Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablösende Wirkung von Betriebsvereinbarungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Soweit es sich nicht um arbeitsvertragliche Ansprüche auf Sozialleistungen handelt, die auf einer arbeitsvertraglichen Einheitsregelung, einer Gesamtzusage oder einer betrieblichen Übung beruhen, kommt einer Betriebsvereinbarung gegenüber arbeitsvertraglichen Vereinbarungen keine ablösende Wirkung in dem Sinne zu, daß die Normen der Betriebsvereinbarung an die Stelle der vertraglichen Vereinbarung treten. Durch eine Betriebsvereinbarung kann der Inhalt des Arbeitsvertrages nicht geändert werden.
2. Soweit Normen einer Betriebsvereinbarung für den Arbeitnehmer günstiger sind als die arbeitsvertragliche Vereinbarung, verdrängen sie diese lediglich für die Dauer ihrer Wirkung, machen diese aber nicht nichtig.
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 13.04.1988; Aktenzeichen 14 Sa 1819/87) |
ArbG Essen (Entscheidung vom 02.09.1987; Aktenzeichen 4 (5) Ca 3587/86) |
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob auf das Arbeitsverhältnis des Klägers, wie vereinbart, nach wie vor die Tarifverträge für die Metallindustrie Nordrhein-Westfalen Anwendung finden oder ob aufgrund einer Betriebsvereinbarung das Arbeitsverhältnis sich nunmehr nach den Tarifverträgen für den öffentlichen Dienst bestimmt.
Die Beklagte betreibt in der Rechtsform einer GmbH eine Krankenanstalt, die vor Gründung der Beklagten als Betriebsteil der F K GmbH geführt wurde. Mit Rücksicht auf diese Herkunft wendete die Beklagte auf die bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer die Tarifverträge für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen in ihrer jeweiligen Fassung (künftig nur Metalltarifverträge) an. Insoweit heißt es in einer Betriebsvereinbarung vom 23. Dezember 1965 (im folgenden nur BV 65):
Es wird festgestellt, daß die Arbeitsverträge mit den
Krankenschwestern einer freien Vereinbarung unterlie-
gen. Die Geschäftsführung der K Krankenanstalten
gGmbH und der Betriebsrat sind sich darüber einig, daß
die Gehälter die Mindestsätze des BAT nicht unterschrei-
ten.
Die übrigen Arbeitsbedingungen, soweit sie nicht bereits
einzelvertraglich geregelt sind, lehnen sich an die ta-
riflichen Bestimmungen der Eisen-, Metall- und Elektro-
industrie von Nordrhein-Westfalen an.
Der Kläger ist seit dem 1. April 1978 bei der Beklagten zunächst als Fahrer, später im Etagendienst als Arbeiter beschäftigt. In seinem Arbeitsvertrag vom 7. März 1978 heißt es u.a.:
...
2. Für das Arbeitsverhältnis gelten die Bestimmungen
der Tarifverträge für die Arbeiter in der Eisen-,
Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens.
3. Die Entlohnung richtet sich nach der jeweiligen Tä-
tigkeit und den entsprechenden tariflichen Bestim-
mungen. Sie entspricht zur Zeit der Lohngruppe: 5
...
Hiernach ergibt sich bei einer monatlichen Arbeitszeit
von 195 Stunden einschließlich der Zuschläge ... ein
Bruttolohn von DM 1.876,--. Die über 195 Stunden ver-
fahrenen Stunden werden gesondert vergütet.
...
5. Für die Kündigung des Arbeitsvertrages gelten beider-
seits die tariflichen Bestimmungen. ...
6. Im übrigen gelten für das Arbeitsverhältnis die Be-
stimmungen der im Personalbüro zur Einsichtnahme aus-
liegenden Arbeitsordnung.
...
10. Nebenabreden, die in diesem Schreiben nicht wieder-
holt sind, haben keine Gültigkeit. ...
In Abänderung dieses Vertrages vereinbarten die Parteien am 4. September 1980:
1. Sie werden als Mitarbeiter für den Etagendienst be-
schäftigt.
2. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40
Stunden. Die darüber hinaus geleisteten Stunden wer-
den gesondert vergütet.
...
5. Im übrigen behält der Arbeitsvertrag vom 7. März
1978 weiterhin Gültigkeit.
In der Folgezeit - etwa ab 1980 - ging die Beklagte dazu über, mit neu eingestellten Arbeitnehmern im Arbeitsvertrag die Anwendung des Bundes-Angestelltentarifvertrages für den Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände bzw. des Bundes-Manteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe zu vereinbaren. Im Hinblick darauf schlossen die Betriebspartner am 12. September 1985 und 31. Januar 1986 je eine Betriebsvereinbarung, in denen es weitgehend gleichlautend u.a. heißt:
Im Hinblick auf die mit der weit überwiegenden Zahl
der Mitarbeiter ... getroffene dienstvertragliche
Vereinbarung über die sinngemäße Anwendung ... (des
BAT) ... besteht Einverständnis darüber, daß
1.a) für die bereits tätigen sowie alle neu einzu-
stellenden Angestellten/Arbeiter ...
b) für die bereits tätigen sowie alle neu einzu-
stellenden Praktikanten ...
c) für die Lernschwestern/Pfleger ...
die jeweils in Anlagen genannten Vorschriften gel-
ten sollen.
2. ...
3. Ziff. 1 und 2 dieser Betriebsvereinbarung(en)
treffen nicht auf diejenigen Mitarbeiter ... zu,
mit denen einzelvertraglich die Anwendung ...
(der Metalltarifverträge) ... vereinbart wurde.
Unter den am 31. Oktober 1986 bei der Beklagten beschäftigten 994 Arbeitnehmern befanden sich noch 186 Arbeitnehmer, mit denen einzelvertraglich die Anwendung der Metalltarifverträge vereinbart war.
Am 16./22. Oktober 1986 schlossen die Betriebspartner die hier strittige Betriebsvereinbarung, in der es - soweit hier von Interesse - heißt:
Die ab 1. Januar 1986 gültige Bundespflegesatzverord-
nung fordert die Vergleichbarkeit der Krankenhäuser
untereinander hinsichtlich der Leistungen und Kosten.
Um diesem Anliegen auch bei denjenigen Mitarbeitern
Rechnung zu tragen, für die noch einzelvertraglich die
... Metalltarifverträge ... gelten, schließen Geschäfts-
führung und Betriebsrat folgende
Betriebsvereinbarung
1. Ab 1. Januar 1987 finden für den obengenannten Mitar-
beiterkreis Regelungen in Anlehnung an Bestimmun-
gen des ... BAT bzw. des ... BMT-G Anwendung. Im
einzelnen gelten insoweit die am 12. September
1985 bzw. 31. Januar 1986 abgeschlossenen Betriebs-
vereinbarungen.
2. Jeder Mitarbeiter nach Ziff. 1 wird in die nach den
tarifvertraglichen Anforderungen des BAT bzw. BMT-G
vorgesehene Gehalts- bzw. Lohngruppe ... eingestuft;
...
Ist das Monatsgehalt (Grundvergütung + Allgemeine
Zulage + Ortszuschlag) bzw. der Monatslohn (Grund-
vergütung + Allgemeine Zulage + ggf. Sozialzuschlag)
niedriger als das derzeitige Monatsgehalt bzw. der
derzeitige Monatslohn (Tarifgehalt/-lohn + Leistungs-
zulage + ggf. übertarifliche oder sonstige monatlich
gezahlte Zulage), wird die Differenz durch die Umstel-
lungszulage I ausgeglichen.
Die ... Umstellungszulage wird bei zukünftigen Alters-
sprüngen innerhalb einer Tarifgruppe oder bei Höher-
gruppierungen voll angerechnet.
