Entscheidungsstichwort (Thema)
Währungsverluste am Eigenkapital einer belgischen Betriebsstätte - Umrechnung des in Fremdwährung ermittelten Ergebnisses einer Betriebsstätte - Zuordnung von Aufwendungen zum Stammhaus bzw. zur Betriebsstätte - Ermittlung ausländischer Betriebsstätteneinkünfte nach deutschem Recht - Umrechnung als Teil der Gewinnermittlung der Betriebsstätte - "Leerlaufen" bestimmter Aufwendungen durch Doppelbesteuerungsabkommen
Leitsatz (amtlich)
Währungsverluste, die das inländische Stammhaus einer belgischen Betriebsstätte an deren Dotationskapital erleidet, sind im Inland steuerlich nicht zu berücksichtigen.
Orientierungssatz
1. Werden die Bücher einer ausländischen Betriebsstätte in Fremdwährung geführt, muß das Ergebnis einer in ausländischer Währung aufgestellten Bilanz in DM umgerechnet werden. Der Steuerpflichtige kann frei über die Art der Umrechnung entscheiden vorausgesetzt, das gewählte Umrechnungsverfahren verstößt nicht gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung. Unter diesem Vorbehalt eignet sich am ehesten das --vergleichsweise aufwendige-- Zeitbezugsverfahren. Auf das Stichtagskursverfahren kann nur zurückgegriffen werden, wenn keine erheblichen Schwankungen zwischen den Währungen gegeben sind, die sich kurzfristig nicht ausgleichen. Andernfalls verstieße dieses Verfahren gegen das Prinzip der Einzelbewertung, gegen das Anschaffungskostenprinzip und das Imparitätsprinzip.
2. Bei den aufgrund der Veräußerung einer belgischen Betriebsstätte eingetretenen Währungsverlusten an dem der Betriebsstätte als Eigenkapital überlassenen Dotationskapital handelt es sich sich nicht um einen Verlust aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern der Betriebsstätte nach Art.13 Abs.2 DBA-Belgien, der das inländische Stammhaus möglicherweise zu einer Teilwertabschreibung der veräußerten Wirtschaftsgüter berechtigen könnte (vgl. BFH-Rechtsprechung).
3. Die Entscheidung, inwieweit Aufwendungen dem Stammhaus oder einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind, bestimmt sich grundsätzlich nach tatsächlichen Anhaltspunkten und ist einer wertenden Betrachtung entzogen. Soweit sich aus dem BFH-Urteil vom 20.7.1988 I R 49/84 etwas anderes ergeben sollte, betrifft dies nur Geschäftsführungskosten und allgemeine Verwaltungskosten des Stammhauses. Die Frage danach, in welchem Umfang derartige Kosten anteilig einer Betriebsstätte zuzurechnen sind, läßt sich anders als Kosten und Geschäftsvorfälle, die von vornherein und ausschließlich zu der Betriebsstätte gehören, nur aufgrund einer wertenden Gewichtung vornehmen.
4. Die Ermittlung ausländischer Einkünfte richtet sich nach innerstaatlichem deutschen Recht. Besteht eine ausländische Betriebsstätte und fordert der Betriebsstättenstaat die Buchführung nach seinen handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Vorschriften, so müssen zwar die Ergebnisse dieser ausländischen Buchführung in die Buchführung des deutschen Stammhauses übernommen werden. Gleichwohl bleibt es bei der Maßgeblichkeit des deutschen Steuerrechts. § 146 Abs.2 Satz 4 AO 1977 beinhaltet keine materiell-rechtlichen Regelungen, durch die die allgemeinen innerstaatlichen Gewinnermittlungsvorschriften verdrängt würden.
