Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung gewerblicher Grundstückshandel von privater Vermögensverwaltung; Veräußerung einer Immobilie durch einen gewerblichen Grundstückshändler zwei Jahre nach deren Erwerb
Leitsatz (amtlich)
Die Veräußerung einer Immobilie durch einen gewerblichen Grundstückshändler zwei Jahre nach deren Erwerb ist ein gewichtiges Indiz für ein dem Gewerbebetrieb zuzuordnendes Geschäft. Eine Zuordnung zur privaten Vermögensverwaltung kommt nur in Betracht, wenn der Erwerb eindeutig privat veranlasst ist und aufgrund der vorliegenden objektiven Tatsachen klar von den betrieblich veranlassten Immobiliengeschäften zu unterscheiden ist, wie z.B. bei einer Nutzung der Immobilie zu eigenen Wohnzwecken oder deren langfristiger Vermietung.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1, § 15 Abs. 1; GewStG § 7
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) handelte seit Anfang der 90er Jahre mit Immobilien und erzielte hieraus gewerbliche Einkünfte. Außerdem bezog er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Am 3. Februar 1992 erwarb der Kläger im Wege der Zwangsversteigerung einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung (Einfamilienhaus) und an gewerblichen Räumen (Ladengeschäft), die sich in einem Anbau des Einfamilienhauses befanden. In der Wohnung lebte der Voreigentümer, das Ladengeschäft war vermietet. Die Miete aus dem Ladengeschäft behandelte der Kläger als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung.
Durch notariellen Vertrag vom 16. Februar 1994 veräußerte er die Wohnung einschließlich der gewerblichen Räume an die Mieterin des Ladengeschäfts.
Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer und Gewerbesteuer für das Streitjahr 1994 gelangte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) zu der Auffassung, dass das Objekt dem gewerblichen Grundstückshandel des Klägers zuzuordnen sei. Den Gewinn aus der Veräußerung des Objekts ermittelte das FA mit … DM. Die aus der Vermietung des Ladengeschäfts erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung rechnete es ebenfalls den Einkünften aus Gewerbebetrieb zu. Eine den Gewinn mindernde Gewerbesteuerrückstellung bildete es nicht. Der Einspruch des Klägers gegen den Gewerbesteuermessbescheid für 1994 war erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 1309 veröffentlichten Urteil im Wesentlichen ab. Es war ebenfalls der Auffassung, dass der Veräußerungsgewinn als Gewinn aus Gewerbebetrieb zu versteuern sei. Es berücksichtigte aber zugunsten des Klägers eine den Gewinn mindernde Gewerbesteuerrückstellung.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er trägt vor:
Er sei Eigentümer von vermieteten (gewerblich genutzten) Immobilien, die zu seinem Privatvermögen gehörten. Daneben betreibe er einen gewerblichen Grundstückshandel. Die Privatimmobilien würden durchweg langfristig (zwischen fünf und zehn Jahren) mit Zinsfestschreibung unter Mithaftung der Ehefrau, die Immobilien des gewerblichen Grundstückshandels dagegen durch Kontokorrentkredite ohne Mithaftung der Ehefrau finanziert.
Die Wohnung des ersteigerten Objekts habe er zu Büroräumen umgestalten und ebenfalls an einen gewerblichen Nutzer vermieten wollen. Er habe vor der Versteigerung jedoch nur die gewerblich genutzten Räume anschauen können. Aufgrund des Zustands des von der Mieterin renovierten Ladens sei er von relativ niedrigen Kosten für die Umgestaltung der Wohnräume ausgegangen. Nachdem der Voreigentümer die Wohnung geräumt habe (erst 18 Monate nach der Versteigerung), habe er jedoch feststellen müssen, dass die Umgestaltung der Wohnung zu Büroräumen sowie die Renovierung erhebliche Kosten verursacht hätte. Unter Berücksichtigung dieser und der bereits aufgewendeten Kosten von 50 000 DM (für den Außenbereich und eine neue Heizungsanlage für das Ladengeschäft) hätte die Vermietung keine angemessene Rendite erbracht. Er habe sich daher entschlossen, das überraschend gute Angebot der Mieterin des Ladengeschäfts anzunehmen. Dies sei ein unerwarteter Glücksfall gewesen; denn an andere Personen hätte er das Objekt nicht zu diesen Konditionen veräußern können.
Wie alle seine Immobilien des Privatvermögens sei das ersteigerte Objekt mit einer Zinsfestschreibung über fünf Jahre finanziert worden; seine Ehefrau habe für den Kredit mitgehaftet. Da der Kredit für das Objekt zum Zeitpunkt der Veräußerung noch eine weitere Laufzeit von drei Jahren gehabt habe, habe er wegen der sonst drohenden Vorfälligkeit ein weiteres privates Objekt (Ladengeschäft) erworben, um den Kredit zu übertragen. Dieses Objekt befinde sich ―wie auch die übrigen vermieteten (gewerblich genutzten) Immobilien― noch heute in seinem Privatvermögen.
