Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersdiskriminierung. Berufserfahrung. Berufsanfänger. Stellenanzeige
Leitsatz (redaktionell)
Auch wenn in einer Stellenanzeige die Begriffe „erste Berufserfahrung” und „Berufsanfänger” verwendet werden, kann die Auslegung der Anzeige ergeben, dass der Arbeitgeber nicht Personen eines bestimmten Lebensalters ansprechen und andere ausschließen wollte.
Normenkette
AGG § 3 Abs. 1-2, § 7 Abs. 1, § 15 Abs. 2
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 29. April 2015 – 12 Sa 929/13 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des AGG zu zahlen.
Der 1953 geborene Kläger ist promoviert und als Einzelanwalt in R schwerpunktmäßig in den Bereichen Arbeitsrecht, Arztrecht, Arzthaftungsrecht, Medizinrecht, Erbrecht, Familienrecht, Forderungsbeitreibung, Mietrecht, Strafrecht und Zivilrecht tätig. In den Jahren 1979 und 1983 absolvierte er die beiden juristischen Staatsprüfungen in Baden-Württemberg jeweils mit der Note befriedigend (7 Punkte).
Der Beklagte ist ein Prüfungsverband im Sinne des Genossenschaftsgesetzes, der seinen Mitgliedern auch Dienstleistungen, so ua. Rechtsberatung anbietet. Im September 2012 veröffentlichte er in der Neuen Juristischen Wochenschrift eine Stellenanzeige, die auszugsweise folgenden Inhalt hat:
„…
Zum nächstmöglichen Zeitpunkt können Sie uns innerhalb unseres Beratungsdienstes im Bereich Recht als
unterstützen.
Ihr Aufgabengebiet umfasst die rechtliche Beratung und Betreuung unserer Mitglieder in fast allen Bereichen des Bürgerlichen Rechts, des Handels- und Gesellschaftsrechts, des Wettbewerbssowie des Bank- und Aufsichtsrechts. Hierbei beantworten Sie konkret eingehende Anfragen und fertigen gutachterliche Stellungnahmen an. Ein weiterer Schwerpunkt Ihrer Tätigkeit liegt in dem Monitoring der deutschen und europäischen Gesetzgebung auf den für unsere Mitgliedsunternehmen relevanten Rechtsgebieten sowie der Analyse von etwaigen Auswirkungen auf deren Geschäftsbetrieb.
Für diese Aufgabe suchen wir eine/n Volljuristin/en mit mindestens einem Prädikatsexamen, und ersten einschlägigen Berufserfahrungen. Aber auch Berufsanfänger, die in den genannten Rechtsgebieten ihre Interessenschwerpunkte wiedererkennen, sind willkommen; mindestens gute Kenntnisse der englischen Sprache sind jedoch in jedem Fall notwendig.
…”
Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 27. September 2012 auf die ausgeschriebene Stelle. Nachdem der Beklagte ihm mit Schreiben vom 5. November 2012 eine Absage erteilt hatte, machte der Kläger gegenüber dem Beklagten mit Schreiben vom 6. November 2012 Ansprüche auf Entschädigung iHv. 10.000,00 Euro und auf Schadensersatz iHv. 50.000,00 Euro geltend.
Mit seiner am 30. November 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger Auskunft über die auf der ausgeschriebenen Stelle erzielbare Jahresvergütung sowie Entschädigung und Schadensersatz in Höhe der erteilten Auskunft begehrt.
Er hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe ihn entgegen den Vorgaben des AGG wegen seines Alters benachteiligt. Die Stellenanzeige sei ausdrücklich an „eine/n Volljuristin/en mit … ersten einschlägigen Berufserfahrungen” oder „Berufsanfänger” gerichtet gewesen. Dieser Umstand begründe die Vermutung, dass er wegen seines – höheren – Lebensalters diskriminiert worden sei. Er sei auch objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet gewesen.
