Entscheidungsstichwort (Thema)
Rabattfreibetrag bei Umsetzung im Konzern
Leitsatz (NV)
Verlagert der bisherige Arbeitgeber (Konzernmutter) im Rahmen einer Konzernumstrukturierung die bislang von ihm selbst betriebene Produktion auf ein selbständiges Tochterunternehmen und gewährt dieses dem zu einem anderen Tochterunternehmen umgesetzten Arbeitnehmer die zuvor von der Konzernmutter eingeräumten Preisnachlässe auf produzierte Waren, so steht diesem Arbeitnehmer der Rabattfreibetrag des § 8 Abs. 3 EStG nicht zu.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 3
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war seit 1980 bei der Firma A beschäftigt. Ihm war -- wie allen Werksangehörigen -- das Recht eingeräumt worden, Waren verbilligt zu beziehen. Diese Vergünstigungen hat der Kläger regelmäßig in Anspruch genommen. In den Jahren 1989/1990 wurde A wie folgt umstrukturiert: Die Produktion und den Vertrieb der Waren übernahm die Tochtergesellschaft B. Der bisherige Arbeitsbereich des Klägers ging auf die Tochtergesellschaft C über. Die Arbeitsverhältnisse der von der Umstrukturierungsmaßnahme betroffenen Mitarbeiter der A gingen unverändert auf B bzw. C über (§ 613 a des Bürgerlichen Gesetzbuches -- BGB --). Der Kläger wurde von der C übernommen, die seit dem 1. Januar 1990 seine Arbeitgeberin ist.
Im Vorfeld der Umstrukturierung des Konzerns war ein Interessenausgleich/Sozialplan gemäß § 112 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVerfG) zustande gekommen. Danach sollten die u. a. von der C übernommenen ehemaligen Mitarbeiter der A -- also auch der Kläger -- von dieser weiterhin verbilligte Jahreswagen beziehen und verbilligte Wartung in Anspruch nehmen können. Die neu in die C eintretenden Arbeitnehmer erhielten die Vergünstigungen hingegen nicht.
In den Streitjahren 1991 bis 1993 erwarb der Kläger von B Waren. Für den dabei gewährten Personalrabatt nahm die C den Lohnsteuerabzug vor. Bei den Einkommensteuerveranlagungen versagte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) den Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 2 400 DM.
Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage statt.
Mit der Revision begehrt das FA die Aufhebung der Vorentscheidung und die Abweisung der Klage. Zwar sei es, so führt das FA aus, nicht von vornherein undenkbar, daß der Kläger in den Streitjahren Arbeitnehmer der C sowie auch der A gewesen sei. Dies hänge aber davon ab, ob die Vertragsparteien die Umsetzung im Konzernbereich als Fortsetzung eines einheitlichen Dienstverhältnisses ausgestaltet hätten oder nicht. Im Streitfall sei entscheidend, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers unverändert auf die C übergegangen sei, weil bereits im Vorfeld der Umstrukturierungsmaßnahmen und der damit verbundenen Umsetzungen der Mitarbeiter im Konzern ein Interessenausgleich/Sozialplan zustande gekommen sei, wonach u. a. die von der C übernommenen Mitarbeiter der A weiterhin den Rabatt auf den Bezug von Waren durch die B erhalten sollten. So spreche auch das Schreiben der C von der Versetzung des Klägers zur C. Nach den Gesamtumständen sei deshalb davon auszugehen, daß mit der Umsetzung/Versetzung des Klägers ein einheitliches Dienstverhältnis habe fortgesetzt werden sollen. Damit fehle es an der vom FG angenommenen besonderen Rechtsbeziehung im Sinne eines früheren Dienstverhältnisses und eines damit verbundenen Zuflusses von Sachbezügen (Abschn. 32 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1 und 2 der Lohnsteuer-Richtlinien -- LStR --). Wenn die B nach der Umsetzung/Versetzung des Klägers zu der C diesem "im Rahmen des Firmenangehörigengeschäfts" Zuwendungen gewähre, so liege kein Fall des § 8 Abs. 3 EStG vor.
Der Kläger und seine ebenfalls beteiligte Ehefrau sind im Revisionsverfahren nicht vertreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.