Die nach dem 31. Dezember 1990 noch vorhandene Umstel-
lungszulage I wird als übertarifliche Zulage geführt
und kann ab diesem Zeitpunkt - zusätzlich zu den be-
reits genannten Anrechnungsmöglichkeiten - auf die zur
Zeit jährlichen Tariferhöhungen ganz oder teilweise
angerechnet werden. Im Falle einer solchen Anrechnung
erfolgt diese für alle Mitarbeiter zum gleichen Zeit-
punkt und in gleicher Höhe; sie kann nur erfolgen un-
ter Mitwirkung des Betriebsrats.
Eine solche Anrechnung von Tariferhöhungen erfolgt
nicht bei Mitarbeitern, die am 1. Januar 1987 50 Jah-
re alt und länger als 20 Jahre bei K tätig sind.
3. Das Urlaubsgeld wird für alle Mitarbeiter nach Ziff. 1
mit 1,44 %/Urlaubstag ... errechnet und festgeschrie-
ben. Auf diese festgeschriebene Umstellungszulage II
wird das jeweils nach dem BAT bzw. BMT-G zu zahlende
Urlaubsgeld ... angerechnet.
4. Die Dauer des Erholungsurlaubs für Mitarbeiter unter
40 Jahre bleibt unverändert 30 Tage; Erhöhungen des
Erholungsurlaubs für diesen Mitarbeiterkreis ab 1.
Januar 1987 werden angerechnet.
5. ...
6. ...
Am 31. Oktober 1986 schrieb die Beklagte an den Kläger - und die anderen betroffenen Mitarbeiter - wie folgt:
Durch die am 16. Oktober 1986 abgeschlossene Betriebs-
vereinbarung wurden für alle Mitarbeiter im Lohnver-
hältnis, für die noch einzelvertraglich der ... Metall-
tarifvertrag ... gilt, Regelungen in Anlehnung an Be-
stimmungen ... des BMT-G ... vereinbart; ...
Hiernach ergeben sich u.a. folgende Änderungen:
1. Ab 1. Januar 1987 finden auch für Sie Regelungen in
Anlehnung an den BMT-G ... Anwendung.
2. Ihre Arbeitszeit beträgt z. Z. 40 Stunden pro Woche.
3. Ihr monatlicher Bruttolohn setzt sich nach BMT-G
IV/5 wie folgt zusammen:
Grundvergütung DM 2.309,18
Allgemeine Zulage DM 67,--
Umstellungszulage I DM 59,10
-----------
Insgesamt DM 2.435,28
...
6. Wir zahlen Ihnen zusätzlich zu dem tariflichen Ur-
laubsgeld (z. Z. 450,-- DM/Jahr) eine Umstellungs-
zulage II in Höhe von z. Z. 1.100,-- DM/Jahr. ...
7. Nach dem z. Z. gültigen Tarifvertrag über eine Zuwen-
dung für Arbeiter zahlen wir Ihnen ... einen Betrag
in Höhe eines sogenannten "13. Monatslohnes".
...
Der Kläger hat der von der Beklagten mitgeteilten Änderung des Arbeitsvertrages widersprochen. Für den Fall, daß darin eine Änderungskündigung zu sehen sei, hat er diese unter Vorbehalt angenommen. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 18. November 1986 erklärt, daß in dem Schreiben vom 31. Oktober 1986 keine Änderungskündigung zu sehen sei. Erst am 19. Dezember 1986 hat sie gegenüber dem Kläger und weiteren Arbeitnehmern vorsorglich eine Änderungskündigung ausgesprochen, gegen die die Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erhoben haben. Die Verfahren sind mit Rücksicht auf den vorliegenden Rechtsstreit ausgesetzt.
Der Kläger ist der Ansicht, daß der Inhalt seines Arbeitsverhältnisses durch die Betriebsvereinbarung vom 16./22. Oktober 1986 (im folgenden nur BV 86) nicht habe geändert werden können. Auf sein Arbeitsverhältnis seien nach wie vor die Metalltarifverträge anzuwenden. Die BV 86 sei unwirksam, sie verstoße gegen § 77 Abs. 3 und § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG. Sie könne auch nicht als umstrukturierende Betriebsvereinbarung im Sinne der Entscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 16. September 1986 angesehen werden. Die BV 86 stelle die davon betroffenen Arbeitnehmer insgesamt schlechter als zuvor. Die BV 86 bezwecke Einsparungen an Lohnkosten zu Lasten der betroffenen Arbeitnehmer. Auch er selbst werde durch die Anwendung des BMT-G schlechtergestellt. Von 1986 bis 1990 erleide er ohne Berücksichtigung der geleisteten Überstunden einen Verlust von 11.000,-- DM, bei Berücksichtigung der Überstunden einen solchen von rd. 32.000,-- DM. Die in der BV 86 vorgesehene Umstellungszulage ändere daran nichts, da diese später angerechnet werden könne.
Der Kläger hat daher im vorliegenden Verfahren beantragt
festzustellen, daß sein Arbeitsverhältnis
trotz der von der Beklagten mit Schreiben
vom 31. Oktober 1986 zum 1. Januar 1987
angekündigten Änderung der Arbeitsvertrags-
bedingungen über den 1. Januar 1987 hinaus
unverändert fortgilt.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, der einzelvertragliche Anspruch des Klägers auf Anwendung der Metalltarifverträge sei durch die BV 86 wirksam abgelöst worden. § 77 Abs. 3 BetrVG stehe dieser Betriebsvereinbarung nicht entgegen. Die BV 86 erweise sich als umstrukturierende Betriebsvereinbarung, die insgesamt für die Arbeitnehmer günstiger sei. Die Umstellung in den anzuwendenden Tarifverträgen führe nicht zu einer Einsparung von Personalkosten, vielmehr zu höheren Personalkosten von fast 100.000,-- DM jährlich. Die Anwendung des BAT bzw. des BMT-G führe für etwa die Hälfte aller betroffenen Arbeitnehmer zu einer Erhöhung der Gehälter bzw. der Löhne. Für die übrigen Arbeitnehmer sei die Differenz durch die Umstellungszulage I ausgeglichen.
Trotz der Erhöhung der Personalkosten bei Anwendung des BAT bzw. des BMT-G sei diese Umstellung geboten. Ihre Personalkosten müsse sie aus den vereinnahmten Pflegesätzen decken. Von der Arbeitsgemeinschaft der E Krankenkassen werde jedoch nach der Bundespflegesatzverordnung nur derjenige Teil der Personalkosten anerkannt, der mit den Personalkosten anderer Krankenhäuser vergleichbar sei. Dabei orientiere sich die Arbeitsgemeinschaft der E Krankenkassen an den Personalkosten, die bei Anwendung des BAT bzw. des BMT-G entstehen. Mehrkosten aufgrund der Anwendung der Metalltarifverträge würden bei der Festsetzung der Pflegesätze nicht anerkannt, Minderkosten gleichwohl nicht zu ihren Gunsten berücksichtigt. So seien seit 1982 jährlich etwa eine Million DM an Personalkosten durch die festgesetzten Pflegesätze nicht gedeckt worden. Die nunmehr bei Anwendung des BAT bzw. des BMT-G entstehenden Personalkosten würden jedoch, obwohl sie höher seien, bei der Festsetzung der Pflegesätze anerkannt.
