Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang - befristetes Arbeitsverhältnis
Orientierungssatz
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts beschränkt sich der von § 613a BGB erfaßte Wechsel der Inhaberschaft nicht auf ein Rechtsgeschäft mit dem Betriebsveräußerer; entscheidend ist, daß der neue Betriebsinhaber die Befugnis zur Betriebsführung aus einem oder mehreren Rechtsgeschäften - auch mit Dritten - herleitet, sofern diese Rechtsgeschäfte auf den Übergang eines lebendigen und funktionsfähigen Betriebes gerichtet sind; auf die Art des Rechtsgeschäftes kommt es nicht an.
2. Eine erneute Probezeitbefristung eines Arbeitsverhältnisses, das als unbefristetes Arbeitsverhältnis gemäß § 613a Abs 1 BGB auf den Betriebserwerber übergegangen ist und in dem sich der Arbeitnehmer bereits während einer Probezeit bewährt hat, verstößt gegen Sinn und Zweck des § 613a BGB.
Normenkette
BGB §§ 620, 615; ZPO §§ 263-264, 267; BGB § 613a; MuSchG § 9 Abs. 1; BeschFG 1985 Art. 1 § 1 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Berlin (Entscheidung vom 13.10.1989; Aktenzeichen 2 Sa 22/89) |
ArbG Berlin (Entscheidung vom 14.07.1989; Aktenzeichen 25 Ca 74/89) |
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen vereinbarte befristete Arbeitsverhältnis durch Kündigung oder Fristablauf beendet wurde oder weiterhin fortbesteht.
Der Beklagte betreibt seit Montag, dem 13. März 1989, im A in Berlin einen Fleischereistand. Bis zum 11. März 1989 wurde dieser Stand von der K Fleischerei G geführt.
Der Beklagte mietete die bereits von der K Fleischerei G benutzte und im Eigentum der Firma A stehende Ladentheke an. Das ebenfalls von der K Fleischerei G verwendete, einem Dritten gehörende Berkel-Verbundsystem , bestehend aus Waage und Kasse, leaste der Beklagte von dem Eigentümer. Weitere Gegenstände wie Tiefkühlschrank, Fleischwolf, Aufschnittbretter, Messer, Gabel, Beil usw. erwarb der Beklagte von der K Fleischerei G .
Die Klägerin war aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 1. Dezember 1988 auf Probe befristet für drei Monate als Wurstverkäuferin bei der K Fleischerei G beschäftigt. Am 28. Januar (richtig: Februar) 1989 schloß die Klägerin mit der K Fleischerei G einen weiteren Arbeitsvertrag für die Zeit vom 27. Februar 1989 bis zum 10. März 1989. Vereinbart war eine Teilzeitbeschäftigung bei einem Stundenlohn von 12,50 DM brutto. Unter § 8 enthielt der Arbeitsvertrag die besondere Vereinbarung "wegen Verkauf und Übergabe am 11. März 1989".
Die K Fleischerei G rechnete das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis zum 28. Februar 1989 sozialversicherungsrechtlich und steuerrechtlich ab.
Seit dem 13. März 1989 arbeitete die Klägerin als Wurstverkäuferin bei dem Beklagten zu einem Stundenlohn von 13,-- DM brutto. Der am 25. März 1989 abgeschlossene Arbeitsvertrag enthielt die Vereinbarung einer dreimonatigen Probezeit, mit deren Ablauf das Arbeitsverhältnis automatisch enden sollte. Für eine Kündigung während der Probezeit sah der Arbeitsvertrag eine Kündigungsfrist von vier Wochen zum Monatsende vor. Hinsichtlich der Dauer der Arbeitszeit nahm § 4 des Arbeitsvertrages auf die gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen Bezug. Der Tarifvertrag für das Fleischerhandwerk Berlin sieht eine regelmäßige Arbeitszeit von 40 Stunden pro Kalenderwoche vor. Ferner war im Arbeitsvertrag vereinbart, daß Ergänzungen und Änderungen des Arbeitsvertrages zu ihrer Gültigkeit der Schriftform bedürfen.