Das FG hat zu Unrecht die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 EStG als gegeben erachtet und dem Kläger neben der Bewertung der verbilligt bezogenen Waren und Dienstleistungen nach dieser Vorschrift auch den Rabattfreibetrag zuerkannt. Die besondere Bewertung der als Lohn geltenden Sachzuwendungen und der Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 EStG setzen voraus, daß -- soweit es im Streitfall darauf ankommt -- der Arbeitnehmer aufgrund seines Dienstverhältnisses vom Arbeitgeber Waren oder Dienstleistungen unentgeltlich oder verbilligt erhält, die dieser für den Markt herstellt, vertreibt oder erbringt, also im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet. Dabei stellt das Gesetz nicht darauf ab, daß der Sachbezug von dem Arbeitgeber eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses stammen muß. Dem Gesetzgeber kam es bei der Schaffung des § 8 Abs. 3 EStG darauf an, daß Sachbezüge der in dieser Vorschrift genannten Art, sofern sie den Lohnbegriff erfüllen, einer vereinfachten Bewertung und besonderen Besteuerung (Rabattfreibetrag) unterliegen sollten. Werden Sachbezüge für eine Beschäftigung gewährt und erfüllen sie damit den Lohnbegriff, so findet § 8 Abs. 3 EStG unabhängig davon Anwendung, ob es sich um einen Sachbezug aus einem gegenwärtigen, früheren oder zukünftigen Dienstverhältnis handelt (zutreffend daher Abschn. 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 LStR ab 1990).§
8 Abs. 3 EStG findet allerdings dann keine Anwendung, wenn der Arbeitnehmer den als Lohn zu beurteilenden Sachbezug auf Veranlassung des Arbeitgebers von einem Dritten erhält, es sich also nicht um Waren oder Dienstleistungen des Arbeitgebers handelt. Der Senat hat durch Urteil vom 15. Januar 1993 VI R 32/92 (BFHE 170, 190, BStBl II 1993, 356) zur Rabattgewährung innerhalb eines Konzernverbundes im Hinblick auf das Fehlen einer Konzernklausel in § 8 Abs. 3 EStG und die Entstehungsgeschichte der Vorschrift entschieden, daß eine überbetriebliche Rabattgewährung innerhalb eines Konzernverbundes steuerlich nicht begünstigt ist. Die Grundsätze dieser Entscheidung gelten auch im Streitfall. Der Kläger hat die verbilligten Leistungen nicht nur deshalb erhalten, weil er früher Arbeitnehmer von A war. Weitere Voraussetzung für die Vorteilsgewährung war, daß der Kläger im Zeitpunkt der Vorteilsgewährung zum Konzernverbund gehörte. Bei einer Vorteilsgewährung, die -- wenn auch durch den früheren Arbeitgeber (jetzige Konzernmutter) -- im Hinblick auf die Tätigkeit beim gegenwärtigen, zum Konzernverbund gehörenden Arbeitgeber (Konzerntochter) erfolgt, ist der Tatbestand des § 8 Abs. 3 EStG nicht erfüllt. Auf der Grundlage der im Urteil in BFHE 170, 190, BStBl II 1993, 356 vertretenen Auslegung der Norm wäre diese bei einer Vorteilsgewährung durch den früheren Arbeitgeber nur dann einschlägig, wenn das frühere Dienstverhältnis nicht nur eine notwendige, sondern auch eine ausreichende Bedingung für die Vorteilsgewährung darstellt und es unerheblich ist, ob der ehemalige Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Vorteilsgewährung überhaupt noch und ggf. bei wem berufstätig ist. Ist aber eine der Voraussetzungen für die Vorteilsgewährung durch den früheren Arbeitgeber die gegenwärtige Beschäftigung innerhalb des Konzernverbundes, dann spielt für die Vorteilsgewährung ein Gesichtspunkt eine Rolle, der nach der gesetzgeberischen Intention für den § 8 Abs. 3 EStG unerheblich sein sollte.
Die Vorentscheidung ist von anderen Grundsätzen ausgegangen; sie ist deshalb aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Das FA hat den Preisvorteil zu Recht als Arbeitslohn erfaßt und der Besteuerung unterworfen. Über die Höhe des Vorteils besteht zwischen den Beteiligten kein Streit. Da das FG eine Steuerbefreiung gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG angenommen und der Klage stattgegeben hat, ist das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 421899 |
BFH/NV 1997, 471 |