Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungsentgelt. fehlende Dienstvereinbarung. Leistungsentgelt nach § 18 TVöD (VKA). fehlende Dienst-/Betriebsvereinbarung
Leitsatz (amtlich)
Die Protokollerklärung Nr. 1 zu Absatz 4 des § 18 TVöD (VKA) gewährt ab dem Jahr 2008 für den Fall des Nichtbestehens einer Dienst-/Betriebsvereinbarung nach § 18 Abs. 6 TVöD (VKA) nur einen Anspruch auf ein undifferenziertes Leistungsentgelt in Höhe von 6 vH des individuellen Tabellenentgelts. Der nicht ausgeschüttete Teil des für die Leistungsentgelte zur Verfügung stehenden Gesamtvolumens wird jeweils auf das Folgejahr übertragen, ohne zu einer Erhöhung des undifferenzierten Leistungsentgelts zu führen.
Orientierungssatz
1. Die nach § 18 Abs. 3 Satz 2 TVöD (VKA) bestehende Verpflichtung zur jährlichen Auszahlung der Leistungsentgelte setzt mangels tariflicher Regelung der Vergütungsform und der Verteilungsgrundsätze den Abschluss einer Dienst- oder Betriebsvereinbarung voraus.
2. Die Protokollerklärung Nr. 1 zu Absatz 4 des § 18 TVöD (VKA) gewährt ab dem Jahr 2008 für den Fall des Nichtbestehens einer Dienst-/Betriebsvereinbarung nach § 18 Abs. 6 TVöD (VKA) nur einen Anspruch auf ein undifferenziertes Leistungsentgelt in Höhe von 6 vH des individuellen Tabellenentgelts. Der nicht ausgeschüttete Teil des für die Leistungsentgelte zur Verfügung stehenden Gesamtvolumens wird auf das Folgejahr übertragen.
3. Auch im Fall einer solchen Übertragung besteht kein Anspruch der Beschäftigten auf ein erhöhtes undifferenziertes Leistungsentgelt im Folgejahr. Vielmehr setzt die Ausschüttung des erhöhten Gesamtvolumens den Abschluss einer Dienst- oder Betriebsvereinbarung nach § 18 Abs. 6 TVöD (VKA) voraus.
Normenkette
TVöD (VKA) § 18; TVöD (VKA) § 38 Abs. 3; TVöD (VKA) Protokollerklärung Nr. 1; TVöD (VKA) Protokollerklärung Nr. 2 zu § 18 Abs. 4
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 13. Januar 2011 – 13 Sa 1424/10 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Rz. 1
Die Parteien streiten über die Höhe des Leistungsentgelts nach § 18 TVöD (VKA) für das Jahr 2009.
Rz. 2
Der Kläger ist bei der Beklagten als Diplomsozialarbeiter beschäftigt. Er ist Mitglied des Personalrats. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) in der für Gemeinden gültigen Fassung (VKA) jedenfalls kraft vertraglicher Regelung Anwendung. Zum Abschluss einer Dienstvereinbarung über das Leistungsentgelt kam es bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht nicht. Der Kläger erhielt im Dezember 2008 als Leistungsentgelt 6 vH seines Tabellenentgelts (220,93 Euro brutto). Im Dezember 2009 zahlte die Beklagte als Leistungsentgelt wiederum 6 vH seines Tabellenentgelts (227,11 Euro brutto). Mit Schreiben vom 16. März 2010 machte der Kläger für das Jahr 2009 die Zahlung weiterer 6 vH seines Tabellenentgelts aus dem Jahr 2008 als Leistungsentgelt geltend.
Rz. 3
§ 18 TVöD (VKA) lautete in der 2009 maßgeblichen Fassung auszugsweise:
“(1) Die leistungs- und/oder erfolgsorientierte Bezahlung soll dazu beitragen, die öffentlichen Dienstleistungen zu verbessern. Zugleich sollen Motivation, Eigenverantwortung und Führungskompetenz gestärkt werden.
(2) Ab dem 1. Januar 2007 wird ein Leistungsentgelt eingeführt. Das Leistungsentgelt ist eine variable und leistungsorientierte Bezahlung zusätzlich zum Tabellenentgelt.
(3) Ausgehend von einer vereinbarten Zielgröße von 8 v. H. entspricht bis zu einer Vereinbarung eines höheren Vomhundertsatzes das für das Leistungsentgelt zur Verfügung stehende Gesamtvolumen 1 v. H. der ständigen Monatsentgelte des Vorjahres aller unter den Geltungsbereich des TVöD fallenden Beschäftigten des jeweiligen Arbeitgebers. Das für das Leistungsentgelt zur Verfügung stehende Gesamtvolumen ist zweckentsprechend zu verwenden; es besteht die Verpflichtung zu jährlicher Auszahlung der Leistungsentgelte.
