Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. Berechnung des Elterngeldes. Einkommensermittlung. Nichtberücksichtigung von Arbeitslosengeld I. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Die Ausklammerung des Arbeitslosengeldes I aus der Bemessungsgrundlage des Elterngeldes ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 10. Juli 2008 wird zurückgewiesen.
II. Die notwendigen Auslagen der Klägerin in der Berufungsinstanz sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Klägerin höheres Elterngeld zusteht, weil im Jahr vor der Geburt anstelle von Arbeitslohn bezogenes Arbeitslosengeld I (- Alg I -) ebenfalls als Einkommen im Sinne von § 2 Abs. 7 BEEG zu berücksichtigen ist.
Nach der Geburt ihres Sohnes M 2008 beantragte die Klägerin Elterngeld für zwölf Monate.
In ihrem Antrag wies sie bereits darauf hin, dass sie wegen der Versetzung ihres Ehemannes (Vater des Kindes) von Niedersachsen nach M ihren dortigen Arbeitsplatz habe aufgeben müssen. Sie habe nicht sofort in M eine neue Arbeit gefunden. Daher sei sie vom 1. Februar bis 4. Juli 2008 Alg I-Empfängerin gewesen. Im Anschluss daran bezog sie Mutterschaftsgeld. Beigefügt wurde eine Vereinbarung des Ehemannes mit seinem Arbeitgeber, derzufolge eine zweijährige Tätigkeit in M vorgesehen sei.
Der Beklagte gewährte mit Bescheid vom 21. Aug. 2007 Elterngeld für den Zeitraum 02. August 2007 bis 01. August 2008 in Höhe von 354,01 EUR p. m. In den ersten beiden Monaten kam es dabei infolge Anrechnung von Mutterschaftsleistungen zu einer Verminderung des Zahlbetrags.
Bei der Elterngeld-Berechnung wurde von einem Bemessungszeitraum Juli 2006 bis Juni 2007 ausgegangen. Es wurde das durch den Arbeitgeber bescheinigte Arbeitsentgelt zu Grunde gelegt. Die Monate Februar - Juni gehen mit einem Einkommen von 0 EUR in die Einkommensberechnung ein, weil das erhaltene Arbeitslosengeld nicht berücksichtigt wurde.
Der auf die Nichtberücksichtigung des Arbeitslosengeldes gestützte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 05. Februar 2008 zurückgewiesen.
Dagegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht München. Vorgetragen wird, dass das Arbeitslosengeld als Lohnersatzleistung ebenso das vorgeburtliche Einkommensniveau bestimme. Zumindest sei das Arbeitslosengeld I ausnahmsweise als elterngelderhöhendes Einkommen zu berücksichtigen. Abgestellt werden müsse auf den Grund für den Arbeitsplatzverlust. Die Klägerin habe als Schwangere ihren Arbeitsplatz aufgegeben, um ein gemeinsames Familienleben und eine Familienzusammenführung am neuen Arbeitsort des Vaters zu ermöglichen. Dies dürfe dann bei der Bemessung von Familienleistungen nicht zu einer Schlechterstellung gegenüber Müttern führen, bei denen eine solche Notwendigkeit der Familienzusammenführung nicht bestanden habe.
Mit Urteil vom 10. Juli 2008 hat das Sozialgericht München die Klage abgewiesen. Das Gericht weist daraufhin, dass das Elterngeld nicht allgemein dem Ziel diene, den durch finanzielle Zuflüsse aus verschiedensten Quellen gestützten Lebensstandard der Eltern auf einem gewissen Niveau zu halten. Sondern es wolle ganz speziell die Einbuße an Erwerbseinkommen in der ersten Phase der Erziehung eines Kleinkindes ausgleichen. Es liege auf der Hand, dass das Gesetz damit die unmittelbar vor Geburt des Kindes intensiv berufstätigen Eltern begünstige und umgekehrt diejenigen Eltern benachteilige, in deren Biografie die volle oder gut bezahlte Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes fehle oder nur teilweise realisiert sei. Auch dann, wenn die Erwerbstätigkeit durch unverschuldete Tatbestände wie Arbeitslosigkeit oder (nicht schwangerschaftsbedingte) Krankheit oder auch durch Erziehung älterer Kinder verhindert oder eingeschränkt werde, nehme der Gesetzgeber diese Benachteiligung bewusst in Kauf. Hätte der Sozialstaat der Klägerin für die Zeit ihrer Arbeitslosigkeit keine Lohnersatzleistung gezahlt, so wäre ihr Erwerbseinkommen unstrittig mit der vom Beklagten angenommenen Höhe anzusetzen gewesen. Aus der Gewährung einer Lohnersatzleistung nun einen Anspruch für die Gewährung der nächsten Leistung der sozialen Ordnung abzuleiten, finde im Gesetz keine Grundlage.
Auch sei Art. 6 GG nicht verletzt. Der Arbeitsplatzwechsel des Vaters und der Nachzug mit Arbeitsplatzaufgabe der Mutter sei eine freiwillig gewählte Gestaltungsmöglichkeit, die im Rahmen des BEEG keine Privilegierung erfahren müsse. Familienumzug sei eine freiwillige Gestaltungsmöglichkeit. Die Alternative einer Wochenendbeziehung könne im Vergleich zu vielen anderen arbeitsmarktbedingten Zwangslagen nicht als unzumutbar erkannt werden.
Gegen das sozialgerichtliche Urteil hat die Klägerin Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt.
Die Ungleichbehandlung der vor der Geburt des Kindes arbeitslos gewordenen Frauen gegenüber den dauerhaft erwerbstätigen Schwangeren se...