Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung. Bewerber für den Wahlvorstand. Sonderkündigungsschutz. arbeitsvertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme. Grenzen der Meinungsfreiheit. Äußerungen in einem über digitale Medien verbreiteten Video
Leitsatz (amtlich)
Bewerber für das Amt des Wahlvorstands zur Durchführung einer Betriebsratswahl genießen allein aufgrund ihrer Kandidatur keinen besonderen Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 KSchG, § 103 BetrVG. Sie sind keine „Wahlbewerber” im Sinne dieser Bestimmungen.
Orientierungssatz
1. Ein Arbeitnehmer, der für das Amt des Wahlvorstands zur Durchführung einer Betriebsratswahl kandidiert oder vorgeschlagen wird, ist kein „Wahlbewerber” iSv. § 103 BetrVG, § 15 Abs. 3 KSchG. Die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber bedarf deshalb zu ihrer Wirksamkeit nicht der vorherigen Zustimmung des Betriebsrats oder deren Ersetzung durch das Arbeitsgericht. Das Arbeitsverhältnis eines „Kandidaten” für den Wahlvorstand ist grundsätzlich ordentlich kündbar.
2. Ein Arbeitnehmer verletzt seine vertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB), wenn er über seinen Arbeitgeber, seine Vorgesetzten oder Kollegen bewusst wahrheitswidrige Tatsachenbehauptungen aufstellt, insbesondere wenn sie den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen. Ein solches Verhalten kann – je nach den Umständen – einen wichtigen Grund zur Kündigung iSv. § 626 Abs. 1 BGB bilden. Gleiches gilt für eine bewusste und gewollte Geschäftsschädigung, die geeignet ist, bei Geschäftspartnern Misstrauen in die Zuverlässigkeit des Arbeitgebers hervorzurufen.
3. Auch im Zusammenhang mit einer geplanten Betriebsratswahl darf ein Arbeitnehmer nicht wissentlich falsche, geschäftsschädigende Tatsachenbehauptungen über die betrieblichen Verhältnisse aufstellen und über digitale Medien verbreiten oder verbreiten lassen. Sachbezogene Kritik an den betrieblichen Gegebenheiten kann jedoch von der Meinungsäußerungsfreiheit des Arbeitnehmers gedeckt sein. Für die Grenzziehung kommt es auf den Inhalt und den Kontext der Äußerungen an.
4. Um der Meinungsfreiheit gerecht zu werden, dürfen Gerichte einer Äußerung keine Bedeutung beilegen, die sie objektiv nicht hat. Bei Mehrdeutigkeit dürfen Äußerungen wegen eines möglichen Inhalts nicht Grundlage für nachteilige Folgen sein, ohne dass eine Deutung, die zu einem von der Meinungsfreiheit gedeckten Ergebnis führen würde, mit überzeugenden Gründen ausgeschlossen worden ist.
Normenkette
GG Art. 5 Abs. 1-2; BGB § 241 Abs. 2, § 626 Abs. 1, § 824; KSchG § 1 Abs. 1-2, § 4 S. 1, §§ 15, 15 Abs. 3, 3a; BetrVG § 16 Abs. 1, § 17 Abs. 1-4, §§ 103, 103 Abs. 1-2; ZPO § 551 Abs. 3 S. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 15. März 2013 – 13 Sa 6/13 – aufgehoben.
2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 3. September 2012 – 3 Ca 319/12 – teilweise abgeändert:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 15. März 2012 nicht aufgelöst worden ist.
3. Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über Kosten des Revisionsverfahrens – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung und einer binnen der Kündigungsfrist erklärten außerordentlichen Kündigung.
Die Beklagte produziert Wellpappe für Verpackungen und Displays. Sie beschäftigte zuletzt etwa 210 Arbeitnehmer. Der 1984 geborene Kläger stand vom 18. Mai bis 15. September 2009 und ab dem 9. November 2010 in ihren Diensten, zuletzt als Produktionsmitarbeiter.
Am 10. Februar 2012 fand auf Einladung der Gewerkschaft ver.di in dem bisher betriebsratslosen Betrieb der Beklagten eine Betriebsversammlung zum Zweck der Wahl eines Wahlvorstands statt. Zu der für den Beginn der Versammlung angesetzten Uhrzeit waren hauptamtliche Gewerkschaftssekretäre noch nicht anwesend. Gleichwohl wurde ein Versammlungsleiter gewählt. Laut des von diesem verfassten Protokolls beschlossen die Teilnehmer einstimmig, keinen Wahlvorstand zu wählen. Die Versammlung wurde geschlossen. Die zwischenzeitlich eingetroffenen Gewerkschaftssekretäre versuchten, die Anwesenden zum Bleiben zu bewegen. Teilweise gelang dies. An einer anschließend durchgeführten Abstimmung über die Wahl eines Wahlvorstands beteiligten sich etwa 50 Arbeitnehmer. Auf den Kläger als Kandidaten von ver.di entfielen 33 Stimmen. Die Zahl der bei der Abstimmung insgesamt anwesenden Arbeitnehmer ließ sich später nicht mehr feststellen.
Mit Schreiben vom 17. Februar 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31. März 2012. Sie warf dem Kläger vor, er sei am Vortag 15 Minuten zu spät zur Arbeit erschienen. Bereits am 7. April 2011 und am 27. Oktober 2011 hatte sie den Kläger – im einen Fall wegen einer behaupteten Verspätung von 22 Minuten, im anderen Fall wegen Nichterscheinens zur Nachtschicht – abgemahnt.
In den Tagen nach Zugang der Kündigung nahm der Kläger an einem Treffen gewerkschaftlich organisierter Beschäftigter der Beklagten teil. Anlässlich der Zusammenkunft wurde durch „Streik.TV” – einer im Auftrag von ver.di produzierten online-TV-Sendung für gewerkschaftsrelevante Themen – unter dem Aufmacher „[Die Beklagte] behindert die Bildung eines Betriebsrats” ein Video-Interview erstellt. Darin schilderte ein „Hintergrundsprecher”, bei der Beklagten habe ein Wahlvorstand zur Einleitung einer Betriebsratswahl gewählt werden sollen. Sodann äußerte sich der Kläger mit den Worten: „Wir haben Probleme mit den Arbeitszeiten, mit Urlaubszeiten, mit Pausenzeiten. Dann haben wir viele Probleme, dass das Vertrauen zu den Mitarbeitern fehlt, da großer Druck von oben aufgebaut ist. Viele Sicherheitsvorkehrungen fehlen an einzelnen Maschinen. Ich möchte fast behaupten, dass keine Maschine zu 100 Prozent ausgerüstet ist. Das Problem ist, dass keine Fachkräfte vorhanden sind und dass das Beherrschen der Maschinen nicht zu 100 Prozent erfüllt wird.”
