Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaubsabgeltung bei Erwerbsunfähigkeit. Metallindustrie NRW
Leitsatz (amtlich)
- Der gesetzliche Urlaubsabgeltungsanspruch setzt als Ersatz für die wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr mögliche Befreiung von der Arbeitspflicht voraus, daß der Urlaubsanspruch noch erfüllt werden könnte, wenn das Arbeitsverhältnis weiter bestünde (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zuletzt Senatsurteil vom 5. Dezember 1995 – 9 AZR 871/94 – AP Nr. 70 zu § 7 BUrlG Abgeltung, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
- § 11 Nr. 3 MTV-Metall NRW weicht nicht zugunsten der Arbeitnehmer von den gesetzlichen Voraussetzungen des Abgeltungsanspruchs nach § 7 Abs. 4 BUrlG ab.
Normenkette
BUrlG § 7 Abs. 4; Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalen vom 29. Februar 1988 i.d.F. vom 6. Mai/19. Juni 1990 (MTV-Metall NRW) § 11 Nrn. 1, 3, § 12 Nrn. 3, 7, § 13 Nrn. 1, 3; SchwbG § 47 S. 1; SGB VI § 44 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 16. Februar 1995 – 12 (13) Sa 1885/94 – aufgehoben, soweit die Berufung der Beklagten zurückgewiesen wurde.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 25. August 1994 – 1 Ca 2210/94 – abgeändert, soweit es durch das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 16. Februar 1995 – 12 (13) Sa 1885/94 – aufrechterhalten wurde.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger eine Abgeltung des Urlaubsanspruchs für das Jahr 1993 verlangen kann.
Der 1946 geborene, schwerbehinderte Kläger war bei der Beklagten seit April 1977 als Schloßmacher beschäftigt. Nach einer Vereinbarung der Parteien fanden die urlaubsrechtlichen Vorschriften des Manteltarifvertrags für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalen (MTV-Metall NRW) vom 29. Februar 1988 in der Fassung vom 6. Mai/19. Juni 1990 auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. In ihnen ist u.a. bestimmt:
Ҥ 11
Grundsätze der Urlaubsgewährung
1. Jeder Arbeitnehmer/Auszubildende hat nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen in jedem Urlaubsjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.
…
3. Eine Abgeltung des Urlaubsanspruchs ist nur zulässig, wenn bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses/Ausbildungsverhältnisses noch Urlaubsansprüche bestehen.
Die Urlaubsabgeltung entfällt ausnahmsweise, wenn der Arbeitnehmer durch eigenes schwerwiegendes Verschulden aus einem Grund entlassen worden ist, der eine fristlose Kündigung rechtfertigt, oder das Arbeitsverhältnis unberechtigt vorzeitig gelöst hat und in diesen Fällen eine grobe Verletzung der Treuepflicht aus dem Arbeitsverhältnis vorliegt.
…
§ 12
Allgemeine Urlaubsbestimmungen
…
3. …
Arbeitnehmer, die wegen Erhalts einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung aus dem Betrieb ausscheiden, haben unabhängig vom Termin ihres Ausscheidens Anspruch auf den vollen Jahresurlaub, wenn sie im Austrittsjahr bis zum 31. Januar tatsächlich gearbeitet haben.
…
7. Der Urlaubsanspruch erlischt drei Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, es sei denn, daß er erfolglos geltend gemacht wurde oder daß Urlaub aus betrieblichen Gründen oder wegen Krankheit nicht genommen werden konnte.
§ 13
Urlaubsdauer
1. Der Urlaub beträgt für Arbeitnehmer/Auszubildende 30 Arbeitstage/Ausbildungstage.
…
3. Der Zusatzurlaub für Schwerbehinderte regelt sich nach dem Schwerbehindertengesetz.”
Der Kläger war nach den von ihm vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen zuletzt vom 7. Juni 1993 bis 3. März 1994 ununterbrochen infolge Krankheit arbeitsunfähig. Mit Bescheid vom 2. März 1994 hat die Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz rückwirkend vom 1. Januar 1994 eine bis zum 31. Dezember 1995 befristete Erwerbsunfähigkeitsrente bewilligt. Nach Eingang des Bewilligungsbescheids vereinbarten die Parteien am 3. April 1994 die einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses. Nach Auffassung der Beklagten ist dadurch das Arbeitsverhältnis rückwirkend zum 31. Dezember 1993 beendet worden.
