Entscheidungsstichwort (Thema)
Scheindarlehen als mittelbare Grundstücksschenkung
Leitsatz (amtlich)
1. Nicht mit Anschaffungskosten belastet und deshalb nicht anspruchsberechtigt (hier: eigenheimzulagenberechtigt) ist, wer den für den Kauf eines bestimmten Grundstücks vorgesehenen Geldbetrag vor dem Erwerb des Grundstücks zugesagt und bis zur Tilgung des Kaufpreises schenkweise zur Verfügung gestellt bekommt.
2. Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn die Vertragsparteien --offenkundig-- die notwendigen Folgerungen aus einem Darlehensvertrag bewusst nicht ziehen, weil das Darlehen von vornherein nicht zurückgezahlt werden soll.
Normenkette
AO 1977 § 41 Abs. 1-2; EigZulG §§ 1, 2 Abs. 1
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (Entscheidung vom 21.06.2005; Aktenzeichen 8 K 792/02) |
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb aufgrund notariell beurkundeten Kaufvertrags vom 21. Mai 2001 eine noch zu errichtende Eigentumswohnung für 135 000 DM, die er ab Februar 2002 selbst bewohnt. Da er wegen seines nur geringen Nettogehalts (ca. 400 € pro Monat) keinen Bankkredit erlangen konnte, schloss er am Tag vor Abschluss des Kaufvertrages mit seinem Vater einen Darlehensvertrag über die Kaufpreissumme ab. Der Vater beglich den Kaufpreis und die Anschaffungsnebenkosten. Der Kläger sollte Kapital und Zinsen auf Anforderung des Darlehensgebers zurückzahlen. Die Eltern refinanzierten das Darlehen mit einem Bankkredit, gesichert u.a. durch Grundschulden an der Eigentumswohnung sowie an einer anderen Immobilie der Eltern.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte die Festsetzung von Eigenheimzulage ab, weil der Darlehensvertrag einem Fremdvergleich nicht standhalte. So urteilte auch das Finanzgericht (FG): Anschaffungskosten habe der Kläger nicht getragen. Das Darlehen sei steuerrechtlich schon wegen der fehlenden Besicherung nicht anzuerkennen und sei auch nicht tatsächlich durchgeführt worden.
Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 2 Abs. 1 Satz 1, § 8 und § 9 Abs. 1 und 2 Satz 1 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG). Die Vorentscheidung schließe abweichend von den Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 1. März 2005 IX R 70/03 (BFH/NV 2005, 1245) und vom 2. Februar 2005 II R 31/03 (BFHE 209, 141, BStBl II 2005, 531) aus der Nichtanerkennung des Darlehens --positiv-- auf eine Schenkung.
Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und ihm ab 2002 die beantragte Eigenheimzulage zu gewähren.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Im Ergebnis zutreffend hat das FG es abgelehnt, dem Kläger Eigenheimzulage zu gewähren.
1. Nach § 1, § 2 Abs. 1 EigZulG hat ein Steuerpflichtiger Anspruch auf Eigenheimzulage für die Anschaffung einer Eigentumswohnung. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften liegen im Streitfall nicht vor: Der Kläger hat zwar durch notariell beurkundeten Vertrag eine Eigentumswohnung gekauft. Er hat sie aber nicht gegen Entgelt erworben und damit nicht angeschafft (vgl. § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches).
Nicht mit Anschaffungskosten belastet und deshalb nicht anspruchsberechtigt ist, wer den für den Kauf eines bestimmten Grundstücks vorgesehenen Geldbetrag vor dem Erwerb des Grundstücks zugesagt und bis zur Tilgung des Kaufpreises schenkweise zur Verfügung gestellt bekommt (vgl. die ständige Rechtsprechung des BFH zur mittelbaren Grundstücksschenkung, z.B. BFH-Urteile vom 17. August 2005 IX R 14/05, BFH/NV 2006, 260, m.w.N., und in BFHE 209, 141, BStBl II 2005, 531).
2. Nach diesen Maßstäben hat der Kläger seine Eigentumswohnung unentgeltlich erworben. Denn er hat die Mittel für den Erwerb der Wohnung von seinem Vater erhalten, indem dieser direkt den Kaufpreis beglich.
Diese Mittel wurden dem Kläger nicht als Darlehen gewährt. Zwar haben der Kläger und sein Vater einen Darlehensvertrag abgeschlossen. Unabhängig davon, ob dieser Vertrag dem entspricht, was unter fremden Dritten üblich ist (vgl. zu den Folgen für eine mittelbare Grundstücksschenkung BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 1245), ist er bereits nach § 41 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) als Scheingeschäft zulagenrechtlich unerheblich; erheblich ist vielmehr die dadurch verdeckte mittelbare Grundstücksschenkung (§ 41 Abs. 2 Satz 2 AO 1977), deren Mangel der Form entgegen dem Revisionsvorbringen in der mündlichen Verhandlung --unbeschadet seiner steuerrechtlichen Bedeutsamkeit (§ 41 Abs. 1 Satz 1 AO 1977)-- schon zivilrechtlich durch Bewirken der versprochenen Leistung, die Überweisung des Kaufpreises, geheilt wurde (§ 518 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches).
Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn die Vertragsparteien --offenkundig-- die notwendigen Folgerungen aus dem Vertrag bewusst nicht gezogen haben (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 21. September 2004 IX R 5/03, BFH/NV 2005, 498, m.w.N.), wofür z.B. bei einem Mietvertrag spricht, dass der Mieter wirtschaftlich nicht oder nur schwer in der Lage ist, die Miete aufzubringen (z.B. BFH-Urteil vom 28. Januar 1997 IX R 23/94, BFHE 182, 542, BStBl II 1997, 655). Nichts anderes gilt für einen Darlehensvertrag, wenn der Darlehensnehmer Zins- und/oder Tilgungsleistungen nicht erbringen kann.
So verhält es sich hier: Das FG hat für den BFH nach § 118 Abs. 2 FGO bindend festgestellt, dass der Kläger (auf Dauer) nicht ohne zusätzliche Zuwendungen seitens seiner Eltern in der Lage gewesen war, Zahlungen auf das Darlehen zu erbringen. Unter diesen Umständen ist das Darlehen auch dann steuerrechtlich nicht anzuerkennen, wenn die Vertragsparteien --wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat-- später die Rückzahlungspflicht bestätigt haben.
Fundstellen
Haufe-Index 1674089 |
BFH/NV 2007, 304 |
BStBl II 2007, 372 |
BFHE 2008, 479 |
BFHE 216, 479 |
BB 2007, 198 |
DB 2007, 446 |
DStRE 2007, 301 |
DStZ 2007, 90 |
HFR 2007, 207 |