Die Klägerin war beim Abschluß des Arbeitsvertrages vom 25. März 1989 schwanger. Am 28. März 1989 teilte sie dem Beklagten ihre Schwangerschaft mit.
Mit Schreiben vom 30. März 1989, das der Klägerin am 31. März 1989 zuging, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 30. April 1989. Für den Monat April 1989 vergütete der Beklagte 70 Arbeitsstunden.
Mit ihrer am 21. April 1989 eingereichten Klage hat die Klägerin die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung sowie die Zahlung von Arbeitsentgelt begehrt. Sie hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe den Betrieb der K Fleischerei G , bei der sie seit dem 1. Dezember 1988 beschäftigt gewesen sei, am 12. März 1989 übernommen. Der Beklagte habe sämtliche Betriebsmittel wie Theke, Berkel-Verbundsystem , Tiefkühlschrank, Fleischwolf, Messer usw. übernommen. Unerheblich seien die Rechtsbeziehungen zwischen der K Fleischerei G und der Firma A sowie der Umstand, daß das Kasse- und Waagesystem von einem Dritten geleast worden sei. Es komme nur darauf an, daß dem Beklagten die Betriebs- und Geschäftsausstattung überlassen worden sei, die auch schon die K Fleischerei G benutzt habe. Zum Zeitpunkt des Betriebsüberganges habe ein Arbeitsverhältnis zwischen ihr - der Klägerin - und der K Fleischerei G bestanden. Sie habe über den 28. Februar 1989 hinaus gearbeitet. Die steuer- und sozialversicherungsrechtliche Abmeldung sei für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses unbeachtlich. Für die erneute Vereinbarung einer befristeten Probezeit im Vertrag vom 25. März 1989 habe kein sachlicher Grund vorgelegen. Durch den Abschluß eines neuen Arbeitsvertrages anläßlich eines Betriebsüberganges könne die Rechtsfolge des § 613 a BGB nicht umgangen werden.
Sie sei bei dem Beklagten vollzeitlich, d.h. 40 Stunden pro Woche, beschäftigt worden, so daß ihr für den Monat April 1989 noch eine Restvergütung und für den Monat Mai 1989 der volle Monatslohn zustehe. Eine Beschränkung auf 25 Stunden pro Woche sei nicht vereinbart worden.
Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen
den Parteien durch die Kündigung des Beklagten
vom 30. März 1989, zugegangen am 31. März 1989,
nicht beendet worden ist,
2. den Beklagten zu verurteilen, an sie 3.588,00 DM
brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich ergebenden
Nettobetrag seit dem 9. Juni 1989 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat entgegnet: Eine Betriebsübernahme im Sinne des § 613 a BGB habe nicht vorgelegen. Er habe keine wesentlichen Einrichtungsgegenstände von der K Fleischerei G erworben. So sei die Theke Eigentum der Firma A , das Berkel-Verbundsystem sei aufgrund eines selbständigen Vertrages von einem anderen Eigentümer geleast worden. Die anderen von der K Fleischerei G übernommenen Gegenstände seien unerheblich. Grundlage seiner Tätigkeit sei ausschließlich das mit der Firma A bestehende Rechtsverhältnis. Eine Kontinuität über ein Dreiecksverhältnis Verpächter, früherer Pächter und ihm - dem Beklagten - könne ebenfalls nicht hergestellt werden. Ihm sei von der Firma A kein Betrieb verpachtet worden, sondern nur einzelne, für sich selbst nicht funktionsfähige Elemente. Ein Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der K Fleischerei G habe am 13. März 1989 nicht mehr bestanden; die Tätigkeit der Klägerin über den 28. Februar 1989 hinaus sei lediglich eine reine Gefälligkeit gewesen. Der Schutz des § 613 a BGB erstrecke sich nicht auf eine Tätigkeit, die, wie hier, nicht ernstlich auf Dauer angelegt sei und den zwingenden Normen des Steuer- und des Sozialversicherungsrechts widerspreche. Die Neubefristung des Arbeitsvertrages auf Probe sei auch sachlich gerechtfertigt. Er habe sich entschieden, die Klägerin einzustellen, da diese Erfahrung in der Bedienung der elektronischen Geräte besessen habe. Da der frühere Standinhaber mit Verlusten gearbeitet habe, habe er überprüfen müssen, ob diese möglicherweise auf ein Verhalten des Bedienungspersonals beruhten. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Lohnanspruch nicht zu. Sie sei lediglich als Halbtagskraft eingestellt worden. Nur für die Zeit der Aufbauphase habe die Klägerin die Bereitschaft erklärt, Überstunden zu leisten. Diese Aufbauphase sei spätestens Anfang April 1989 abgelaufen gewesen.