5. Der nach Maßgabe des deutschen Steuerrechts ermittelte Gewinn einer ausländischen Betriebsstätte beinhaltet auch die wechselkursbedingten Wertverluste oder Wertsteigerungen. Die Umrechnung ist Bestandteil der Gewinnermittlung der Betriebsstätte. Dies bedingt, daß der Wechselkurs eine Änderung der Zeitwerte der zu bewertenden Wirtschaftsgüter und Geschäftsvorfälle bewirken kann. Solche Wertänderungen beeinflussen dann ihrerseits die Höhe der Betriebsstätteneinkünfte, für die der Bundesrepublik das Besteuerungsrecht nach den DBA entzogen ist. Etwas anderes ergibt sich weder aus dem Welteinkommensprinzip noch aus der aus dem Grundsatz des "dealing-at-arm's length" abgeleiteten fiktiven Selbständigkeit der ausländischen Betriebsstätte.
6. Die Freistellung einer Einkunftsart in einem Vertragsstaat eines DBA ist grundsätzlich nicht davon abhängig, ob im anderen Vertragsstaat eine tatsächliche Besteuerung erfolgt oder nicht (vgl. BFH-Rechtsprechung). Ausschlaggebend ist, daß grundsätzlich jeder Vertragsstaat eine Ermittlung des Gesamtgewinns nach seinen innerstaatlichen Vorschriften verlangt und daß deshalb Überschneidungen in den jeweiligen Bemessungsgrundlagen und damit auch ein "Leerlaufen" bestimmter Positionen sich nicht immer vermeiden lassen (im Streitfall: Berücksichtigung von mit belgischer Betriebsstätte zusammenhängenden Währungsverlusten weder bei der Besteuerung in Belgien noch in Deutschland).
Normenkette
AO 1977 § 146 Abs. 2 S. 4; DBA BEL Art. 13 Abs. 2, Art. 23 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1; EStG § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1; HGB § 244
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, stellt ... her und vertreibt diese.
Zum 21. August 1977 hat sie durch Übernahme der Produktionsstätte einer Schwestergesellschaft in Belgien eine Betriebsstätte errichtet. Um den Kaufpreis zu finanzieren, hat die Anteilseignerin der Klägerin deren Stammkapital erhöht. Die Klägerin hat diesen Kapitalerhöhungsbetrag als Dotationskapital der neuen Betriebsstätte behandelt. 1980 wurde dieses Dotationskapital aufgestockt. Am 21. April 1983 veräußerte die Klägerin die Betriebsstätte an die Schwestergesellschaft zurück.
Für die Betriebsstätte in Belgien wurde eine eigene Buchführung in belgischen francs (bfrs) für die Besteuerung in Belgien sowie zusätzlich eine Buchführung in DM bei der Klägerin unterhalten. In dieser in DM geführten Buchführung wurden nur der laufende Geschäftsverkehr und der tatsächliche Geldtransfer zwischen der Klägerin und der Betriebsstätte erfaßt. Das bis zu dem Rückverkauf der Betriebsstätte bei dieser in bfrs. ausgewiesene und der Höhe nach unveränderte Dotationskapital floß im Streitjahr 1983 wieder an die Klägerin zurück. Aufgrund der Wechselkursänderungen ergab sich allerdings im Vergleich zu dem ursprünglich hingegebenen Betrag ein Kursverlust von rd. 6,7 Mio DM, um den die Klägerin ihr inländisches zu versteuerndes Einkommen minderte. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte dem nicht, weil die Verluste zu Lasten des ausländischen Betriebsstättengewinns und -vermögens zu verbuchen seien.
Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage überwiegend ab. Es entschied, daß nach Art.7 Abs.1, 23 Abs.1 Nr.1 Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Belgien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA-Belgien) das Besteuerungsrecht für die aus der Betriebsstätte in Belgien erzielten gewerblichen Gewinne --auch aus der Veräußerung des der Betriebsstätte dienenden Vermögens-- Belgien zustünde. In Einklang hiermit würden die entsprechenden Einkünfte von der Bemessungsgrundlage der Steuer in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) ausgenommen. Die Ermittlung der von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmenden Einkünfte aus der belgischen Betriebsstätte richte sich für Zwecke der inländischen Besteuerung nach deutschem Recht. Währungsverluste könnten das inländische Betriebsergebnis folglich nicht beeinflussen. Dies gelte auch für entsprechende Verluste aus der Veräußerung der Betriebsstätte, die ebenfalls mit dieser in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stünden und durch diese verursacht seien. Allerdings mindere der Währungsverlust das positive Betriebsergebnis der Betriebsstätte für die Zwecke der Anrechnung ausländischer Verluste aus Doppelbesteuerungsabkommen nach § 2 Abs.1 Sätze 1 bis 3 des Auslandsinvestitionsgesetzes (AIG).
