Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt („equal pay”). arbeitsvertragliche Ausschlussfrist
Leitsatz (redaktionell)
Equal-pay-Ansprüche können aufgrund arbeitsvertraglich vereinbarter Auschlussfristen verfallen, auch wenn die in Bezug genommenen tariflichen Ausschlussfristen wie der gesamte Tarifvertrag unwirksam sind.
Normenkette
AÜG § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4; BGB § 305c Abs. 1, § 307 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 18. April 2012 – 3 Sa 1598/11 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.
Der 1968 geborene Kläger ist seit dem 23. September 2008 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, als Helfer beschäftigt und war im Streitzeitraum September 2008 bis Dezember 2009 mit Unterbrechungen der N GmbH überlassen.
Dem Arbeitsverhältnis lag damals ein Formulararbeitsvertrag vom 23. September 2008 (im Folgenden: Arbeitsvertrag 2008) zugrunde, in dem es ua. heißt:
„1. |
Vertragsgegenstand |
… |
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(2) |
Die Rechte und Pflichten der Parteien dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach dem zwischen dem Arbeitgeberverband mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen, derzeit bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelttarifvertrag West, Entgelttarifvertrag Ost und Beschäftigungssicherungstarifvertrag sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer Mitgliedsgewerkschaft der in Satz 1 genannten CGZP ist. Die Tarifverträge liegen zur Einsichtnahme in den Geschäftsräumen aus. |
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Soweit der Mitarbeiter nicht tarifgebunden ist, vereinbaren die Parteien, dass die Bestimmungen der vorgenannten Tarifverträge den Abreden dieses Arbeitsvertrages vorgehen. Dies gilt nicht, soweit diese Tarifverträge eine Abweichung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung ergibt. Insoweit gilt § 4 Abs. 3 Tarifvertragsgesetz, insbesondere für die Durchführung des Günstigkeitsvergleichs gemäß Abs. 2 entsprechend. |
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Sollten die vorbezeichneten Tarifverträge gekündigt oder in sonstiger Weise ihre Wirksamkeit verlieren, ohne dass neue Tarifverträge an ihre Stelle treten, bestimmen sich die Rechte und Pflichten der Parteien dieses Arbeitsvertrages jeweils nach der zuletzt zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarten Fassung. |
… |
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6. |
Entgelt |
… |
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(5) |
Die Vergütung ist bis spätestens zum 15. des Folgemonats auf ein von dem Mitarbeiter anzugebendes Konto zu überweisen. |
… |
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15. |
Ausschlussfristen |
(1) |
Ansprüche der Vertragsparteien aus dem Arbeitsverhältnis sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind. Satz 1 gilt nicht, wenn der in Ziff. 1 Abs. 2 genannte Manteltarifvertrag eine abweichende Regelung enthält; ggf. gilt diese tarifvertragliche Regelung. Satz 1 gilt nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden. Satz 1 gilt ferner nicht, wenn der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die dort genannte Frist einzuhalten. |
(2) |
Lehnt die andere Vertragspartei die Erfüllung des Anspruchs schriftlich ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von einem Monat nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird; |
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dies gilt nicht, wenn der in Ziff. 1 Abs. 2 genannte Manteltarifvertrag eine abweichende Regelung enthält; ggf. gilt die tarifvertragliche Regelung.” |
Der in Bezug genommene Manteltarifvertrag zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) und dem Arbeitgeberverband mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) vom 29. November 2004 enthielt in Nr. 19.2 bis 19.4 eine Ausschlussfristenregelung, die eine zweimonatige Frist zur schriftlichen Geltendmachung vorsah und im Übrigen inhaltlich der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung entsprach. Durch Änderungstarifvertrag vom 9. Juli 2008 wurde die Frist zur schriftlichen Geltendmachung auf drei Monate verlängert.
Am 25. Januar 2010 schlossen die Parteien einen von der Beklagten vorformulierten Aufhebungsvertrag, der auszugsweise lautet:
„1. Aufhebung
Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis auf Basis des Arbeitsvertrages vom 23.09.2008 einschließlich aller Neben- und/oder Zusatzvereinbarungen zum Arbeitsvertrag vom 23.09.2008 mit Wirkung zum 31. Dezember 2009 enden wird.
2. Weiterbeschäftigung
Die gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis ergeben sich mit Wirkung vom 1. Januar 2010 an ausschließlich aus den Regelungen des am 21.01. 2010 unterzeichneten Arbeitsvertrages.