Das Arbeitsgericht hat dem Zahlungsantrag stattgegeben und festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung des Beklagten vom 30. März 1989 geendet hat, sondern weiterhin fortbesteht. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter, während die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der Klage mit Recht stattgegeben.
I. Nach dem Wortlaut ihres Klageantrages hat die Klägerin in erster Instanz die Feststellung begehrt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 30. März 1989 nicht beendet worden ist. Das Arbeitsgericht hat diesen Antrag über seinen Wortlaut hinaus dahin ausgelegt, daß die Klägerin nicht nur die Unwirksamkeit der Kündigung geltend machen wolle, sondern - wie ihr Vorbringen insgesamt zeige - sich überhaupt gegen eine Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses wende und deshalb auch festgestellt wissen wolle, daß ihr Arbeitsverhältnis weiterhin fortbestehe. Dementsprechend hat das Arbeitsgericht im Tenor seines Urteils auch die Feststellung getroffen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien weiterhin fortbesteht.
Ob diese Auslegung des erstinstanzlichen Klageantrages zutrifft oder ob das Arbeitsgericht der Klägerin unter Verstoß gegen § 308 ZPO mehr als beantragt zugesprochen hat, kann dahinstehen. Auch wenn man letzteres annimmt, wäre jedenfalls in der Berufungsinstanz der Feststellungsantrag in dem erweiterten Sinne Gegenstand des Klagebegehrens geworden. Im Berufungsrechtszug hat die Klägerin die erstinstanzliche Entscheidung verteidigt und sich damit die Auslegung ihres Klagebegehrens durch das Arbeitsgericht zu eigen gemacht. Durch ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung hat sie den Klageantrag mit diesem erweiterten Inhalt zum Gegenstand ihres Prozeßbegehrens gemacht. Sollte darin nicht nur eine Klageerweiterung im Sinne von § 264 Nr. 2 ZPO, sondern eine der Einwilligung des Beklagten bedürfende Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO liegen, so wäre auch diese zulässig. Der Beklagte hat sich in der mündlichen Berufungsverhandlung rügelos auf den erweiterten Feststellungsantrag der Klägerin eingelassen, so daß gemäß § 267 ZPO seine Einwilligung in die Änderung der Klage anzunehmen wäre. Das Landesarbeitsgericht hat deshalb mit Recht neben der Wirksamkeit der Kündigung des Beklagten vom 30. März 1989 auch geprüft, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der vereinbarten Probezeitbefristung sein Ende gefunden hat.
II. In der Sache selbst ist das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigung des Beklagten noch durch Fristablauf beendet worden ist.
1. Die vom Beklagten mit Schreiben vom 30. März 1989 erklärte Kündigung ist gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG rechtsunwirksam. Nach dieser Vorschrift ist die Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft bekannt war. Das ist hier der Fall. Unstreitig war die Klägerin zur Zeit der Kündigung schwanger; sie hatte ihre Schwangerschaft auch bereits am 28. März 1989 dem Beklagten mitgeteilt.
2. Auf die im Arbeitsvertrag der Parteien vom 25. März 1989 vereinbarte dreimonatige Befristung des Arbeitsverhältnisses kann sich der Beklagte mangels eines die Befristung rechtfertigenden sachlichen Grundes nicht berufen.
a) Die vereinbarte Befristung ist nicht durch Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985 gedeckt. Diese Bestimmung, die die einmalige Befristung des Arbeitsvertrages bis zur Dauer von 18 Monaten zuläßt, greift nur ein, wenn der Arbeitnehmer neu eingestellt wird. Eine Neueinstellung liegt hier nicht vor; denn die Klägerin stand schon beim Abschluß des befristeten Arbeitsvertrages in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zum Beklagten. Wie das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat, ist der Beklagte mit der Übernahme des Fleischereistandes der K Fleischerei G gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der bisherigen Inhaberin des Fleischereistandes eingetreten.
Nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB tritt beim rechtsgeschäftlichen Übergang eines Betriebes oder Betriebsteils auf einen anderen Inhaber dieser neue Inhaber in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Ein solcher rechtsgeschäftlicher Betriebsübergang von der K Fleischerei G auf den Beklagten hat hier stattgefunden. Dabei spielt es keine Rolle, daß der Betriebsinhaberwechsel nicht nur aufgrund eines Rechtsgeschäfts des Beklagten mit der früheren Inhaberin des Fleischereistandes, sondern auch aufgrund von Rechtsgeschäften mit Dritten, nämlich mit der Firma A als Eigentümerin der Ladenfläche und der Leasing-Firma , der das aus Kasse und Waage bestehende Berkel-Verbundsystem gehört, erfolgt ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts beschränkt sich der von § 613 a BGB erfaßte Wechsel der Inhaberschaft nicht auf ein Rechtsgeschäft mit dem Betriebsveräußerer; entscheidend ist, daß der neue Betriebsinhaber die Befugnis zur Betriebsführung aus einem oder mehreren Rechtsgeschäften - auch mit Dritten - herleitet, sofern diese Rechtsgeschäfte auf den Übergang eines lebendigen und funktionsfähigen Betriebes gerichtet sind; auf die Art des Rechtsgeschäftes kommt es nicht an (BAGE 48, 59; 48, 345; 48, 376 = AP Nr. 44, 41 und 43 zu § 613 a BGB; BAG Urteil vom 3. Juli 1986 - 2 AZR 68/85 - AP Nr. 53 zu § 613 a BGB, zu B IV 1 der Gründe; BAG Urteil vom 10. Juni 1988 - 2 AZR 801/87 - AP Nr. 82 zu § 613 a BGB, zu II 2 der Gründe). Hier hat der Beklagte durch Rechtsgeschäfte die tatsächliche Dispositionsmöglichkeit über die arbeitstechnische Organisation des Fleischereistandes erlangt. Die Rechtsgeschäfte waren auf den Übergang eines funktionsfähigen Betriebes gerichtet. Das hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei dargelegt.
Ein dem Betriebsübergang entgegenstehende, von dem Beklagten behauptete Betriebsauflösung seitens der K Fleischerei G lag nicht vor. Unter einer Betriebsauflösung bzw. Betriebsstillegung wird die Auflösung der zwischen dem Arbeitgeber und den Arbeitnehmern bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft verstanden, die ihre Veranlassung und ihren sichtbaren Ausdruck darin findet, daß der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernsthaften Einsicht einstellt, die Weiterverfolgung des bisherigen Betriebszweckes dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne aufzugeben (BAGE 41, 72, 78 f. = AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Konzern, zu B I 1 der Gründe; BAG Urteil vom 3. Juli 1986 - 2 AZR 68/85 - AP Nr. 53 zu § 613 a BGB, zu B III 1 der Gründe). Bei einer alsbaldigen Wiedereröffnung des Betriebes bzw. alsbaldi-gen Wiederaufnahme der Produktion durch einen Betriebserwerber spricht eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Absicht, den Betrieb einzustellen (BAGE 58, 176, 181 = AP Nr. 71 zu § 613 a BGB, zu I 2 d der Gründe; BAGE 48, 376, 389 = AP Nr. 43 zu § 613 a BGB, zu B III 2 a der Gründe). Die Veräußerung des Betriebes allein ist dagegen, wie sich aus der Wertung des § 613 a BGB ergibt, keine Betriebsstillegung, weil die Identität des Betriebes gewahrt bleibt und lediglich ein Betriebsinhaberwechsel stattfindet (BAG Urteil vom 28. April 1988 - 2 AZR 623/87 - AP Nr. 74 zu § 613 a BGB; BAGE 47, 13 = AP Nr. 39 zu § 613 a BGB).