Protokollerklärung zu Absatz 3 Satz 1:
Ständige Monatsentgelte sind insbesondere das Tabellenentgelt (ohne Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitgebers und dessen Kosten für die betriebliche Altersvorsorge), die in Monatsbeträgen festgelegten Zulagen einschließlich Besitzstandszulagen sowie Entgelt im Krankheitsfall (§ 22) und bei Urlaub, soweit diese Entgelte in dem betreffenden Kalenderjahr ausgezahlt worden sind; nicht einbezogen sind dagegen insbesondere Abfindungen, Aufwandsentschädigungen, Einmalzahlungen, Jahressonderzahlungen, Leistungsentgelte, Strukturausgleiche, unständige Entgeltbestandteile und Entgelte der außertariflichen Beschäftigten. Unständige Entgeltbestandteile können betrieblich einbezogen werden.
(4) Das Leistungsentgelt wird zusätzlich zum Tabellenentgelt als Leistungsprämie, Erfolgsprämie oder Leistungszulage gewährt; das Verbinden verschiedener Formen des Leistungsentgelts ist zulässig. …
Protokollerklärungen zu Absatz 4:
1. Die Tarifvertragsparteien sind sich darüber einig, dass die zeitgerechte Einführung des Leistungsentgelts sinnvoll, notwendig und deshalb beiderseits gewollt ist. Sie fordern deshalb die Betriebsparteien dazu auf, rechtzeitig vor dem 1. Januar 2007 die betrieblichen Systeme zu vereinbaren. Kommt bis zum 30. September 2007 keine betriebliche Regelung zustande, erhalten die Beschäftigten mit dem Tabellenentgelt des Monats Dezember 2008 6 v. H. des für den Monat September jeweils zustehenden Tabellenentgelts. Das Leistungsentgelt erhöht sich im Folgejahr um den Restbetrag des Gesamtvolumens. Solange auch in den Folgejahren keine Einigung entsprechend Satz 2 zustande kommt, gelten die Sätze 3 und 4 ebenfalls. Für das Jahr 2007 erhalten die Beschäftigten mit dem Tabellenentgelt des Monats Dezember 2007 12 v. H. des für den Monat September 2007 jeweils zustehenden Tabellenentgelts ausgezahlt, insgesamt jedoch nicht mehr als das Gesamtvolumen gemäß Absatz 3 Satz 1, wenn bis zum 31. Juli 2007 keine Einigung nach Satz 3 zustande gekommen ist.
2. Die Tarifvertragsparteien bekennen sich zur weiteren Stärkung der Leistungsorientierung im öffentlichen Dienst.
…
(6) Das jeweilige System der leistungsbezogenen Bezahlung wird betrieblich vereinbart. … Die Ausgestaltung geschieht durch Betriebsvereinbarung oder einvernehmliche Dienstvereinbarung, …
Protokollerklärung zu Absatz 6:
Besteht in einer Dienststelle/in einem Unternehmen kein Personal- oder Betriebsrat, hat der Dienststellenleiter/Arbeitgeber die jährliche Ausschüttung der Leistungsentgelte im Umfang des Vomhundertsatzes der Protokollerklärung Nr. 1 zu Absatz 4 sicherzustellen, solange eine Kommission im Sinne des Absatzes 7 nicht besteht.
(7) Bei der Entwicklung und beim ständigen Controlling des betrieblichen Systems wirkt eine betriebliche Kommission mit, deren Mitglieder je zur Hälfte vom Arbeitgeber und vom Betriebs-/Personalrat aus dem Betrieb benannt werden.”
Rz. 4
Die Protokollerklärung Nr. 2 zu Absatz 4 lautete bis zum 2. Änderungs-TV vom 31. März 2008 wie folgt:
“In der Entgeltrunde 2008 werden die Tarifvertragsparteien die Umsetzung des § 18 (Leistungsentgelt) analysieren und ggf. notwendige Folgerungen (z. B. Schiedsstellen) ziehen. In diesem Rahmen werden auch Höchstfristen für eine teilweise Nichtauszahlung des Gesamtvolumens gemäß Satz 3 der Protokollerklärung Nr. 1 festgelegt; ferner wird eine Verzinsung des etwaigen ab dem Jahr 2008 nicht ausgezahlten Gesamtvolumens geklärt.”