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und das Einkommen 1983 unter Berücksichtigung eines Währungsverlusts von rd. 6,7 Mio DM auf X-Mio DM und die Tarifbelastung entsprechend festzustellen und die Körperschaftsteuer hiernach festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet.
1. Nach Art.23 Abs.1 DBA-Belgien sind bei Personen, die in der Bundesrepublik ansässig sind, nach näherer Maßgabe des Doppelbesteuerungsabkommens bestimmte, aus Belgien stammende Einkünfte und die in Belgien gelegenen Vermögensteile in der Bundesrepublik von der Steuer befreit. Dazu gehören auch Gewinne, die das Unternehmen durch eine in Belgien gelegene Betriebsstätte erzielt und für die Belgien nach Art.7 Abs.1 DBA-Belgien das Besteuerungsrecht zusteht.
2. Dabei bestimmt sich die Ermittlung der von der deutschen Steuer auszunehmenden Einkünfte nach dem anzuwendenden nationalen Recht (Art.3 Abs.2 DBA-Belgien). Werden die Bücher der ausländischen Betriebsstätte --wie nach den Feststellungen des FG auch im Streitfall-- in Fremdwährung geführt, hat dies zur Folge, daß das Ergebnis einer in ausländischer Währung aufgestellten Bilanz in DM umzurechnen ist. Zwar bestimmen die Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung nicht, in welcher Währung der Gewinn zu ermitteln ist. Letztlich dient die nach § 4 Abs.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) aufzustellende Bilanz (Steuerbilanz) jedoch inländischen Besteuerungszwecken. Der Bilanzausweis hat deshalb in DM zu erfolgen (§ 244 des Handelsgesetzbuches --HGB--, § 5 Abs.1 EStG; vgl. auch Senatsurteil vom 13. September 1989 I R 117/87, BFHE 158, 340, BStBl II 1990, 57; Piltz, Währungsschwankungen und die Methoden zur Vermeidung der internationalen Doppelbesteuerung, Institut "Finanzen und Steuern", Heft 125, 1988, S.13).
Dem Steuerpflichtigen steht es allerdings grundsätzlich frei, in welcher Weise er die Umrechnung der in Fremdwährung ausgewiesenen Bilanzansätze vornimmt, vorausgesetzt, das gewählte Umrechnungsverfahren verstößt nicht gegen die vorgenannten Bilanzierungsprinzipien. Unter diesem Vorbehalt eignet sich am ehesten das Zeitbezugsverfahren für die Umrechnung der Bilanzpositionen. Da es die Umrechnung jedes einzelnen Geschäftsvorfalls bedingt, ist es jedoch vergleichsweise aufwendig. Es kann deshalb auch auf das Stichtagskursverfahren zurückgegriffen werden, allerdings nur dann, wenn keine erheblichen Schwankungen zwischen den Währungen gegeben sind, die sich kurzfristig nicht ausgleichen. Andernfalls verstieße dieses Verfahren gegen das Prinzip der Einzelbewertung sowie gegen das Anschaffungskosten- und das Imparitätsprinzip (Senatsurteil in BFHE 158, 340, BStBl II 1990, 57).