Das Argument des Beklagten, ein Betriebsübergang müsse verneint werden, weil der Betrieb der K Fleischerei G nur ein Vierteljahr lang bestanden habe und wegen geschäftlichen Mißerfolges aufgegeben worden sei, greift nicht durch. Die Vorschrift des § 613 a Abs. 1 BGB stellt nicht auf die Dauer des Bestehens des Betriebes ab. Auch bei einer kurzfristigen Führung des Betriebes und seiner baldigen Veräußerung greift § 613 a BGB ein. Eine Privilegierung für neugegründete Unternehmen, wie sie z.B. in § 112 a Abs. 2 BetrVG enthalten ist, sieht die Vorschrift des § 613 a Abs. 1 BGB nicht vor. Mit der Regelung des § 112 a Abs. 2 BetrVG wird der Zweck verfolgt, einem Unternehmer die schwierige Anfangsphase des Aufbaus zu erleichtern. Der Unternehmer soll im Falle des Scheiterns seiner Neugründung nicht mit Sozialplanverpflichtungen belastet werden. Sinn und Zweck des § 613 a BGB ist es dagegen, die bestehenden Arbeitsplätze im Falle einer Betriebsveräußerung zu sichern. Der Bestand der Arbeitsverhältnisse ist allgemein und ohne Rücksicht darauf, wie lange sie bereits bestanden haben, geschützt.
Liegt hiernach ein rechtsgeschäftlicher Betriebsübergang im Sinne von § 613 a Abs. 1 BGB von der K Fleischerei G auf den Beklagten vor, so sind die im Zeitpunkt des Betriebsinhaberwechsels bestehenden Arbeitsverhältnisse der Betriebsangehörigen auf den Beklagten übergegangen. Das gilt auch für das Arbeitsverhältnis der Klägerin; denn sie stand bis zum Betriebsinhaberwechsel in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur K Fleischerei G . Die Befristung des Arbeitsvertrages vom 28. Februar 1989 bis zum 10. März 1989 "wegen Übergabe und Veräußerung" hat das Landesarbeitsgericht zu Recht als unwirksam angesehen.
Entgegen der Ansicht des Beklagten hat die Klägerin zuletzt nicht nur aufgrund einer reinen Gefälligkeit für die K Fleischerei G gearbeitet, sondern aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Verpflichtung. Die Verneinung einer Rechtsbindung setzt ein unentgeltliches und uneigennütziges Verhalten voraus (Palandt/ Heinrichs, BGB, 49. Aufl., Einl. v. § 241 Rz 2). Hier liegt jedoch eine Rechtsbindung vor. Die Klägerin hat sich verpflichtet, gegen Entgelt eine Arbeitsleistung zu erbringen. Hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Tätigkeit unterlag sie den Weisungen der früheren Betriebsinhaberin. Auf das Motiv, das dem Abschluß des Vertrages zugrunde lag, kommt es nicht an. Die Frage der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnsteuer hat lediglich formale Bedeutung und ist für die materielle Bewertung eines Arbeitsverhältnisses unerheblich.
Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erfolgte die Befristung des Arbeitsvertrages vom 28. Februar 1989 allein wegen der Übergabe und Veräußerung des Betriebes. Damit erweist sich die Befristung als Umgehung des § 613 a Abs. 4 BGB und ist deshalb unwirksam.
Nach § 613 a Abs. 4 BGB ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs des Betriebes unwirksam. Der Zweck dieser gesetzlichen Regelung geht dahin, durch ein Kündigungsverbot an den alten und an den neuen Arbeitgeber den Übergang der Arbeitsverhältnisse bei Betriebsübertragungen (§ 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB) zu gewährleisten und Umgehungsgeschäfte, durch die dieses Regelungsziel vereitelt werden könnte, zu verhindern (BAGE 48, 40, 49 = AP Nr. 40 zu § 613 a BGB, zu II 2 c der Gründe; BAG Urteil vom 5. Dezember 1985 - 2 AZR 3/85 - AP Nr. 47 zu § 613 a BGB, zu B I der Gründe). Verboten sind damit auch Aufhebungsverträge aus Anlaß des Betriebsübergangs, wenn sie vom Betriebsveräußerer oder Betriebserwerber allein veranlaßt werden, um dem bestehenden Kündigungsverbot auszuweichen (BAGE 55, 228, 233 = AP Nr. 5 zu § 1 BetrAVG Betriebsveräußerung, zu II 2 a der Gründe). Nichts anderes kann für die Vereinbarung der Befristung eines Arbeitsverhältnisses wegen eines bevorstehenden rechtsgeschäftlichen Betriebsinhaberwechsels gelten (BAG Urteil vom 27. November 1986 - 2 AZR 706/85 -, zu B V der Gründe, nicht veröffentlicht).