Das Video wurde am 22. Februar 2012 in das Internet eingestellt und war bei „YouTube” zu sehen. Der Kläger selbst verbreitete es über seinen „Facebook”-Account. Mit Schreiben vom 15. März 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien „fristlos, hilfsweise fristgerecht”.
Auf Antrag von ver.di bestellte das Arbeitsgericht am 21. März 2012 – rechtskräftig – einen fünfköpfigen Wahlvorstand zur Durchführung einer Betriebsratswahl im Betrieb der Beklagten. Der Kläger, den ver.di als Kandidaten benannt hatte, wurde nicht eingesetzt.
Der Kläger hat gegen die Kündigungen rechtzeitig Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, aufgrund seiner Kandidatur für den Wahlvorstand habe er besonderen Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 KSchG genossen. Die außerordentliche Kündigung sei demzufolge unwirksam, weil sie ohne die erforderliche Zustimmung iSd. § 103 BetrVG erklärt worden sei, die ordentlichen Kündigungen seien wegen seines Sonderkündigungsschutzes ausgeschlossen gewesen. Abgesehen davon fehle es an Kündigungsgründen. Mit seinen Äußerungen in dem Video, für die er sich auf sein Recht auf Meinungsfreiheit berufen könne, habe er seine vertraglichen Pflichten nicht verletzt. Am 16. Februar 2012 sei er lediglich drei Minuten zu spät zur Arbeit erschienen und dies witterungsbedingt.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigung der Beklagten vom 17. Februar 2012 noch durch die Kündigung der Beklagten vom 15. März 2012 aufgelöst worden ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen für den vom Kläger angenommenen Sonderkündigungsschutz lägen nicht vor. Die fristlose Kündigung sei aus wichtigem Grund gerechtfertigt. Die Äußerungen des Klägers in dem Video-Interview, soweit mit ihnen das Fehlen von Fachkräften behauptet werde, seien „verleumderisch”. Sie erfüllten überdies den Tatbestand der Kreditgefährdung. Sie seien geeignet gewesen, Kunden und mögliche Stellenbewerber abzuschrecken. Mit der Billigung seines Verhaltens habe der Kläger nicht rechnen dürfen. Zumindest habe das Arbeitsverhältnis aufgrund einer der ordentlichen Kündigungen sein Ende gefunden. Was die Kündigung vom 17. Februar 2012 angehe, so sei der Kläger am Tag zuvor mit erheblicher Verspätung zur Arbeit erschienen, ohne dies genügend entschuldigt zu haben.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Feststellungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zu einer Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Feststellungsantrag des Klägers ist begründet, soweit er sich gegen die fristlose Kündigung vom 15. März 2012 richtet. Dies kann der Senat abschließend entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Hinsichtlich des weitergehenden Feststellungsbegehrens war die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ob das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 17. Februar 2012 zum 31. März 2012 aufgelöst worden ist, steht noch nicht fest. Damit kommt derzeit eine Sachentscheidung über die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung vom 15. März 2012, die zu einem nach dem 31. März 2012 liegenden Zeitpunkt wirken würde, nicht in Betracht.
A. Die Revision des Klägers ist zulässig. Zwar enthält die Revisionsbegründung keinen förmlichen Antrag. Dies ist jedoch unschädlich.
I. Nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ZPO muss die Revisionsbegründung eine Erklärung darüber enthalten, inwieweit das angegriffene Urteil angefochten und seine Aufhebung beantragt werde. Dafür ist nicht erforderlich, dass dieser Revisionsantrag gesondert hervorgehoben und ausdrücklich formuliert wird. Es genügt, dass sein Inhalt aus der Begründung zweifelsfrei ersichtlich wird (BAG 31. Januar 2008 – 8 AZR 11/07 – Rn. 27; BGH 25. März 2014 – II ZB 3/13 – Rn. 7).
II. Das Begehren des Klägers wird aus der Revisionsbegründung hinreichend deutlich. Der Kläger rügt, das Landesarbeitsgericht habe die fristlose Kündigung vom 15. März 2012 zu Unrecht als wirksam angesehen und habe es deshalb rechtsfehlerhaft versäumt, über die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigungen zu befinden. Darin kommt sein Begehren zum Ausdruck, das angefochtene Urteil insgesamt aufzuheben und seiner Berufung in vollem Umfang stattzugeben. Das genügt.
B. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil war aufzuheben.
Das Landesarbeitsgericht durfte die Klage nicht mit der Begründung abweisen, das Arbeitsverhältnis sei durch die fristlose Kündigung vom 15. März 2012 aufgelöst worden. Diese Kündigung ist unwirksam.
I. Der Kläger hat mit seinem gegen „die Kündigung vom 15. März 2012” gerichteten Feststellungsantrag die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG sowohl hinsichtlich der fristlosen, als auch hinsichtlich der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung von diesem Tag gewahrt. Der betreffende Schriftsatz ist am 23. März 2012 bei Gericht eingegangen. Der Antrag ist ausreichend bestimmt, auch wenn in ihm nicht förmlich zwischen beiden Kündigungen unterschieden wird. Die beigegebene Begründung lässt deutlich erkennen, dass der Kläger keine der Kündigungserklärungen vom 15. März 2012 gegen sich gelten lassen will (zur Problematik vgl. BAG 16. November 1970 – 2 AZR 33/70 – zu III der Gründe; HaKo/Gallner KSchR 4. Aufl. § 4 Rn. 64).
II. Die fristlose Kündigung vom 15. März 2012 ist nicht schon deshalb unwirksam, weil es zu ihrer Wirksamkeit – entsprechend § 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG, § 103 Abs. 1, Abs. 2 BetrVG – der vorherigen gerichtlichen Zustimmung bedurft hätte. Dem Kläger stand im maßgebenden Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung der geltend gemachte Sonderkündigungsschutz aus § 15 Abs. 3 KSchG nicht zu (zum Beurteilungszeitpunkt vgl. BAG 27. September 2012 – 2 AZR 955/11 – Rn. 20 mwN). Der Kläger war weder Mitglied des Wahlvorstands noch „Wahlbewerber” im Sinne dieser Bestimmung.
1. Nach § 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG ist die Kündigung eines Mitglieds des Wahlvorstands vom Zeitpunkt seiner Bestellung an, die Kündigung eines „Wahlbewerbers” vom Zeitpunkt der Aufstellung des Wahlvorschlags an, jeweils bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und dass die nach § 103 BetrVG erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist.