Der Kläger hat – soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung – zuletzt beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn eine angemessene Entschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat die Auffassung vertreten, dem Kläger keine Entschädigung nach dem AGG zu schulden. Die Stellenausschreibung sei nicht diskriminierend. Mit den Formulierungen „mit … ersten einschlägigen Berufserfahrungen” und „Berufsanfänger, die in den genannten Rechtsgebieten ihre Interessenschwerpunkte wiedererkennen”, seien altersunabhängige (Mindest-)Anforderungen an die Bewerber für die ausgeschriebene Stelle genannt worden. Im Übrigen scheitere der Anspruch des Klägers bereits daran, dass diesem die objektive Eignung für die ausgeschriebene Stelle fehle.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger den Entschädigungsanspruch weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers – soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung – im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist zwar zulässig, sie ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG.
A. Die Revision ist unbegründet. Zwar durfte das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers nicht mit der Begründung zurückweisen, der Kläger sei für die zu besetzende Stelle von vornherein objektiv nicht geeignet gewesen und habe sich deshalb nicht in einer vergleichbaren Situation iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG mit den Mitbewerbern und Mitbewerberinnen befunden. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klage sei unbegründet, stellt sich allerdings aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Kläger hat schon keine Indizien iSv. § 22 AGG für eine AGG-widrige Benachteiligung wegen seines Alters dargetan.
I. Das Landesarbeitsgericht durfte die Berufung des Klägers nicht mit der Begründung zurückweisen, der Kläger sei für die ausgeschriebene Stelle objektiv nicht geeignet, weshalb er sich nicht in einer vergleichbaren Situation iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG mit anderen Bewerbern und Bewerberinnen befunden habe.
1. Zwar hat der Senat in früherer Rechtsprechung angenommen, dass sich eine Person nur dann in einer vergleichbaren Situation bzw. vergleichbaren Lage iSv. § 3 Abs. 1 bzw. Abs. 2 AGG befindet, wenn sie für die ausgeschriebene Stelle „objektiv geeignet” ist (vgl. etwa BAG 23. Januar 2014 – 8 AZR 118/13 – Rn. 18; 14. November 2013 – 8 AZR 997/12 – Rn. 29; 26. September 2013 – 8 AZR 650/12 – Rn. 20 ff.; 21. Februar 2013 – 8 AZR 180/12 – Rn. 28, BAGE 144, 275; 16. Februar 2012 – 8 AZR 697/10 – Rn. 35; 13. Oktober 2011 – 8 AZR 608/10 – Rn. 26; 7. April 2011 – 8 AZR 679/09 – Rn. 37; ausdrücklich offengelassen von BAG 20. Januar 2016 – 8 AZR 194/14 – Rn. 19 ff.; 22. Oktober 2015 – 8 AZR 384/14 – Rn. 21; 26. Juni 2014 – 8 AZR 547/13 – Rn. 29). Dies hat der Senat im Wesentlichen damit begründet, dass eine Benachteiligung nur angenommen werden könne, wenn eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet sei, nicht ausgewählt oder nicht in Betracht gezogen worden sei. Könne hingegen auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stehe dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG, das nur vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht aber eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren wolle.
2. Diese Rechtsprechung hat der Senat allerdings mit Urteilen vom 19. Mai 2016 (– 8 AZR 470/14 – Rn. 22 ff., BAGE 155, 149; – 8 AZR 477/14 – Rn. 58 ff.; – 8 AZR 583/14 – Rn. 55 ff.), auf deren Begründung Bezug genommen wird, aufgegeben und dies mit Urteilen vom 11. August 2016 (– 8 AZR 406/14 – Rn. 88 ff.; – 8 AZR 809/14 – Rn. 63 ff.; – 8 AZR 4/15 – Rn. 26 ff.), auf deren Begründung ebenfalls Bezug genommen wird, bestätigt. Danach ist die objektive Eignung nicht mehr Voraussetzung für einen Anspruch nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG, weshalb es dahinstehen kann, ob das Landesarbeitsgericht die „objektive Eignung” des Klägers zu Recht verneint hat. An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch unter Berücksichtigung der von dem Beklagten hiergegen vorgebrachten Kritik fest, die keine andere Beurteilung gebietet.
II. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klage sei unbegründet, stellt sich allerdings aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
1. Die auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klage ist zwar zulässig, insbesondere ist der Klageantrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger durfte die Höhe der von ihm begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG räumt dem Gericht bei der Höhe der Entschädigung einen Beurteilungsspielraum ein, weshalb eine Bezifferung des Zahlungsantrags nicht notwendig ist. Der Kläger hat auch Tatsachen benannt, die das Gericht bei der Bestimmung der Höhe der Entschädigung heranziehen soll und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angegeben (zu den Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags: vgl. etwa BAG 14. November 2013 – 8 AZR 997/12 – Rn. 16; 13. Oktober 2011 – 8 AZR 608/10 – Rn. 16). Insoweit geht er von einer Jahresvergütung iHv. ca. 60.000,00 Euro aus und hat die begehrte angemessene Entschädigung bereits in seinem Geltendmachungsschreiben vom 6. November 2012 mit 10.000,00 Euro beziffert.
2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung aus § 15 Abs. 2 AGG.
a) Zwar ist der persönliche Anwendungsbereich des AGG eröffnet. Für den Kläger ergibt sich dies aus § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG. Der Kläger ist als Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis Beschäftigter iSd. AGG (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG). Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass er eine Bewerbung eingereicht hat. § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG enthält einen formalen Bewerberbegriff (vgl. näher ua. BAG 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 62, BAGE 155, 149). Der Beklagte ist Arbeitgeber iSv. § 6 Abs. 2 AGG.
b) Der Kläger hat den Entschädigungsanspruch auch frist- und formgerecht geltend gemacht und eingeklagt (§ 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG).
c) Zudem wurde der Kläger dadurch, dass er vom Beklagten nicht eingestellt wurde, unmittelbar iSv. § 3 Abs. 1 AGG benachteiligt. Er hat durch die Nichteinstellung eine weniger günstige Behandlung iSv. § 3 Abs. 1 AGG erfahren als der letztlich eingestellte Bewerber/die letztlich eingestellte Bewerberin.
d) Der Kläger hat jedoch nicht dargetan, dass er die unmittelbare Benachteiligung wegen seines Alters erfahren hat. Er hat keine Indizien iSv. § 22 AGG vorgetragen, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass zwischen der benachteiligenden Behandlung und seinem Alter der nach § 7 Abs. 1 AGG erforderliche Kausalzusammenhang bestand. Der Kläger hat sich insoweit ausschließlich auf die Stellenausschreibung des Beklagten gestützt, mit der dieser „eine/n Volljuristin/en mit mindestens einem Prädikatsexamen, und ersten einschlägigen Berufserfahrungen” bzw. „Berufsanfänger, die in den genannten Rechtsgebieten ihre Interessenschwerpunkte wiedererkennen” suchte. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers ist die Stellenausschreibung des Beklagten allerdings nicht geeignet, die Vermutung iSv. § 22 AGG zu begründen, dass er wegen seines Alters diskriminiert wurde. Der Beklagte hat die Stelle nicht entgegen § 11 AGG unter Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters ausgeschrieben.
aa) Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus, wobei § 7 Abs. 1 AGG sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen verbietet.
(1) Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst allerdings nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung „wegen” eines in § 1 AGG genannten Grundes. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und dem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Hierfür ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist; er muss nicht – gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder” des Verhaltens – handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt (vgl. etwa BAG 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 – Rn. 62; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 53, BAGE 155, 149; 26. Juni 2014 – 8 AZR 547/13 – Rn. 34 mwN).
(2) § 22 AGG sieht für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen im Hinblick auf den Kausalzusammenhang eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines der in § 1 AGG genannten Gründe vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat (vgl. etwa BAG 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 – Rn. 63 mwN; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 54 mwN, BAGE 155, 149).