Rz. 5
§ 38 Abs. 3 TVöD (VKA) lautet:
“Eine einvernehmliche Dienstvereinbarung liegt nur ohne Entscheidung der Einigungsstelle vor.”
Rz. 6
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für das Jahr 2009 ein höheres Leistungsentgelt zu. Dies ergebe die Auslegung von Satz 4 der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 4 TVöD (VKA). Ab Dezember 2009 sei auch der aus dem Vorjahr verbliebene Restbetrag des Gesamtvolumens mit mindestens 12 vH als Leistungsentgelt auszuschütten, ohne dass die Betriebsparteien die Verteilungsgrundsätze geregelt haben müssten. Die Zahlung des zweiten Teils in Höhe von 220,93 Euro brutto werde im Fall der Nichteinigung lediglich um ein Jahr aufgeschoben. Jedenfalls müsse die Beklagte den im Jahr 2008 nicht ausgeschütteten Restbetrag des Gesamtvolumens nach Kopfteilen an die Beschäftigten auszahlen. Daraus ergäbe sich ein Betrag von 219,79 Euro brutto.
Rz. 7
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 220,93 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2010 zu zahlen.
Rz. 8
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, die pauschalierte Sonderzahlung betrage in jedem Jahr, in dem eine betriebliche Vereinbarung zum Leistungsentgelt fehle, nur 6 vH des dem einzelnen Beschäftigten jeweils im September zustehenden Tabellenentgelts. Die darüber hinausgehenden Beträge würden in das Gesamtvolumen des nächsten Jahres übertragen und thesauriert. Damit werde der tarifvertraglich normierte Zweck verfolgt, auf die Betriebsparteien einen entsprechenden Einigungsdruck auszuüben. Tarifvertragliche Intention sei die Vereinbarung von Leistungsentgelten gewesen. Die Ausgestaltung der Zielvereinbarungen und der Auszahlungsmodalitäten sollte den Betriebsparteien überlassen bleiben. Würden mangels entsprechender Vereinbarungen vor Ort jeweils 12 vH auszuzahlen sein, würde dieser Zweck verfehlt.
Rz. 9
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 10
Die zulässige Revision ist unbegründet. Der Kläger hatte im Jahr 2009 keinen Anspruch auf Auszahlung des im Jahr 2008 nicht ausgeschütteten Teils des Leistungsentgelts nach § 18 TVöD (VKA).
Rz. 11
I. Ein Anspruch auf Auszahlung eines höheren Leistungsentgelts ergibt sich nicht aus § 18 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4, Abs. 6 TVöD (VKA), da es an einer betrieblichen Regelung iSd. Abs. 6 fehlte. Die Verpflichtung zur jährlichen Auszahlung der Leistungsentgelte nach § 18 Abs. 3 Satz 2 TVöD (VKA) steht unter dem Vorbehalt der Existenz einer entsprechenden betrieblichen Vereinbarung. Nur aus diesem Grund bedurfte es überhaupt der Regelungen der Protokollerklärung Nr. 1 zu Absatz 4 (PE Nr. 1).
Rz. 12
II. Ein Auszahlungsanspruch ergibt sich nicht aus der PE Nr. 1.
Rz. 13
1. Die Protokollerklärung hat normative Wirkung, sie ist materieller Bestandteil des Tarifvertrags (BAG 23. September 2010 – 6 AZR 338/09 – Rn. 13, BAGE 135, 318) und kann deshalb grundsätzlich einen Anspruch begründen.
Rz. 14
2. Über das für die Jahre 2008 und 2009 ausgezahlte undifferenzierte Leistungsentgelt (vgl. zum Begriff BAG 23. September 2010 – 6 AZR 338/09 – BAGE 135, 318) in Höhe von jeweils 6 vH des Tabellenentgelts hinaus hatte der Kläger im Jahr 2009 ohne Vorliegen einer entsprechenden betrieblichen Regelung keinen Anspruch auf Auszahlung eines höheren Leistungsentgelts. Dies ergibt eine Auslegung der PE Nr. 1.
Rz. 15
a) Bereits der Wortlaut der Regelung, von dem bei der Tarifauslegung vorrangig auszugehen ist (st. Rspr., zB BAG 14. September 2011 – 10 AZR 358/10 – Rn. 15, NZA 2011, 1358), spricht gegen einen höheren Anspruch. Nach Satz 3 der PE Nr. 1 bestand ein Anspruch auf Teilauszahlung in festgelegter Höhe im Dezember 2008, wenn es an einer betrieblichen Vereinbarung fehlte. Nach Satz 4 erhöht sich “das Leistungsentgelt” im Folgejahr um den Restbetrag des Gesamtvolumens. Satz 5 schreibt diese Regelung für die Folgejahre fort, soweit keine betriebliche Einigung zustande kommt. Der Begriff des Leistungsentgelts wird in der tariflichen Regelung verschieden, keinesfalls aber als pauschale Zahlung an die Arbeitnehmer verwendet.