2. Der Kläger war bei Zugang der Kündigung nicht Mitglied eines Wahlvorstands iSv. § 15 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 KSchG, § 103 BetrVG. In Betracht kommt allenfalls, dass er am 10. Februar 2012 in ein solches Amt gewählt worden wäre. Das war jedoch nicht der Fall. Eine Wahl iSv. § 17 Abs. 2 BetrVG hat nicht stattgefunden.
a) Die Bestellung des Wahlvorstands bestimmt sich nach den Vorschriften des BetrVG, hier nach § 17 BetrVG. Nach Absatz 2 der Vorschrift wird der Wahlvorstand in Betrieben, in denen kein Betriebsrat besteht, unter den dort genannten Voraussetzungen in einer Betriebsversammlung von der Mehrheit der anwesenden Arbeitnehmer gewählt. Zu dieser Betriebsversammlung kann nach § 17 Abs. 3 BetrVG ua. eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft einladen und dabei Vorschläge für die Zusammensetzung des Gremiums machen. Im Übrigen gelten für diese Betriebsversammlung die Vorschriften der §§ 42 ff. BetrVG, soweit sie nicht das Bestehen eines Betriebsrats voraussetzen (BAG 26. November 2009 – 2 AZR 185/08 – Rn. 11, BAGE 132, 293; 24. März 1988 – 2 AZR 629/87 – zu II 2 a der Gründe mwN).
b) Da es sich um bloße Vorbereitungshandlungen zur Wahl eines Betriebsrats handelt, ist zwar ein „übertriebener Formalismus” mit Blick auf die Einhaltung der einschlägigen Verfahrensvorschriften fehl am Platz, solange nicht gegen die Grundprinzipien einer demokratischen Wahl verstoßen wird (BAG 24. März 1988 – 2 AZR 629/87 – zu II 4 b aa der Gründe). Unverzichtbare Mindestanforderung ist aber, dass die Wahl in einer Betriebsversammlung erfolgte und das erforderliche Quorum erreicht ist. Jeder für den Wahlvorstand vorgesehene Arbeitnehmer muss mit der Mehrheit der Stimmen der bei der Betriebsversammlung anwesenden Arbeitnehmer gewählt werden; die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt nicht (statt vieler: Fitting BetrVG 27. Aufl. § 17 Rn. 29; Richardi/Thüsing BetrVG 12. Aufl. § 17 Rn. 25). Ohne die Beachtung dieser Voraussetzungen liegt keine rechtsgültige Wahl vor.
c) Danach wurde der Kläger am 10. Februar 2012 nicht zum Mitglied eines Wahlvorstands gewählt. Es ist bereits zweifelhaft, ob die hierüber durchgeführte Abstimmung, nachdem die Versammlung zuvor offenbar „geschlossen” worden war, „in einer Betriebsversammlung” erfolgte. Im Ergebnis kann dies offenbleiben. Die Zahl der bei der Abstimmung anwesenden Arbeitnehmer ist nicht ermittelt worden. Es kann deshalb nicht festgestellt werden, ob tatsächlich eine im Sinne des Gesetzes repräsentative Wahl des Klägers erfolgt ist. Dieser erhielt zwar 33 von etwa 50 abgegebenen Stimmen. Ob aber nicht im Zeitpunkt der Wahl insgesamt mehr als 65 Teilnehmer anwesend waren, so dass der Kläger nicht von deren Mehrheit gewählt worden wäre, lässt sich nicht mehr feststellen. Dies geht zu Lasten des Klägers. Der Arbeitnehmer, der sich auf einen Sonderkündigungsschutz nach § 15 KSchG beruft, hat die dafür erforderlichen Tatsachen darzulegen und ggf. zu beweisen (BAG 27. September 2012 – 2 AZR 955/11 – Rn. 31).
3. Der Kläger wurde aufgrund seiner am 10. Februar 2012 auf der Versammlung erklärten Bereitschaft, für das Amt des Wahlvorstands zu „kandidieren”, nicht „Wahlbewerber” iSv. § 15 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 KSchG. „Wahlbewerber” wurde er auch nicht aufgrund des Umstands, dass er seit dem 23. Februar 2012 in einem Antrag nach § 17 Abs. 4 BetrVG für eine gerichtliche Bestellung zum Wahlvorstand vorgeschlagen worden war. Dementsprechend kam für ihn weder ab dem 10. noch ab dem 23. Februar 2012 (nachwirkender) Kündigungsschutz aus § 15 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 KSchG in Betracht.
a) Im Schrifttum sind die Meinungen zu dieser Problematik geteilt. Einige Stimmen nehmen an, Kandidaten für das Amt des Wahlvorstands seien – unabhängig vom Weg, auf dem sie in das Amt gelangen sollen – als „Wahlbewerber” iSd. § 15 Abs. 3 KSchG, § 103 Abs. 1 BetrVG anzusehen (vgl. KR/Etzel 10. Aufl. § 103 BetrVG Rn. 13; Stein AuR 1975, 201, 202). Die Mehrzahl der Stimmen lehnt ein solches Begriffsverständnis ab (vgl. nur APS/Linck 4. Aufl. § 103 BetrVG Rn. 2; Fitting BetrVG 27. Aufl. § 103 Rn. 10; GK/Raab BetrVG 8. Aufl. § 103 Rn. 6; HWGNRH/Huke BetrVG 9. Aufl. § 103 Rn. 13; Kittner/Däubler/Zwanziger/Deinert KSchR 8. Aufl. § 15 Rn. 17; Richardi/Thüsing BetrVG 12. Aufl. § 103 Rn. 8; SES/Eylert KSchG § 15 Rn. 22; WPK/Preis BetrVG 4. Aufl. § 103 Rn. 6; Grau/Schaut BB 2014, 757; Fischermeier ZTR 1998, 433, 434; Nägele/Nestel BB 2002, 354, 356).
b) Die letztgenannte Auffassung ist zutreffend. Kandidaten für das Amt des Wahlvorstands sind keine „Wahlbewerber”.
aa) Seinem Wortlaut nach bezieht sich § 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG mit dem Ausdruck „Wahlbewerber” auf Personen, die sich im Rahmen einer Wahl für ein Amt „bewerben”. Mitglieder des Wahlvorstands erlangen ihr Amt dagegen vielfach gerade nicht durch Wahl. Ihre Bestellung durch den Betriebsrat (§ 16 BetrVG), den Gesamt- oder den Konzernbetriebsrat (§ 17 Abs. 1 BetrVG) oder das Gericht (§ 17 Abs. 4 BetrVG) ist weder sprachlich noch inhaltlich vom Begriff „Wahl” gedeckt. Auch „bewerben” sich die Kandidaten bei dem jeweiligen Gremium, das zur Bestellung des Wahlvorstands berufen ist, nicht um das Amt. Das zuständige Gremium setzt vielmehr die Personen, die es für geeignet hält, in eigener Verantwortung als Mitglieder des Wahlvorstands ein.
bb) Systematische Gesichtspunkte stützen dieses Verständnis.