Der Beklagte ist somit in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis der Klägerin eingetreten, so daß eine Neueinstellung im Sinne von Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985 nicht vorliegt und die zwischen den Parteien im Arbeitsvertrag vom 25. März 1989 vereinbarte dreimona-tige Probezeitbefristung auf diese Vorschrift nicht gestützt werden kann. Vielmehr greifen insoweit die von der Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Grundsätze der Befristungskontrolle ein.
b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seit dem Beschluß des Großen Senats vom 12. Oktober 1960 (BAGE 10, 65 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) ist die Befristung eines Arbeitsverhältnisses unwirksam, wenn sie dem Arbeitnehmer den Schutz zwingender Bestimmungen des Kündigungsrechts entzieht, ohne daß hierfür ein sachlicher Grund besteht. Ob die Klägerin Kündigungsschutz nach § 1 KSchG genießt oder ob diese Vorschrift der Klägerin nicht zugute kommt, weil in dem Verkaufsstand des Beklagten im A -Markt in der Regel weniger als sechs Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt werden (§ 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG), kann dahinstehen. Da die Klägerin zur Zeit der Vereinbarung der Befristung am 25. März 1989 schwanger war, stand ihr jedenfalls der besondere mutterschutzrechtliche Kündigungsschutz des § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG zu, so daß die Befristung schon deswegen eines sachlichen Grundes bedurfte. Daran fehlt es hier.
Der Beklagte stützt die Befristung auf die angebliche Notwendigkeit, die Klägerin erneut zu erproben. Die Befristung eines Arbeitsvertrages aus Gründen der Erprobung ist im allgemeinen sachlich gerechtfertigt (BAGE 34, 89 = AP Nr. 15 zu § 620 BGB Probearbeitsverhältnis; BAG Urteil vom 12. Februar 1981 - 2 AZR 1108/78 - AP Nr. 1 zu § 5 BAT). Auch eine Verlängerung der Probezeit durch einen neuen befristeten Probearbeitsvertrag kann sachlich gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitgeber die Eignung des Arbeitnehmers noch nicht endgültig beurteilen kann. An einem vernünftigen Grund für die Erprobung fehlt es jedoch dann, wenn der Arbeitnehmer bereits eine für die Beurteilung seiner Fähigkeiten ausreichende Zeit bei dem Arbeitgeber beschäftigt war und dieser seine Fähigkeiten deshalb voll beurteilen kann (BAG Urteil vom 28. Februar 1963 - 2 AZR 345/62 - AP Nr. 25 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; BAG Urteil vom 15. März 1966 - 2 AZR 211/65 - AP Nr. 28 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Im vorliegenden Falle hatte sich die Klägerin bereits bei der früheren Inhaberin des Betriebes während einer mehrmonatigen Probezeit bewährt; sie war nach Ablauf der Probezeit weiterbeschäftigt worden. Die Bewährung während der Probezeit beim Betriebsveräußerer muß sich der Erwerber des Betriebes zurechnen lassen. Die erneute Probezeitbefristung eines Arbeitsverhältnisses, das als unbefristetes Arbeitsverhältnis gemäß § 613 a Abs. 1 BGB auf den Betriebserwerber übergegangen ist und in dem sich der Arbeitnehmer bereits während einer Probezeit bewährt hat, verstößt gegen Sinn und Zweck des § 613 a BGB. Der Erwerber kann nicht durch Vereinbarung eines befristeten Probearbeitsverhältnisses nach Betriebsübergang den Bestandsschutz des § 613 a BGB vereiteln. Das Landesarbeitsgericht hat daher zu Recht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bejaht und dem Feststellungsantrag der Klägerin stattgegeben.