Ungeachtet dessen wird die Betriebszugehörigkeit vom ersten Tag des Arbeitsverhältnisses an ab dem 23.09.2008 gerechnet.”
Unter dem 21. Januar 2010 hatten die Parteien einen Formulararbeitsvertrag (im Folgenden: Arbeitsvertrag 2010) geschlossen, in dem es ua. heißt: „1. Vertragsgegenstand …
(2) Auf das Arbeitsverhältnis finden im Sinne einer dynamischen Verweisung folgende von der Tarifgemeinschaft des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) mit dem Bundesverband Zeitarbeit, Personal-Dienstleistungen e.V. (BZA) geltenden Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung:
- Manteltarifvertrag (MTV) vom 22.07.2003
- Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV) vom 22.07.2003
- Entgelttarifvertrag vom 22.07.2003
- Protokollerklärung Zeitarbeit zur Beschäftigungssicherung vom 22.07.2003
Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer Mitgliedsgewerkschaft der in Satz 1 genannten Gewerkschaft des DGB ist. Die jeweils maßgeblichen Tarifverträge liegen in den einzelnen Geschäftsräumen der F aus.
…
8. Vergütung
…
(5) Die Vergütung des Monatsentgeltes erfolgt auf der Basis der vereinbarten individuellen regelmäßigen Arbeitszeit und wird spätestens bis zum 15. Banktag des Folgemonats unbar ausgezahlt (§ 13.1 MTV). …
19. Ausschlussfristen
(1) Ansprüche der Vertragsparteien aus dem Arbeitsverhältnis sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind.
(2) Lehnt die andere Vertragspartei die Erfüllung des Anspruchs schriftlich ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von einem Monat nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.”
Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung im Januar und April 2011 hat der Kläger mit der am 23. Mai 2011 eingereichten Klage für Überlassungen an die N GmbH im Zeitraum September 2008 bis Dezember 2009 unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG die Differenz zwischen der von der Beklagten erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherin im Streitzeitraum vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt haben soll, verlangt und geltend gemacht, die arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung sei intransparent, jedenfalls hätten Ausschlussfristen erst mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP (BAG 14. Dezember 2010 – 1 ABR 19/10 – BAGE 136, 302) zu laufen begonnen. Zur Höhe des Anspruchs hat der Kläger – zuletzt unter Berufung auf eine einem anderen Leiharbeitnehmer erteilte Auskunft nach § 13 AÜG – vorgetragen, bei der Entleiherin fänden die Tarifverträge der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalen Anwendung. Bis zur Einführung von ERA am 1. Januar 2011 habe die Entleiherin das Lohnrahmenabkommen (LRA) angewendet; danach wäre der Kläger in Lohngruppe 3 einzugruppieren gewesen. Ferner könne er nach dem LRA eine Durchschnittsleistungszulage iHv. 16 % beanspruchen. Schließlich sehe der Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teils eines 13. Monatseinkommens vom 11. Dezember 1996 eine Sonderzahlung vor, die beim Kläger 35 % eines Monatsentgelts betragen würde.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.534,82 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, Ansprüche auf gleiches Arbeitsentgelt im Streitzeitraum seien jedenfalls wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung nach der vertraglichen Ausschlussfristenregelung verfallen. Außerdem habe der Kläger die Höhe seiner Forderung nicht ausreichend dargelegt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet.
I. Der Kläger hat für die Dauer der Überlassungen an die N GmbH im Zeitraum September 2008 bis Dezember 2009 jeweils Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG. Eine nach § 9 Nr. 2 AÜG zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. Nr. 1 Abs. 2 Arbeitsvertrag 2008 verweist auf wegen der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP unwirksame Tarifverträge (vgl. BAG 13. März 2013 – 5 AZR 954/11 – Rn. 12 ff., BAGE 144, 306).
II. Der Anspruch des Klägers auf gleiches Arbeitsentgelt ist nach Nr. 15 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsvertrag 2008 verfallen.
Zwar war der Kläger nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen der CGZP, die auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden sind (vgl. BAG 13. März 2013 – 5 AZR 954/11 – Rn. 35, BAGE 144, 306; 19. Februar 2014 – 5 AZR 1047/12 – Rn. 31 mwN), einzuhalten. Jedoch musste er die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in Nr. 15 Arbeitsvertrag 2008 beachten.