(1) Nach § 15 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 KSchG sind Wahlbewerber „vom Zeitpunkt der Aufstellung des Wahlvorschlags an … bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses” vor Kündigungen besonders geschützt. Dieser Schutz ist ersichtlich an die Durchführung eines Wahlverfahrens geknüpft; dieses wiederum verlangt für die „Aufstellung” eines Wahlvorschlags und damit für eine „Bewerbung” die Einhaltung einer bestimmten Form (BAG 19. April 2012 – 2 AZR 299/11 – Rn. 13; 7. Juli 2011 – 2 AZR 377/10 – Rn. 24). Mit Blick auf die Wahl des Betriebsrats etwa ist erforderlich, dass ein schriftlicher Wahlvorschlag existiert, der den in § 14 Abs. 4 BetrVG und in der Wahlordnung normierten Voraussetzungen genügt, insbesondere die erforderliche Mindestzahl von Stützunterschriften aufweist (BAG 19. April 2012 – 2 AZR 299/11 – Rn. 12, 13). Durch die in § 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG vorausgesetzte Aufstellung eines Wahlvorschlags wird der Begriff des „Wahlbewerbers” jedenfalls kündigungsschutzrechtlich auf Kandidaten beschränkt, die sich einem formalisierten Wahlverfahren stellen. Auf die Benennung von Kandidaten für das Amt des Wahlvorstands trifft dies nicht zu. Ein strukturiertes Verfahren, in dessen Rahmen „Wahlvorschläge aufgestellt” würden, ist selbst für den Weg der Wahl in einer Betriebsversammlung iSv. § 17 Abs. 2 Satz 1 BetrVG nicht vorgesehen (BAG 24. März 1988 – 2 AZR 629/87 – zu II 4 b aa der Gründe). Schon die zweifelsfreie Feststellung des Beginns des Sonderkündigungsschutzes wäre damit nicht möglich.
(2) Es kommt hinzu, dass mit einem Verständnis der Kandidatur für den Wahlvorstand als „Wahlbewerbung” die Möglichkeit einer Erstreckung des Sonderkündigungsschutzes auf alle Belegschaftsmitglieder verbunden wäre. Soll die Wahl des Wahlvorstands in einer Betriebsversammlung nach § 17 Abs. 2 BetrVG erfolgen, könnte jeder Anwesende sich zum Kandidaten erklären oder könnte von anderen Belegschaftsmitgliedern oder der einladenden Gewerkschaft dazu erklärt werden. Soll der Wahlvorstand nach ergebnisloser Betriebsversammlung durch das Gericht bestellt werden, könnten die Antragsteller zahlenmäßig unbegrenzte Bestellungsvorschläge unterbreiten, aus denen das Gericht die zu bestellenden Mitglieder aussuchen möge. Dies vertrüge sich systematisch nicht mit der Regelung in § 15 Abs. 3a KSchG. Danach ist der besondere Schutz für Belegschaftsmitglieder, die zu einer Betriebsversammlung iSv. § 17 Abs. 3 BetrVG einladen oder den Antrag iSv. § 17 Abs. 4 BetrVG stellen, auf die ersten drei in der Einladung bzw. der Antragstellung aufgeführten Arbeitnehmer begrenzt.
Für – umgekehrt – eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 3a KSchG auf die Kandidaten für das Amt des Wahlvorstands wiederum fehlt es an der erforderlichen Ähnlichkeit der Sachverhalte. Weder sind die „Aktivitäten” der Initiatoren bzw. Antragsteller und die der (bloßen) Kandidaten für das Amt des Wahlvorstands vergleichbar, noch macht eine zahlenmäßige Begrenzung auf die „ersten” drei Kandidaten Sinn – zumal der Wahlvorstand aus mehr als drei Personen bestehen kann.
cc) Auch Sinn und Zweck des Sonderkündigungsschutzes gebieten es nicht, Kandidaten für das Amt des Wahlvorstands als „Wahlbewerber” iSv. § 15 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 KSchG, § 103 Abs. 1 BetrVG anzusehen.
(1) Die Erstreckung des besonderen Kündigungsschutzes in § 15 Abs. 3 KSchG auf Mitglieder des Wahlvorstands und Wahlbewerber dient der Erleichterung der Wahl der Betriebsverfassungsorgane und der Sicherung der Kontinuität ihrer Arbeit (BT-Drs. VI/1786 S. 59). Das gleiche Ziel verfolgt die entsprechende Regelung in § 103 Abs. 1 BetrVG. Das Zustimmungserfordernis soll verhindern, geschützte Personen faktisch zunächst einmal aus dem Betrieb zu entfernen und durch die Länge eines möglichen Kündigungsschutzverfahrens der Belegschaft zu entfremden (vgl. BT-Drs. VI/1786 S. 53).
(2) Diese Zwecke verlangen nicht danach, Kandidaten für das Amt des Wahlvorstands als „Wahlbewerber” anzusehen.
(a) Zwar sind schon im Vorfeld der Betriebsratswahl spezifische Konflikte zwischen betroffenen Arbeitnehmern und dem Arbeitgeber denkbar. Aus diesem Grund sind sowohl die Mitglieder des tatsächlich gewählten oder bestellten Wahlvorstands, die nunmehr die Wahl des Betriebsrats aktiv zu betreiben haben, als auch die Bewerber um das Betriebsratsamt als solches durch § 15 Abs. 3 KSchG besonders geschützt. Ohne diesen Schutz hat der Gesetzgeber das Ziel einer möglichst reibungslosen und erfolgreichen Wahl des Betriebsrats erkennbar als gefährdet angesehen.
(b) Dieses Ziel verlangt aber nicht nach dem gleichen Schutz schon für die Kandidaten für das Amt des Wahlvorstands. Aus einer solchen Kandidatur erwachsen typischerweise keine Konfliktlagen, die mit denen aus dem späteren Amt als tatsächlich gewählter/bestellter Wahlvorstand oder aus einer Bewerbung um das Amt des Betriebsrats selbst vergleichbar wären. Zum einen dauert die Kandidatur für den Wahlvorstand in der Regel nur eine kurze Zeitspanne – etwa die Zeit zwischen der Einladung zur Betriebsversammlung nach § 17 Abs. 3 BetrVG, soweit die Kandidatur darin überhaupt bekanntgegeben wird, und der Durchführung der Versammlung oder die Zeit zwischen Antragstellung und Entscheidung des Gerichts nach § 17 Abs. 4 BetrVG. Geht es um die Bestellung der Mitglieder des Wahlvorstands durch ein Betriebsratsgremium lässt sich zudem schon von einer „Kandidatur” kaum sprechen. Zum anderen tritt der Kandidat für das Amt des Wahlvorstands auch im Rahmen des Wegs über § 17 Abs. 2 BetrVG in der Regel nicht werbend in Erscheinung, um gegenüber Konkurrenten mit bestimmten inhaltlichen Vorschlägen zu überzeugen. Anlässe und Angriffsflächen für Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers sind damit nicht zu erwarten. Der Bestand des Arbeitsverhältnisses von Kandidaten für den Wahlvorstand erscheint demnach nicht schon wegen ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rolle als besonders gefährdet. Sind die Kandidaten zugleich die Initiatoren der Wahl iSv. § 15 Abs. 3a KSchG iVm. § 17 Abs. 3, Abs. 4 BetrVG, sind sie in dieser Rolle durch § 15 Abs. 3a KSchG ohnehin geschützt. Damit ergeben sich aus Sinn und Zweck des Sonderkündigungsschutzes nach § 15 Abs. 3 KSchG keine Gründe, die eine mit dem Wortsinn „Wahlbewerber” nicht zu vereinbarende und in Widersprüche zur Systematik der Gesamtregelung geratende Auslegung dieses Begriffs dahin rechtfertigen könnten, dass er auch Kandidaten für das Amt des Wahlvorstands erfasse.
