Leitsatz (amtlich)
Unfallkosten für einen Pkw teilen das rechtliche Schicksal der Fahrtkosten. Wird eine Ehefrau von ihrem Ehemann, der selbst nicht Arbeitnehmer ist, täglich mit dem eigenen Pkw zur Arbeitsstätte gebracht und wieder abgeholt, so sind nur die erste Hinfahrt und die letzte Rückfahrt des Ehemannes durch den Beruf seiner Ehefrau veranlaßt.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Nr. 4; LStDV § 20 Abs. 2 Nr. 2
Tatbestand
Die verheiratete Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) wurde für das Jahr 1967 mit ihrem Ehemann, der selbst keine steuerpflichtigen Einkünfte hatte, zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Die Eheleute beantragten in ihrer Einkommensteuererklärung u. a. die Anerkennung von 7 851,90 DM als außergewöhnliche Belastung. Es handelte sich hierbei um Kosten eines vom Ehemann der Klägerin verschuldeten Autounfalls, und zwar für die Reparatur des auf ihn zugelassenen Pkw sowie für Gerichts- und Anwaltskosten. Der Unfall hatte sich auf einer Fahrt des Ehemannes zum Arbeitsplatz der Klägerin, die als Buchhalterin tätig ist, ereignet, und zwar als er sie nach Dienstschluß abholen wollte.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das FG führte aus, daß der BFH in ständiger Rechtsprechung im Regelfall, der hier vorliege, nur die Kosten für eine Fahrt des Arbeitnehmers zur und von der Arbeitsstätte als Werbungskosten anerkenne. Bei der vom Ehemann der Klägerin allein ausgeführten Unfallfahrt sei der ursächliche Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis der Klägerin so stark gelockert, daß die geltend gemachten Aufwendungen keine Werbungskosten seien. Unter diesen Umständen komme es auch nicht darauf an, aus welchen Gründen sich die Klägerin von ihrem Ehemann zur Arbeitsstelle habe fahren und abholen lassen. Entscheidend sei vielmehr, daß sich der Unfall nicht auf der letzten Rückfahrt von der Arbeitsstätte ereignet habe. Dabei sei davon auszugehen, daß die Unfallkosten das rechtliche Schicksal der Fahrkosten teilten und daher nur berücksichtigt werden könnten, wenn die Kosten der Fahrt selbst Werbungskosteneigenschaft hätten. Im übrigen scheitere die Anerkennung der geltend gemachten Unfallkosten als Werbungskosten schon daran, daß der Unfall grob fahrlässig verursacht wurde. Nach dem unbestrittenen Sachverhalt habe der Ehemann der Klägerin das Vorfahrtsrecht eines anderen Verkehrsteilnehmers nicht beachtet. Darin liege ein grob fahrlässiges Verhalten, das nach der Rechtsprechung des BFH die steuerliche Berücksichtigung des Unfallschadens als Werbungskosten ausschließe.
Mit der Revision rügt die Klägerin falsche Anwendung des geltenden Rechts. Sie wiederholt ihren Vortrag der 1. Instanz und greift die Ausführungen des FG an, wonach die Unfallkosten deshalb nicht als Werbungskosten anerkannt werden könnten, weil sie nicht bei der allein steuerlich zu berücksichtigenden einen Rückfahrt entstanden seien. Die Einschränkung auf eine Fahrt sei nur bei Fahrten mit dem eigenen Kraftfahrzeug anzuwenden. Der Pkw gehöre aber ihrem Ehemann. Sie hätte daher auch nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG für zwei Fahrten täglich 0,25 DM pro gefahrenem Kilometer als Werbungskosten ansetzen können. Ihrem Ehemann sei auch nicht zuzumuten gewesen, den ganzen Tag in der Stadt zu warten, bis seine Ehefrau Feierabend hatte. Für die Anerkennung von zwei Fahrten je Arbeitstag lägen daher bei ihr die gleichen Gründe vor, wie bei Arbeitnehmern, die mindestens vier Stunden Pause zwischen zwei Schichten hätten. Im übrigen sei die Meinung des FG, daß der Unfall grob fahrlässig verursacht wurde, falsch und decke sich nicht mit den Ermittlungen des Amtsgerichts Stuttgart, das nur von Fahrlässigkeit ausgehe.