Die Parteien haben umfangreiche Berechnungen über die Auswirkungen der Umstellung zu den Akten gereicht, nicht nur für die Person des Klägers, sondern auch hinsichtlich aller betroffenen Arbeitnehmer. Die vom Kläger vorgelegten Berechnungen führen zu dem Ergebnis, daß die in die Berechnung einbezogenen Arbeitnehmer, auch der Kläger, durch die Umstellung schlechtergestellt würden, während die Berechnungen der Beklagten zu einem gegenteiligen Ergebnis führen. Für die Richtigkeit ihrer Berechnungen haben die Parteien jeweils Beweis angetreten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht ist von den Parteien streitlos gestellt worden, daß das Jahreseinkommen des Klägers im Jahre 1987 auf der Grundlage des BMT-G um rd. 1.200,-- DM höher lag als das auf der Grundlage der Metalltarifverträge errechnete Jahreseinkommen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht sie abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung, während die Beklagte um Zurückweisung der Revision bittet.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Durch die BV 86 konnte der Arbeitsvertrag des Klägers, nach dem auf sein Arbeitsverhältnis die Metalltarifverträge Anwendung finden sollen, nicht dahin abgeändert werden, daß an die Stelle der Metalltarifverträge der BMT-G tritt.
I.1. Das Landesarbeitsgericht hat in der vertraglichen Vereinbarung, daß auf das Arbeitsverhältnis die Metalltarifverträge Anwendung finden, eine sogenannte arbeitsvertragliche Einheitsregelung gesehen, da die Beklagte etwa bis zum Jahre 1980 eine solche Vereinbarung mit allen vergleichbaren Arbeitnehmern formularmäßig getroffen habe. Auf eine solche arbeitsvertragliche Einheitsregelung seien die Grundsätze aus der Entscheidung des Großen Senats vom 16. September 1986 anzuwenden, wonach die auf einer arbeitsvertraglichen Einheitsregelung beruhenden vertraglichen Ansprüche durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung abgelöst werden können, wenn diese bei kollektiver Betrachtung insgesamt nicht ungünstiger sei. Ob das der Fall sei, sei unerheblich, da bereits ein individueller Günstigkeitsvergleich ergebe, daß sich die Arbeitsbedingungen des Klägers durch die BV 86 verbessert hätten.
Das Landesarbeitsgericht hat weiter die Ansicht vertreten, der Arbeitsvertrag des Klägers enthalte einen stillschweigenden Änderungsvorbehalt zugunsten späterer Betriebsvereinbarungen. Dem Kläger habe erkennbar sein müssen, daß die Anwendung der Metalltarifverträge für ihn als Arbeitnehmer der Beklagten schlechthin und nicht individuell wegen persönlicher Umstände oder besonderer Verdienste vereinbart werde.
2. Diese Begründung des Landesarbeitsgerichts ist rechtsfehlerhaft.
a) Wenn das Landesarbeitsgericht in der BV 86 eine umstrukturierende Betriebsvereinbarung im Sinne der Entscheidung des Großen Senats sieht, dann durfte es nicht dahingestellt bleiben lassen, ob diese Betriebsvereinbarung bei kollektiver Betrachtung insgesamt für die Arbeitnehmer nicht ungünstiger sei, und allein darauf abstellen, daß der Kläger sich im Jahre 1987 bei Anwendung der Tarifverträge für den öffentlichen Dienst besser gestanden hat. Eine Betriebsvereinbarung vermag vertragliche Ansprüche der Arbeitnehmer, die auf einer Gesamtzusage, einer arbeitsvertraglichen Einheitsregelung oder einer betrieblichen Übung beruhen, nur dann zu modifizieren, wenn sie bei kollektiver Betrachtung insgesamt nicht ungünstiger ist als die bisherige Regelung. Daß sie für einzelne Arbeitnehmer Vorteile bringt, reicht nicht aus. Die Nachteile für andere betroffene Arbeitnehmer müssen in die vergleichende Betrachtung einbezogen werden. Darüber hinaus erscheint auch zweifelhaft, ob die Anwendung der Metalltarifverträge überhaupt auf einer vertraglichen Einheitsregelung beruht.
b) Zu Unrecht entnimmt das Landesarbeitsgericht auch der Vereinbarung der Parteien, daß auf das Arbeitsverhältnis des Klägers die Metalltarifverträge Anwendung finden sollen, einen stillschweigend vereinbarten Vorbehalt, daß diese Abrede durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung geändert werden könne. Das Landesarbeitsgericht hat dies damit begründet, daß es sich bei der in einem Formulararbeitsvertrag festgeschriebenen generellen Anwendung der Metalltarifverträge um einen stillschweigenden Änderungsvorbehalt durch eine spätere Betriebsvereinbarung handelt. Dem Kläger sei erkennbar gewesen, daß diese Regelung nicht für ihn persönlich und unter Berücksichtigung persönlicher Umstände vereinbart worden sei, sondern für alle Arbeitnehmer gelte.
Diese Begründung trägt die Annahme eines Änderungsvorbehaltes nicht. Es mag durchaus zutreffen, daß dem Kläger bewußt war, daß nicht nur mit ihm, sondern mit allen Arbeitnehmern die Anwendung der Metalltarifverträge vereinbart wurde. Der Grund dafür lag auf der Hand. Die von der Beklagten betriebenen Krankenanstalten waren als "K Krankenanstalten" bekannt und früher sogar lediglich ein Betriebsteil der F K AG. Von daher lag es nur nahe und war es jedem Bewerber um einen Arbeitsplatz jedenfalls verständlich, daß die Beklagte ihre Zugehörigkeit oder jedenfalls historische Bindung an die K-Werke auch dadurch zum Ausdruck bringen wollte, daß sie die Tarifverträge für die Metallindustrie auf die Arbeitsverhältnisse ihrer Arbeitnehmer zur Anwendung brachte. Daraus allein kann aber nicht hergeleitet werden, daß dem Kläger auch erkennbar sein mußte, daß die Beklagte sich eine spätere Änderung dieser Handhabung durch Betriebsvereinbarung vorbehalten mußte. Dies geht um so weniger, als die Beklagte im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages mit dem Kläger schon rechtlich selbständig war. Arbeitnehmer, die ihr Arbeitsverhältnis zu einer Zeit begründeten, als die Krankenanstalten noch Betriebsteil der K-Werke waren, mußten vielleicht damit rechnen, daß die Anwendung der Metalltarifverträge enden würde, wenn die Beklagte aus diesem Verband ausschied und ein rechtlich selbständiges Unternehmen wurde, das allein Krankenanstalten betrieb. Das ist hier nicht zu entscheiden. Als der Kläger und mit ihm viele andere Arbeitnehmer ihre Arbeitsverträge mit der Beklagten schlossen, war diese bereits lange Zeit rechtlich selbständig. Von daher bestand in den 70er Jahren kein Anlaß für die Annahme, die Beklagte wolle sich eine Änderung dieses Zustandes durch eine spätere Betriebsvereinbarung vorbehalten.
Eine wirksame Änderung des Arbeitsvertrages des Klägers durch die BV 86 aufgrund eines vereinbarten Änderungsvorbehaltes scheidet daher aus.
Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist daher aufzuheben. Sie stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Der Senat kann jedoch in der Sache abschließend entscheiden.
II. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nicht die Frage, ob dem Kläger aufgrund der seiner Ansicht nach sein Arbeitsverhältnis bestimmenden Metalltarifverträge ein bestimmter Anspruch zusteht. Die Parteien streiten vielmehr um die Frage, ob die BV 86 den Inhalt des Arbeitsvertrages des Klägers dahin geändert hat, daß auf das Arbeitsverhältnis des Klägers jedenfalls nicht mehr die Metalltarifverträge Anwendung finden sollen. Das kommt zwar nicht im Antrag des Klägers, wohl aber in der Begründung seiner Klage deutlich zum Ausdruck. Nach dem Wortlaut des Antrages begehrt der Kläger die Feststellung, daß sein Arbeitsverhältnis trotz der BV 86 unverändert fortbesteht. Dieser Antrag könnte unbegründet sein. Geht man davon aus, daß die BV 86 wirksam ist, dann wirken ihre Bestimmungen nach § 77 Abs. 4 BetrVG unmittelbar normativ auch auf das Arbeitsverhältnis des Klägers ein und verändern die Rechtsstellung des Klägers in diesem Arbeitsverhältnis, etwa indem sie dem Kläger Ansprüche einräumen, die er zuvor aufgrund seines Arbeitsvertrages noch nicht hatte. Dem Kläger - und auch der Beklagten - geht es jedoch nicht darum, ob durch die BV 86 irgendeine Änderung im Arbeitsverhältnis des Klägers eingetreten ist, sondern ausschließlich darum, ob die im Arbeitsvertrag des Klägers vom 7. März 1978 enthaltene Vereinbarung, daß auf sein Arbeitsverhältnis die Metalltarifverträge Anwendung finden, durch die BV 86 beseitigt, aufgehoben, worden ist mit der Folge, daß sich der Kläger zu keiner Zeit mehr auf Rechte und Ansprüche berufen kann, die sich allein aus den Metalltarifverträgen ergeben. Die Beklagte wollte mit der BV 86 den betroffenen Arbeitnehmern insgesamt nicht nur bessere Arbeitsbedingungen bieten, sondern sie wollte mit dieser Betriebsvereinbarung die Arbeitsverträge dieser betroffenen Arbeitnehmer inhaltlich ändern. Das machen auch die später von ihr vorsorglich ausgesprochenen Änderungskündigungen gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern, die sich mit einer Änderung nicht einverstanden erklärt haben, deutlich. Auch der Kläger wehrt sich trotz der 1987 unstreitig eingetretenen Erhöhung seiner Jahresbezüge gegen eine Änderung seines Arbeitsvertrages, weil er befürchtet, daß sich künftig seine allein auf dem BMT-G beruhende Rechtsstellung gegenüber derjenigen Rechtsstellung verschlechtern wird, die sich für ihn ergibt, wenn auf sein Arbeitsverhältnis weiter die Metalltarifverträge Anwendung finden. Gerade deshalb will er festgestellt wissen, daß die Metalltarifverträge nach wie vor auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden und ihm die sich daraus ergebenden Ansprüche zustehen.
Mit seinem Antrag begehrt der Kläger daher die Feststellung, daß der Inhalt seines Arbeitsvertrages, wonach auf sein Arbeitsverhältnis die Metalltarifverträge Anwendung finden, durch die BV 86 nicht geändert worden ist. Daß dies der eigentliche Streit der Parteien ist, haben diese in der Anhörung vor dem Senat auch bestätigt.
III. Damit hat der Senat die Frage zu entscheiden, ob durch eine Betriebsvereinbarung der Arbeitsvertrag - nicht das Arbeitsverhältnis - der betroffenen Arbeitnehmer inhaltlich geändert werden kann mit der Folge, daß einzelvertraglich begründete Ansprüche und Rechte auf Dauer ganz entfallen oder inhaltlich verändert werden. Das ist eine andere, jedenfalls eine umfassendere Fragestellung als die, über die der Große Senat in seinem Beschluß vom 16. September 1986 (BAGE 53, 42 = AP Nr. 17 zu § 77 BetrVG 1972) zu entscheiden hatte und entschieden hat.
1. Der Große Senat hat diese Frage für die ihm zur Entscheidung vorgelegten Fallgestaltungen entschieden. In seinen Gründen heißt es unter C II 4 c:
Werden vertragliche Einheitsregelungen durch (eine)
nachfolgende Betriebsvereinbarung (die insgesamt bei
kollektiver Betrachtung nicht ungünstiger ist) umge-
staltet, wird die Verantwortung des Betriebsrats für
die innerbetriebliche Lohngerechtigkeit offen ausge-
wiesen. Die Ansprüche der Arbeitnehmer, die zuvor
auf vertraglicher Grundlage beruhten, ergeben sich
nun aus der Betriebsvereinbarung. Arbeitgeber und
Betriebsrat ... können gemeinsam das Leistungssystem
an veränderte Rahmenbedingungen anpassen und die abge-
schlossene Betriebsvereinbarung durch neue Betriebs-
vereinbarungen - innerhalb der allgemeinen Grenzen des
Bestandsschutzes - abändern.
Damit erkennt der Große Senat einer umstrukturierenden Betriebsvereinbarung jedenfalls gegenüber Ansprüchen, die auf einer arbeitsvertraglichen Einheitsregelung, Gesamtzusage oder betrieblicher Übung beruhen, eine ablösende Wirkung zu. Die umstrukturierende Betriebsvereinbarung tauscht die Anspruchsgrundlagen aus. An die Stelle einer vertraglichen Anspruchsgrundlage tritt die Anspruchsgrundlage Betriebsvereinbarung. Für das Verhältnis dieser Betriebsvereinbarung zu einer nachfolgenden Betriebsvereinbarung gilt nun das Ordnungsprinzip mit der Folge, daß die spätere (zweite) Betriebsvereinbarung die jetzt auf der ersten (umstrukturierenden) Betriebsvereinbarung beruhenden Ansprüche nunmehr auch insgesamt verschlechtern oder ganz in Wegfall bringen kann. Ebenso können bei dieser Betrachtungsweise die jetzt nur auf der Betriebsvereinbarung beruhenden Ansprüche schon mit Wegfall der Betriebsvereinbarung etwa durch eine Kündigung entfallen, sofern nicht ausnahmsweise eine Nachwirkung eintritt.
Wenn nach dem Großen Senat schon einer umstrukturierenden Betriebsvereinbarung eine solche ablösende Wirkung zukommt, dann muß dies erst recht für eine Betriebsvereinbarung gelten, die bei kollektiver Betrachtung insgesamt, aber auch für jeden einzelnen Arbeitnehmer, günstiger ist. Auch diese tauscht dann die Anspruchsgrundlage aus. Die Ansprüche der Arbeitnehmer, die jetzt allerdings höher sind als früher, beruhen nur noch auf der Betriebsvereinbarung mit der Folge, daß sie mit Beendigung dieser Betriebsvereinbarung in Wegfall kommen.
Der Große Senat hat gerade diesen Teil seiner Entscheidung nicht näher begründet. Es fehlt an einer Erklärung dafür, warum ein Arbeitnehmer, der einen vertraglichen Anspruch auf ein Weihnachtsgeld von 500,-- DM hat und dem später durch Betriebsvereinbarung ein Weihnachtsgeld von 1.000,-- DM eingeräumt wird, bei Wegfall dieser Betriebsvereinbarung keinen Anspruch auf ein Weihnachtsgeld mehr haben soll. Das aber ist die Folge der vom Großen Senat bejahten ablösenden Wirkung einer umstrukturierenden Betriebsvereinbarung.
2. Ob der Entscheidung des Großen Senats insoweit zu folgen ist und ob den Entscheidungsgründen eine so weitgehende Schlußfolgerung zu entnehmen ist, kann hier dahingestellt bleiben. Der Senat ist an die Entscheidung des Großen Senats nur gebunden, wenn deren Grundsätze auch auf die vorliegende Fallgestaltung zur Anwendung kommen müssen. Das ist jedoch nicht der Fall.
a) Die vom Großen Senat bejahte ablösende Wirkung einer umstrukturierenden Betriebsvereinbarung bezieht sich nur auf vertraglich begründete Ansprüche der Arbeitnehmer auf Sozialleistungen, die auf eine vom Arbeitgeber gesetzte Einheitsregelung oder eine Gesamtzusage zurückgehen (C der Gründe). Diese den einzelnen Arbeitnehmern zukommenden (Sozial-)Leistungen bilden untereinander ein Bezugssystem. Dieses Bezugssystem beruht auf zwei Grundentscheidungen, die der Einzelregelung vorangehen müssen: Der Entscheidung über die Höhe der einzusetzenden finanziellen Mittel und die Bestimmung der Verteilungsgrundsätze. .. Beide Grundentscheidungen sind nur in einem geschlossenen Regelungssystem erreichbar und müssen notwendigerweise verfehlt werden, wenn nur noch einzelne Ansprüche der begünstigten Arbeitnehmer isoliert betrachtet werden (C II 1 b der Gründe).