(3) Sollte der Arbeitgeber mit der Kündigung eines Arbeitnehmers dennoch das Ziel verfolgen, dessen Wahl oder Bestellung zum Mitglied eines Wahlvorstands zu verhindern, stellte dies eine verbotene Wahlbehinderung dar. Die Kündigung wäre nach § 20 Abs. 1 BetrVG iVm. § 134 BGB nichtig (vgl. auch BAG 13. Oktober 1977 – 2 AZR 387/76 – zu II 3 a der Gründe). Im Übrigen finden zugunsten der Kandidaten allemal die allgemeinen kündigungsschutzrechtlichen Bestimmungen Anwendung.
III. Die fristlose Kündigung vom 15. März 2012 ist gleichwohl unwirksam.
Ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB liegt nicht vor. Der Kläger hat mit seinen Äußerungen in dem durch „Streik.TV” produzierten Video seine vertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme aus § 241 Abs. 2 BGB nicht verletzt. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, er habe in dem Beitrag bewusst geschäftsschädigende Tatsachenbehauptungen aufgestellt, beruht auf einer fehlerhaften Auslegung der fraglichen Äußerungen und schenkt dem Grundrecht des Klägers auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) keine genügende Beachtung. Darauf, ob die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt ist, kommt es nicht an.
1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich”, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile – jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – zumutbar ist oder nicht (BAG 8. Mai 2014 – 2 AZR 249/13 – Rn. 16; 21. November 2013 – 2 AZR 797/11 – Rn. 15 mwN, BAGE 146, 303).
2. Als wichtiger Grund kann neben der Verletzung vertraglicher Hauptpflichten auch die schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten „an sich” geeignet sein, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen (BAG 8. Mai 2014 – 2 AZR 249/13 – Rn. 19; 27. Januar 2011 – 2 AZR 825/09 – Rn. 29, BAGE 137, 54). Zu diesen Nebenpflichten zählt insbesondere die Pflicht der Arbeitsvertragsparteien zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des jeweils anderen Teils (§ 241 Abs. 2 BGB). Danach hat der Arbeitnehmer seine Arbeitspflichten so zu erfüllen und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitgebers so zu wahren, wie dies von ihm unter Berücksichtigung seiner Stellung und Tätigkeit im Betrieb, seiner eigenen Interessen und der Interessen der anderen Arbeitnehmer des Betriebs nach Treu und Glauben verlangt werden kann (BAG 8. Mai 2014 – 2 AZR 249/13 – aaO mwN).
3. Eine in diesem Sinne erhebliche Pflichtverletzung liegt regelmäßig vor, wenn der Arbeitnehmer über seinen Arbeitgeber, seine Vorgesetzten oder Kollegen bewusst wahrheitswidrige Tatsachenbehauptungen aufstellt, insbesondere wenn sie den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen (BAG 27. September 2012 – 2 AZR 646/11 – Rn. 22). Auch eine bewusste und gewollte Geschäftsschädigung, die geeignet ist, bei Geschäftspartnern des Arbeitgebers Misstrauen in dessen Zuverlässigkeit hervorzurufen, kann einen wichtigen Grund zur Kündigung bilden. Das gilt auch dann, wenn es sich um einen einmaligen Vorgang handelt (BAG 26. September 2013 – 2 AZR 741/12 – Rn. 15; 6. Februar 1997 – 2 AZR 38/96 – zu II 1 e der Gründe).
4. Ein Arbeitnehmer kann sich für bewusst falsche Tatsachenbehauptungen nicht auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG berufen. Solche Behauptungen sind vom Schutzbereich des Grundrechts nicht umfasst (BVerfG 25. Oktober 2012 – 1 BvR 901/11 – Rn. 19). Anderes gilt für Äußerungen, die nicht Tatsachenbehauptungen, sondern ein Werturteil enthalten. Sie fallen in den Schutzbereich des Rechts auf Meinungsfreiheit. Dasselbe gilt für Äußerungen, in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen, sofern sie durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind (BVerfG 25. Oktober 2012 – 1 BvR 901/11 – Rn. 18; 8. Mai 2007 – 1 BvR 193/05 – Rn. 21). Darauf kann sich auch ein Arbeitnehmer berufen. Mit der Bedeutung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit wäre es unvereinbar, wenn es in der betrieblichen Arbeitswelt nicht oder nur eingeschränkt anwendbar wäre (BAG 24. November 2005 – 2 AZR 584/04 – zu B I 2 b aa der Gründe mwN). Der Grundrechtsschutz besteht dabei unabhängig davon, welches Medium der Arbeitnehmer für seine Meinungsäußerung nutzt und ob diese rational oder emotional, begründet oder unbegründet ist. Vom Grundrecht der Meinungsfreiheit umfasste Äußerungen verlieren den sich daraus ergebenden Schutz selbst dann nicht, wenn sie scharf oder überzogen geäußert werden (vgl. BVerfG 28. November 2011 – 1 BvR 917/09 – Rn. 18 mwN).
5. Das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG ist allerdings nicht schrankenlos gewährleistet, sondern gemäß Art. 5 Abs. 2 GG durch die allgemeinen Gesetze und das Recht der persönlichen Ehre beschränkt. Mit diesen muss es in ein ausgeglichenes Verhältnis gebracht werden (BVerfG 25. Oktober 2012 – 1 BvR 901/11 – Rn. 19; 13. Februar 1996 – 1 BvR 262/91 – zu B II 2 der Gründe, BVerfGE 94, 1; BAG 29. August 2013 – 2 AZR 419/12 – Rn. 35; 24. Juni 2004 – 2 AZR 63/03 – zu B III 2 a der Gründe). Die Verfassung gibt das Ergebnis einer solchen Abwägung nicht vor. Das gilt insbesondere dann, wenn – wie hier – auch auf Seiten des Arbeitgebers eine grundrechtlich geschützte Position betroffen ist. Durch Art. 12 GG wird die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit des Arbeitgebers geschützt, die durch geschäftsschädigende Äußerungen verletzt sein kann. Auch gehört § 241 Abs. 2 BGB zu den allgemeinen, das Grundrecht auf Meinungsfreiheit beschränkenden Gesetzen. Zwischen der Meinungsfreiheit und dem beschränkenden Gesetz findet demnach eine Wechselwirkung statt. Die Reichweite der Pflicht zur vertraglichen Rücksichtnahme muss ihrerseits unter Beachtung der Bedeutung des Grundrechts bestimmt, der Meinungsfreiheit muss dabei also die ihr gebührende Beachtung geschenkt werden – und umgekehrt (vgl. BVerfG 8. September 2010 – 1 BvR 1890/08 – Rn. 20; 25. Oktober 2005 – 1 BvR 1696/98 – BVerfGE 114, 339).