Für das Jahr 1993 hat die Beklagte dem Kläger keinen Urlaub gewährt. Mit der am 16. Mai 1994 erhobenen Klage hat der Kläger die Abgeltung von 36 Urlaubstagen verlangt.
Er hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.139,83 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag ab Klagezustellung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht geltend, die Klage sei wegen Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit des Klägers abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger eine Abgeltung für 35 Urlaubstage zuerkannt. Im übrigen hat es auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Die Beklagte wendet sich mit der zugelassenen Revision gegen die Zurückweisung ihrer weitergehenden Berufung. Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, urlaubsrechtliche Ansprüche des Klägers für das Jahr 1993 abzugelten.
Der Kläger hat weder Anspruch auf Abgeltung des 1993 30 Tage umfassenden Urlaubs nach § 11 Nr. 1, § 13 Nr. 1 MTV-Metall NRW noch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs, der im Jahr 1993 18 Werktage betrug.
Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts wird die Beklagte nicht durch die in Bezug genommene Bestimmung des § 11 Nr. 3 Satz 1 MTV-Metall NRW verpflichtet, den für das Jahr 1993 nicht gewährten tariflichen Urlaub abzugelten.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die in § 7 Abs. 4 BUrlG getroffene gesetzliche Abgeltungsregelung auch für tarifliche Urlaubsansprüche maßgeblich, soweit die Tarifvertragsparteien keine zugunsten der Arbeitnehmer abweichende Sonderregelung getroffen haben (BAGE 66, 134, 138 = AP Nr. 56 zu § 7 BUrlG Abgeltung, zu 3a der Gründe; BAG Urteil vom 3. Mai 1994 – 9 AZR 522/92 – AP Nr. 64 zu § 7 BUrlG Abgeltung; BAGE 77, 291 = AP Nr. 65 zu § 7 BUrlG Abgeltung). Denn die gesetzliche Regelung der ersatzweisen Abgeltung von nicht erfüllten Urlaubsansprüchen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist auch für die Tarifvertragsparteien unabdingbar im Sinne von § 13 Satz 1 BUrlG (vgl. BAG Urteil vom 5. Dezember 1995 – 9 AZR 871/94 – AP Nr. 70 zu § 7 BUrlG Abgeltung, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen), weil sie insoweit keine Regelung treffen können, durch die die gesetzlichen Urlaubsansprüche verkürzt werden.
Ob in § 11 Nr. 3 Satz 1 MTV-Metall NRW die Tarifvertragsparteien überhaupt eine eigenständige Rechtsgrundlage für die Abgeltung von Urlaubsansprüchen regeln wollten, ist schon nach dem Wortlaut der Bestimmung zweifelhaft. Danach ist eine Abgeltung “nur zulässig, wenn bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses … noch Urlaubsansprüche bestehen”. Die gesetzliche Abgeltungsverpflichtung des Arbeitgebers wird danach vorausgesetzt und auf den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses begrenzt. Die Frage nach der Eigenständigkeit der Regelung bedarf jedoch keiner abschließenden Stellungnahme. Denn wie bereits der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts zu der identischen Regelung in § 9 Nr. 3 Satz 1 des Vorgängertarifvertrages vom 30. April 1980 ausgeführt hat, ist nicht zugunsten der Arbeitnehmer von den gesetzlichen Abgeltungsregelungen abgewichen worden (BAGE 50, 107 = AP Nr. 24 zu § 7 BUrlG Abgeltung). Die gegenteilige mit dem “tariflichen Gesamtzusammenhang” und der Tarifgeschichte begründete Auffassung des Landesarbeitsgerichts überzeugt nicht.
Die vom Landesarbeitsgericht angezogene Vorschrift des § 11 Nr. 3 Satz 2 MTV-Metall NRW ist eine zu Lasten der Arbeitnehmer in Fällen grober Verletzung der Treuepflicht getroffene Sonderregelung. Sie kann den gesetzlichen Abgeltungsanspruch nur für den Teil des Urlaubs ausschließen, der den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigt (vgl. BAG Urteil vom 30. November 1977 – 5 AZR 667/76 – AP Nr. 4 zu § 13 BUrlG Unabdingbarkeit). Aus dieser einschränkenden Vorschrift kann nicht im Umkehrschluß geschlossen werden, in allen sonstigen Fällen sei im Verhältnis zur gesetzlichen Regelung eine Ausweitung beabsichtigt.