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des Urteils des FG die Einkommensteuer 1967 nach Anerkennung weiterer 5 750 DM Werbungskosten auf 216 DM festzusetzen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Der erkennende Senat hat zwar in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß die Kosten für die Beseitigung von Schäden an dem Kfz. eines Arbeitnehmers, die auf einer Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte entstanden sind, Werbungskosten sein können (BFH-Urteil vom 22. November 1968 VI R 182/67, BFHE 94, 325, BStBl II 1969, 160). An dem dafür erforderlichen Zusammenhang zwischen der Benutzung des Kfz. für Fahrten der bezeichneten Art und dem Arbeitsverhältnis fehlt es aber im vorliegenden Fall, ohne daß es auf das Maß des Verschuldens des Ehemannes der Klägerin an dem von ihm verursachten Unfall ankommt. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist es auch nicht entscheidungserheblich, daß der beschädigte Pkw nicht ihr, sondern ihrem Ehemann gehört. Der erkennende Senat hat mit Urteil vom 30. Mai 1967 VI R 308/66 (BFHE 89, 189, BStBl III 1967, 571) entschieden, daß es bei der Anwendung des § 20 Abs. 2 Nr. 2 LStDV, der dem § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG entspricht, wegen der zwischen Eheleuten bestehenden Wirtschaftsgemeinschaft nicht darauf ankommt, ob der für die Fahrten zur und von der Arbeitsstätte benutzte Pkw der Ehefrau, dem Ehemann oder beiden gehört. Der steuerlichen Berücksichtigung von Schäden an dem Kfz. des Ehemannes der Klägerin als Werbungskosten bei ihren Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit steht auch grundsätzlich nicht entgegen, daß der Ehemann das Kfz. gesteuert hat (BFH-Urteil vom 14. August 1970 VI R 70/69, BFHE 100, 44, BStBl II 1970, 765).
Dem FG ist darin zu folgen, daß die Unfallkosten das rechtliche Schicksal der Fahrtkosten teilen und daher nur dann als Werbungskosten angesehen werden können, wenn die Kosten der Fahrt selbst diese Eigenschaft hätten. Der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit der Klägerin und den Fahrten ist in den Fällen, in denen sich ein Arbeitnehmer von einem Angehörigen zur Arbeitsstätte bringen und wieder holen läßt, insoweit gegeben, als es sich um die erste Hinfahrt und die letzte Rückfahrt handelt, d. h. nur dann, wenn der Arbeitnehmer - hier die Klägerin - selbst mitfährt. Sowohl die Fahrten, die der Ehemann der Klägerin durchführt, nachdem er seine Ehefrau zur Arbeitsstätte gebracht hat, als auch die erneuten Anfahrten zur Dienststelle nach Arbeitsschluß gehören dem privaten Bereich an, so daß eine Berücksichtigung der Unfallkosten als Werbungskosten ausgeschlossen ist. Insoweit kann keine andere Entscheidung getroffen werden, als bei einem Unfall, der sich anläßlich einer Mittagsheimfahrt ereignet (BFH-Urteil vom 10. April 1970 VI R 250/68, BFHE 99, 359, BStBl II 1970, 680), für die Fahrtkosten grundsätzlich steuerlich nicht berücksichtigt werden können (BFH-Urteil vom 28. Januar 1966 VI 66/65, BFHE 85, 224, BStBl III 1966, 291). Parkplatzschwierigkeiten und das behauptete Bandscheibenleiden der Klägerin ergeben keinen atypischen Sachverhalt, wie er in dem vom Senat entschiedenen Fall einer Chorsängerin vorlag, deren Arbeitszeit täglich in der Regel durch eine vierstündige Pause unterbrochen war und der daher die Kilometerpauschale zweifach zuerkannt wurde (BFH-Urteil vom 17. Dezember 1971 VI R 328/70, BFHE 104, 209, BStBl II 1972, 260). Es kann daher auch dahinstehen, ob bei Annahme einer außergewöhnlichen Lage der Klägerin die Unfallkosten als Werbungskosten anerkannt werden könnten. Wie der Senat in seinem Urteil VI R 70/69 ausgeführt hat, wird der Zusammenhang der Fahrt mit dem Dienstverhältnis immer dann schwerer festzustellen sein, wenn nicht der Arbeitnehmer selbst, sondern ein Angehöriger den Wagen gesteuert hat. Diese Schwierigkeit muß sich zwangsläufig dann verstärken, wenn der Arbeitnehmer nicht einmal an der Unfallfahrt teilgenommen hat.
Fundstellen
Haufe-Index 70825 |
BStBl II 1974, 318 |
BFHE 1974, 299 |