3. a) Ergeben sich bei der hiernach vorzunehmenden Umrechnung aus Sicht des umrechnenden Stammhauses Währungsgewinne oder -verluste, so stehen diese in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den ausländischen Einkünften aus der Betriebsstätte, aus der sie "stammen" (vgl. Art.23 Abs.1 des OECD-Musterabkommens aus 1977 --OECD-MustAbk--), und sind infolgedessen auch diesen zuzuordnen. Denn ohne Existenz und Tätigkeit der ausländischen Betriebsstätte (vgl. Senatsurteil vom 20. Juli 1988 I R 49/84, BFHE 154, 465, BStBl II 1989, 140, 142) wären die betreffenden Währungsgewinne und -verluste nicht eingetreten. Darauf, daß die das Währungsrisiko begründende ursprüngliche Geschäftsentscheidung im Stammhaus getroffen worden ist, kann insoweit schon deshalb nicht abgestellt werden, weil anderenfalls --konsequent zu Ende gedacht-- eine Zuordnung von Geschäftsvorfällen auf die ausländische Betriebsstätte gänzlich ausgeschlossen wäre. Entscheidend ist, daß die ausländische Betriebsstätte Voraussetzung für das Entstehen von Aufwendungen und Erträgen ist, die aus Wechselkursänderungen herrühren. Es besteht eine kausale Verknüpfung zwischen den Währungsgewinnen und -verlusten und der ausländischen Betriebsstätte. Von wem das Währungsrisiko letztlich getragen wird, ist --nicht anders als bei sonstigen Aufwendungen auch (Senatsurteil in BFHE 154, 465, BStBl II 1989, 140)-- für die Frage, wem entsprechende Geschäftsvorfälle zuzuordnen sind, unbeachtlich.
Dieses Verständnis wird auch im Schrifttum überwiegend geteilt (vgl. z.B. Krabbe in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, 15.Aufl., § 34d EStG Rz.49; ders. in Brezing/Krabbe/Lempenau/Mössner/Runge, Außensteuerrecht, § 34d EStG Rz.69 ff.; Probst in Flick/ Wassermeyer/Becker, Außensteuerrecht, § 2a EStG Rz.315; Flick/ Wassermeyer/Wingert/Kempermann, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, Art.7 Rz.485; Baranowski, Der Betrieb --DB-- 1992, 240; ders., Internationale Wirtschafts-Briefe --IWB--, Fach 3 Deutschland Gruppe 3, S.1119, 1124 f.; Malinski, Währungsschwankungen und Doppelbesteuerung, 1992, S.56 ff., 91 ff.; ders., IWB Fach 3 Deutschland Gruppe 3, S.1007, 1008 f.; ders. in Piltz/Schaumburg, Unternehmensfinanzierung im Internationalen Steuerrecht, Forum der Internationalen Besteuerung, Bd.9, 1995, S.88, 90 ff.; O.H. Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 3.Aufl., S.331 f.; Grützner, IWB Fach 3 Deutschland Gruppe 3, S.867; Pfitzer, Zum Einfluß der Besteuerung auf die Finanzierung der zweistufigen internationalen deutschen Unternehmung, 1988, S.233 ff.; Nieß, Der Einfluß der internationalen Besteuerung auf die Finanzierung ausländischer Grundeinheiten deutscher multinationaler Unternehmen, 1989, S.252 f.; Wlecke, Währungsumrechnung und Gewinnbesteuerung, 1989, S.355 ff.; a.A. aber z.B. A. Weber, Schriften zum Internationalen Steuerrecht --CDFI-- Band LXXIb, 1986, 149 ff., 160 ff.; Piltz, a.a.O., S.13 ff., 39 ff.; Schröder in Mössner, Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 1992, Rz.C 125 ff.; Pering, DB 1986, 2299; Uhrmann, DB 1990, 2037 und DB 1992, 1791; Finne, Bilanzierung von Fremdwährungsgeschäften und internationale Doppelbesteuerung, 1991, S.269 ff.; Grau in L. Fischer, Besteuerung internationaler Konzerne, Forum der internationalen Besteuerung, Bd.3, 1993, S.48, 57; siehe auch FG Bremen, Urteil vom 24. November 1994 1 89 067 K 1, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1995, 571, 573).
b) Diese Grundsätze gelten auch im Hinblick auf das anläßlich der Veräußerung der ausländischen Betriebsstätte an das Stammhaus zurückgeführte Dotationskapital. Es steht im wirtschaftlichen Verfügungsbereich der Betriebsstätte und gehört zu deren Betriebsvermögen (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. Juli 1992 II R 39/89, BFHE 168, 431, BStBl II 1993, 63, für den umgekehrten Fall der der Verfügungsmacht der Betriebsstätte entzogener Geldmittel). Folglich sind dieser und nicht dem Stammhaus auch monetäre Wertveränderungen, die sich bei der Umrechnung des zurückgeführten Kapitals in DM als Gewinne oder Verluste niederschlagen, zuzurechnen. Es handelt sich hierbei um standortbedingte Vermögensänderungen, die den Wert des Betriebsstättenvermögens betreffen und entsprechend zu lokalisieren sind (zutreffend Baranowski, IWB Fach 3 Deutschland Gruppe 3, S.1119, 1125).