6. Danach hat der Kläger seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Belange der Beklagten nicht verletzt.
a) Sowohl für die Beurteilung, ob es sich bei einer Aussage um eine Tatsachenbehauptung oder um ein Werturteil handelt, als auch für die Bewertung, ob eine vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG umfasste Äußerung die Grenzen der Meinungsfreiheit überschreitet, kommt es entscheidend auf den Sinngehalt der fraglichen Erklärung an (vgl. BVerfG 24. Juli 2013 – 1 BvR 444/13, 1 BvR 527/13 – Rn. 18; BAG 24. Juni 2004 – 2 AZR 63/03 – zu B III 2 a cc der Gründe). Dessen Ermittlung hat vom Wortlaut der Äußerung auszugehen, darf aber den sprachlichen Kontext, in dem sie steht, sowie die für den Empfänger erkennbaren Begleitumstände, unter denen sie gefallen ist, nicht unberücksichtigt lassen. Die isolierte Betrachtung nur eines Teils der Äußerung wird diesen Anforderungen in der Regel nicht gerecht (BAG 29. August 2013 – 2 AZR 419/12 – Rn. 40; BGH 26. Oktober 1999 – VI ZR 322/98 – zu II 2 der Gründe).
b) Um der Meinungsfreiheit gerecht zu werden, dürfen Gerichte einer Äußerung keine Bedeutung beilegen, die sie objektiv nicht hat. Bei Mehrdeutigkeit dürfen Äußerungen wegen eines möglichen Inhalts nicht zu nachteiligen Folgen führen, ohne dass eine Deutung, die zu einem von der Meinungsfreiheit gedeckten Ergebnis führen würde, mit überzeugenden Gründen ausgeschlossen worden ist (bspw. BVerfG 25. Oktober 2005 – 1 BvR 1696/98 – Rn. 33, BVerfGE 114, 339; 25. März 1992 – 1 BvR 514/90 – zu B I 2 a der Gründe, BVerfGE 86, 1).
c) Die Einhaltung dieser Grundsätze kann das Revisionsgericht uneingeschränkt überprüfen (BAG 7. Juli 2011 – 2 AZR 355/10 – Rn. 15 mwN, BAGE 138, 312). Ihnen genügt die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Sinnermittlung nicht.
aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe mit seiner Erklärung, bei der Beklagten seien „keine Fachkräfte vorhanden”, zum Ausdruck gebracht, diese beschäftige keine Arbeitnehmer, die innerhalb ihres erlernten Berufs über die entsprechenden Kenntnisse und Fähigkeiten verfügten. Damit habe er dem Großteil der bei der Beklagten tätigen Arbeitnehmer, die in Wirklichkeit sehr wohl über eine einschlägige Facharbeiterausbildung zB als Schlosser, Elektriker oder im Bereich Verpackungsmittelmechanik verfügten, die Kompetenz abgesprochen, eine ausbildungsadäquate Tätigkeit zu verrichten. Er habe insoweit eine objektiv unwahre Tatsachenbehauptung aufgestellt.
bb) Diese Auslegung wird dem Sinn der Äußerung schon deshalb nicht gerecht, weil sie mit der beanstandeten Passage nur einen Teil in den Blick nimmt und sich außerdem allein am allgemeinen Verständnis des Begriffs „Fachkraft” orientiert. Eine Fachkraft ist danach eine Person, die innerhalb ihres Berufs oder ihres Fachgebiets über die entsprechenden Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt (Duden Deutsches Universalwörterbuch 7. Aufl.; Wahrig Deutsches Wörterbuch 9. Aufl.). Auf diese Weise lässt das Landesarbeitsgericht – wie der Kläger zu Recht rügt – den gedanklichen Zusammenhang, in den die Äußerung gestellt ist, außer Betracht und berücksichtigt nicht hinreichend ihren äußeren Bezugsrahmen.
(1) Der Kläger bezieht sich in erster Linie auf „Probleme” mit Arbeitszeiten, Urlaubszeiten und Pausenzeiten. Er spricht damit Sachverhalte an, die – je nach den konkreten Umständen – einem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 5 BetrVG unterliegen können. Anschließend bemängelt er ein unzureichendes Vertrauen in die Mitarbeiter und den Umstand, dass „viele Sicherheitsvorkehrungen” an „einzelnen Maschinen” fehlten. Daran schließt sich der Hinweis, es seien „keine Fachkräfte vorhanden” unmittelbar an. Noch im selben Satz äußert der Kläger sodann, er möge „fast” behaupten, dass keine Maschine zu „100 Prozent ausgerüstet” sei. Diese enge textliche und sachliche Verknüpfung mit den angesprochenen Sicherheitsaspekten legt es unmittelbar nahe anzunehmen, der Kläger habe nicht auf das Fehlen von Fachkräften im Allgemeinen, sondern auf Defizite in Sachen Arbeitssicherheit hinweisen wollen.
(2) Für ein solches Verständnis spricht ferner der situative Kontext der Aussage. Das fragliche Video wurde aus Anlass der Ereignisse vom 10. Februar 2012 erstellt. Vor der beanstandeten Äußerung berichtet ein „Hintergrundsprecher” von der auf einen Mitarbeiterwunsch zurückgehenden Einladung der Gewerkschaft ver.di zu einer Betriebsversammlung bei der Beklagten, in der ein Wahlvorstand zur Durchführung einer Betriebsratswahl habe gewählt werden sollen. Im Anschluss an die Erklärung des Klägers äußert der Hintergrundsprecher weiter: „Die Betriebsversammlung lief alles andere als gut. Zu einer Wahl kam es nicht”. Eingebettet in diesen Sachzusammenhang waren die Äußerungen des Klägers in ihrer Gesamtheit erkennbar darauf angelegt, für die Wahl eines Betriebsrats zu „werben”. An keiner Stelle des Interviews wird deutlich, dass der Kläger der Beklagten hätte absprechen wollen, Mitarbeiter zu beschäftigen, die über eine qualifizierte Berufsausbildung verfügen und in der Lage sind, in ihrem Beruf erworbene Fähigkeiten und Kenntnisse adäquat anzuwenden. Gegenstand seiner Stellungnahme waren vielmehr „Probleme”, derer sich ein Betriebsrat würde annehmen können.