Durch eine umstrukturierende Betriebsvereinbarung werden daher nach der Entscheidung des Großen Senats nur solche einzelvertraglichen Ansprüche der Arbeitnehmer abgelöst, die in einem solchen Bezugssystem zueinander stehen und damit einen kollektiven Bezug zueinander aufweisen. Nur für solche Ansprüche kann von einem Dotierungsrahmen gesprochen werden, nur für diese stellt sich die Frage, wie die durch den Dotierungsrahmen vorgegebenen finanziellen Mittel verteilt werden.
b) Auf solche arbeitsvertraglichen Ansprüche auf Sozialleistungen bezieht sich die Vereinbarung im Arbeitsvertrag des Klägers, wonach auf sein Arbeitsverhältnis die Tarifverträge der Metallindustrie Anwendung finden, nicht. Mit dieser Vereinbarung werden vielmehr Ansprüche des Klägers auf das eigentliche Arbeitsentgelt als Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung, Ansprüche auf Bezahlung von Mehrarbeit, Nachtarbeit und Feiertagsarbeit, Ansprüche auf Urlaub und Urlaubsvergütung, Ansprüche auf Fortzahlung des Lohnes bei Arbeitsverhinderung und andere Fragen geregelt, die den Inhalt des Arbeitsverhältnisses bestimmen, wie die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit oder die Kündigungsfristen. Eine solche Vereinbarung hat einen anderen Inhalt und andere Ansprüche zum Gegenstand, als eine arbeitsvertragliche Einheitsregelung, die Ansprüche auf (Sozial-)Leistungen begründet, die in einem Bezugssystem zu gleichartigen Ansprüchen anderer Arbeitnehmer stehen. Für die durch die Vereinbarung begründeten Ansprüche, daß auf das Arbeitsverhältnis die Metalltarifverträge Anwendung finden, läßt sich ein solches Bezugssystem nicht feststellen. Sie werden nicht aus einer vorgegebenen Finanzierungsmasse befriedigt, die nach bestimmten Verteilungsgrundsätzen zu verteilen ist. Für sie kommt ein kollektiver Günstigkeitsvergleich nicht in Betracht.
Auch der Umstand, daß die Beklagte mit einer Vielzahl von Arbeitnehmern insoweit gleichlautende Arbeitsverträge abgeschlossen hat, macht die aus der Anwendung der Metalltarifverträge sich ergebenden Ansprüche nicht zu Ansprüchen, die auf einer arbeitsvertraglichen Einheitsregelung im Sinne der Entscheidung des Großen Senats beruhen.
Bezieht sich damit die Entscheidung des Großen Senats nicht ausdrücklich auch auf arbeitsvertragliche Ansprüche, die keine in einem Bezugssystem zueinanderstehenden Sozialleistungen zum Inhalt haben, so kann auch sonst nicht angenommen werden, der Große Senat habe mit seiner Entscheidung für alle Fallgestaltungen aussprechen wollen, daß Betriebsvereinbarungen jedenfalls dann, wenn sie bei kollektiver Betrachtung nicht ungünstiger sind, arbeitsvertragliche Vereinbarungen ablösen und an deren Stelle treten können. Die Begründung des Großen Senats für seine Ansicht paßt für die vorliegende Fallgestaltung nicht. Es ist kein Grund ersichtlich, warum die Lohnabrede eines Arbeitnehmers zu seinen Ungunsten soll abgeändert werden können, nur weil ein anderer Arbeitnehmer dafür einen höheren Lohn erhält. Damit hindert die Entscheidung des Großen Senats den Senat nicht, die Frage nach einer ablösenden Wirkung von Betriebsvereinbarungen hinsichtlich arbeitsvertraglicher Abreden, die keine Sozialleistungen im dargelegten Sinne zum Inhalt haben, auch verneinend zu beantworten.
IV. Außerhalb der vom Großen Senat entschiedenen Fallgestaltungen kommt Betriebsvereinbarungen keine ablösende, d.h. die vertragliche Anspruchsgrundlage auswechselnde Wirkung zu.
1. Der Große Senat hat bei seiner Begründung darauf abgestellt, daß Betriebsvereinbarungen nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG ebenso wie Tarifverträge nach § 4 Abs. 1 TVG unmittelbare und zwingende Wirkung haben. Das gilt jedenfalls für den normativen Teil von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen. Um eine solche normative Betriebsvereinbarung handelt es sich bei der BV 86.
a)"Unmittelbare Wirkung" einer Betriebsvereinbarung oder eines Tarifvertrages bedeutet, daß die Bestimmungen des normativen Teils der Betriebsvereinbarung oder des Tarifvertrages - wie anderes objektives Recht auch - den Inhalt der Arbeitsverhältnisse unmittelbar (automatisch) gestalten, ohne daß es auf die Billigung oder Kenntnis der Vertragsparteien ankommt. Es bedarf dazu keiner Anerkennung, Unterwerfung oder Übernahme dieser Normen durch die Parteien des Einzelarbeitsvertrages (Großer Senat, aa0, zu C II 2 b der Gründe). Das bedeutet zunächst nur, daß das Arbeitsverhältnis auch durch die Normen der Betriebsvereinbarung oder des Tarifvertrages gestaltet wird, diese Normen also neben die anderen das Arbeitsverhältnis gestaltenden Normen, wie der Arbeitsvertrag oder das Gesetz, treten. Über das weitere Schicksal dieser anderen Normen besagt die unmittelbare Wirkung der Normen eines Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung nichts.
b) Die Frage nach dem Zurücktreten einer Norm stellt sich erst, wenn Normen unterschiedlicher Rangstufe den gleichen Gegenstand regeln, also eine Normenkollision vorliegt.
Auf diesen Fall einer Normenkollision bezieht sich die "zwingende Wirkung" eines Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung. Sie besagt, daß die Parteien des Arbeitsvertrages nichts vereinbaren können, was gegen den Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung verstößt. Inhaltsnormen einer Betriebsvereinbarung oder eines Tarifvertrages müssen sich gegenüber allen vertraglichen Abreden durchsetzen (Großer Senat, aa0, zu C II 2 b der Gründe).
Von diesem Grundsatz macht § 4 Abs. 3 TVG jedoch eine Ausnahme für solche einzelvertraglichen Abmachungen, die eine Abweichung von der tariflichen Norm zugunsten des Arbeitnehmers zum Inhalt haben. Für die Betriebsvereinbarung hat der Große Senat entschieden, daß auch ihr gegenüber das Günstigkeitsprinzip gilt, eine Betriebsvereinbarung also einer einzelvertraglichen Vereinbarung nicht entgegensteht, die zwar von der Betriebsvereinbarung abweicht, für den Arbeitnehmer jedoch günstiger ist.