So verhält es sich auch im Streitfall. Da die Klägerin das in Rede stehende Kapital der Betriebsstätte in Belgien als Eigenkapital überlassen hat, kann auf die für Fremdwährungsgeschäfte geltenden Grundsätze nicht zurückgegriffen werden. Auch darauf, daß die Rückführung der Beträge im Zusammenhang mit der Veräußerung der Betriebsstätte erfolgte, kann es insoweit nicht ankommen. Ungeachtet dessen, daß die Betriebsstättenveräußerung für die Kapitalrückführung ursächlich gewesen sein mag, handelt es sich bei der am Dotationskapital eingetretenen Wertveränderung gleichwohl nicht um einen Verlust aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern der Betriebsstätte (vgl. Art.13 Abs.2 DBA-Belgien), der die Klägerin möglicherweise zu einer entsprechenden Teilwertabschreibung der veräußerten Wirtschaftsgüter berechtigen könnte (vgl. Senatsurteil vom 19. September 1973 I R 170/71, BFHE 110, 285, BStBl II 1973, 873; Malinski, a.a.O., S.96 ff.; vgl. auch Anm.17 des Musterkommentars zu Art.13 OECD-MustAbk). Auch daß die Rückführung der Kapitalbeträge letztlich von der Klägerin und nicht von der Betriebsstätte "veranlaßt" worden ist, bleibt für die Zuordnungsentscheidung ebenso unbeachtlich wie der Umstand, ob diese Rückführung im Ergebnis für die Betriebsstätte "von Nutzen" gewesen ist. Die Zuordnungsentscheidung bestimmt sich grundsätzlich allein nach tatsächlichen Anhaltspunkten und ist einer wertenden Betrachtung entzogen. Soweit sich aus dem Senatsurteil in BFHE 154, 465, BStBl II 1989, 140, etwas anderes ergeben sollte, betrifft dies nur Geschäftsführungs- und allgemeine Verwaltungskosten des Stammunternehmens. Die Frage danach, in welchem Umfang derartige Kosten anteilig einer Betriebsstätte zuzurechnen sind, läßt sich anders als Kosten und Geschäftsvorfälle, die von vornherein und ausschließlich zu der Betriebsstätte gehören, nur aufgrund einer wertenden Gewichtung vornehmen.
4. Den hiergegen gerichteten Einwänden ist nicht beizupflichten.
a) Dies gilt zunächst für den Einwand, daß die Währungsgewinne und -verluste erst in der inländischen Bilanz wegen des Zwangs zur Umrechnung in DM auftreten, oder --anders ausgedrückt--, daß sie ohne den Zwang, das Betriebsstättenergebnis in DM auszuweisen, auch nicht in Erscheinung getreten wären (so z.B. Piltz, a.a.O., S.20; Pering, DB 1986, 2299). Diesem Umstand ist jedoch keine Bedeutung beizumessen. Die Ermittlung ausländischer Einkünfte richtet sich nach innerstaatlichem deutschen Recht. Besteht eine ausländische Betriebsstätte und fordert der Betriebsstättenstaat die Führung von Büchern nach seinen handels- und steuerrechtlichen Vorschriften, so müssen hierbei zwar die Ergebnisse dieser ausländischen Buchführung in die Buchführung des deutschen Stammhauses übernommen werden, § 146 Abs.2 Satz 4 der Abgabenordnung (AO 1977). Gleichwohl bleibt es bei der Maßgeblichkeit deutschen Steuerrechts. § 146 Abs.2 Satz 4 AO 1977 beinhaltet keine materiell-rechtlichen Regelungen, durch die die allgemeinen innerstaatlichen Gewinnermittlungsvorschriften verdrängt würden.
