TOP 1 § 16 SGB V - Ruhen des Anspruchs;
hier: Einführung eines freiwilligen Wehrdienstes sowie Bundesfreiwilligendienstes zum 1. Juli 2011
Sachstand:
Nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 SGB V ruht der Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, solange Versicherte Dienst auf Grund einer gesetzlichen Dienstpflicht (erste Alternative) oder Dienstleistungen und Übungen nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes (zweite Alternative) leisten.
Unter Dienst auf Grund einer gesetzlichen Dienstpflicht wird der auf Grund der Wehrpflicht zu leistende Wehrdienst nach dem Wehrpflichtgesetz (WPflG) bzw. der Zivildienst nach dem Zivildienstgesetz (ZDG) verstanden. Dies ergibt sich aus den zu § 16 Abs. 1 Nr. 2 SGB V bis zum 31. Dezember 1988 geltenden Vorgängervorschriften des § 209a Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 Satz 1 erster Halbsatz RVO sowie aus dem für das Fortbestehen der Mitgliedschaft bei Wehrdienst oder Zivildienst maßgebenden und in einem engen Regelungszusammenhang zu § 16 Abs. 1 Nr. 2 SGB V stehenden § 193 Abs. 1 bis 3 SGB V bzw. aus den Vorgängervorschriften des § 209a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 erster Halbsatz RVO, die auf die in § 4 Abs. 1 WPflG geregelten Arten des auf Grund der Wehrpflicht zu leistenden Wehrdienstes bzw. auf den Zivildienst Bezug nehmen. Die Regelungen in § 16 Abs. 1 Nr. 2 und § 193 Abs. 1 bis 3 SGB V korrespondieren insoweit auch mit § 3 Abs. 1 Satz 1 WPflG, wonach die Wehrpflicht durch den Wehrdienst oder im Falle des § 1 des Kriegsdienstverweigerungsgesetzes durch den Zivildienst erfüllt wird.
Dienstleistungen und Übungen nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes (SG) sind gemäß § 60 SG befristete Übungen (§ 61 SG), besondere Auslandsverwendungen (§ 62 SG), Hilfeleistungen im Innern (§ 63 SG) sowie im Ausland (§ 63a SG), unbefristete Übungen, die von der Bundesregierung als Bereitschaftsdienst angeordnet worden sind, und unbefristeter Wehrdienst im Spannungs- und Verteidigungsfall. Diese Dienstleistungen entsprechen im Grunde den im Rahmen der Wehrpflicht ebenfalls bestehenden Wehrdienstarten (§§ 6, 6a, 6c, 6d und 4 Abs. 1 Nr. 7 WPflG), wobei für Personen, die der allgemeinen Wehrpflicht unterliegen, das WPflG vorrangig gilt (§ 80 SG). Die Ableistung der Dienstleistungen und Übungen nach dem Vierten Abschnitt des SG erfolgt somit nur durch Personen, die nicht der allgemeinen Wehrpflicht unterliegen (z. B. Frauen, § 1 Abs. 1 WPflG) und sich freiwillig zur Wehrdienstleistung verpflichtet haben.
Soldaten, die Wehrdienst nach dem WPflG oder nach dem Vierten Abschnitt des SG leisten, wird unentgeltlich truppenärztliche Versorgung gewährt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 und § 30 Abs. 1 Satz 2 SG, § 1 Abs. 1 und § 6 Wehrsoldgesetz [WSG] i. V. m. der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift [VwV] zu § 6 WSG i. V. m. der VwV zu § 69 Abs. 2 Bundesbesoldungsgesetz [BBesG]). Diese Vorschriften sind gemäß § 35 Abs. 1 ZDG ebenfalls auf Zivildienstleistende anwendbar. Gemäß der gesetzlichen Intention, doppelte Leistungen zu vermeiden, ruhen nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 SGB V bislang die Leistungen für Personen, die Wehr- und Zivildienst bzw. Dienstleistungen und Übungen nach dem Vierten Abschnitt des SG leisten (vgl. hierzu indirekt Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des SG und anderer Vorschriften, Bundestags-Drucksache [BT-Drs.] 14/4062, Begründung zu Artikel 13 und 14, Seite 26).
Mit dem Gesetz zur Änderung wehrrechtlicher Vorschriften (Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 - WehrRÄndG 2011) vom 28. April 2011 (BGBl. I Nr. 19 vom 2. Mai 2011, S. 678 ff.) wird u. a. das WPflG ab dem 1. Juli 2011 dergestalt geändert, dass die Wehrpflicht ausgesetzt und nur noch im Spannungs- und Verteidigungsfall besteht, der nach Art. 80a bzw. Art. 115a Grundgesetz festzustellen ist (Art. 1 Nr. 2 WehrRÄndG 2011 [§ 2 Satz 1 WPflG in der Fassung ab 1. Juli 2011]). Damit erfolgt auch die Ableistung der im Rahmen der Wehrpflicht bestehenden Wehrdienstarten in Form des Grundwehrdienstes (§ 5 WPflG), der Wehrübungen (§ 6 WPflG), der besondere Auslandsverwendung (§ 6a WPflG), des freiwilligen zusätzlichen Wehrdienst im Anschluss an den Grundwehrdienst (§ 6b WPflG), der Hilfeleistung im Innern (§ 6c WPflG) und im Ausland (§ 6d WPflG) ab 1. Juli 2011 nur noch im Spannungs- und Verteidigungsfall. Gleichzeitig erfolgt ab 1. Juli 2011 die Einführung eines Abschnitts 7 in das WPflG mit Regelungen über einen neuen freiwilligen Wehrdienst (Art. 1 Nr. 6 WehrRÄndG 2011 [§§ 54 bis 62 WPflG]), die - korrespondierend zu § 2 Satz 1 WPflG in der Fassung ab 1. Juli 2011 – nicht im Spannungs- und Verteidigungsfall gelten (§ 2 Satz 3 WPflG in der Fassung ab 1. Juli 2011). Der neue freiwillige Wehrdienst stellt nach dem Entwurf des WehrRÄndG 2011 eine Fortentwicklung des bereits bestehenden freiwilligen Wehrdienstes dar und ist dem in § 6b WPflG geregelten freiwilligen zusätzlichen Wehrdienst nachgebildet (BT-Drs. 17/4821, Begründung Teil A, Seite 13 bzw. Teil B, zu § 56, Seite 16). Darüber hinaus ist der neue freiwillige Wehrdienst nunmehr auch für Frauen geöffnet und besteht aus sechs Monaten freiwill...