Der von der Beklagten als geschäftsschädigend angesehene Eindruck, sie setze bei der Herstellung ihrer Produkte durchweg kein ausgebildetes Fachpersonal ein, konnte bei einem Zuschauer nicht wirklich entstehen. Insbesondere mussten ihre (potentiellen) Kunden oder an einer Beschäftigung bei ihr interessierte Arbeitnehmer aufgrund der Äußerungen des Klägers nicht annehmen, die von der Beklagten hergestellten Waren seien minderwertig oder erfüllten nicht die Qualitätserwartungen. Ein verständiger Betrachter des Videos konnte allenfalls den Eindruck gewinnen, bei der Beklagten sei aus Sicht des Klägers eine gefahrlose Bedienung der Maschinen mangels hierfür spezifisch aus- oder weitergebildeter Kräfte nicht ausnahmslos gewährleistet.
Angesichts dessen bleibt für die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung kein Raum. Selbst wenn es sich aber um eine nicht gänzlich auszuschließende Deutungsvariante handeln würde, müsste der hier dargelegten und zumindest ebenso naheliegenden Auslegung zum Schutz der Meinungsfreiheit der Vorrang eingeräumt werden.
cc) Ist die Äußerung des Klägers als Hinweis auf das Fehlen von „Fachkräften” in Bezug auf die Arbeitssicherheit zu verstehen, kann sie – selbst bei isolierter Betrachtung – nicht als Tatsachenbehauptung eingestuft werden. Der Kläger beschreibt nicht das Fehlen einer wirklichen Qualifikation, deren (Nicht-)Vorhandensein ggf. einem Wahrheitsbeweis zugänglich wäre. Er äußert sich vielmehr pauschal über eine seiner Einschätzung nach unzureichend gewährleistete Sicherheit bei der Bedienung der im Betrieb eingesetzten Maschinen. Dafür macht er Defizite sowohl im technischen als auch im personellen Bereich verantwortlich.
dd) Selbst wenn die Äußerung des Klägers auch tatsächliche Behauptungen implizieren würde, so hat sie doch zumindest teilweise wertenden Charakter. Eine Trennung von tatsächlichen und wertenden Bestandteilen einer Äußerung wiederum ist nur zulässig, wenn dadurch deren Sinn nicht verfälscht wird. Wo dies der Fall wäre, muss die Erklärung im Interesse eines wirksamen Grundrechtsschutzes insgesamt als Meinungsäußerung angesehen werden (BVerfG 24. Juli 2013 – 1 BvR 444/13, 1 BvR 527/13 – Rn. 18; 19. Dezember 1990 – 1 BvR 389/90 – zu B I der Gründe; jeweils mwN). So liegt es hier. Schon die einleitenden Worte des Klägers: „Wir haben Probleme …” bringen den Charakter der nachfolgenden Äußerungen als subjektive Wertung klar zum Ausdruck. Dem gesamten Kontext nach ist sein Beitrag davon geprägt, aus Arbeitnehmersicht die Bedeutung der Wahl einer betrieblichen Interessenvertretung hervorzuheben. Die fraglichen Äußerungen unterfallen damit insgesamt – unabhängig von ihrer sachlichen Berechtigung – dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG.
d) Die im Rahmen von § 241 Abs. 2 BGB vorzunehmende Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien ergibt, dass die Meinungsfreiheit des Klägers nicht hinter die Belange der Beklagten zurückzutreten hat. Das vermag der Senat selbst zu beurteilen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der für die erforderliche (Grundrechte-)Abwägung maßgebliche Sachverhalt ist durch das Landesarbeitsgericht festgestellt. Weitergehender Sachvortrag steht insoweit nicht zu erwarten.
aa) Der Kläger hat keine Behauptungen aufgestellt, die geeignet wären, Repräsentanten der Beklagten oder ihre Mitarbeiter in ihrer Ehre zu verletzen. Dafür fehlt es am erforderlichen Personenbezug.
bb) Als Meinungsäußerungen, die dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG unterfallen, werden die von der Beklagten angegriffenen Aussagen nicht vom Tatbestand der Kreditgefährdung (§ 824 BGB) erfasst.
cc) Die Äußerungen verletzen die Beklagte auch nicht in ihrem allgemeinen „Persönlichkeitsrecht” als Unternehmen. Zwar steht das Recht der persönlichen Ehre und auf Achtung ihres öffentlichen Ansehens auch juristischen Personen zu (vgl. BGH 22. September 2009 – VI ZR 19/08 – Rn. 10 mwN). Eine dieses Recht regelmäßig verletzende Schmähkritik (vgl. dazu BVerfG 10. Oktober 1995 – 1 BvR 1476/91 ua. – BVerfGE 93, 266; BAG 29. August 2013 – 2 AZR 419/12 – Rn. 36 mwN) liegt hier aber nicht vor. Die beanstandete Aussage ist nicht auf eine Diffamierung der Beklagten angelegt. Sie hat erkennbar einen sachlichen Bezug.
dd) Der Kläger hat seine Vertragspflichten nicht aufgrund des Umstands verletzt, dass das Interview nicht nur einem begrenzten Empfängerkreis zugänglich war.
(1) Den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zufolge wurde das fragliche Video auf der Seite „Streik.TV” in das Internet gestellt. Der Zugriff auf die Plattform unterlag keinen personellen Beschränkungen, sondern war jedem Internetnutzer möglich. Der Kläger hat nicht behauptet, ihm sei der Verwendungszweck des Videos unbekannt gewesen. Für die rechtliche Beurteilung kommt es deshalb nicht darauf an, ob er selbst den Beitrag bei „YouTube” eingestellt hat oder ob dies durch Dritte erfolgt ist. Ebenso wenig ist von Belang, ob er zusätzlich eine gewisse Öffentlichkeit durch dessen Verbreitung über „Facebook” hergestellt hat (zur Problematik vgl. Bauer/Günther NZA 2013, 67, 68).
(2) Dieser Verbreitungsgrad reicht unter den gegebenen Umständen nicht aus, um einen Verstoß gegen § 241 Abs. 2 BGB zu begründen.