Wenn die vorgetragenen Anhaltspunkte für eine Zuordnung zum Privatvermögen nicht ausreichten, sei Art. 3 des Grundgesetzes (GG) verletzt, weil dann gewerbliche Grundstückshändler nicht im gleichen Maße wie andere Steuerpflichtige privates Immobilienvermögen aufbauen könnten.
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben und unter Änderung des Gewerbesteuermessbescheids für 1994 den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag auf 0 DM herabzusetzen sowie den Gewerbeverlust für 1994 mit … DM festzustellen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Zu Recht hat das FG den Gewinn aus der Veräußerung des streitigen Objekts in den Gewerbeertrag einbezogen.
1. Gewerbeertrag ist nach § 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, vermehrt und vermindert um die Beträge gemäß §§ 8 und 9 GewStG. Ob ein Geschäftsvorfall einkommensteuerrechtlich dem gewerblichen Grundstückshandel oder dem privaten Bereich zuzuordnen ist, hängt von seiner Veranlassung ab (Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 11. Juni 1997 XI R 71/96, BFH/NV 1997, 839).
Geschäftstypische Vorgänge sind grundsätzlich im Gewerbebetrieb zu erfassen. Geschäftsvorfälle, die ihrer Art nach ständig in einem Gewerbebetrieb anfallen, können nur dann der privaten Vermögensverwaltung eines Steuerpflichtigen zugerechnet werden, wenn sie eindeutig privat veranlasst sind und aufgrund der vorliegenden Tatsachen klar von den betrieblich veranlassten Geschäftsvorfällen zu unterscheiden sind (z.B. BFH-Urteile vom 27. Februar 1991 XI R 37/89, BFH/NV 1991, 524, und vom 2. September 1992 XI R 46/91, BFH/NV 1993, 24).
2. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Die Tatsache, dass der Kläger das Objekt bereits zwei Jahre nach Erwerb wieder veräußert hat, deutet auf einen Erwerb in Wiederveräußerungsabsicht und nicht auf einen Erwerb zur langfristigen Vermietung hin. Für die Zurechnung zum Betriebsvermögen genügt eine bedingte Verkaufsabsicht, die sich in einer zeitnahen Veräußerung dokumentiert (vgl. BFH-Urteile vom 5. September 1990 X R 107-108/89, BFHE 161, 543, BStBl II 1990, 1060, und in BFH/NV 1991, 524). Die Motive für die Veräußerung sind unbeachtlich (BFH-Beschluss vom 20. April 1994 X B 100/93, BFH/NV 1994, 853, und BFH-Urteil in BFH/NV 1991, 524).
Ob Tatsachen vorhanden sind, die das für gewerblichen Grundstückshandel sprechende Indiz der zeitnahen Veräußerung widerlegen können, hat das FG jeweils im Einzelfall zu prüfen. Welche Tatsachen für eine Widerlegung geeignet sind und welches Gewicht ihnen für die Entscheidung des Streitfalls beizumessen ist, ist Gegenstand der Tatsachen- und Beweiswürdigung des FG (BFH-Beschluss in BFH/NV 1994, 853). Erscheint das vom FG aufgrund der festgestellten Tatsachen gewonnene Ergebnis zumindest als möglich, genügt dies, um einer revisionsgerichtlichen Prüfung standzuhalten (BFH-Urteile vom 25. Juni 1975 I R 225/73, BFHE 116, 537, BStBl II 1975, 850, und vom 28. Januar 1988 IV R 2/85, BFH/NV 1989, 580).
a) Aus dem Vortrag des Klägers, das streitige Objekt habe der Alterssicherung dienen sollen, war nicht zwingend zu schließen, dass keine bedingte Veräußerungsabsicht vorgelegen habe. Denn auch der Erlös aus einem gewinnbringenden Veräußerungsgeschäft kann zur Altersvorsorge genutzt oder erneut in Immobilien angelegt werden.
b) Auch die Tatsache, dass der Kläger andere Ladengeschäfte im Rahmen privater Vermögensverwaltung vermietet hat, zwingt nicht zu der Annahme, er erwerbe Läden regelmäßig nicht oder gar niemals im Rahmen seines Gewerbebetriebs. Gegenstand eines gewerblichen Grundstückshandels können Objekte aller Art sein (BFH-Urteil vom 16. Mai 2002 III R 9/98, BFHE 199, 245, BStBl II 2002, 571); ihre Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen ist daher für jedes neu erworbene Objekt gesondert zu prüfen.