III. Schließlich hat das Landesarbeitsgericht auch den eingeklagten Entgeltanspruch für die Monate April und Mai 1989 rechtsfehlerfrei für begründet erachtet.
1. Die Klägerin hat Anspruch auf Vergütung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden. Nach § 4 Abs. 1 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 25. März 1989 richtet sich die Dauer der Arbeitszeit der Klägerin nach den tariflichen Bestimmungen für das Fleischerhandwerk Berlin. Danach betrug die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 40 Stunden. Eine von dem Beklagten behauptete spätere mündliche Vereinbarung einer Teilzeitbeschäftigung wäre mangels Schriftform unwirksam. Nach § 9 Abs. 2 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 25. März 1989 bedürfen Ergänzungen und Änderungen des Arbeitsvertrages zu ihrer Gültigkeit der Schriftform. Daß diese vertragliche Schriftformbestimmung später durch Parteivereinbarung aufgehoben worden wäre, hat der Beklagte nicht behauptet.
2. Die Klägerin kann auch den Lohn für den Monat Mai 1989 verlangen, obwohl sie keine Arbeitsleistung erbracht hat. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht einen Annahmeverzug des Beklagten gemäß § 615 BGB bejaht und ein wörtliches Arbeitsangebot der Klägerin für nicht notwendig erachtet.
Die Voraussetzungen des Annahmeverzuges richten sich auch für das Arbeitsverhältnis nach den §§ 293 ff. BGB. Danach muß der Schuldner in der Regel die geschuldete Leistung tatsächlich anbieten. Nach § 295 BGB genügt ein wörtliches Angebot, wenn der Gläubiger erklärt hat, er werde die Leistung nicht annehmen oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist. Ist für die vom Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, bedarf es ausnahmsweise überhaupt keines Angebotes, wenn der Gläubiger die Handlung nicht rechtzeitig vornimmt (§ 296 BGB). Die nach dem Kalender bestimmte Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers liegt darin, daß der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und ihm die Arbeit zuzuweisen hat. Im Falle einer fristlosen Kündigung gibt der Arbeitgeber einen entgegengesetzten Willen zu erkennen, so daß er den Arbeitnehmer wieder zur Arbeit auffordern muß, wenn er trotz fristloser Kündigung nicht in Annahmeverzug geraten will (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seit BAGE 46, 234 = AP Nr. 34 zu § 615 BGB). Diese Rechtsprechung ist auch auf die unberechtigte ordentliche Kündigung entsprechend anzuwenden, denn die nach dem Kalender bestimmte Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers besteht unabhängig von der Art der Kündigung darin, dem Arbeitnehmer jeden Tag einen funktionsfähigen Arbeitsplatz einzurichten und Arbeit zuzuweisen. Anders als bei der fristlosen Kündigung bringt der Arbeitgeber bei der ordentlichen Kündigung durch die Kündigung nicht zum Ausdruck, daß er die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers ab sofort nicht mehr wolle, sondern daß er bis zum Ablauf der Kündigungsfrist den Arbeitsplatz für den betreffenden Arbeitnehmer bereithält und ihm Arbeit zuzuweisen beabsichtigt. Erst für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist verzichtet er auf die Dienste des Arbeitnehmers (BAG Urteil vom 21. März 1985 - 2 AZR 201/84 - AP Nr. 35 zu § 615 BGB).
Während des Laufs der Kündigungsfrist hat die Klägerin wie bisher ihre Arbeit angeboten und gearbeitet. Nach Ablauf der Kündigungsfrist hätte der Beklagte für die Klägerin weiterhin einen funktionsfähigen Arbeitsplatz bereithalten und der Klägerin ihre Arbeit zuweisen müssen, um einen Annahmeverzug zu verhindern. Dies hat der Beklagte nach Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht getan.
IV. Die Klage ist somit in vollem Umfang begründet, so daß die Revision des Beklagten mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen war.
Dr. Seidensticker Schliemann Dr. Steckhan
Dr. Blaeser Bea
Fundstellen