2. Mit dieser gesetzlichen Regelung ist jedoch noch nichts darüber gesagt, was mit der jeweils ungünstigeren Regelung geschieht. Ist diese nichtig oder tritt sie lediglich zurück, bleibt aber latent bestehen?
a) Ist eine einzelvertragliche Vereinbarung günstiger als die Regelung einer Betriebsvereinbarung oder eines Tarifvertrages, so ist dies für den rechtlichen Bestand des Tarifvertrages oder der Betriebsvereinbarung ohne Bedeutung. Beide Ansprüche des Arbeitnehmers, der aus dem Arbeitsvertrag und der aus dem Tarifvertrag oder der Betriebsvereinbarung, stehen nebeneinander, der Arbeitnehmer kann den für ihn günstigeren Anspruch geltend machen. Das wird von praktischer Bedeutung, wenn der Arbeitnehmer auf seinen Anspruch - etwa in einer Ausgleichsquittung - verzichtet. Hinsichtlich des durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung begründeten Anspruchs ist dieser Verzicht nach § 4 Abs. 4 Satz 1 TVG bzw. nach § 77 Abs. 4 Satz 2 BetrVG nichtig, wenn nicht der Betriebsrat oder die Tarifvertragsparteien dem Verzicht zugestimmt haben. Den tariflichen Anspruch kann der Arbeitnehmer daher noch geltend machen, auf den überschießenden Teil seines arbeitsvertraglichen Anspruchs hat er wirksam verzichtet.
Nicht so eindeutig ist die Rechtslage im umgekehrten Falle, wenn die arbeitsvertragliche Vereinbarung ungünstiger ist als die Regelung des Tarifvertrages oder der Betriebsvereinbarung.
Aufgrund der unmittelbaren und zwingenden Wirkung steht dem Arbeitnehmer der günstigere Anspruch aus dem Tarifvertrag oder der Betriebsvereinbarung zu. Deren Normen müssen sich gegenüber der ungünstigeren vertraglichen Abrede durchsetzen, wie es der Große Senat formuliert hat.
Damit ist aber noch nichts darüber gesagt, ob die vertragliche Abrede nichtig ist oder ob ihr nur gegenüber der günstigeren Norm keine Wirkung zukommt. Diese Frage wird in dem Moment von Bedeutung, in dem die zwingende Wirkung des Tarifvertrages oder der Betriebsvereinbarung entfällt. Zu entscheiden ist, ob dann die ungünstigere vertragliche Abrede wieder auflebt oder ob zunächst ein durch Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag ungeregelter Raum entsteht, der allenfalls noch gesetzlich geregelt ist. Wird mit einem Arbeitnehmer ein Monatsgehalt von 2.000,-- DM vereinbart, und wird das Arbeitsverhältnis später von zwingenden tariflichen Normen erfaßt, die ein Monatsgehalt von 2.200,-- DM vorsehen, und wird der Tarifvertrag gekündigt, so stellt sich die Frage, ob von diesem Zeitpunkt an die einzelvertragliche Vereinbarung eines Gehalts von 2.000,-- DM wieder auflebt oder ob diese aufgrund der zwingenden Wirkung des Tarifvertrages nichtig geworden ist mit der Folge, daß sie nicht mehr existiert.
b) Für das Verhältnis Arbeitsvertrag/Tarifvertrag ist diese Frage scheinbar durch die in § 4 Abs. 5 TVG angeordnete Nachwirkung des Tarifvertrages geregelt. Danach gelten nach Ablauf eines Tarifvertrages seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Eine solche andere Abmachung kann auch eine einzelvertragliche Vereinbarung sein. Umstritten ist dabei lediglich, ob eine solche einzelvertragliche Abmachung schon vor dem Ende der zwingenden Wirkung des Tarifvertrages getroffen werden kann. Die Stellungnahme in der Literatur dazu ist nicht einheitlich. Nach Wiedemann/Stumpf (TVG, 5. Aufl., § 4 Rz 196) kann eine Nachwirkung durch vorhergehende Vereinbarung ausgeschlossen werden. Eine vorhergehende tarifwidrige Abmachung allein genüge jedoch nicht, diese sei im Zweifel endgültig unwirksam. Auf der anderen Seite heißt es in Rz 201, aa0, es sei eine Frage der Auslegung sowohl des Tarifvertrages als auch des Einzelarbeitsvertrages, ob die vorher getroffene, später tarifwidrig gewordene Abmachung bestehen bleiben soll oder nichtig ist. Der Tarifvertrag wolle im Zweifel eine tarifwidrige Abmachung nur verdrängen. Gleichwohl sei die vertragliche Vereinbarung im Zweifel nichtig. Die Parteien seien sich regelmäßig latent fortbestehender Zusagen nicht bewußt. Sie könnten aber das Fortbestehen der tarifwidrigen Vereinbarung vereinbaren, was jedoch nicht ausdrücklich geschehen müsse. Auch der Zweck der in § 4 Abs. 5 TVG angeordneten Nachwirkung spreche für eine Nichtigkeit früherer tarifwidriger Vereinbarungen, weil das Wiederaufleben latent fortbestehender Vereinbarungen den Fortbestand der nachwirkenden tariflichen Ordnung mehr gefährde, als wenn diese erst durch neue vertragliche Vereinbarungen abgeändert werden könne. Hagemeier/Kempen/Zachert/ Zilius (TVG, § 4 Rz 12) vertreten uneingeschränkt die Ansicht, daß die tariflichen Normen ungünstigere einzelvertragliche Abreden im Zweifel lediglich auf Zeit verdrängen, ohne sie endgültig zu vernichten, so daß diese beim Wegfall der zwingenden Wirkung wieder aufleben.
2. Bei der Beantwortung dieser Frage muß nach dem Inhalt der jeweiligen einzelvertraglichen Vereinbarung unterschieden werden. Eine Vereinbarung des Inhalts, daß zwingende tarifvertragliche Bestimmungen keine Anwendung finden sollen, ist sicherlich nichtig. Werden aber durch die arbeitsvertragliche Vereinbarung dem Arbeitnehmer Ansprüche eingeräumt, so sollen diese dem Arbeitnehmer grundsätzlich zustehen. Es ist dies gewissermaßen der vereinbarte Mindeststandard für den Arbeitnehmer. Wird dieser auch entgegen dem Willen der Arbeitsvertragsparteien von außen - normativ - durch eine zwingende tarifliche Regelung erhöht, so spricht nichts dafür, daß auch der einmal vereinbarte Mindeststandard nicht mehr gelten soll, wenn die zwingende Wirkung der Tarifnorm wegfällt. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Parteien bei Abschluß der vertraglichen Vereinbarung das Eingreifen zwingender tariflicher Regelungen überhaupt nicht in Betracht gezogen haben.