Das Landesarbeitsgericht verkennt mit seiner Auffassung auch die Tarifgeschichte. Eine mit § 11 Nr. 3 Satz 1 MTV-Metall NRW wörtlich übereinstimmende Abgeltungsvorschrift war bereits in § 6 Nr. 4 des Vorgängertarifvertrages vom 29. Dezember 1958 enthalten. Die Bestimmung des § 11 Nr. 3 Satz 2 MTV-Metall NRW ist erst später mit dem Änderungstarifvertrag vom 23. Januar 1975 eingefügt worden, um die Aufhebung des Verwirkungstatbestandes in § 7 Abs. 4 Satz 2 BUrlG durch das Heimarbeitsänderungsgesetz vom 29. Oktober 1974 zu kompensieren (vgl. Ziepke, Handkommentar zum MTV-Metall NRW vom 23. Januar 1975, Anm. 8 zu § 9).
- Eine von den Voraussetzungen des § 7 Abs. 4 BUrlG abweichende Regelungsabsicht ergibt sich ebenso nicht aus der vom Landesarbeitsgericht angezogenen Vorschrift des § 12 Nr. 3 Satz 2 MTV-Metall NRW. Diese Vorschrift befaßt sich nur mit der Frage, in welcher Höhe ein aus dem Erwerbsleben ausscheidender Arbeitnehmer Urlaubsansprüche erwerben kann. Sie enthält insofern eine Abweichung von dem in § 12 Nr. 2 MTV-Metall NRW geregelten Zwölftelungsprinzip, aber keine Antwort auf die Frage, ob der Urlaubsanspruch erfüllt und abgegolten werden kann (BAG Urteile von 31. Mai 1990 – 8 AZR 161/89 – AP Nr. 54 zu § 7 BUrlG Abgeltung und vom 18. Juli 1989 – 8 AZR 194/88 – n.v.; LAG Hamm Urteil vom 4. Dezember 1984 – 11 Sa 983/84 –, n.v.; LAG Düsseldorf Urteil vom 29. Oktober 1985 – 16 Sa 1126/85 –; Ziepke, Kommentar zum MTV-Metall NRW vom 29. Februar 1988, 3. Aufl., Anm. 13 zu § 12).
- Aus der besonderen Übertragungsvorschrift für den “wegen Krankheit” nicht gewährten Urlaub in § 12 Nr. 7 MTV-Metall NRW kann nicht auf den vom Landesarbeitsgericht unterstellten Abfindungswillen der Tarifvertragsparteien geschlossen werden. Nach § 12 Nr. 7 MTV (in der bis zum Inkrafttreten des neuen Manteltarifvertrages vom 11. Dezember 1996 geltenden Fassung) tritt der wegen Krankheit nicht genommene Urlaub mit Ablauf des 31. März des Folgejahres jeweils dem Urlaubsanspruch des laufenden Urlaubsjahres hinzu (BAGE 50, 107, 111 = AP Nr. 24 zu § 7 BUrlG Abgeltung, zu 1c bb der Gründe; BAG Urteil vom 20. August 1996 – 9 AZR 22/95 – AP Nr. 144 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Da nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein neuer Urlaubsanspruch entsteht, kann der abzugeltende Urlaub nicht mehr übertragen werden (vgl. BAGE 50, 107, 111 f. = AP, aaO, zu 3 der Gründe). Der für die Erfüllbarkeit der Urlaubsabgeltung maßgebliche Zeitraum endet nach § 12 Nr. 7 MTV-Metall NRW spätestens mit Ablauf des 31. März des auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgenden Jahres.
- Der Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es nicht, den arbeitsunfähig aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidenden mit dem arbeitsunfähig im Arbeitsverhältnis verbleibenden Arbeitnehmer durch Abgeltung von nicht erfüllbaren Urlaubsansprüchen “gleichzustellen”. Der Gleichheitssatz ist nämlich nicht verletzt, wenn der über den 31. März des Folgejahres hinaus arbeitsunfähige Arbeitnehmer nach Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit im fortbestehenden Arbeitsverhältnis den Urlaubsanspruch behält, während der arbeitsunfähig ausscheidende Arbeitnehmer die unter Umständen mehrfache Übertragungsmöglichkeit für den Urlaubsabgeltungsanspruch nicht nutzen kann. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit verkannt, daß Urlaubsanspruch und Urlaubsabgeltungsanspruch auf unterschiedlichen Sachverhalten beruhen, die auch unterschiedlich von den Tarifvertragsparteien geregelt werden dürfen. Das hat auch der Gesetzgeber getan, indem er die Abgeltung gesetzlicher Urlaubsansprüche während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen hat.