Im Streitfall führt dies zur Anwendung von § 4 Abs.1 EStG. Bei der Gewinnermittlung ist sonach von dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen auszugehen. Dabei sind die Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung zu beachten und damit auch die allgemeinen Bewertungsgrundsätze. Dies bedingt, daß sich bei Geschäftsvorfällen, die in ausländischer Währung ausgewiesen sind, unter Beachtung der vorgenannten Prinzipien ordnungsgemäßer Bilanzierung auch der jeweilige Wechselkurs als einer der für die Bewertung der Wirtschaftsgüter relevanten Faktoren niederschlägt. Der nach Maßgabe des deutschen Steuerrechts ermittelte Gewinn beinhaltet sonach nicht nur die aus der Tätigkeit der ausländischen Betriebsstätte resultierende Vermögensmehrung in Fremdwährung, sondern zugleich damit in Zusammenhang stehende wechselkursbedingte Wertverluste oder Wertsteigerungen. Die Umrechnung ist Bestandteil der Gewinnermittlung der Betriebsstätte. Dies wiederum bedingt, daß der Wechselkurs eine Änderung der Zeitwerte der zu bewertenden Wirtschaftsgüter und Geschäftsvorfälle bewirken kann (siehe auch Senatsurteil vom 19. Mai 1993 I R 60/92, BFHE 171, 293, BStBl II 1993, 714, zum Einfluß von Kursschwankungen eines in fremder Währung gewährten Gesellschafterdarlehens an eine ausländische Personengesellschaft). Solche Wertänderungen beeinflussen dann ihrerseits die Höhe der Betriebsstätteneinkünfte, für die der Bundesrepublik das Besteuerungsrecht nach den Doppelbesteuerungsabkommen --im Streitfall dem DBA-Belgien-- entzogen ist (ebenso z.B. Baranowski, DB 1992, 240, 242; Pfitzer, a.a.O., S.240 ff.; Nieß, a.a.O., S.252 f.).
Soweit der erkennende Senat in seinem Urteil vom 16. März 1994 I R 42/93 (BFHE 174, 509, BStBl II 1994, 799) entschieden hat, daß Wertverluste aus ausländischen Beteiligungen und Darlehensforderungen nicht zu den Einkünften aus Zinsen und Dividenden in abkommensrechtlichem Sinne, sondern zu den übrigen inländischen Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören, so ergibt sich hieraus nichts Abweichendes. Im Streitfall geht es nicht um die Ermittlung der "Einkünfte aus Zinsen und Dividenden", die durch Überschußrechnung zu erfolgen hat, sondern um die Zuordnung bestimmter Aufwendungen zu Betriebsstätte und Stammhaus nach Maßgabe von § 4 Abs.1, § 5 EStG durch Vermögensvergleich. Die vorgenannte Senatsentscheidung läßt sich sonach nicht auf den Streitfall übertragen.
b) Das Welteinkommensprinzip steht dem nicht entgegen. Danach unterliegt das deutsche Unternehmen der deutschen Steuer grundsätzlich mit seinem Welteinkommen. Bei der Ermittlung des Welteinkommens sind folglich zunächst auch Auslandseinkünfte einzubeziehen. Sind diese Einkünfte aber nach einem Doppelbesteuerungsabkommen --wie dies bei ausländischen Betriebsstätten häufig der Fall ist-- von der deutschen Steuer befreit, so sind sie von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, und zwar nach Maßgabe der unter 3. a) dargelegten Gewinnermittlungsmethode. Danach aber wirken sich Währungsgewinne und -verluste steuerlich im Inland nicht aus.