(a) Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines der in § 1 AGG genannten Gründe erfolgt ist (vgl. BAG 11. August 2016 – 8 AZR 375/15 – Rn. 24; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 54 mwN, BAGE 155, 149). Dabei sind alle Umstände des Rechtsstreits in einer Gesamtwürdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (EuGH 25. April 2013 – C-81/12 – [Asociat ia ACCEPT] Rn. 50; vgl. auch EuGH 19. April 2012 – C-415/10 – [Meister] Rn. 42, 44 f.; BAG 26. Juni 2014 – 8 AZR 547/13 – Rn. 31 mwN).
(b) Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (vgl. EuGH 16. Juli 2015 – C-83/14 – [CHEZ Razpredelenie Bulgaria] Rn. 85; 25. April 2013 – C-81/12 – [Asociat ia ACCEPT] Rn. 55 mwN; 10. Juli 2008 – C-54/07 – [Feryn] Rn. 32, Slg. 2008, I-5187; BAG 11. August 2016 – 8 AZR 375/15 – Rn. 24; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 54 mwN, BAGE 155, 149). Hierfür gilt jedoch das Beweismaß des sog. Vollbeweises. Der Arbeitgeber muss Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben (vgl. etwa BAG 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 – Rn. 63 mwN; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – aaO).
(3) Schreibt der Arbeitgeber eine Stelle entgegen § 11 AGG unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG aus, kann dies die Vermutung iSv. § 22 AGG begründen, dass der/die erfolglose Bewerber/in im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren wegen eines Grundes iSv. § 1 AGG benachteiligt wurde. Zwar verweist § 11 AGG nach seinem Wortlaut nur auf § 7 Abs. 1 AGG, allerdings muss die Bestimmung so ausgelegt werden, dass ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG und damit ein Verstoß gegen § 11 AGG nicht vorliegt, wenn eine mögliche mittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 1 AGG nach § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG gerechtfertigt oder eine unmittelbare Benachteiligung nach §§ 8, 9 oder § 10 AGG zulässig ist (näher etwa BAG 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 55, BAGE 155, 149).
bb) Danach hat der Kläger keine Indizien iSv. § 22 AGG vorgetragen, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass zwischen der benachteiligenden Behandlung und seinem Alter der nach § 7 Abs. 1 AGG erforderliche Kausalzusammenhang bestand. Der Beklagte hat die Stelle nicht entgegen § 11 AGG unter Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters ausgeschrieben, weshalb seine Stellenausschreibung nicht geeignet ist, die Vermutung iSv. § 22 AGG zu begründen, dass der Kläger im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren wegen seines Alters benachteiligt wurde.
(1) Unter einer Ausschreibung iSv. § 11 AGG ist die an eine unbekannte Vielzahl von Personen gerichtete Aufforderung eines Arbeitgebers zu verstehen, sich auf die ausgeschriebene Stelle zu bewerben (vgl. Suckow in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 4. Aufl. § 11 Rn. 13; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 11 Rn. 10). Die Auslegung veröffentlichter Stellenausschreibungen erfolgt deshalb nach ähnlichen Maßstäben wie die Auslegung typischer Willenserklärungen bzw. Allgemeiner Geschäftsbedingungen. Stellenanzeigen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen potentiellen Bewerbern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Bewerbers zugrunde zu legen sind (vgl. etwa BAG 16. Dezember 2015 – 5 AZR 567/14 – Rn. 12).
(2) Der Beklagte hat die Stelle nicht entgegen § 11 AGG unter Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters ausgeschrieben. Seine Stellenausschreibung knüpft weder unmittelbar iSv. § 3 Abs. 1 AGG noch mittelbar iSv. § 3 Abs. 2 AGG an das Alter an. Sie ist bereits deshalb nicht geeignet, die Vermutung iSv. § 22 AGG zu begründen, dass der Kläger im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren wegen seines Alters benachteiligt wurde.