(a) Allerdings sind Arbeitnehmer grundsätzlich gehalten, innerbetriebliche Kommunikationswege zu nutzen, bevor sie mögliche Missstände im Betrieb nach Außen tragen (vgl. Hinrichs/Hörtz NJW 2013, 648, 651; Wiese NZA 2012, 1, 4; zu den Grenzen der Meinungsfreiheit im Zusammenhang mit Anzeigen gegen den Arbeitgeber vgl. BAG 27. September 2012 – 2 AZR 646/11 – Rn. 37; 7. Dezember 2006 – 2 AZR 400/05 – Rn. 18; vgl. ferner EGMR 21. Juli 2011 – 28274/08 – [Heinisch] Rn. 62 ff.). Der Arbeitnehmer kann Beschwerden direkt beim Arbeitgeber oder beim Betriebsrat erheben (§ 85 BetrVG). Das Recht der freien Meinungsäußerung endet aber nicht an der Betriebsgrenze (ErfK/Schmidt 14. Aufl. Art. 5 GG Rn. 37). Es kann Fälle geben, in denen eine innerbetriebliche Klärung nicht zu erwarten steht oder ein entsprechender Versuch dem Arbeitnehmer nicht zuzumuten ist (BAG 3. Juli 2003 – 2 AZR 235/02 – zu II 3 b dd (2) der Gründe, BAGE 107, 36). Im Übrigen ist die Wahl des Mediums zur Kundgabe einer Meinungsäußerung lediglich einer von mehreren Gesichtspunkten bei Abwägung der gegenläufigen Interessen (so zu Recht Wiese NZA 2012, 1, 8).
(b) Die Interessen der Beklagten werden durch die beanstandete Aussage lediglich in geringem Maße tangiert. Ein verständiger Betrachter konnte sie, wie dargelegt, nicht ernsthaft dahin verstehen, der Kläger wolle behaupten, die Beklagte setze bei der Produktion kein Fachpersonal ein. Die geäußerte Kritik am Fehlen von „Fachkräften” für die sichere Bedienung der Maschinen enthielt zudem keine näheren Angaben. Mit ihr war deshalb keine massive Geschäftsschädigung verbunden. Ebenso wenig gibt es Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Betriebsfriedens. Die beanstandete Aussage steht überdies im thematischen Zusammenhang mit dem Verlauf der Betriebsversammlung vom 10. Februar 2012. Der Video-Beitrag diente der Aufbereitung des gescheiterten Wahlvorgangs. Mit Blick auf die Intention des Klägers, die Bedeutung der Wahl eines Betriebsrats aufzuzeigen, kam es nicht infrage, vorab in Gespräche mit der Beklagten einzutreten.
Es kommt hinzu, dass die Äußerungen des Klägers zwar einem unbegrenzten Teilnehmerkreis zugänglich, aber nicht auf eine größtmögliche Verbreitung angelegt waren. Das Video wurde auf einer Internet-Platform eingestellt, die sich gewerkschaftlicher Themen annimmt und bei der zu erwarten stand, dass sie lediglich von einem daran interessierten Publikum aufgerufen würde. Auch die Beklagte ist nach ihrem Vorbringen nur zufällig auf das Interview gestoßen. Unter diesen Umständen hat ihr Interesse, in der Öffentlichkeit nicht mit vermeintlichen Defiziten bei der Einhaltung von Sicherheitsstandards in Verbindung gebracht zu werden, hinter das Recht des Klägers auf freie Meinungsäußerung zurückzutreten.
IV. Hinsichtlich der Klage gegen die ordentlichen Kündigungen vom 17. Februar und 15. März 2012 ist der Rechtsstreit nicht entscheidungsreif. In diesem Umfang war die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.
1. Das Recht der Beklagten, das Arbeitsverhältnis ordentlich zu kündigen, unterlag im jeweiligen Kündigungszeitpunkt keinen Beschränkungen aus § 15 Abs. 3, Abs. 3a KSchG. Der Kläger genoss, wie gezeigt, nach den dortigen Bestimmungen keinen (nachwirkenden) besonderen Kündigungsschutz.
2. Der Senat vermag nicht zu beurteilen, ob die Kündigung vom 17. Februar 2012 iSv. § 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt ist oder nicht. Das Kündigungsschutzgesetz findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Das Landesarbeitsgericht hat – von seinem rechtlichen Standpunkt aus konsequent – nicht geprüft, ob die Kündigung durch Gründe iSv. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist und hat dazu keine Feststellungen getroffen. Dies wird es nachzuholen haben. Die Beklagte macht geltend, der Kläger sei am 16. Februar 2012 trotz einschlägiger vorheriger Abmahnungen verspätet zur Arbeit erschienen. Darin kann, falls sich der Vorwurf bestätigt, ein Grund für eine ordentliche Kündigung liegen (vgl. BAG 16. September 2004 – 2 AZR 406/03 –; 15. November 2001 – 2 AZR 609/00 – BAGE 99, 340). Sollte es auf das Vorbringen des Klägers ankommen, er habe den Arbeitsplatz witterungsbedingt nicht rechtzeitig erreichen können, wird ihm Gelegenheit zu geben sein, diesen Vortrag zu substantiieren. Bisher ist nicht konkret dargetan, welche Hindernisse vorlagen und weshalb er deshalb seine Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllen konnte (vgl. dazu BAG 3. November 2011 – 2 AZR 748/10 – Rn. 23; 18. Oktober 1990 – 2 AZR 204/90 –).
3. Ist über die vorsorglich erklärte ordentliche Kündigung vom 15. März 2012 zu entscheiden, wird das Landesarbeitsgericht von deren Unwirksamkeit ausgehen können. Der Kläger hat, wie ausgeführt, durch seine Äußerungen in dem bei „Streik.TV” eingestellten Video seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht verletzt. Damit ist kein Grund ersichtlich, der geeignet wäre, die ordentliche Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG sozial zu rechtfertigen.
Unterschriften
Kreft, Niemann, Berger, Bartz, Perreng
Fundstellen
BAGE 2015, 1 |
BB 2014, 1971 |
BB 2015, 1344 |
BB 2015, 307 |
DB 2014, 15 |
DB 2015, 382 |
DB 2015, 7 |
EBE/BAG 2015, 27 |
FA 2014, 284 |
FA 2015, 93 |
NZA 2014, 6 |
NZA 2015, 245 |
NZG 2014, 8 |
ZIP 2014, 71 |
ZTR 2015, 235 |
AP 2015 |
AuA 2014, 543 |
AuA 2015, 438 |
EzA-SD 2014, 12 |
EzA-SD 2015, 6 |
EzA 2015 |
JuS 2014, 12 |
MDR 2014, 9 |
MDR 2015, 526 |
NJ 2014, 9 |
ZMV 2014, 284 |
ZMV 2015, 175 |
AA 2014, 167 |
AA 2015, 8 |
AUR 2014, 396 |
AUR 2015, 111 |
ArbRB 2014, 225 |
ArbRB 2015, 68 |
ArbR 2015, 105 |
GWR 2015, 84 |
StBW 2014, 677 |
AP-Newsletter 2014, 191 |
CB 2015, 300 |
FSt 2015, 679 |
NWB-BB 2014, 263 |
Personalmagazin 2014, 70 |
Pw 2014, 34 |
RohR 2015, 26 |
SPA 2014, 135 |