TEXT3. Spricht damit schon viel dafür, daß bei Beendigung der zwingenden Wirkung eines Tarifvertrages eine frühere vertragliche Vereinbarung wieder auflebt und damit die Nachwirkung der Tarifnorm beendet - was hier nicht zu entscheiden ist -, so gilt dies erst recht im Verhältnis einer vertraglichen Vereinbarung zu Normen einer nachfolgenden Betriebsvereinbarung. Diejenigen Überlegungen, die für das Verhältnis Arbeitsvertrag/Tarifvertrag noch dafür sprechen können, daß eine tarifwidrige Vereinbarung aufgrund der zwingenden Wirkung des nachfolgenden Tarifvertrages endgültig nichtig wird, nämlich die nachwirkende tarifliche Ordnung nicht durch das Wiederaufleben früherer vertraglicher Vereinbarungen zu stören, treffen für das Verhältnis Arbeitsvertrag/Betriebsvereinbarung nicht zu. Betriebsvereinbarungen wirken anders als Tarifverträge nicht stets nach, sondern nur in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen den Betriebspartnern ersetzen kann (§ 77 Abs. 6 BetrVG). Betriebsvereinbarungen, die dem Arbeitnehmer Ansprüche auf geldwerte Leistungen einräumen, sind jedenfalls insoweit regelmäßig freiwillige Betriebsvereinbarungen, weil das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats insbesondere nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 und 11 BetrVG sich nicht auf die Gewährung solcher Leistungen, sondern nur auf deren nähere Ausgestaltung erstreckt. So hat der Dritte Senat entschieden, daß eine Betriebsvereinbarung über eine betriebliche Altersversorgung nicht nach § 77 Abs. 6 BetrVG nachwirkt (Urteil vom 18. April 1989 - 3 AZR 688/87 -, zur Veröffentlichung vorgesehen), und der Achte Senat ausgesprochen, daß eine Betriebsvereinbarung über ein betriebliches Urlaubsgeld nicht nachwirkt (Urteil vom 9. Februar 1989 - 8 AZR 310/87 -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Mit dem Ende einer Betriebsvereinbarung, der keine Nachwirkung zukommt, fallen die durch die Betriebsvereinbarung begründeten Ansprüche weg. Hat diese Betriebsvereinbarung frühere, dem Arbeitnehmer ungünstigere Vereinbarungen unwirksam gemacht, diese nicht nur verdrängt, sondern abgelöst, so stehen dem Arbeitnehmer von dem Moment an überhaupt keine Ansprüche mehr zu, sofern sich solche nicht aus einer gesetzlichen Regelung ergeben. Geht man davon aus, daß die vertragliche Vereinbarung der Mindeststandard für den Arbeitnehmer sein soll und daß auch die spätere, günstigere Betriebsvereinbarung ebenfalls nur Mindestnormen setzt, so folgt zunächst aus der Natur der Betriebsvereinbarung nichts dafür, daß diese entgegenstehende schlechtere vertragliche Vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien nichtig macht, diese vielmehr ebenso wie der Tarifvertrag nur für die Dauer ihrer zwingenden Wirkung verdrängen will. Auch die Arbeitsvertragsparteien werden regelmäßig nicht davon ausgehen, daß dieser Mindeststandard durch eine spätere günstigere Vereinbarung auf Dauer vernichtet werden soll, zumal für Betriebsvereinbarungen über Angelegenheiten der freiwilligen Mitbestimmung regelmäßig nicht davon ausgegangen werden kann, daß diese bei einer Beendigung alsbald durch eine neue Betriebsvereinbarung abgelöst werden. Auch die weitere Überlegung von Wiedemann/Stumpf (aa0, Rz 201), die Parteien würden regelmäßig nicht daran denken, eine lediglich latent fortbestehende Vereinbarung veränderten Verhältnissen anzupassen, so daß bei Beendigung der zwingenden Wirkung des Tarifvertrages eine nicht mehr angemessene vertragliche Vereinbarung gelte, deren Abänderung der Arbeitnehmer gegen den Willen des Arbeitgebers nicht erreichen könne, trifft hier nicht zu. Ist die vertragliche Vereinbarung nichtig, so hat der Arbeitnehmer bei Beendigung der zwingenden Wirkung der Betriebsvereinbarung mangels deren Nachwirkung überhaupt keinen Anspruch mehr, sofern sich ein solcher nicht aus einer gesetzlichen Regelung ergibt.
4. Macht damit eine nachfolgende Betriebsvereinbarung eine früher abgeschlossene arbeitsvertragliche Vereinbarung, die ungünstiger als die Betriebsvereinbarung ist, nicht nichtig, sondern läßt sie (latent) bestehen, so fehlt es an jeder in der gesetzlichen Regelung über die Wirkungen einer Betriebsvereinbarung liegenden Grundlage für die Annahme, eine nachfolgende günstigere Betriebsvereinbarung trete an die Stelle der früheren ungünstigeren arbeitsvertraglichen Vereinbarung und löse diese ab. Betriebsvereinbarungen über materielle Arbeitsbedingungen kommt daher hinsichtlich früherer ungünstigerer arbeitsvertraglicher Vereinbarungen keine ablösende Wirkung zu, sofern es sich nicht um arbeitsvertragliche Ansprüche auf Sozialleistungen im Sinne der Entscheidung des Großen Senats handelt, die auf einer arbeitsvertraglichen Einheitsregelung beruhen.
Damit ist die Vereinbarung der Parteien in ihrem Arbeitsvertrag vom 7. März 1978, wonach auf das Arbeitsverhältnis des Klägers die Metalltarifverträge Anwendung finden, allein durch den Abschluß der BV 86 nicht geändert worden.
V. Das Landesarbeitsgericht hat den Vortrag der Beklagten nicht gewürdigt, schon durch die BV 65 sei mit dem Betriebsrat vereinbart worden, daß die übrigen Arbeitsbedingungen - außer der der Krankenschwestern - sich an die tariflichen Bestimmungen der Metalltarifverträge anlehnen.
Diese Betriebsvereinbarung legt die Annahme nahe, die Anwendung der Tarifverträge für die Metallindustrie auf das Arbeitsverhältnis des Klägers und der übrigen Arbeitnehmer beruhe nicht auf einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung, sondern allein auf der BV 65. In diesem Fall könnte diese auf der BV 65 beruhende Regelung durch eine spätere Betriebsvereinbarung, also auch die BV 86, abgelöst werden, auch wenn die spätere Betriebsvereinbarung sich als für die Arbeitnehmer ungünstiger darstellt. Im Verhältnis einer Betriebsvereinbarung zu einer nachfolgenden Betriebsvereinbarung gilt nicht das Günstigkeitsprinzip, sondern das Ordnungsprinzip. Diese Annahme ist jedoch nicht begründet.
1. Es erscheint zunächst schon fraglich, ob die BV 65 eine normative Regelung des Inhalts enthält, daß auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer der Beklagten - mit Ausnahme der Krankenschwestern - die Tarifverträge der Metallindustrie Anwendung finden. Die Betriebsvereinbarung enthält in ihrem wesentlichen Inhalt nicht Vereinbarungen der Betriebspartner, sondern jedenfalls dem Wortlaut nach lediglich Feststellungen. Sie beginnt damit, daß festgestellt wird, daß die Arbeitsverträge der Krankenschwestern einer freien Vereinbarung unterliegen. "Einig" sind sich Geschäftsführung und Betriebsrat nur darüber, daß die Gehälter die Mindestsätze des BAT nicht unterschreiten. Hinsichtlich der übrigen Arbeitsbedingungen heißt es lediglich, daß diese sich an die Tarifverträge für die Metallindustrie anlehnen. Auch das ist dem Wortlaut nach mehr eine Feststellung als eine Vereinbarung. Aber auch wenn man insoweit von einer Vereinbarung ausgeht, ist dieser doch lediglich die Verpflichtung der Beklagten zu entnehmen, daß sich die Arbeitsbedingungen der übrigen Arbeitnehmer an die Tarifverträge der Metallindustrie anlehnen müssen. Die Beklagte hat sich damit nur verpflichtet, entsprechende Arbeitsverträge abzuschließen. Insoweit kommt der Betriebsvereinbarung dann lediglich schuldrechtliche Wirkung zu. Gegen die Annahme einer normativen Wirkung spricht darüber hinaus die Unbestimmtheit der Betriebsvereinbarung. Ein bloßes Anlehnen an die Tarifverträge der Metallindustrie besagt noch nicht, welche Bestimmungen dieser Tarifverträge im einzelnen vollständig, teilweise oder nur entsprechend auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden sollen.
2. In den Arbeitsverträgen hat die Beklagte einheitlich ohne Hinweis auf diese Betriebsvereinbarung vereinbart, daß auf das Arbeitsverhältnis die Tarifverträge für die Metallindustrie Anwendung finden. Mit den Arbeitnehmern ist also nicht nur eine sich an die tarifliche Regelung anlehnende arbeitsvertragliche Vereinbarung getroffen worden, vielmehr ist deren uneingeschränkte Anwendung vereinbart worden, soweit nicht der Arbeitsvertrag selbst Abweichungen enthält. Das ist jedoch allenfalls hinsichtlich der wöchentlichen Arbeitszeit und der Vereinbarung einer Vertragsstrafe für einen Vertragsbruch der Fall.