Rz. 16
Hauptsächlich handelt es sich – wie die Überschrift zeigt – um einen Oberbegriff für eine bestimmte neue Vergütungsart. § 18 Abs. 2 Satz 2 TVöD (VKA) definiert diese als “variable und leistungsorientierte Bezahlung”. § 18 Abs. 4 Satz 1 TVöD (VKA) benennt wiederum mögliche Formen eines solchen Leistungsentgelts (Leistungsprämie, Erfolgsprämie oder Leistungszulage), wobei eine Verbindung verschiedener Formen zulässig ist. Der Anspruch nach Satz 3 der PE Nr. 1 wird hingegen von den Tarifvertragsparteien nicht als Leistungsentgelt bezeichnet. Es handelt sich auch nicht um eine Leistung nach der tariflichen Definition, sondern um eine Ausschüttung des erwirtschafteten Volumens nach dem “Gießkannenprinzip” (BAG 23. September 2010 – 6 AZR 338/09 – Rn. 23, BAGE 135, 318). Dieses “undifferenzierte Leistungsentgelt” stellt lediglich ein Surrogat für den fehlenden originären Leistungsentgeltanspruch dar, es ist nicht das Leistungsentgelt selbst. Die Höhe des Surrogats orientiert sich nicht an dem gemäß § 18 Abs. 3 TVöD (VKA) zur Verfügung stehenden Gesamtvolumen für das Leistungsentgelt, sondern legt eine Leistung in Abhängigkeit vom Tabellenentgelt des jeweiligen Beschäftigten in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes fest. Um Doppelzahlungen zu vermeiden, ist die Zahlung aber aus dem Gesamtvolumen zu leisten. Der nach dieser Regelung nicht ausgeschüttete Restbetrag wird auf das Folgejahr übertragen. Wenn Satz 4 der PE Nr. 1 von Leistungsentgelt spricht, kann vor diesem Hintergrund weder das individuelle Leistungsentgelt bei Vorliegen einer entsprechenden Vereinbarung noch das undifferenzierte Leistungsentgelt ohne Vorliegen einer solchen Vereinbarung gemeint sein. Vielmehr wird der Begriff insoweit als Oberbegriff für das im Folgejahr zur Verfügung stehende Gesamtvolumen verwendet, welches sich um den Restbetrag aus dem Vorjahr erhöht.
Rz. 17
b) Dies entspricht auch der Systematik der tariflichen Regelung. Im Jahr 2007 erfolgte mit 12 vH eine (fast) volle Ausschüttung des angesammelten Gesamtvolumens. Damit war für dieses Jahr sichergestellt, dass der für das Leistungsentgelt zur Verfügung stehende Leistungstopf auch dann ausgeschüttet wird, wenn die Betriebsparteien entgegen der in Satz 1 und Satz 2 der PE Nr. 1 zum Ausdruck gebrachten Intention die zur Einführung einer leistungsorientierten Bezahlung erforderlichen Dienst- bzw. Betriebsvereinbarungen nicht rechtzeitig vereinbart hatten (vgl. BAG 23. September 2010 – 6 AZR 338/09 – Rn. 21, BAGE 135, 318). Im Jahr 2008 (Satz 3 und Satz 4) und in den Folgejahren (Satz 5) steht demgegenüber lediglich etwa die Hälfte dieses Volumens zur undifferenzierten und damit gerade nicht leistungsabhängigen Ausschüttung zur Verfügung. Dabei beschränkt sich die tarifliche Regelung beim undifferenzierten Leistungsentgelt auf die Ausschüttung eines bestimmten Prozentsatzes vom individuellen Tabellenentgelt und schafft damit eine einfache und klare Regelung für den einzelnen Beschäftigten, solange betrieblich keine Verteilungsgrundsätze vereinbart sind. Kommt es hingegen zu einer solchen Vereinbarung, erfolgt die Ausschüttung des nach § 18 Abs. 3 TVöD (VKA) iVm. der entsprechenden Protokollerklärung zu bemessenden Gesamtvolumens nach den betrieblich vereinbarten Kriterien. Schon der Ausgangspunkt für die zu verteilende Leistung ist damit nicht deckungsgleich.