c) Die langfristige Finanzierung des Objekts spricht zwar für eine Zuordnung zum Bereich der Vermögensverwaltung. Es war jedoch Sache des FG zu beurteilen, ob dieses Indiz gewichtig genug ist, um die durch die zeitnahe Veräußerung begründete Vermutung der betrieblichen Zugehörigkeit zu widerlegen. Die Wertung des FG ist schon deshalb nicht zu beanstanden, weil die Art der Finanzierung im Streitfall die Veräußerung nicht hinderte, da das langfristige Darlehen für die Anschaffung einer anderen Immobilie verwendet werden konnte.
d) Der buchmäßigen Behandlung des Geschäftsvorfalls ist kein entscheidendes Gewicht beizumessen, weil diese Gestaltung allein vom Willen des Steuerpflichtigen abhängt (vgl. BFH-Urteile in BFHE 116, 537, BStBl II 1975, 850, unter 2.; vom 21. Mai 1976 III R 10/74, BFHE 119, 177, BStBl II 1976, 588, unter 1. a, und vom 13. November 1996 XI R 31/95, BFHE 182, 79, BStBl II 1997, 247, unter 1.).
e) Der Vortrag des Klägers im Revisionsverfahren, er habe sich aufgrund der schlechten Beschaffenheit des Objekts und des günstigen Angebots der Mieterin zum Verkauf entschieden, führt ebenfalls nicht zum Erfolg der Revision. Für die Zuordnung eines Grundstücks zum Privat- oder Betriebsvermögen eines gewerblichen Grundstückshändlers ist unerheblich, welche Motive für die konkrete Veräußerung im Einzelfall maßgeblich waren, da Anlass und Beweggrund einer Veräußerung nichts darüber aussagen, ob der Steuerpflichtige nicht auch aus anderen Gründen zum Verkauf bereit gewesen wäre und insofern von Anfang an eine zumindest bedingte Verkaufsabsicht hatte (BFH-Urteile in BFH/NV 1991, 524; vom 21. Mai 1993 VIII R 10/92, BFH/NV 1994, 94, und BFH-Beschluss in BFH/NV 1994, 853).
3. Der auf eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG gestützte Einwand des Klägers ist unbegründet. Auch ein gewerblicher Grundstückshändler kann nachweisen, dass er ein oder mehrere Grundstücke in seinem Privatvermögen hält. Von einer Zuordnung zur privaten Vermögensverwaltung ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung beispielsweise auszugehen, wenn der Steuerpflichtige selbst einen langfristigen Mietvertrag abgeschlossen (BFH-Urteil in BFH/NV 1989, 580) oder das Objekt nicht nur vorübergehend zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat (BFH-Urteil vom 23. Januar 1991 X R 105-107/88, BFHE 163, 382, BStBl II 1991, 519; BFH-Beschluss vom 2. Februar 2000 X B 83/99, BFH/NV 2000, 946). Dass dieser Nachweis für einen bereits im gewerblichen Grundstückshandel tätigen Steuerpflichtigen schwieriger zu führen ist als für andere Steuerpflichtige, bei denen die Veräußerung von nicht mehr als drei Objekten regelmäßig zur Annahme privater Vermögensverwaltung führt, verstößt nicht gegen Art. 3 GG. Denn die wegen der geschäftstypischen Betätigung bestehende Schwierigkeit, von einem bereits vorhandenen gewerblichen Grundstückshandel die Veräußerung weiterer Objekte abzugrenzen, rechtfertigt die Differenzierung (BFH-Urteil in BFH/NV 1991, 524; BFH-Beschluss in BFH/NV 1994, 853). Im Übrigen handelt es sich bei der Drei-Objekt-Grenze im Sinne der BFH-Rechtsprechung zur Abgrenzung von privater Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel nicht um eine Freigrenze. Denn auf eine gewerbliche Betätigung kann unabhängig von der Anzahl der Verkäufe beispielsweise auch geschlossen werden, wenn ein im zeitlichen Zusammenhang mit der Bebauung und Veräußerung erworbenes Grundstück schon vor der Bebauung verkauft worden ist, wenn ein solches Grundstück von vornherein auf Rechnung oder nach Wünschen des Erwerbers bebaut wird (BFH-Beschluss vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C. III. 5.) oder das Bauunternehmen des das Grundstück bebauenden Steuerpflichtigen erhebliche Leistungen für den Bau erbringt, die nicht wie unter Fremden abgerechnet werden (BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 839, und BFH-Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C. III. 5.).
Fundstellen
Haufe-Index 893571 |
BFH/NV 2003, 557 |
BStBl II 2003, 297 |
BFHE 2003, 388 |
BFHE 200, 388 |
BB 2003, 567 |
DB 2003, 588 |
DStRE 2003, 406 |
HFR 2003, 370 |