- Das Landesarbeitsgericht kann seine Auslegung auch im übrigen nicht mit der Tarifgeschichte rechtfertigen. Es verkennt, daß die hier umstrittene tarifliche Regelung bereits durch § 6 Nr. 4 MTV-Metall für die Arbeiter vom 20. Dezember 1958 eingeführt worden ist. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Tarifnorm war die Rechtsprechung von dem Grundsatz geprägt, daß der Arbeiter weder einen Urlaubs- noch einen Urlaubsabgeltungsanspruch erwirbt, wenn er sich an dem maßgeblichen Stichtag in einem Zustand dauernder Arbeitsunfähigkeit befindet (vgl. BAGE 3, 60 = AP Nr. 10 zu § 611 BGB Urlaubsrecht; BAGE 3, 77 = AP Nr. 9 zu § 611 BGB Urlaubsrecht). Dieser Grundsatz steht nicht im Widerspruch zur Senatsrechtsprechung.
Der Kläger hat nach § 7 Abs. 4 BUrlG keinen gesetzlichen Anspruch auf Abgeltung des nicht gewährten tariflichen oder gesetzlichen Urlaubs.
- Der gesetzliche Abgeltungsanspruch ist als Ersatz für die wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr mögliche Befreiung von der Arbeitspflicht an die für den Urlaubsanspruch geltenden Voraussetzungen gebunden. Sein Bestand setzt somit voraus, daß der Urlaubsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht erloschen ist und bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses noch erfüllt werden konnte (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts BAG Urteil vom 5. Dezember 1995 – 9 AZR 871/94 – AP Nr. 70 zu § 7 BUrlG Abgeltung, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; BAGE 79, 92; 77, 291 = AP Nr. 65 und 66 zu § 7 BUrlG Abgeltung; BAG Urteil vom 3. Mai 1994 – 9 AZR 522/92 – AP Nr. 64 zu § 7 BUrlG Abgeltung; BAGE 75, 171 = AP Nr. 15 zu § 7 BUrlG; BAG Urteil von 19. Januar 1993 – 9 AZR 8/92 – AP Nr. 63 zu § 1 BUrlG Abfindung). Zu den gegen das Merkmal der Erfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs gerichteten Einwänden des Landesarbeitsgerichts hat der Senat bereits mit Urteil vom 5. Dezember 1995 (aaO) ausführlich Stellung genommen. Dem ist nichts hinzuzufügen.
- Spätestens mit der vom Kläger geltend gemachten Aufhebung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 3. April 1994 ist der bis dahin noch nicht erfüllte Anspruch des Klägers auf tariflichen (Grund-)Urlaub von Gesetzes wegen in den Anspruch auf Abgeltung (§ 7 Abs. 4 BUrlG) umgewandelt worden (vgl. BAGE 79, 92 = AP Nr. 66 zu § 7 BUrlG Abgeltung). Unerheblich ist, daß der Kläger bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge Krankheit arbeitsunfähig war (BAGE 46, 224 = AP Nr. 18 zu § 7 BUrlG Abgeltung). Der entstandene Abgeltungsanspruch ist aber spätestens mit Ablauf des 31. März 1995 erloschen, weil nicht davon ausgegangen werden kann, daß der Kläger bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses in der Lage gewesen wäre, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung bis dahin zu erbringen. Bei Aufhebung des Arbeitsverhältnisses am 3. April 1994 war der wegen Krankheit nicht genommene Urlaub aus dem Urlaubsjahr 1993 nach § 12 Nr. 7 MTV-Metall NRW dem Anspruch aus dem laufenden Urlaubsjahr 1994 hinzugetreten. Der so übertragende Urlaub hätte bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis drei Monate nach Ablauf des folgenden Kalenderjahres 1995 gewährt werden müssen. Eine weitere Übertragung scheidet aus. Denn wegen der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses am 3. April 1994 konnte kein Urlaubsanspruch für das Jahr 1995 entstehen, zu dem der in das Urlaubsjahr 1994 übertragene Urlaub noch hätte hinzutreten können.