c) Ein abweichendes Ergebnis folgt nicht aus dem Grundsatz des "dealing-at-arm's length" und der daraus abgeleiteten fiktiven Selbständigkeit der ausländischen Betriebsstätte (Art.7 Abs.2 DBA-Belgien). Zum Teil wird vertreten, diese Selbständigkeitsfiktion ziehe die Zuordnung wechselkursbedingter Aufwendungen und Erträge in der Bundesrepublik nach sich (Pering, DB 1986, 2301; Uhrmann, DB 1990, 2037; Schröder in Mössner, a.a.O., Rz.C 127; A. Weber, CDFI 1986, 149, 163). Da ein selbständiges Unternehmen Gewinne oder Verluste aus Änderungen der Währungsparitäten auf das eingesetzte Eigenkapital nicht erzielen könne, müsse solches auch für Betriebsstätten gelten. Folglich dürften die entsprechenden Beträge dieser nicht zugerechnet werden. Sie gehörten vielmehr zum inländischen Einkommen.
Diese Auffassung übersieht jedoch Sinn und Zweck der Selbständigkeitsfiktion. Es geht hierbei nicht darum, die Betriebsstätte einer rechtlich selbständigen Tochtergesellschaft gleichzustellen. Vielmehr geht es darum, den Gewinn der ausländischen Betriebsstätte zu ermitteln, um das in den Doppelbesteuerungsabkommen angelegte Betriebsstättenprinzip durchführen zu können. Nur deshalb wird die wirtschaftliche, also eingeschränkte Selbständigkeit der Betriebsstätte von dem im Inland befindlichen Stammhaus fingiert. Eine darüber hinausgehende Fiktion enthält Art.7 Abs.2 DBA-Belgien nicht (vgl. Senatsurteile vom 27. Juli 1965 I 110/63 S, BFHE 84, 69, BStBl III 1966, 24, 26; vom 13. Januar 1970 I 32/65, BFHE 98, 334, BStBl II 1970, 790, 792; ferner in BFHE 154, 465, BStBl II 1989, 140; Vogel, Doppelbesteuerungsabkommen, 2.Aufl., Art.7 Rz.66; Malinski, a.a.O., S.89 f.). Infolgedessen sind Währungsgewinne und -verluste an dem in der Betriebsstätte eingesetzten oder verbliebenen Eigenkapital (Dotationskapital) gerade umgekehrt zu der vorstehend vertretenen Auffassung aufgrund der Selbständigkeitsfiktion der Betriebsstätte und nicht dem Stammhaus zuzurechnen, weil sie allein in der Betriebsstätte anfallen und durch diese veranlaßt sind.
d) Ohne Bedeutung ist schließlich, daß der ausländische Staat, aus dem die Einkünfte stammen, die betreffenden Währungsverluste regelmäßig nicht berücksichtigen wird, weil sie dort nicht in Erscheinung treten (so aber z.B. A. Weber, CDFI 1986, 149, 161; Finne, a.a.O., S.272 f.; Hofmann, IWB, Fach 3 Deutschland Gruppe 1, S.867, 885 f.). Zwar ist einzuräumen, daß Sinn und Zweck der bilateralen Doppelbesteuerung, nämlich die Vermeidung der doppelten Besteuerung, sich hierdurch in Einzelfällen in ihr Gegenteil verkehren können. Die Währungsverluste können gerade als (mittelbare) Folge der Freistellung ausländischer Betriebsstätten in ein steuerliches "Niemandsland" fallen (so Hofmann, ebd., S.883; Uhrmann, DB 1990, 2037, 2040), während sie sich in jenen Fällen, in denen zwischen Stammhaus- und Betriebsstättenstaat kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, im dann zu erfassenden Welteinkommen des Stammhauses niederschlagen werden.