1. Diese Klausel enthält eine eigenständige arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung.
a) Das folgt schon aus dem grundsätzlichen Vorrang einer ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Klausel vor einer nur durch die pauschale Bezugnahme auf einen Tarifvertrag anwendbaren Regelung (BAG 13. März 2013 – 5 AZR 954/11 – Rn. 40, BAGE 144, 306). Belassen es nicht tarifgebundene Arbeitsvertragsparteien nicht dabei, ihr Arbeitsverhältnis pauschal einem bestimmten Tarifregime zu unterwerfen, sondern vereinbaren zu einzelnen Gegenständen darüber hinaus im Arbeitsvertrag ausformulierte Regelungen, bringen sie damit typischerweise zum Ausdruck, dass unabhängig von dem in Bezug genommenen Tarifwerk jedenfalls auch die in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Bestimmungen für das Arbeitsverhältnis gelten sollen (BAG 25. September 2013 – 5 AZR 778/12 – Rn. 14). Darüber hinaus verdeutlichen Nr. 15 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Halbs. 2 Arbeitsvertrag 2008 die Eigenständigkeit der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung. Denn diese Bestimmungen wären überflüssig, wenn der Klausel eine lediglich „deklaratorische”, das in Bezug genommene Tarifwerk wiederholende oder ausformulierende Bedeutung zukäme.
b) Etwas anderes ergibt sich nicht aus Nr. 1 Abs. 2 Unterabs. 2 Arbeitsvertrag 2008. Unabhängig davon, dass die Kollisionsregeln in der Ausschlussfristenregelung als speziellere den allgemeinen Kollisionsregeln in der Bezugnahmeklausel vorgehen, setzen letztere die Möglichkeit einer Kollision von in Bezug genommener tariflicher und ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommener Regelung voraus. Das ist vorliegend nicht der Fall. Wegen der Unwirksamkeit der CGZP-Tarifverträge geht die Bezugnahmeklausel insgesamt ins Leere: Die in Bezug genommenen Tarifverträge können auf arbeitsvertraglicher Ebene keine Wirkung entfalten, damit sind die dazugehörigen Kollisionsregeln hinfällig (BAG 25. September 2013 – 5 AZR 778/12 – Rn. 16).
2. Die Kollisionsregel in Nr. 15 Abs. 1 Satz 2 Arbeitsvertrag 2008 greift nicht ein. Der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags in Bezug genommene „Manteltarifvertrag” enthielt in der Fassung des Änderungstarifvertrags vom 9. Juli 2008 keine abweichende Regelung zu dem Erfordernis, Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen.
3. Die erste Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung hält der AGB-Kontrolle stand.
a) Die Klausel ist nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden. Die Vereinbarung von Ausschlussfristen entspricht einer weit verbreiteten Übung im Arbeitsleben. Die Regelung findet sich auch nicht an einer irgendwo im Arbeitsvertrag versteckten Stelle. Sie ist vielmehr in einem mit „Ausschlussfristen” betitelten eigenen Paragraphen enthalten, dessen Überschrift durch Fettdruck hervorgehoben ist.
b) Die Klausel ist nicht mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
aa) Der Arbeitnehmer kann aus Nr. 15 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsvertrag 2008 ersehen, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis „ausgeschlossen” sind, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist in der in der Klausel bezeichneten Weise geltend gemacht werden (BAG 13. März 2013 – 5 AZR 954/11 – Rn. 48 ff., BAGE 144, 306).
Die Einschränkung der Rechtsfolge in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung einzuhalten (Nr. 15 Abs. 1 Satz 4 Arbeitsvertrag 2008), führt nicht zur Intransparenz der Klausel. Sie hält den Arbeitnehmer nicht davon ab, alle erforderlichen Schritte zur Verhinderung des Untergangs eines Anspruchs zu unternehmen, sondern entlastet ihn, wenn er jene trotz Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht ergreifen konnte (BAG 25. September 2013 – 5 AZR 778/12 – Rn. 20).
bb) Die Intransparenz folgt auch nicht aus dem Kontext zu Nr. 15 Abs. 1 Satz 2 Arbeitsvertrag 2008. Der Arbeitnehmer kann bei Vertragsschluss erkennen, was „auf ihn zukommt”: Er muss entweder die Ausschlussfrist nach Satz 1 oder eine Ausschlussfrist aus dem in der Bezugnahmeklausel genannten Manteltarifvertrag einhalten, um einen „Ausschluss” des Anspruchs zu verhindern. Ob letzterer eine „abweichende Regelung” enthält, kann durch einen einmaligen, schlichten (Text-)Vergleich der Bestimmungen ermittelt werden. Auf nach Abschluss des Arbeitsvertrags möglicherweise erfolgende Änderungen stellt die Klausel nicht ab.