- Die vom Landesarbeitsgericht gegen die Voraussetzung der Erfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs und des Urlaubsabgeltungsanspruchs vorgebrachten Bedenken sind unbegründet. Das Landesarbeitsgericht erkennt nicht, daß die von ihm vermißte Rechtsfolge des Erlöschens von nicht erfüllten Urlaubansprüchen ausdrücklich in § 12 Nr. 7 MTV-Metall NRW geregelt worden ist. Das Erfordernis der Erfüllbarkeit wird auch nicht – wie das Landesarbeitsgericht annimmt – sinnlos, wenn der Arbeitnehmer nach Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Der Begriff Erwerbsunfähigkeit in § 44 Abs. 2 SGB VI setzt nicht voraus, daß der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung überhaupt nicht mehr erbringen kann. Er ist schon dann erfüllt, wenn der Arbeitnehmer auf Dauer gesehen keiner Erwerbstätigkeit in einem Umfang nachgehen kann, die zum Bestreiten des Lebensunterhalts ausreicht. Die Befreiung des erwerbsunfähigen Arbeitnehmers von der vertraglich geschuldeten Arbeitspflicht kann daher dann in Betracht kommen, wenn er zumindest für die Dauer des Urlaubs noch eine ihm aus dem Arbeitsverhältnis obliegende Arbeitsleistung erbringen kann (vgl. BAG Urteil vom 8. Februar 1994 – 9 AZR 332/92 – AP Nr. 17 zu § 47 BAT; BAGE 61, 362 = AP Nr. 48 zu § 7 BUrlG Abgeltung; BAGE 52, 67 = AP Nr. 26 zu § 7 BUrlG Abgeltung).
- Der Arbeitnehmer trägt für die Erfüllbarkeit des Urlaubsabgeltungsanspruches die Darlegungs- und Beweislast (BAG Urteil vom 18. Juli 1989 – 8 AZR 55/89 – n.v. und BAGE 61, 362 = AP Nr. 48 zu § 7 BUrlG Abgeltung). Der Kläger ist seiner Darlegungspflicht nicht nachgekommen. Ob und in welchem Umfang er nach seinem Ausscheiden zur Ausübung seiner bisherigen oder einer anderen, von der Beklagten als vertragsgemäß anzunehmenden Arbeitsleistung imstande gewesen wäre, hat er nicht vorgetragen.
- Der Kläger ist auch nicht berechtigt, die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs zu verlangen. Ebenso wie der tarifliche Urlaubsanspruch war auch der gesetzliche Urlaubsanspruch nicht erfüllbar.
Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger die geforderten fünf Tage Zusatzurlaub für Schwerbehinderte nach § 47 Satz 1 SchwbG abzugelten.
- Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht aus dem Wortlaut des § 13 Nr. 3 MTV-Metall NRW geschlossen, daß sich Entstehung, Bestand und Erlöschen des Zusatzurlaubs nach dem Gesetz richten. Die tarifliche Bestimmung enthält nämlich keine eigenständige Regelung, sondern verweist auf das Schwerbehindertengesetz.
- Nach der ständigen Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts erlischt der gesetzliche Zusatzurlaub für Schwerbehinderte in gleicher Weise wie der Erholungsurlaub (BAG Urteil vom 25. Juni 1996 – 9 AZR 182/95 – AP Nr. 11 zu § 47 SchwbG 1986, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; BAGE 52, 67, 69 = AP Nr. 26 zu § 7 BUrlG Abgeltung, zu II 1 der Gründe). Der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses unmöglich werdende Anspruch auf Arbeitsbefreiung wird nach dem Schwerbehindertenrecht nicht abgefunden, sondern nach dem allgemeinen Urlaubsrecht in einen Abgeltungsanspruch umgewandelt. Dieser Abgeltungsanspruch ist als befristeter Anspruch ebenso wie der Anspruch auf Abgeltung des Erholungsurlaubs spätestens mit dem Ablauf des tariflichen Übertragungszeitraums untergegangen.
- Der unterlegene Kläger hat nach § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Unterschriften
Leinemann, Reinecke, Düwell, Fox, Klosterkemper
Fundstellen
Haufe-Index 893933 |
BAGE, 30 |
FA 1998, 30 |
NZA 1998, 106 |
RdA 1998, 57 |
SAE 1998, 191 |