Dieses von der Klägerin monierte und im Ergebnis möglicherweise unbefriedigende Ergebnis ist jedoch hinzunehmen. Die Freistellung in dem einen Vertragsstaat ist grundsätzlich nicht davon abhängig, ob im anderen Vertragsstaat eine tatsächliche Besteuerung erfolgt oder nicht (Senatsurteile vom 31. Juli 1974 I R 27/73, BFHE 113, 437, BStBl II 1975, 61; vom 15. März 1995 I R 98/94, BFHE 177, 269, BStBl II 1995, 580, unter 4.; vgl. auch z.B. Pfitzer, a.a.O., S.242; Nieß, a.a.O., S.252; Rädler in Steuerberater-Jahrbuch 1975/76, S.449, 458). Unterbleibt eine solche Besteuerung, so kommt dies dem Steuerpflichtigen bei positiven Einkünften zugute. Bei negativen Einkünften schlägt sie für ihn faktisch in einen Nachteil um, ohne daß hierdurch jedoch --wie die Revision annimmt-- in rechtlicher Weise Steueransprüche begründet würden. In dieser dem Steuerpflichtigen günstigen wie nachteiligen Wechselwirkung liegt zugleich der Unterschied zu Sachverhalten, bei denen sich die grundsätzliche Frage stellt, ob die Geltung des Doppelbesteuerungsabkommens die Erweiterung des innerstaatlichen Steueranspruchs nach sich ziehen kann (vgl. dazu BFH-Urteil vom 8. März 1995 II R 10/92, BFHE 177, 132, betreffend die Versagung des Abzugs des Schuldüberhangs in bezug auf das Schachtelprivileg nach § 102 Abs.1 des Bewertungsgesetzes und nach Maßgabe der Doppelbesteuerungsabkommen). Im übrigen kann sich ein etwaiger Betriebsstättenverlust durchaus auch steuerlich auswirken, entweder --wie auch bei der Klägerin-- im Rahmen des § 2 AIG oder --wenn auch in Ermangelung einer § 32b EStG vergleichbaren Tarifbestimmung nicht im Anwendungsbereich des Körperschaftsteuergesetzes-- im Rahmen der Berücksichtigung des negativen Progressionsvorbehalts gemäß § 2a Abs.3 EStG.
Ausschlaggebend bleibt, daß grundsätzlich jeder Vertragsstaat eine Ermittlung des Gesamtgewinns nach seinen innerstaatlichen Vorschriften verlangt und daß deshalb Überschneidungen in den jeweiligen Bemessungsgrundlagen und damit auch ein "Leerlaufen" bestimmter Positionen sich nicht immer vermeiden lassen (vgl. Malinski, a.a.O., S.89 f.). Daß die Berücksichtigung der Währungsschwankungen im Ansässigkeitsstaat zweifelhaft ist, wird in diesem Zusammenhang in besonderer Weise bei Sachverhalten sichtbar, in denen ein im Inland unbeschränkt Steuerpflichtiger in einem ausländischen Vertragsstaat ein Einzelunternehmen gründet oder in denen er sich dort an einer Personengesellschaft beteiligt. Erwirtschaften weder das Einzelunternehmen noch die Personengesellschaft im Inland gewerbliche Gewinne, wäre auch kein Gewinn unter den Vertragsstaaten aufzuteilen. Etwaige Währungsverluste könnten hiernach im Inland steuerlich auch nicht berücksichtigt werden.
Fundstellen
Haufe-Index 66100 |
BFH/NV 1996, 270 |
BStBl II 1997, 128 |
BFHE 180, 286 |
BFHE 1997, 286 |
BB 1996, 1658 |
BB 1996, 1658-1659 (Leitsatz und Gründe) |
DB 1996, 1801-1803 (Leitsatz und Gründe) |
DStR 1996, 1195-1197 (Kurzwiedergabe) |
DStZ 1996, 600-601 (Kurzwiedergabe) |
HFR 1996, 645-647 (Leitsatz) |
StE 1996, 516 (Kurzwiedergabe) |
WPg 1996, 623-624 (red. Leitsatz und Gründe) |
StRK, GoB R.104 (Leitsatz und Gründe, red. Leitsatz und Gründe) |
FR 1996, 600-603 (Kurzwiedergabe) |
Information StW 1996, 570-571 (Kurzwiedergabe) |
KFR, 1/96, S 315 (H 11/1996) (Leitsatz und Gründe) |
BFH/NV BFH/R 1996, 270-273 (Leitsatz und Gründe) |
RIW/AWD 1996, 795-798 (Kurzwiedergabe) |
IStR 1996, 435-437 (Kurzwiedergabe) |
IWB, 1996/18 Fach 3a Gruppe 1, 569-574 (Kurzwiedergabe) |
WiB 1996, 1004 (Leitsatz) |