Damit kommt der arbeitsvertraglichen Vereinbarung nicht lediglich eine deklaratorische Wirkung zu in dem Sinne, daß auf die Regelung der BV 65 verwiesen wird, die arbeitsvertragliche Vereinbarung hat vielmehr eigenständige, anspruchsbegründende Wirkung. Davon, daß die BV 65 nicht schon normativ das Recht der Arbeitnehmer begründete, entsprechend den Tarifverträgen für die Metallindustrie behandelt zu werden, ist auch die Beklagte ausgegangen. Sie hat ab Beginn der 80er Jahre mit neu eingestellten Arbeitnehmern nicht mehr die Anwendung der Metalltarifverträge, sondern des BAT bzw. des BMT-G vereinbart. Daß dies mit dem Betriebsrat in Abänderung der BV 65 irgendwann vereinbart worden ist, ist nicht vorgetragen worden. Die Betriebsvereinbarungen vom 12. September 1985 und 31. Januar 1986 beginnen ebenfalls schlicht mit der Feststellung eines tatsächlichen Zustandes, nämlich im Hinblick auf "die mit der weit überwiegenden Zahl der Mitarbeiter .. getroffene dienstvertragliche Vereinbarung über die sinngemäße Anwendung .. des BAT bzw. des BMT-G". Erst im Hinblick auf diesen festgestellten Zustand treffen die genannten Betriebsvereinbarungen eine Regelung für die Zukunft, nämlich, welche Tarifverträge im einzelnen Anwendung finden sollen.
3. Schließlich macht auch das Vorbringen der Beklagten in diesem Verfahren deutlich, daß sie selbst davon ausgegangen ist, daß die Anwendung der Tarifverträge für die Metallindustrie Inhalt des mit dem Kläger und den anderen Arbeitnehmern abgeschlossenen Arbeitsvertrages ist. Ihre gesamte Argumentation baut auf der Ansicht auf, daß die BV 86 eine für die Arbeitnehmer günstigere, zumindest aber bei kollektiver Betrachtung insgesamt nicht ungünstigere Betriebsvereinbarung sei, durch die nach der Entscheidung des Großen Senats die Arbeitsverträge der Arbeitnehmer inhaltlich hätten geändert werden können. Erstmals mit der Berufungsbegründung hat die Beklagte auf die BV 65 verwiesen, mit dieser aber lediglich den kollektiven Bezug der vertraglichen Regelung begründet, ohne in diesem Zusammenhang selbst zu behaupten, schon aufgrund der BV 65 seien auf die Arbeitsverhältnisse die Tarifverträge der Metallindustrie unmittelbar anzuwenden gewesen.
Damit verbleibt es dabei, daß durch die BV 86 der Inhalt des Arbeitsvertrages nicht geändert werden konnte. Inhalt des Arbeitsvertrages des Klägers ist nach wie vor die Vereinbarung, daß auf sein Arbeitsverhältnis die Tarifverträge für die Metallindustrie Anwendung finden.
VI. Den Inhalt der Arbeitsverträge kann die Beklagte nur mit individual-rechtlichen Mitteln ändern. Sie kann Änderungsverträge abschließen oder durch Änderungskündigungen eine Änderung der Arbeitsverträge herbeizuführen versuchen. Das hat die Beklagte zwischenzeitlich vorsorglich getan. Über die soziale Rechtfertigung dieser Änderungskündigungen ist im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden.
1. Für die Wirksamkeit der Änderungskündigungen und -vereinbarungen kann es auf die Wirksamkeit der BV 86 ankommen. Die Änderung der Arbeitsverträge dahin, daß an die Stelle der Tarifverträge für die Metallindustrie der BAT und der BMT-G und die diese ergänzenden Tarifverträge treten, hat auch eine Änderung der betrieblichen Lohngestaltung zum Inhalt, die nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG der Mitbestimmung unterliegt. Die Frage, nach welcher Lohngruppen- oder Gehaltsgruppenordnung Arbeitnehmer zu vergüten sind, ist eine Frage der betrieblichen Lohngestaltung (Beschluß des Senats vom 27. Januar 1987, BAGE 54, 147 = AP Nr. 42 zu § 99 BetrVG 1972). Dieses Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist im vorliegenden Falle nicht ausgeschlossen, da es mangels Tarifbindung der Beklagten an einer tariflichen Regelung dieser Frage fehlt.
Eine Änderungskündigung mit dem Ziel, die Arbeitsverträge der Arbeitnehmer dahin zu ändern, daß eine andere Lohn- oder Gehaltsgruppenordnung maßgebend sein soll, ist unwirksam, wenn hinsichtlich dieser Änderung mit dem Betriebsrat nicht zuvor eine Einigung erzielt worden ist oder ein Spruch der Einigungsstelle diese Einigung ersetzt hat (Beschluß des Senats vom 31. Januar 1984, BAGE 45, 91 = AP Nr. 15 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung). Mit der BV 86 hat der Betriebsrat der beabsichtigten Änderung der Gehalts- und Lohnordnung zugestimmt. Betriebsverfassungsrechtlich ist die Beklagte daher befugt, durch Änderungsverträge oder auf dem Weg über eine Änderungskündigung die Arbeitsverträge der betroffenen Arbeitnehmer entsprechend zu ändern.
2. Die BV 86 ist auch wirksam. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. § 77 Abs. 3 BetrVG steht einer Betriebsvereinbarung nicht entgegen, durch die die Anwendung des BAT und des BMT-G auf die Arbeitsverhältnisse vereinbart wird. Für den Bereich der privaten Krankenanstalten in Nordrhein-Westfalen fehlt es an einer auch nur üblichen tariflichen Regelung der Arbeitsbedingungen der hier beschäftigten Arbeitnehmer. Daß für Krankenanstalten in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft die Arbeitsbedingungen tariflich geregelt sind, begründet für die BV 86 keine Sperre nach § 77 Abs. 3 BetrVG (Beschluß des Senats vom 27. Januar 1987, BAGE 54, 147 = AP Nr. 42 zu § 99 BetrVG 1972).
3. Die Feststellung, daß durch die BV 86 der Inhalt des Arbeitsvertrages des Klägers nicht geändert worden ist, besagt nicht, daß diese Betriebsvereinbarung für das Arbeitsverhältnis des Klägers ohne Bedeutung ist. Diese Betriebsvereinbarung ist wirksam. Sie wirkt daher normativ auch auf das Arbeitsverhältnis des Klägers ein. Soweit sie für den Kläger Ansprüche begründet, die über diejenigen Ansprüche hinausgehen, die ihm aufgrund seines Arbeitsvertrages zustehen, kann der Kläger diese Ansprüche geltend machen. Darauf, ob er sich auch mit der Änderung seines Arbeitsvertrages einverstanden erklärt hat, kommt es dafür nicht an.
Dr. Kissel Matthes Dr. Weller
Dr. Giese Dr. Wohlgemuth
Fundstellen
Haufe-Index 437311 |
BAGE 62, 360-382 (LT1-2) |
BAGE, 360 |
BB 1990, 994 |
BB 1990, 994-998 (LT1-2) |
DB 1990, 692-694 (LT1-2) |
NJW 1990, 1315 (L) |
BetrVG, (5) (LT11) |
BetrAV 1990, 174-178 (LT1-2) |
NZA 1990, 351-356 (LT1-2) |
RdA 1990, 62 |
SAE 1990, 329-336 (LT1-2) |
ZAP, EN-Nr 228/90 (S) |
AP § 77 BetrVG 1972 (LT1-2), Nr 43 |
EzA § 77 BetrVG 1972, Nr 33 (LT1-2) |
JuS 1990, 855 |
JuS 1990, 855-856 (LT1-2) |