(a) Die Stellenausschreibung des Beklagten enthält zwar mit der Formulierung „erste Berufserfahrung” und „Berufsanfänger” Begriffe, die mittelbar iSv. § 3 Abs. 2 AGG mit dem in § 1 AGG genannten Grund „Alter” verknüpft sein können (für entsprechende Beispiele vgl. ua. BAG 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 – Rn. 80 ff. mwN; – 8 AZR 477/14 – Rn. 74 ff. mwN). Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn damit signalisiert wird, lediglich Interesse an der Gewinnung jüngerer Mitarbeiter/innen zu haben, weil dadurch Personen mit längerer Berufserfahrung, die typischerweise ein höheres Lebensalter aufweisen (vgl. nur BAG 18. August 2009 – 1 ABR 47/08 – Rn. 33, BAGE 131, 342), ausgeschlossen werden.
(b) Die Auslegung der Stellenausschreibung ergibt jedoch, dass der Beklagte nicht Personen eines bestimmten Lebensalters ansprechen und andere ausschließen wollte. Der Beklagte hat nicht „eine/n Volljuristin/en” mit „erster Berufserfahrung” als solcher oder als „Berufsanfänger” an sich gesucht. Vielmehr sollten die Bewerber bzw. die Bewerberinnen entweder erste „einschlägige” Berufserfahrungen haben oder als Berufsanfänger „in den genannten Rechtsgebieten ihre Interessenschwerpunkte wiedererkennen”. Dabei bezieht sich sowohl der Begriff „einschlägig” als auch die Formulierung „in den genannten Rechtsgebieten” auf die Passage in der Stellenausschreibung, in der das Aufgabengebiet der Stelle beschrieben ist, nämlich die rechtliche Beratung und Betreuung der Mitglieder des Beklagten in fast allen Bereichen des Bürgerlichen Rechts, des Handels- und Gesellschaftsrechts, des Wettbewerbssowie des Bank- und Aufsichtsrechts. Damit ist die Stellenausschreibung des Beklagten dahin zu verstehen, dass dieser „eine/n Volljuristin/en” suchte, die bzw. der entweder erste Berufserfahrungen in den genannten Rechtsgebieten oder eine erste nähere Befassung mit diesen Rechtsgebieten aufweisen konnte. Die Anforderung bereits vorhandener erster einschlägiger Berufserfahrung in den genannten Rechtsgebieten ist altersunabhängig; insbesondere ist es weder so, dass die berufliche juristische Tätigkeit typischerweise in den genannten Rechtsgebieten – insbesondere im Handels- und Gesellschaftsrecht, im Wettbewerbs- sowie im Bank- und Aufsichtsrecht – begonnen, noch dass sie in den genannten Rechtsgebieten typischerweise in einem bestimmten Alter ausgeübt wird. Entsprechende Berufserfahrungen können mithin in jedem Alter gemacht werden. Soweit darüber hinaus mit der Stellenausschreibung auch Berufsanfänger angesprochen werden, die naturgemäß noch keine entsprechende Berufserfahrung aufweisen können, liegt darin allenfalls eine Öffnung des Bewerbungsverfahrens auch für Jüngere und damit keine Benachteiligung Älterer.
B. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers ergibt sich bei einem Unterliegen in Verfahren, die Klagen wegen Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot des AGG zum Gegenstand haben, nichts Abweichendes (vgl. näher BAG 11. August 2016 – 8 AZR 809/14 – Rn. 105; – 8 AZR 4/15 – Rn. 108; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 94, BAGE 155, 149; – 8 AZR 477/14 – Rn. 100; – 8 AZR 583/14 – Rn. 93).
Unterschriften
Schlewing, Winter, Vogelsang, Wein, F. Rojahn
Fundstellen
Haufe-Index 10715879 |
DStR 2017, 14 |
DStR 2017, 2755 |
NJW 2017, 28 |
NWB 2017, 1938 |
NZA 2017, 9 |
AP 2018 |
NZA-RR 2017, 342 |
AA 2017, 120 |
AA 2018, 13 |
ArbR 2017, 276 |
NWB direkt 2017, 702 |
RdW 2017, 566 |
SPA 2017, 98 |