Entgegen der Auffassung der Revision ist auch das „ggf.” nicht geeignet, Verwirrung zu stiften. Dieses bezieht sich – leicht erkennbar – auf das vorangehende „wenn”: Ist der „Wenn-Fall” gegeben, soll nicht die arbeitsvertragliche, sondern die tarifvertragliche Ausschlussfristenregelung gelten.
c) Die erste Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung ist nicht unangemessen benachteiligend iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie lässt dem Gläubiger eine faire Chance, seine Ansprüche durchzusetzen. Eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG „dem Grunde nach” reicht nach dem Wortlaut der Klausel aus und ermöglicht es auch dem Leiharbeitnehmer, der die Entgeltregelung für vergleichbare Stammarbeitnehmer noch nicht im Einzelnen kennt, innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist sich für jede Überlassung den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt zu sichern (vgl. BAG 13. März 2013 – 5 AZR 954/11 – Rn. 50 ff., BAGE 144, 306).
d) Die wegen ihrer Kürze nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksame zweite Stufe der Ausschlussfristenregelung berührt nach dem sog. blue-pencil-Test die Wirksamkeit der ersten Stufe einer Ausschlussfristenregelung wie der vorliegenden nicht (vgl. BAG 13. März 2013 – 5 AZR 954/11 – Rn. 54 mwN, BAGE 144, 306).
4. Der Kläger hat die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in Nr. 15 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsvertrag 2008 nicht eingehalten. Er hat den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt, der mit jeder Überlassung für die jeweilige Dauer der Überlassung entsteht und ratierlich zu dem im Arbeitsvertrag für die Vergütung bestimmten Zeitpunkt fällig wird (BAG 13. März 2013 – 5 AZR 954/11 – Rn. 42, BAGE 144, 306), erstmals mit Schreiben vom 31. Januar 2011 dem Grunde nach geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG für den gesamten Streitzeitraum bereits untergegangen.
a) Der Anspruchsverfall ist nicht nach Nr. 15 Abs. 1 Satz 4 Arbeitsvertrag 2008 unterblieben. Danach bestehen Ansprüche fort, wenn der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die dreimonatige Geltendmachungsfrist einzuhalten. Ein derartiger Ausnahmefall liegt nicht vor.
Der Kläger hat keine tatsächlichen Umstände vorgebracht, die eine rechtzeitige Geltendmachung hätten verhindern können. Die bloße Unkenntnis über das Bestehen eines Anspruchs oder die objektiv unzutreffende rechtliche Würdigung der arbeitsvertraglichen Klausel, mit der der Verleiher von der nach § 9 Nr. 2 AÜG eröffneten Möglichkeit Gebrauch macht, von dem Gebot der Gleichbehandlung abzuweichen, reicht für eine Verhinderung iSv. Nr. 15 Abs. 1 Satz 4 Arbeitsvertrag 2008 nicht aus. Vertraut der Leiharbeitnehmer auf die Rechtswirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Gestaltung und in diesem Zusammenhang auf die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmerkoalition, so ist dieses Vertrauen ebenso wenig geschützt wie das des Verleihers (BAG 25. September 2013 – 5 AZR 778/12 – Rn. 25 f.; vgl. auch – zur Verjährung – BAG 13. März 2013 – 5 AZR 424/12 – Rn. 25, BAGE 144, 322).
b) Dem Verfall steht Nr. 15 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsvertrag 2008 nicht entgegen. Danach gilt die Ausschlussfrist nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden. Ein solcher ist der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nicht (BAG 13. März 2013 – 5 AZR 954/11 – Rn. 56, BAGE 144, 306).
5. Die Klausel erfasst auch den auf den Monat Dezember 2009 entfallenden Anteil des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt, der erst im Januar 2010 fällig wurde (Nr. 6 Abs. 5 Arbeitsvertrag 2008), denn die Vertragsänderung vom 21. Januar 2010 konnte die Ausschlussfristenregelung nicht rückwirkend ändern (vgl. BAG 19. Februar 2014 – 5 AZR 920/12 – Rn. 19).
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Müller-Glöge, Biebl, Weber, Jungbluth, Zorn
Fundstellen
AP 2015 |
NJW-Spezial 2014, 755 |