Rz. 18
c) Die gefundene Auslegung entspricht dem erkennbaren Sinn und Zweck der PE Nr. 1. Aus dem Satz 1 und Satz 2 der PE Nr. 1 wird der Wille der Tarifvertragsparteien deutlich, das Leistungsentgelt zeitnah einzuführen und betrieblich umzusetzen. Dabei bestimmt § 18 TVöD (VKA) für die Dienststellen oder Unternehmen weder einheitlich die genaue Art des Leistungsentgelts noch die Verteilungsgrundsätze. Beides ist vielmehr einer Vereinbarung der Betriebsparteien vorbehalten. Dementsprechend enthält Satz 2 der PE Nr. 1 die klare und eindeutige Aufforderung an diese, sich vor dem 1. Januar 2007 zu einigen. Lediglich im ersten Jahr erfolgt im Fall der Nichteinigung eine fast vollständige Ausschüttung, in den Folgejahren lediglich eine etwa hälftige Ausschüttung des Gesamtvolumens. Dies dient ersichtlich dem Ziel, den Einigungsdruck auf betrieblicher Ebene zu erhöhen. Dieses Ziel würde verfehlt, wenn lediglich eine einmalige Halbierung der Auszahlung im Jahr 2008 erfolgte, aber im Jahr 2009 und in den Folgejahren auch bei Nichteinigung 12 vH des jeweiligen Tabellenentgelts undifferenziert und leistungsunabhängig gezahlt werden würde.
Rz. 19
d) Besonders deutlich stützt die Tarifgeschichte dieses Ergebnis. Die Tarifvertragsparteien haben mit der ursprünglichen Fassung der Protokollerklärung Nr. 2 zu Absatz 4 des § 18 TVöD (VKA) deutlich gemacht, dass sie das Problem der teilweisen Nichtauszahlung bei Nichteinigung und damit der Thesaurierung gesehen haben. Deshalb wurde für die Entgeltrunde 2008 die Analyse der Situation und die mögliche Festsetzung von Höchstfristen für die teilweise Nichtauszahlung des Gesamtvolumens verabredet. Auch die Frage einer Verzinsung sollte geklärt werden. Diese Protokollerklärung wäre weitestgehend überflüssig gewesen, wenn es jeweils im Folgejahr bereits nach der PE Nr. 1 zu einer fast vollständigen Ausschüttung gekommen wäre. Dass die Tarifparteien in der Entgeltrunde 2008 entgegen ihrer Ankündigung das Problem nicht gelöst, sondern mit dem 2. Änderungs-TV vom 31. März 2008 die PE Nr. 2 in einen allgemeinen Programmsatz umgewandelt haben, führt zu keinem anderen Ergebnis. Eine Änderung der PE Nr. 1 oder sonstiger relevanter Teile des § 18 TVöD (VKA) ist nicht erfolgt.
Rz. 20
e) Letztlich spricht für die Auslegung des Senats auch die Praktikabilität in der Anwendung der Vorschrift. Solange keine differenzierte betriebliche Regelung vereinbart wird, besteht ein pauschaler Surrogatanspruch, der aus dem individuellen Tabellenentgelt zu ermitteln ist, ohne dass das insgesamt zur Verfügung stehende Volumen nach bisher nicht bestimmten Kriterien verteilt werden müsste.
Rz. 21
f) Etwas anderes ergibt sich – entgegen der Auffassung der Revision – nicht aus der Regelung für Dienststellen oder Unternehmen ohne Personal- oder Betriebsrat in der Protokollerklärung zu Absatz 6 des § 18 TVöD (VKA). Es kann dahinstehen, ob dieser Protokollerklärung tatsächlich entnommen werden kann, dass in Dienststellen oder Unternehmen ohne Personal- oder Betriebsrat eine vollständige Ausschüttung des Gesamtvolumens durch den Dienststellenleiter/Arbeitgeber zu erfolgen hat. Selbst wenn diese Annahme richtig wäre, kann nicht aufgrund der Regelung eines Ausnahmefalls darauf geschlossen werden, dass dies im Fall der Existenz von Mitbestimmungsorganen entgegen § 18 Abs. 6 Satz 1 TVöD (VKA) ebenso gehandhabt werden sollte.
Rz. 22
III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
Unterschriften
Mikosch, W. Reinfelder, Mestwerdt, Zielke, Rudolph
Fundstellen
Haufe-Index 3139615 |
BAGE 2013, 305 |
BB 2012, 1407 |