitsgerichts zu einem bestimmten Aspekt weiter vorgetragen hätte. Er legt aber nicht im Einzelnen dar, welchen tatsächlichen Vortrag er in diesem Zusammenhang gehalten hätte, sondern beschränkt sich auf wenige Schlagworte, aus denen die Entscheidungserheblichkeit eines angeblichen Verstoßes des Landesarbeitsgerichts gegen die Hinweispflicht nicht hergeleitet werden kann.
2. Die Beschwerde legt auch keine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSv. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG dar (vgl. zu den Anforderungen BAG 10. Juli 2014 – 10 AZN 307/14 – Rn. 4 mwN, BAGE 148, 337).
Bei der vom Kläger auf S. 7 der Beschwerdebegründung formulierten „Frage”
„Bei Ansprüchen, die auf fehlerhafter Rechtsanwendung beruhen, liegt die für den Verjährungsbeginn erforderliche Tatsachenkenntnis gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erst dann vor, wenn dem Gläubiger die fehlerhafte Rechtsanwendung bekannt oder grob fahrlässig unbekannt war.”
handelt es sich um keine klärungsbedürftige Rechtsfrage im oben genannten Sinn.
a) Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn sie höchstrichterlich noch nicht entschieden und ihre Beantwortung nicht offenkundig ist (BAG 27. März 2012 – 3 AZN 1389/11 – Rn. 19). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt nicht nur, wenn die Rechtsfrage vom Bundesarbeitsgericht, sondern auch dann, wenn sie von einem anderen obersten Gerichtshof des Bundes bereits entschieden ist, es sei denn, dass sie wieder klärungsbedürftig wird, weil gegen diese Entscheidung in Rechtsprechung oder Schrifttum gewichtige Gesichtspunkte vorgebracht werden (vgl. für das sozial- und verwaltungsgerichtliche Verfahren BSG 12. Februar 2015 – B 10 ÜG 11/14 B – Rn. 13; BVerwG 10. August 2010 – 6 B 16/10 – Rn. 11; sh. auch GMP/Müller-Glöge 9. Aufl. § 72 Rn. 14 mwN). Eine erneute Klärungsbedürftigkeit kann sich je nach Lage des Falls daraus ergeben, dass ein Landesarbeitsgericht mit erheblichen Argumenten von der Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofs des Bundes abweicht.
b) Wie der Kläger in seiner Beschwerdebegründung selbst ausführt, ist die von ihm formulierte Frage durch den Bundesgerichtshof (24. April 2014 – III ZR 156/13 – Rn. 26) bereits geklärt. Der Kläger legt auch nicht dar, dass diese Rechtsprechung vom Landesarbeitsgericht oder im Schrifttum mit gewichtigen Gründen in Frage gestellt wurde. Er wirft dem Landesarbeitsgericht lediglich fehlerhafte Rechtsanwendung vor.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Linck, W. Reinfelder, Schlünder
Fundstellen